Botanik: Teamwork oder eine weit gereiste Braunalge - Fucus vesiculosus *

Begonnen von Fahrenheit, Juni 08, 2013, 08:33:31 VORMITTAG

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Dünnschliffbohrer

Ganz schnell mal zwei kleine Hinweise zur Ergänzung:
1)Der Blasentang - und natürlich auch andere - lassenssich auch sehr schön in getrocknetem Zustand von Hand, ggf. unter dem Stemi, schneiden (für alle die wie ich kein Mikrotom haben).
2) Die Schnitte geben sehr schöne ästhetische Bilder im Polmi! - Dsb.

PS.: mir gefallen die ungefärbten Schnitte auch viel besser! (Nicht nur hier beim Tang, sondern bei fast allen Pflanzenschnitten, es sei denn man färbt gezielt um z.B. Lignin oder irgend etwas anderes nachzuweisen.)
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Fahrenheit

#16
Lieber Karsten,

Klaus wird Dir da nicht helfen können, die Bilder sind ja von mir.  ;D
Was verträgt denn Dein Posteingang? Ich könnte Dir die Aufnahmen zu mailen. Sie sind dann natürlich völlig unbearbeitet wie sie aus der Kamera kommen und haben eine Auflösung von 2272*1704 Pixel. Die Bilder sind durchnummeriert und die Fokusebenen haben einen Abstand von ca. 3,3 µm bei der Vergrößerung von 200x. Der Stapel beginnt mit dem "höchstgelegenen" Bild.

Lieber Hans-Jürgen,

da wäre ich gerne dabei gewesen! Und Dich hat man mit Sicherheit für einen Insulaner gehalten. ;-)
Lipide! Ich glaube, ich weiß nun, was das für Kügelchen in meinen Schnitten sind. Vielleicht kannst Du Deiner Tochter die Bilder einmal zeigen und sie fragen, ob meine Vermutung stimmen könnte.

Lieber Klaus,

dann lass es uns mit Caedax (was ist denn da das Intermedium?) auf Basis der Färbung mit Magdalarot und/oder Alizarinviridin versuchen.
Die Sendung mit der Chromsäure und dem Alizarinviridin war sicher nicht für mich. Vielelicht war Rolf-Dieter der Empfänger?

Lieber Peter,

an der Erläuterung wäre ich auch interessiert, soweit ich das die Tage im Thread zu Anatolys Seifenblasenbilder mit bekommen habe, geht es da eigentlich um Höhenmessung mikroskopischer Strukturen. Das könnte z.B. für die Prüfung von Leiterbahndicken interessant sein.
Vielleicht spendiert uns Karsten dazu ja einen eigenen Thread.

Lieber Dünnschliffbohrer,

auf das Schneiden des Tangs nach der Moos-Methode hat ja Bernhard schon hingewiesen. ich selbst bin da nicht wirklich gut drin (PEG-Einbettung kann helfen), aber ich werde es probieren.
Pol habe ich mit den feuchten Schnitten probiert, das war - wohl wegen der recht dicken und nicht ganz plan liegenden Schnitte reichlich verschwommen. Das Dauerpräparat habe ich gerade noch mal geprüft: es sieht leider auch nicht besser aus.
Wenn Du magst, stell doch gerne einmal eines Deiner Bilder hier ein.

Und zu guter Letzt: Rolf-Dieter hat eben per Mail noch Bilder vom Fundort geschickt, die ich gerne zeigen möchte:

Übersicht:


Der Tang aus der Nähe:


Lieber Rolf-Dieter, noch mal herzlichen Dank für die Probenahme!

Allen herzliche Grüße
Jörg  
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

liftboy

Hallo Jörg,

gemäß Schlüter ist Caedax ein vollsynthetisches Harz, entspricht in den Eigenschaften den Balsamen und Euparal.
Also: Xylol.

Viele Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

Bernhard Kaiser

Hallo Jörg,

Zitatich selbst bin da nicht wirklich gut drin (PEG-Einbettung kann helfen), aber ich werde es probieren.

ganz einfach:
unter der Stereolupe auf einem Objektträger rechts einen Tropfen Wasser setzen und links die Probe mit dem linken Zeigefingernagel (Rechtshänder) halten. Mit der rechten Hand die Rasierklinge führen und feine Streifen schneiden. Dann diese mit der Klinge in den Wassertropfen schieben. Deckglas drauf. Fertig.

Freundliche Grüße
Bernhard

Fahrenheit

Lieber Wolfgang,

danke für den Hinweis! Das bedeutet ja nun noch pingeligeres Entwässern als mit Euparal. Schömmer empfiehlt das Caedax - ich bin gespannt, wie er das gemacht hat.

Lieber Bernhard,

das Problem liegt in dem Halbsatz "und feine Streifen schneiden"  ;D
Vielleicht bin ich da auch zu perfektionistisch, aber beim Versuch, Moose so zu schneiden, war ich mit meinen Ergebnissen immer unzufrieden.
Natürlich werde ich es mit dem Tang noch mal probieren.

