Botanik: Amerikanische Strauch Heidelbeere Vaccinium corymbosum

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, Heute um 14:03:31 NACHMITTAGS

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Hans-Jürgen Koch

Färbt nicht nur die Finger blau.
Vaccinium corymbosum ist ein mehrjähriger, sommergrüner bis zu 2 Meter hoher Strauch.
Die Pflanze ist ein Flachwurzler und reagiert empfindlich auf alkalische Böden.
Die Heimat ist das östliche Nordamerika (Zentral und O - Kanada, Zentral bis O - USA, bis 1600 Meter über dem Meer.

Außerhalb des natürlichen Areals sind noch Verwilderungen eingebürgert, so auch in europäischen Anbaugebieten, z. B. in Deutschland etabliert in Kiefernforste und abgetorften Hochmooren Niedersachsens, wobei es sich auch um Hybriden handeln kann, teils mit invasivem Potenzial.

Wegen problematischer Abgrenzung gegenüber verwandten Gattungen ist es schwierig, Artenzahl und Verbreitung für Vaccinium genau anzugeben, etwa 450 – 500 Arten sind weltweit verbreitet.

Diese Heidelbeere ist nicht nur in Nordamerika, sondern auch in Europa (eingeführt 1765) und in gemäßigten Klimazonen der Südhemisphäre, als Beerenobst im Anbau.

Bild 01 Habitus, Amerikanische Strauch Heidelbeere Vaccinium corymbosum

Urheber: Darkone

Die meisten heute gepflanzten Kulturheidelbeeren stammen von der ,,Amerikanischen Heidelbeere" ab, die ursprünglich in den Pine Barrens von New Jersey vorkam.

Die Pine Barrens, auch bekannt als Pinelands, sind ein stark bewaldetes, etwa 4500 km² großes Gebiet im US-Bundesstaat New Jersey, welches sich von der Mitte bis in den Süden des Staates entlang der Atlantikküste erstreckt.

Die professionelle Heidelbeerzucht begann Anfang des 20. Jahrhunderts
durch die US- amerikanische Pflanzenzüchterin Elizabeth Coleman White (1871 – 1954) und den Botaniker Frederick Coville (1867 – 1937).
Eine der Hauptattraktionen der Heidelbeere ist ihre Frucht. Die Beeren sind klein und rund, mit einer blauen oder violetten Farbe. Sie sind nicht nur lecker und süß, sondern auch reich an Antioxidantien und Vitaminen.

Die Früchte enthalten Zucker, Fruchtsäure, Gerbstoffe, Anthocyanfarbstoffe und Vitamine. Frisch wirken sie eher abführend, getrocknete und als Saft lindern sie Durchfälle.

Die Beeren können frisch verzehrt, zu Marmelade oder Saft verarbeitet oder sogar eingefroren werden, um sie das ganze Jahr über genießen zu können.

Die ,,Heidelbeeren", die im Supermarkt liegen, kommen oft nicht von den bei uns heimischen niedrigwachsenden Waldheidelbeeren (Vaccinium myrtillus), sondern von der Kulturheidelbeere (Vaccinium corymbosum), die aus den Sträuchern der Amerikanischen Heidelbeere gezüchtet wurde. Sowohl die Waldheidelbeeren als auch die Amerikanische Heidelbeeren gehören zur Gattung der Heidelbeeren (Vaccinium).

An der Züchtung der in Europa angebauten Kultur-Heidelbeeren hatten zwei nordamerikanische Wildsippen einen entscheidenden Anteil. Es sind dies die hochwüchsige (1,5 bis 2 Meter) und nur gelegentlich Wurzelsprosse bildende Vaccinium corymbosum und die nur bis 60 cm hoch werdende Vaccinium angustifolium, die häufig Wurzelsprosse ausbildet.

Von diesen Arten muss die amerikanische Kulturheidelbeere (Vaccinium corymbosum, engl. blueberry) abgegrenzt werden, welche hauptsächlich gezüchtet und vertrieben wird. Im Gegensatz zur Kulturheidelbeere, welche lediglich eine blaue Schale bei ansonsten hellem Fruchtfleisch aufweist, ist bei der Wildheidelbeere auch dieses blau.
Dies ist auf Anthocyane zurückzuführen, welche den Früchten die blaue Farbe verleihen.

Bild 02 Blüten, Amerikanische Strauch Heidelbeere Vaccinium corymbosum

Urheber: Darkone
Die Blütenfarbe ist rosa.

Die Heidelbeere wird durch die Bienen und Hummeln bestäubt. Die Blüten führen reichlich Nektar, der 20 % Zucker enthält.
Die Blütezeit ist von April bis Juni.

Die Amerikanische Heidelbeere (Vaccinium corymbosum) bildet blaue Beeren. Diese sind süß-säuerlich im Geschmack.
Die Sträucher der Amerikanischen bzw. der Kulturheidelbeere sind natürlich viel ertragsstärker. Am Strauch wachsen schließlich übereinander ganze Trauben von Beeren.

Bild 03 Früchte, Amerikanische Strauch Heidelbeere Vaccinium corymbosum

Foto: Rasbak

Die Beeren sind kugelig, mit einem Durchmesser von 0,6 – 1,2 bei Kulturformen bis 2) cm, blauschwarz, oft stark bereift und dann hellblau erscheinend.
Die Früchte sind gut nutzbar zum Frischverzehr, Backen und Mosten.
Der aus Trauben gekelterte Wein wurde wahrscheinlich bereits in altgermanischen Zeiten bei Trinkritualen eingenommen.
In frühchristlicher Zeit diente er als Messwein in Fortführung von Trankopfern für die germanischen Götter.
Die Früchte werden von Vögeln verzehrt. Sie enthalten bis zu 5 % Zucker und sind reich an Vitamin C.

Eine arzneiliche Verwendung der Heidelbeere ist erst aus dem 16. Jahrhundert. So erwähnte sie bereits Hildegard von Bingen (1098 – 1179) in ihren Schriften. Am Ende des 19. Jahrhunderts gewannen die Heidelbeerblätter eine gewisse Bedeutung als Mittel gegen Diabetes.

Die Fruchtdroge enthält Gerbstoffe, ferner Anthocyane (Farbstoffe), Flavonoide, Fruchtzucker und Pektine.

Das Fruchtfleisch wird durch Anthocyan intensiv gefärbt.
Anthocyane (engl. Antocyanine, von griech. anthos = Blüte, Blume, kyáneos = dunkelblau) sind wasserlösliche Pflanzenfarbstoffe, die man früher zum Färben von Saft, Wolle, Spielkarten und Wein benutzt.
Bei den Galliern und Römern wurde die Kleidung der Sklaven mir dieser Substanz gefärbt.
Der Gesamtertrag der Früchte im Gebiet der Bundesrepublik dürfte in guten Jahren zwischen 5000 und 10.000 Tonnen liegen.

Bild 04 Blätter, Amerikanische Strauch Heidelbeere Vaccinium corymbosum


Das Laub von Vaccinium corymbosum ist grün.
Die Blätter sind 3 – 8 cm lang, eiförmig bis lanzettlich, ganzrandig oder fein gezahnt, im Herbst verfärben sie sich gelb bis leuchtend orangerot.

Der Name Heidelbeere leitet sich vom althochdeutschen ,,heitperi", einer im Gebüsch wachsenden Beere ab.
Die Blattdroge enthält Catechingerbstoffe, Flavonoide, Neomyrtillin, Phenolcarbonsäure und Iridoide sowie Mangansalze.

Systematik:

Ordnung: Heidekrautartige Ericales
Familie: Heidekrautgewächse Ericaceae
Gattung: Heidelbeeren Vaccinium
Art: Amerikanische Strauch Heidelbeere
Wissenschaftlicher Name: Vaccinium corymbosum
Englische Bezeichnung: blueberry

Der Name ,, Vaccinium" wurde auf diese Gattung übertragen, obwohl ,,vaccinia" ursprünglich einfach eine Sippe blühender  Kräuter bedeutete.
Der lateinische Name ,,corymbosum" = doldentraubig, ist auf die Blütenstände bezogen.

Teil 1
Spross, Querschnitt
20 Mikrometer

Bild 05 Schnittstellen, Vaccinium corymbosum

Foto: H.-J-Koch

Bild 06 Übersicht mit Beschriftung, ungefärbter Schnitt, Vaccinium corymbosum

CU = Cuticula, XY = Xylem, MP = Markparenchym, PH = Phloem, RP = Rindenparenchym

Bild 07 Detailaufnahme, ungefärbter Schnitt, Vaccinium corymbosum


Bild 08 Detailaufnahme, ungefärbter Schnitt, Vaccinium corymbosum


Bild 09 Detailaufnahme, ungefärbter Schnitt, Autofluoreszenz, Vaccinium corymbosum

LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 10 Detailaufnahme, ungefärbter Schnitt, Autofluoreszenz, Vaccinium corymbosum


W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)

Arbeitsablauf:
1.Pflanzenprobe liegt in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridinrotlösung 7 Minuten
4. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) ca.30 Sekunden !!
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest..
7. Nachfärbung Astrablaulösung 1 Minuten
Bei der Nachfärbung mit Astrablau eine Mischung aus Astrablau und Acriflavin im Verhältnis 3 : 1 verwendet (blau + gelb = grün).

