Botanik: Gewöhnliche Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata) *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, Juni 11, 2013, 10:16:49 VORMITTAG

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Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

die Knoblauchsrauke ist ein Kreuzblütler, sie nimmt eine Zwischenstellung zwischen Heil- und Gewürzkraut  ein.
Kreuzblütengewächse haben ihren Namen, weil ihre vier Blütenblätter über Kreuz stehen. Vermutlich über 50% der deutschen Freilandgemüsefläche sind Gemüsearten aus der Familie der Kreuzblütler. Viele Arten von ihnen bereiten bei der Bestimmung selbst Fachleuten Schwierigkeiten. Eine rühmenswerte Ausnahme ist die Knoblauchsrauke.  Sie blüht jetzt im Juni, und wiewohl sie bis zu einem Meter aufschießen kann, so fällt sie durch ihre weiße Blüte (Kornblätter 5 – 7 mm lang) sicherlich nicht auf. Wohl aber, wenn man absichtlich oder unabsichtlich ihre Blätter zerreibt, dann entfaltet sich ein oft durchdringender Knoblauchgeruch. Das kommt von den Senfölen, die in der Pflanze enthalten sind.
Knoblauchsraukenkraut – Alliaria officinalis herba, das frische Kraut. Getrocknete Blätter verlieren das Aroma.
Wirkstoffe sind Glucosinolate (Senfölglykoside), vor allem Sinigrin und Glucotropaeolin, die Allysenföl bzw. Benzylsenföl abspalten, geringe Mengen herzwirksamer Glykoside, reichlich Provitamin A und Vitamin C.
In der Volksheilkunde wird die Knoblauchsrauke bei Vitamin-C Mangel, Erkrankungen der Atemwege genutzt. In der Schulmedizin hat sie bisher keinen Eingang gefunden. Die Inhaltsstoffe sind noch wenig untersucht und die Wirksamkeit ist nicht belegt.
Früher war sie als Salatpflanze in Bauerngärten vertreten und wurde auch zum Würzen der Speisen benutzt.

Bild 01 Illustration

Dieses Bild ist gemeinfrei, weil die Urheberrechte des Originals dieses  Kunstwerks abgelaufen sind. Es ist eine Reproduktion eines Gemäldes von dem schwedischen Botaniker C. A. M. Lindman (1856 – 1928), genommen aus  seinem Buch, "Bilder ur Nordens Flora" (Erstausgabe veröffentlicht 1901 – 1905, ergänzt Auflage 1917–1926).
Link: Carl Axel Magnus Lindman: Bilder ur Nordens Flora (1901-1905)
http://caliban.mpiz-koeln.mpg.de/lindman/
© of all processed images by Dr. Gerhard Keuck, 1999

Systematik:

Ordnung: Kreuzblütlerartige (Brassicales)
Familie: Kreuzblütengewächse (Brassicaceae)
Tribus: Thlaspideae
Gattung: Alliaria
Art: Knoblauchsrauke
Wissenschaftlicher Name: Alliaria petiolata
Volkstümliche Bezeichnung:
Knoblauchskraut, Lauchkraut, Knoblauchhederich, Knoblauchshederich, Knofelkraut, Knoblichskraut, Wilder Chnoblauch, Hasekehl, Bloderkraut, Blatterkraut, Falscher Waldmeister

Bild 02  Knoblauchsrauke  (Alliaria petiolata)

Diese Pflanze wächst bei uns im Norddeutschland  an einem schattigen Ort im Wald. Als Stickstoffpflanze kommt die Art gern in verwildertem Kulturland vor.

Bild 03  Blattformen der Knoblauchsrauke  (Alliaria petiolata)

Während die Grundblätter (links) ausgerandet  sind und eine abgerundete Blattspitze haben, sind die Stängelblätter viel stärker zugespitzt (rechts).

