Versuchsanregung: Diatomeen in Fleckensalz?

Begonnen von Dünnschliffbohrer, April 12, 2013, 22:46:22 NACHMITTAGS

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Oecoprotonucli

...ich habe mir noch kein Originalrezept zur Diatomeenpräparation angeschaut, aber letzten Endes scheint doch nach den Informationen hier in diesem Thread der ursprüngliche Vorschlag, einfach Waschmittel (mit Tensiden und Enzymen und Bleichmittel) zu nehmen, in Ordnung zu sein? Einzige Ergänzung: Das Milieu sollte sauer sein, um die "Glas"skelette nicht anzugreifen. Wobei die Flußsäure ausgenommen wird  ;D

Viele Grüße

Sebastian
Ich benutze privat:
Leitz SM-Lux mit (LED-) Durchlicht und Phaco-Ausrüstung (ca. 1975-77)
Hensoldt Wetzlar Stereomikroskop DIAMAL (1950er Jahre)

B.Heim

Liebe Diatomeen Präparatoren,

zur Präparation von Diatomeen möchte ich einen Hinweis geben. Die Vorgehensweise bei der Präparation beinhaltet folgende Schritte: Entkalkung ( um die Diatomeen zu vereinzeln, lösen der Ca und Mg Brücken), oxidatives Zerlegen der organischen Begleitstoffe, spülen der Diatomeen und abschliessend Einschluss. Die Entkalkung erfolgte durch Behandeln der Diatomeen mit Salzsäure, Ca und Mg gehen als Chloride in Lösung, durch Behandeln der Diatomeen mit Schwefelsäure, Peroxid , auch  mit Permangant im sauren Millieu werden organische Begleitstoffe zerlegt.
Die Arbeiten von v. Stosch in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts zeigten aber, dass diese "harten Methoden" die filigranen Strukturen zerstören. Seine Präparationsmethode ist die Gundlage des Safeline Präparations Kits. Die Entkalkung erfolgt mit einem Komplexbildner, er bindet Ca und Mg als wasserlöslichem Komplex bei pH 7,5 und RT, die organischen Bestandteile werden pankreatitisch, in einem Puffer von pH 7 verdaut, bei RT oder max. 38°C, und können somit ausgewaschen werden. Wichtig in diesem Zusammenhang zu wissen ist, dass die organischen Bestandteile nicht nur Proteine etc. sind, sondern auch Cellulose, diese wird durch die Enzyme der hier genannten Reiniger nicht angegriffen. Wie auch schon in verschiedenen Beiträgen erwähnt, ist Alkalität pH > 8 durch NaOH bewirkt zu vermeiden, da SiO2 dann als Natriumsilikat löslich wird, somit die Diatomeen aufgelöst werden. Die Methode von v. Stosch hatte zum demaligen Zeitpunkt nicht den Hintergrund Arbeitsschutz, sondern wie erwähnt die Erhaltung der feinen Strukturen. In Hinblick auf heutige Arbeitsschutzvorschriften ist das ein Nebeneffekt.

Grüsse Bernd Heim


Johannes Kropiunig

Hallo,

heute das hier entdeckt:


Versuche folgen...

Viele Grüße,
Johannes

PS. Ich greife mal vor.
Ja, da steht "Bei akuter Verstopfung", ist aber dennoch nichts gegen Verdauungsproblemen.  ;D
Biologische Mikroskop: Zeiss Standard 16
Stereomikroskop: Lomo MBS 10
Kameras:  EOS 1100D, EOS 1000D, EOS 1000Da, und EOS 350Da Peltier gekühlt

Sag es mir - und ich werde es vergessen. Zeige es mir - und ich werde mich daran erinnern. Beteilige mich - und ich werde es verstehen.
Laotse

detlef.q

Hallo Johannes,

na wenn Dein Abflussreiniger mal nicht stark alkalisch ist.... Ruckzuck sind sie weg die Diatomeen!

Ich kam mit einer Probe nicht zurecht, da habe ich versuchsweise Klorix verwendet. Die Suspension wurde schnell sauber, allerdings zu sauber, auch die Diatomeen waren weg!

Eine pH-Wert-Messung brachte sofort Licht ins Dunkel: Klorix ist stark alkalisch.

Ich bin gespannt wie es mit der Diatomeensäuberungsforschung weiter geht.

Viele Grüße
Detlef

JB

#19
Zitat von: Jürg Braun in April 14, 2013, 09:07:30 VORMITTAG

Ich habe soeben den Abflussreiniger in unserem Putzschrank gefunden. Vielleicht kann ein Chemiker mit den Inhaltsangaben etwas anfangen. Mir sagt das ganze nichts.


Hallo Jürg,

Das Produkt (Super Clean etc.), das Sie in Ihrem Schrank gefunden haben, ist genau wonach Sie suchen.

Das Produkt enthaelt etwa 5% Natriumhypochlorit (Bleichmittel auf Chlorbasis) plus Tenside und Hilfsstoffe; das entspricht den in vielen Laendern ueblichen Haushaltsreinigern (household bleach)*.

Der pH Wert solcher Reiniger liegt bei etwa pH 12**. Diese Reiniger werden seit langem fuer die einfache und schnelle Praeparation von Diatomeen verwendet*** (Ref.: Carr et al. (1986) A Simple, Inexpensive Method for Cleaning Diatoms. Transactions of the American Microscopical Society 105: 152-157 http://www.jstor.org/stable/3226387). Biologen kennen das auch noch in anderem Zusammenhang; man verwendet es zum De-chorionieren von (lebenden!) Drosophila-Embryos.

*Das Zeug wird im angelsaechsischen Raum in 5l Flaschen verkauft und zum Reinigen von allem, Fussboeden, Fliesen, Abfluessen, verwendet; auch da wo es nichts bringt, so wie bei Kalkablagerungen im Bad. Dafuer ist es dort unmoeglich einen Essigreiniger zu finden (naemlich gegen die besagten Kalkablagerungen). So hat halt jede Kultur ihre eigenen Reinigungsgewohnheiten :).

**Carr et al. warnen ausdruecklich vor zu langem Einwirken und damit verbundener Korrosion der Diatomeen. Sie halten die Chlorbleiche fuer gleichwertig oder etwas besser als ihre Vergleichsmethoden (Salpetersaeure/Dichromat und Wasserstoffperoxid/Dichromat).

***Schnell und einfach deutet schon an, dass es durchaus bessere und schonendere Verfahren geben mag.

Da Sie den Reiniger zur Hand haben sollten Sie ihn mal ausprobieren und uns berichten :).

Beste Gruesse,

Jon


"Sex and sleep alone make me conscious that I am mortal." Alexander III

Jürg Braun

Guten Tag

In den Weihnachtsferien habe ich endlich Zeit gefunden, Diatomeen mit Abflussreiniger zu säubern. Kurz: Ja, es funktioniert.


So hat die Probe vor dem Reinigen ausgesehen.



Hier nach dem Reinigen. Etwa die Hälfte der Kieselalgen konnte vom organischen Material befreit werden. Durch das Zentrifugieren sind einige in Bruch gegangen.



Sicher muss für gute Ergebnisse noch an der Methode und den Mengen gearbeitet werden. Doch hat es nicht, wie von einigen befürchtet, die Algengehäuse aufgelöst. 

Gruss in die Runde und Allen ein gutes 2016

Jürg

Dünnschliffbohrer

Hallo Jürg und alle anderen,

sieht sehr schön aus!
Mein Original-Ansatz mit dem Fleckensalz existiert leider nicht mehr. Da war wohl auch was ausgeflockt, war sicherlich eine zu hohe Konzentration des Fleckensalzes.
Ich hätte aber noch eine andere Idee, die sich auszuprobieren lohnen sollte: Probe erst mit einer sehr gering konzentrierten Kaliumpermanganat-Lösung versetzen, um alle organischen Substanzen zu oxidieren. Und danach mit verdünnter Salzsäure den Braunstein auflösen. Die Chemiker benutzen dieses Verfahren, um auch hartnäckigste Verschmutzungen in den Glasgeräten zu entfernen. Und die Säure dürfte dem Kieselskelett im Zweifel weniger Schaden als ein Reinigugsmittel mit pH 12.

"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Ulf Titze

#22
... also damals, als ich noch viel Zeit und keine Kinder hatte (2011), ich dieses Rezept an Schlickproben von der Nordsee ausprobiert:

http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=3562.msg21882#msg21882

Dabei habe ich nur die Schritte 1 - 6 im Mansardenzimmer nachvollzogen, die giftigen Sachen (Schritt 7) habe ich sein gelassen. Bei mir hat's sehr gut funktioniert.

Grüße

Ulf
"Do not worry about your problems with mathematics, I assure you mine are far greater." (A. Einstein)

"Komm wir essen Opi!" - Satzzeichen können Leben retten!!!