Tipp:
Eine schöne Variante erhält man, wenn man in der letzten Färbestufe eine Mischung aus Astrablau und Acriflavin im Verhältnis 3:1 verwendet. (3 Tropfen Astrablau und 1 Tropfen Acriflavin separat ansetzen und Gemisch mit der Pipette übertragen
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger verbleiben.
9. Entwässern mit 3x gewechseltem Isopropylalkohol (99,9 %)
10. Einschluss in Euparal.

Ergebnis:
Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot, Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb, Zellwände der innenliegenden Hypodermis tiefrot.
Bei der Betrachtung wird eine Kontrastverbesserung bei Verwendung eines BG 38 Filters (blaugrün, 3 mm dick) erreicht.

Fotos: Nikon D5000, Sony alpha 6000

Bei diesen zwei Übersichtsaufnahmen erkennt man auf der rechten Seite des Bildes, dass der Spross abgeflacht ist. 
Bild 11 Übersicht, Vaccinium corymbosum


Bild 12 Übersicht, Vaccinium corymbosum


Bild 13 Detailaufnahme, Vaccinium corymbosum


Bild 14 Markparenchym, Xylem, Vaccinium corymbosum


Bild 15 Detailaufnahme, Vaccinium corymbosum


Bild 16 Detailaufnahme, Vaccinium corymbosum


Bild 17 Detailaufnahme, Vaccinium corymbosum


Bild 18 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Vaccinium corymbosum

Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 19 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Vaccinium corymbosum


Bild 20 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Vaccinium corymbosum


Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Hans-Jürgen Koch

#1
Teil 2
Spross, Längsschnitt
25 Mikrometer

Bild 21 aufgeklebte Sprossgabel und eine angeschnittene Oberfläche


Bild 22 Übersicht, ungefärbter Schnitt, Vaccinium corymbosum


Bild 23 Übersicht, ungefärbter Schnitt, Vaccinium corymbosum


Bild 24 Detailaufnahme, ungefärbter Schnitt, Autofluoreszenz, Vaccinium corymbosum


Bild 25 Detailaufnahme, ungefärbter Schnitt, Autofluoreszenz, Vaccinium corymbosum


Bild 26 Detailaufnahme, ungefärbter Schnitt, Autofluoreszenz, Vaccinium corymbosum


Bild 27 Abschlussgewebe, ungefärbter Schnitt, Autofluoreszenz, Vaccinium corymbosum


Bild 28 Detailaufnahme, ungefärbter Schnitt, Autofluoreszenz, Vaccinium corymbosum


Bild 29 Detailaufnahme, ungefärbter Schnitt, Autofluoreszenz, Vaccinium corymbosum


Bild 30 Detailaufnahme, ungefärbter Schnitt, Autofluoreszenz, Vaccinium corymbosum


W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)

Bild 31 Übersicht, Vaccinium corymbosum


Bild 32 Übersicht, Vaccinium corymbosum


Bild 33 Übersicht, Vaccinium corymbosum


Bild 34 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Vaccinium corymbosum


Bild 35 Übersicht, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Vaccinium corymbosum


Verzeichnis der benutzten Literatur:

Wikipedia; Freie Enzyklopädie
Aichele ,,Der Kosmos Pflanzenführer", ISBN: 3-86047-394-8
Aichele ,,Was blüht denn da?", 03553-5
Dieter Ennet, ,,Lexikon der Heilpflanzen", ISBN: 3-933203-96-1
U. Hecker ,,Bäume und Sträucher", ISBN: 3-8354-0021-7
Peter A. Schmidt ,,Taschenlexikon der Gehölze", ISBN: 978-3-494-01448-7
P. Schmidt, U. Hecker ,,Die wildwachsenden und kultivierten Laub- und Nadelgehölze Mitteleuropas, ISBN: 978-3-494-01800-3
,,Botanica" Das Abc der Pflanzen, ISBN: 3-8290-0868-6
,,Die große Enzyklopädie der Arzneipflanzen und Drogen", ISBN: 978-3-89996-508-7
,,Neophyten", ISBN: 978-3-440-16874-5
,,Tiere und Pflanzen", ISBN: 978-3-440-14136-6
,,Was blüht denn da?", ISBN: 978-3-440-11379-0
,,Das große illustrierte Pflanzenbuch", 1966
,,Welche essbare Wildpflanze ist das?", ISBN: 978-3-440-16445-7

Die Informationen für Beschreibungen werden von mir selbst aus verschiedenen Quellen zusammengetragen. Dabei benutze ich sowohl Bücher als auch Internet Quellen.
Ich recherchiere dann weiter, suche die zugrundeliegenden Studien heraus, werte sie aus und verbinde alles miteinander.
Beim Recherchieren öffnet sich oft nicht nur eine neue Tür, sondern gleich mehrere. Dahinter verbargen sich weitere spannende Informationen.

Für konstruktive Kritik bin ich ebenso offen wie für lobende Worte.

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"