Bild 04  geschlossene Blüten.  Knoblauchsrauke  (Alliaria petiolata)



Bild 05  Weiße Blüten in endständigen Trauben. Knoblauchsrauke  (Alliaria petiolata)


Aus den Blüten entwickeln sich 3 – 7 cm lange Schoten, die an abstehenden Stielen sitzen.
Blattunterseite vom Stängelblatt

Spross, Querschnitt

Bild 06 Schnittstelle Spross, Querschnitt 35 µm


Der Spross ist schwach vierkantig, im basalen Bereich entwickelt er eine schwache Behaarung.
Die Pflanzenteile haben eine Woche im AFE – Gemisch III gelegen, das  Chlorophyll ist komplett ausgewaschen. AFE - Gemisch gründlich mit Ethanol ausspülen (abnehmende Alkoholreihe: 70%ig, 50 % ig und 30 % ig).

W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)

Arbeitsablauf :

1. Schnitte  liegen in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridinrotlösung  8 Min.
4. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) ca.    12 Sekunden !!!.
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest..
7. Nachfärbung Astrablaulösung 2 Minute.
Bei der Nachfärbung mit Astrablau eine Mischung aus Astrablau und Acriflavin im Verhältnis  4 : 1 verwendet (blau + gelb = grün).
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger verbleiben.
9. Entwässern mit 2x gewechseltem Isopropylalkohol ( 99,9 % ).
10. Als letzte Stufe vor dem Eindecken Xylol einsetzen.
11. Einschluss in DePeX.

Ergebnis :

Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot, Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb, Zellwände der innenliegenden Hypodermis tiefrot.

Fotos: Nikon D5000, die Übersichtsaufnahmen wurde mit ,,MagniFlash" erstellt.


Bild 07 Übersicht, Knoblauchsrauke  (Alliaria petiolata)


Bild 08 Vergrößerung  aus der Übersicht mit Beschriftung,  Knoblauchsrauke  (Alliaria petiolata)

CU = Cuticula, EP = Epidermis, RP = Rindenparenchym,  PPH = Protophloem, PH = Phloem, K = Kambium, XY = Xylem, T = Trachee, MP = Markparenchym
Das Xylem transportiert Wasser und lösliche, mineralische Nährstoffe von den Wurzeln durch und in die Pflanze. Es wird auch verwendet, um das durch Transpiration und Photosynthese verlorene Wasser zu ersetzen.

Bild 09  Vergrößerung,  Knoblauchsrauke  (Alliaria petiolata)


Bild 10  Vergrößerung,  Knoblauchsrauke  (Alliaria petiolata)


Bild 11  Vergrößerung,  Knoblauchsrauke  (Alliaria petiolata)


Bild 12  Vergrößerung,  Knoblauchsrauke  (Alliaria petiolata)


Bild 13Auflicht – Fluoreszenzaufnahme,  Knoblauchsrauke  (Alliaria petiolata)

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10

Blattstiel, Querschnitt

Bild 14  Übersicht, Knoblauchsrauke  (Alliaria petiolata)



Bild 15  Vergrößerung  aus der Übersicht  mit Beschriftung,  Knoblauchsrauke  (Alliaria petiolata)

SK = Sklerenchym, PH = Phloem, XY = Xylem, RP = Rindenparenchym

Bild 16 Vergrößerung,  Knoblauchsrauke  (Alliaria petiolata)


Pfahlwurzel  Querschnitt

Die Knoblauchsrauke bildet eine lange Pfahlwurzel.

Bild 17 Schnittstelle, (Alliaria petiolata)


Bild 18  Übersicht, Knoblauchsrauke  (Alliaria petiolata)


Bild 19  Vergrößerung aus der Übersicht mit Beschriftung,  Knoblauchsrauke  (Alliaria petiolata)

P = Phellem, PHL = Phellogen, PDH = Phelloderm, PR = primäre Rinde, SP = sekundäres Phloem ( vom Kambium gebildet) K = Kambium, ST = Strahl (elliptische Zellen – Xylemparenchym) T = Trachee

Bild 20  Vergrößerung,  Knoblauchsrauke  (Alliaria petiolata)


Bild 21 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme,  Knoblauchsrauke  (Alliaria petiolata)

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10

Bild 22 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme,  Knoblauchsrauke  (Alliaria petiolata)

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10

Quellen:

Rita Lüder: Grundkurs Pflanzenbestimmung, ISBN 3-494-01418-3
Welche Heilpflanze ist das ?, ISBN 978-3-440-10798-0
Was blüht denn da ? ISBN 978-3-440-11379-0
Der Kosmos Pflanzenführer, ISBN 3-86047-394-8
Pflanzen am Wegrand, ISBN N 3-7043-9998-1
Die große Enzyklopädie der Arzneipflanzen und Drogen; ISBN 987-3-89996-508-7
Das neue Handbuch der Heilpflanzen, ISBN 978-3-440-12933-6
Biologie der Pflanzen, ISBN 3-11-018531-8
Wikipedia

Mit freundlichem Gruß

Hans-Jürgen


Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

liftboy

Hallo Hans-Jürgen,

ich bin immer wieder über Deine Beiträge begeistert; so sehr, dass ich am Anfang jeden Beitrag ausgedruckt und als Nachschlagewerk abgeheftet hatte.
Nachdem ich jetzt weiß, was Toner kostet, habe ich das etwas reduziert und hebe es digital auf.
Immer wieder wunderbar!

Viele Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

Jan Kros

hallo Hans-Juergen,
das ist eine schoene serie von eine algemeine Pflanze.
schoen gemacht.
es dauert noch ein Bisschen das ich das auch wieder kann.
herzlichen Gruesse
Jan

Eckhard F. H.

Hallo Hans-Jürgen,
vielen Dank für die wunderschöne Dokumentation. Sie kommt wie bestellt, denn die Knoblauchrauke nehme ich (wie auch Waldmeister) seit Mai bewußt wahr. Sie wird nun gelegentlich der Butter beigemischt und auch in kleinen Mengen vor Ort verzehrt. Pfingsten gabe es erstmalig Bowle mit selbstgepflücktem Waldmeister als Geschmacksträger. Da weiß man wenigstens was drin ist.  ;D
Gruß - EFH

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

vielen Dank für Dein interessantes Porträt der Knoblauchrauke! Die schöne Pflanze ist auch bei uns oft zu sehen.

Sehr schön die Bilder von den Schnitten der Wurzel!

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,
danke für Euer Lob.

@ Wolfgang,

auch ich war überrascht, als ich mir einen neuen Toner gekauft habe. Jetzt wird fast alles farblos gedruckt.

@ Jan,

ich freue mich besonders, dass Du auf meinen Beitrag geantwortet hast. Im nächsten Jahr kann ich sicher wieder Schnitte von Dir bewundern.

@ Eckhard,

Bowle mit selbstgepflücktem Waldmeister als Geschmacksträger habe ich leider noch nicht getrunken.

@ Jörg,

die Pfahl - Wurzel dieser jungen Pflanze ließ sich nicht gut schneiden. Die Struktur war sehr weich.

Mit freundlichem Gruß

Hans-Jürgen

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Mila

Lieber Hans-Jürgen,

vielen Dank, dass Du Dich des "Unkrauts" (wie manche vielleicht denken mögen) angenommen hast, in vielen alten Heilpflanzenbüchern wird sie erwähnt (wie Du schon schriebst: volkstümliche Anwendung). Viele meiner Schülerinnen haben die Pflanze für ihr HP-Herbarium gepresst und ich habe sie auch gelten lassen :-)

Wie schön, dass ich jetzt auch Mikro-Aufnahmen dazu zeigen kann.

Übrigens schmeckt Knoblauchsrauke hervorragend in Quark,
viele Grüße
Mila

Hans-Jürgen Koch

Liebe Mila,

es freut mich, wenn meine Mikro - Bilder von der Knoblauchsrauke in Deinem Unterricht Verwendung finden.

Mit freundlichem Gruß

Hans-Jürgen
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