Mikrofossilien im Fensterbrett (Treuchtlinger Marmor)

Begonnen von plaenerdd, März 03, 2013, 12:39:02 NACHMITTAGS

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plaenerdd

Liebe Mikroskopiker,
durch meinen Umzug bin auch ich jetzt Besitzer oder besser Mieter von Fensterbänken aus Treuchtlinger Marmor. Dies ist der Handelsname für einen sehr dichten Kalk (kein Marmor im petrographisch Sinne!) aus dem Jura (Lias), der im wesentlichen aus Riffschutt aufgebaut ist. Dieser Kalk ist nur wenig älter als der Sohlenhofener Plattenkalk, aus dem die Urvogelreste geborgen wurden.

Meine Fensterbänke sind arm an makroskopischen Fossilien. Ich kenne Platten, in denen es von Ammoniten und "Donnerkeilen" nur so wimmelt. Das schönste mit unbewaffnetem Auge erkennbare Fossil ist eine Turmschnecke (?Turritella) zu sehen im Bild 1 der Übersicht. Da so wenig großes zu finden war habe ich mein russisches MBS-10 darauf gestellt. Wie schon bei der Schneeflockenmikroskopie beschrieben, kann man bei dieser Steriolupe einfach durch den Fuß hindurch fokussieren. Und das ist meine erste Ausbeute:



2 und 3 zeigen Korallen, wobei man im Bild 3 schön erkennt, wie die Oktokoralle, wahrscheinlich nach dem sie abgebrochen ist, von einer tabulaten Koralle besiedelt wurde.

4 und 6 zeigen Foraminiferen

Nr 5 konnte ich leider nicht zuordnen. Bin mir noch nicht mal sicher, ob es überhaupt biogener Natur ist.

Vielleicht konnte ich hiermit dem einen oder anderen Lust machen, auch mal sein Fensterbrett zu mikroskopieren.

Liebe Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Klaus Herrmann

Hallo Gerd,

deine schönen Funde auf der Fensterbank erinnern mich an meine jugendliche Fossilen-Sammelleidenschaft in der ich mir immer überlegt habe, wie ich die aus meiner Sicht überaus wertvollen Pretiosen unbeschädigt herauslösen kann. Erschwerend kam hinzu, dass die Fensterbänke in der Schule waren!  ;)

Besonders gefällt mir die Foraminifere.

Eine Frage zur Aufnahmetechnick: hast du die Oberfläche durch eine geeignete Flüssigkeit durchsichtiger gemacht? Am einfachsten Wasser; feines Olivenöl hält sich länger. Zusätzlich noch ein Polfilter um Refexe zu entfernen.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Gunther Chmela

Sehr schöne Funde im Fensterbrett!

Aber bitte, lieber Gerd: "Sohlenhofen"! Solnhofen schreibt sich dieser durchaus berühmte Ort!
Nichts für ungut!

Beste Grüße
Gunther

D. Zollondz

#3
Wie bekommt man denn die Fensterbank oder -bänke unters Mikroskop? Ausgebaut......?
Nachtrag:
Frage beantwortet, 'tschulligung, hab' ich erst hinterher gelesen: einfach "draufgestellt". Na klar anders wäre ja auch schlecht gewesen.....

Klaus Herrmann

Stereomikroskop lieber Dieter! Das stellt er einfach drauf und schaut durch das Loch im Fuß!

Hat er auch geschrieben, wie ich gerade sehe:
(tausch das i gegen ein e aus dann sind die Informationen identisch!  :D
Zitatkann man bei dieser Steriolupe einfach durch den Fuß hindurch fokussieren.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Dünnschliffbohrer

Hallo Gerd,
bei den angeschnittenen Fossilien ist es natürlich schwer, eine Bestimmung vorzunehmen. Die richtigen Ansprechpartner dafür wären die Karbonat-Sedimentologen, ich selbst habe diese Form der Krümel-Paläontologie nie gemocht, obwohl sie an meiner ehemaligen Alma mater Tradition hatte. Spezialliteratur dazu habe ich nicht, das ist mir einfach zu jung. In den einschlägigen Solnhofen-Büchern wird im Literaturverzeichnis aber bestimmt etwas zitiert, da sind wohl einige Arbeiten zur Biofazies gemacht worden. Bei den von dir als Tabulate bestimmten Resten müßte es meiner Meinung nach aber um etwas anderes handeln. Ich denke eher an Schwämme oder Kalkalgen. Die Tabulata sind meines Wissens auf das Paläozoikum beschränkt.
Viele Grüße, Dünnschliffbohrer
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

plaenerdd

#6
Hallo liebe aufmerksamen Leser und Antworter,
ihr habt mal wieder alle recht und ich nicht genau genug gearbeitet:
-natürlich sind die Tabulata auf das Paläozooikum beschränkt.
-natürlich schreibt man Solnhofen nur mit einem "h" und Stereolupe ohne "i".

Die Fossilien noch viel näher zu bestimmen, ohne sie "auszubauen" ist sicher schwer, aber auch gar nicht unbedingt mein Begehr. Ich freue mich einfach an dem Riffgebrösel, so wie andere sich an rezenten tropischen Sanden freuen.

Zur Aufnahmetechnik: Ich habe nichts nass gemacht. Die Fensterbank ist gut genug poliert. Ich kenne diesen Trick auch, hat aber in diesem Fall keine nennenswerte Verbesserung gebracht. Ich habe einfach die kleine Digitalknipse auf das Okular gehalten. Einen Fototubus habe ich nicht zum MBC-10. Die Bilder sind aber fast alle farblich verändert, um die Kontrastierung zu erhöhen (außer die Schnecke und das unbekannte Objekt). So sah es aus auf der Fensterbank:


Liebe Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Klaus Herrmann

Hallo Gerd,

alles verziehen, das waren ja nur lächelich kleine Tippfehler ohne Sinnentstellung! Und wir haben unsere billigen Witzchen draus gemacht.

Aber in Ernst mit einem handlichen Fäustel, ohne den der Geologe nie ausgeht, könnte man doch schöne Belegstücke gewinnen? ;D
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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plaenerdd

Hallo Klaus,
ich war schon in der Nähe von Treuchtlingen und habe auf einer Halde gesammelt. Ich musste erfahren, dass es außerordentlich schwer ist, aus diesem Material Fossilien heraus zu präparieren. Die schönen, körperlich erhaltenen Ammoniten mit ihren schön skulpturierten Gehäusen z.B. sind da nur sehr selten gut heraus zu bekommen. Meist zersplittert da alles, weil es keine nennenswerten Dichteunterschiede zwischen Fossil und Gestein gibt. Ist alles Kalk. Der Anschliff, wie ihn die Fensterbänke bieten, ist da noch immer das Mittel der Wahl. Also lasse ich den Fäustel in der Sammeltasche und mein Fensterbrett ganz.

Liebe Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph