Molekular Biologie: Gen knock-out/knock-in Maus

Begonnen von Jan Dunst, Mai 28, 2013, 21:31:27 NACHMITTAGS

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Jan Dunst

Hallo liebes Forum,

ich bin in den Endzügen meines Biologie Studiums (Schwerpunkte auf Molekular Biologie) und habe ja immer schonmal die eine oder andere molekularbiologische Methode kombiniert mit Mikroskopie-Fotos vorgestellt.

Gerne würde ich heute von einer Methode berichten die es ermöglicht die Expression, also grob gesagt die Aktivität, eines einzelnen Gens in einem ganzen Organismus räumlich aufgelöst darzustellen.
Ein gewisser (relativ geringer) Teil des menschlichen Genoms besteht aus Genen, die abgelesen werden können und für Proteine codieren. Proteine finden sich in allen Zellen und verleihen ihnen nicht nur Struktur, sondern sind auch ,,molekulare Maschinen", die Metabolite transportieren, Ionen pumpen, chemische Reaktionen katalysieren und Signalstoffe erkennen (Wikipedia).
Das Genom des Menschen ist zwar kartiert, und es wurden etwa 23.000 Gene identifiziert, jedoch ist bei den meisten die Funktion des resultierenden Proteins unbekannt. In verschiedenen Zellen sind verschiedene Gene aktiv, so hat beispielsweise ein Photorezeptor ein anderes aktives Genrepertoire (Transkriptom) als eine Hautzelle.

Eine Möglichkeit Genexpression im ganzen Organismus darzustellen ist das einbringen von einem Reportergen durch einen Gen knock-in. Reportergene werden entweder mit vorhandenen Genen kombiniert oder ersetzen diese, letztere Möglichkeit erlaubt einen gleichzeitigen knock-out des Gens und erlaubt durch das Fehlen eine Funktionsanalyse des zugehörigen Proteins. Kombiniert man das Gen mit beispielsweise durch anhängen eines Gen-Stückes das für eine Protein kodiert das durch eine chemische Reaktion einen Farbstoff bilden kann, kann man die Zellen identifizieren in denen das Gen aktiv ist.

Das hier verwendete Reportergen lacZ aus E. coli codiert für das Enzym ß-Galaktosidase das artifizielle Substrate wie beispielsweise X-Gal hydrolisiert. Ein Produkt dieser Hydrolyse weist eine Blaufärbung auf und eignet sich somit zur qualitativen Identifizierung von Gen-Expressions Bereichen in Organismen, ist das Gen angeschaltet wird ß-Galaktosidase gebildet und kann später im Reagenzglas den blauen Farbstoff bilden. Im hier gezeigten Versuch wurden Embryonen aus einer knock-out/knock-in Maus untersucht, in denen der miR-143/145 Gen-Cluster durch einen knock-in mit dem erwähnten lacZ-Reportergen ausgeschaltet wurde. Die Untersuchung dieser knock-out/knock-in Mäuse erlaubt die Identifikation der Expressionsorte des zu untersuchenden Gens in Embryonen oder histologischen Schnitten, da das Reportergen der Kontrolle der usprünglichen Regulationsstrukturen dieses Gens unterliegt. Zusätzlich ist durch diese Methode, durch den gleichzeitigen knock-out des ursprünglichen Gens, die Untersuchung des knock-out Phänotyp möglich. Der hier ausgeschaltete miR-143/145 Gen-Cluster codiert für microRNAs, die für die Proliferation von glatten kardialen Muskelzellen sowie die Differenzierung vom kontraktilen zum synthetischen Phänotyp von glatten vaskulären Muskelzellen zuständig ist (dies weiß man unteranderem durch solche Versuche).

Im Zuge der Herstellung von knock-out Mäusen müssen diese durch Kreuzungsschritte in einen homozygoten knock-out Phänotyp gezüchtet werden (siehe Wikipedia Knock-Out Maus). Im Versuch wurden Embryonen eingesetzt die aus der Verpaarung eines Wildtyp Elterntieres mit einem heterozygoten knock-out Elterntieres stammten. Dieser Kreuzungsschritt bedeutet das ein funktionelles Gen und ein Reportergen vorhanden ist.

Interessant ist solche Forschung außer der generellen Faszination der Wissensmehrung selbstverständlich auch für Menschen mit Krankheiten die aus Gen-Defekten resultieren.



Das Bild zeigt die Embryonen die aus der Verpaarung eines Wildtyp Elterntieres mit einem heterozygoten miR-143/145 knock-out Elterntieres stammen. Ein Embryo (A) zeigen keine Färbung, das heißt dieser Embryo hat von beiden Eltern ein gesundes Gen geerbt. Drei Embryonen (B, C, D) im Stadium E12 zeigen eine lacZ-Färbung der Blutgefäße und des Herzbereichs auf, dies bedeutet das sie ein gesundes und ein knock-out/in Gen geerbt haben. Die Färbung zeigte sich also in den erwarteten Regionen der Gefäßmuskulatur und des Herzbereich. Abgebildet sind Aufnahmen durch eine Stereolupe.



lacZ-Färbung histologischer Schnitte von miR-143/145 knockout Mäusen. Angefärbt sind A: Tunica muscularis des Darms B: Arteria Femoralis im Femur C: Blutgefäß der Niere D: Bronchial-Muskulatur in der Lunge E: Herzkranzgefäße des  rechten Ventrikels. Abgebildet sind Aufnahmen durch ein Durchlichtmikroskop.



Während der Arbeit und des Studiums erwische ich mich immer wieder wie ich einfach fasziniert bin von den Methoden und Möglichkeiten die sich schlaue Menschen ausgedacht haben, um die komplexen Wunderwerke der Natur darzustellen und hoffe ich konnte etwas von dieser Faszination rüberbringen.

Schöne Grüße,
Jan

koestlfr

Hallo Jan!

Ich kann nur sagen: FASZINIEREND!

Liebe Grüße
Franz
Liebe Grüße
Franz

Fahrenheit

Hallo Jan,

vielen Dank für die ausführliche und interessante Darstellung, die es auch dem Laien erlaubt, die Grundzüge und die Idee hinter dem Verfahren zu verstehen.

Herzliche Grüße
Jörg
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Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Ronald Schulte

Jan,

Einfach faszinierend!
Wenn es so ist das man ein spezifisches Gen Kodieren kann so das es Färbbar wird; warum wird dann diese Möglichkeit nicht gebraucht in z.B. die Pathologie wo ein Pathologe suchen muss nach mögliche metastase-zellen in z.B. ein Lymphknoten bei ein Brustkrebs?
Kann natürlich auch sein das die Methode schon da ist oder in Entwicklung und ich es nicht weis.

Grüße Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Jan Dunst

Hallo zusammen,

erstmal vielen Dank für euer Feedback.

Lieber Ronald,

das ganze Verfahren ist nicht so einfach. Um eine Knockout oder -in Maus zu generieren ist ein sehr großer Aufwand nötig. Man muss zunächst Stammzellen isolieren in denen das richtige Gen ausgetauscht wird, das geschieht durch sogenannte homologe Rekombination wodurch sich ähnliche DNA Sequenzen aneinanderlagern und ein Crossing Over stattfindet, d.h. in einem gewissen %-Satz der Fälle wird die 'künstliche' DNA als Matrize für den DNA Strang der Zelle benutzt und so an der richtigen Stelle eingebaut. Diese künstliche DNA enthält neben dem modifizierten Gen mindestens zwei Selektionsmarker um den Einbau an sich und den Einbau an der korrekten Stelle screenen zu können.

Sobald der Einbau an der richtigen Zelle erfolgt und nachgewiesen wurde, werden diese Stammzellen in eine Blastocyste (befruchtete Eizelle nach einigen Teilungsschritten) gespritzt, und nun müssen diese sich zufällig in der künftigen Keimbahn integrieren, damit das modifizierte Gen vererbar ist. Dies muss ebenfalls gescreent werden (hier hat man leider einen hohen Bedarf an Tiermaterial) und wird üblicherweise durch DNA Analysen aus Zellmaterial von Schwanzspitzen vorgenommen. Hat man nun eine Chimäre Maus mit dem gewünschten Einbau in der Keimbahn kann man durch Kreuzungsschritte ein homozygotes (d.h. auf dem mütterlichen und väterlichen Chromosom) knock-out Tier erzeugen und hat dann ein Tier bei dem dieses Gen komplett ausgeschaltet oder markiert ist. Komplizierter wird das ganze wenn dieses Gen einen lethalen Phänotyp in der Embryonalentwicklung erzeugt, hier muss man dann noch einen on/off Schalter miteinbauen, aber das führt hier zu weit.

Für dieses Verfahren der Generierung von Knockout Mäusen gab es 2007 den Nobelpreis für Mario R. Capecchi. Hier ist eine schöne auch bebilderte Übersicht. http://learn.genetics.utah.edu/content/tech/transgenic/

Diese Verfahren sind natürlich am Menschen nicht anzuwenden.

In der Pathologie kommen anderer, einfacherer und ethisch anwendbare Methoden zum Einsatz.

Beispielsweise kann für deinen genannten Fall eine Antikörperfärbung angewendet werden, es gibt spezifische Tumorzellmarker, d.h. Proteine die nur in oder auf Tumorzellen vorkommen. Hier werden Antikörper (in einem anderen Nobelpreis prämierten Verfahren) gegen diese Proteine generiert die dann auf Schnitten angewendet werden und mittels Fluoreszens oder enzymatische Reaktionen nachgewiesen werden können. Ob dies für jede Krebsart gilt kann ich leider nicht sagen. Das Verfahren nennt sich Immunhistochemie, hier ein Beispielbild einer Drosophila Larve in der ein muskelspezifisches Protein markiert ist.




Eine weitere Möglichkeit die ebenfalls an Gewebeproben vorgenommen werden kann ist die in-situ Hybridisierung, hier kann spezifisch RNA in Zellen nachgewiesen werden. Dies ist also auch ein Indikator für Genaktivität. (Auch hier ein Beispielbild eines Drosophila Embryos).




Die vermutlich am meisten eingesetzte Methode in der Diagnostik ist die Polymerase Chain Reaction (PCR), in der ein Genstück milliardenfach vervielfältigt werden kann und dann beispielsweise sequenziert wird. Dadurch kann die genaue Gensequenz ermittelt werden und diese auf Mutationen die im Zusammenhang mit Krankheiten stehen schnell und günstig ermittelt werden indem man einfach einen Abstrich der Mundschleimhaut abliefert.


Schließen möchte ich noch mit einem Bild einer Fluoreszens markierten Drosophila, einfach aus ästhetischen Gründen :)



Viele Grüße,
Jan


koestlfr

Hallo Jan!

Atemberaubende Fluoreszenzaufnahmen, einfach toll, faszinierend interessant!

Liebe Grüße
Franz
Liebe Grüße
Franz

Rawfoto

Hallo Jan

Ich kann mich Franz nur anschließen, toll was da so an Möglichkeiten herausgearbeitet werden, für mich als Laie auf diesem Gebiet sind solche Beiträge einfach nur hoch interessant ...

Liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...