Allen herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Mila

Lieber Jörg,

das sind ja interessante Bilder von dem "Stinke-Fucus", wie wir ihn immer in der Apotheke genannt haben. Das letzte Mal habe ich die Droge Ende der '90er Jahre abgefüllt und verkauft. Ich wäre wohl nie auf die Idee gekommen, den Blasentang zu mikroskopieren. Gar nicht mal sooo hässlich, wenn er mal "in's rechte Licht gerückt wird" ;)

Die Bilder erweitern meine Drogensammlung, danke dafür und
herzliche Grüße
Mila

Fahrenheit

Liebe Mila,

danke für Dein Lob! Du weißt, dass ich mich immer sehr freue, wenn meine Bilder auch einen praktischen Nutzen haben.

Stinke-Fucus? Die fixierte Probe stinkt natürlich nur nach Formaldehyd, aber der Spitzname lässt vermuten, dass die getrocknete Droge der Nase einiges ab verlangt?
Wirklich trockener Tank ist mir am Meer bisher noch nicht als besonders geruchsintensiv aufgefallen - ok, da hat man natürlich auch jede Menge frischer Luft drumherum.  ;D

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Mila

Lieber Jörg,

ein voller Vorratsbehälter mit dieser Droge duftet schon etwas eigenwillig, oder sagen wir: charakteristisch :D
Jedenfalls würde ich nicht unbedingt davon einen Tee trinken wollen...

Liebe Grüße
Mila

Fahrenheit

Liebe Mila,

da fehlt mir die Erfahrung, aber ich werde mal intensiver an so einem Tang schnuffeln, wenn ich wieder an der Küste bin.
Ansonsten ist es wohl ganz gut, dass bisher alle Versuche zur Entwicklung der Geruchsmikroskopie fehlgeschlagen sind.  ;)

Algentee? Algengrütze!  ;D

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Fahrenheit

#24
Liebe Pflanzenfreunde,

auf der Kornrade hatten wir Gelegenheit, den Blasentag noch einmal zu schneiden und einzudecken. Somit habe ich nun Bilder vom Frischmaterial in Wasser, von gleichen Schnitt nach Entwässerung in Euparal und von einem andern Schnitt in Magnacol, einem wasserbasierenden Einschlussmittel, das Wolfgang am vergangenen Wochenende dabei hatte. Ich finde es spannend, diese Bilder gegenüber zu stellen:

Serie 1: Der Thallus-Rand, zunächst in Wasser, dann als Dauerpräparat in Euparal und zum Schluss als Dauerpräparat in Magnacol, Vergrößerung jeweils 200x, alle Bilder mit Maßstab.
(Bilder 9a/b/c, Stapel aus 14, 26 und 20 Aufnahmen)




Serie 2: Die Mittelrippe mit Rinde und Hyphen, zunächst in Wasser, dann als Dauerpräparat in Euparal und zum Schluß als Dauerpräparat in Magnacol, Vergrößerung jeweils 200x, alle Bilder mit Maßstab.
(Bilder 10a/b/c, Stapel aus 18, 17 und wieder 18 Aufnahmen)




Serie 3: Die Hyphenschicht der Mittelrippe mit Hyphen und Markzellen, zunächst in Wasser, dann als Dauerpräparat in Euparal und zum Schluß als Dauerpräparat in Magnacol, Vergrößerung jeweils 400x, alle Bilder mit Maßstab.
(Bilder 11a/b/c, Stapel aus 22, 18 und 27 Aufnahmen)




Nun, was kann man hier sehen? Zunächst sicherlich meine mangelnde Erfahrung in der Präparation von Braunalgen, da beide Dauerpräparate Artefakte aufweisen, die ich auf den Zerfall bzw. die Beschädigung der Zellen zurückführe. Dies ist am auffälligsten in der Serie 3 von der Hyphenschicht zu erkennen.
Aber es tritt auch eine deutliche Schrumpfung der Strukturen im jeweils zweiten Bild, das vom entwässerten Präparat stammt, auf. Auch wenn es geht: der Standardprozess für Landpflanzen ist somit für den Fucus und ich denke für alle Braunalgen ungeeignet. Sicher lassen sich mit mehr Erfahrung bessere Präparate erstellen, aber auch bei der Anwendung eines wasserbasierenden Prozesses treten aus meiner Sicht deutliche Veränderungen am Präparat auf.

Lieber Hans-Jürgen,

hier möchte ich eine Frage einschieben: die auffälligsten Artefakte sind die runden, ich denke kugeligen Strukturen, die aus hauptsächlich den Rindenzellen zu stammen scheinen. Sie sind auch schon im "fischen" Schnitt zu sehen und kommen im entwässerten Euparal-Präparat am häufigsten vor.  
Hattest Du Gelegenheit, Deine Tochter einmal zu fragen, um was es sich da handeln könnte? Meine Annahme aufgrund Deines Eintrags hier, dass es sich um Lipide handeln könnte, wurde von meinem Kontakt an der Uni Duisburg verneint.

Die Schnitte von der Kornrade haben aber noch etwas Neues gebracht, was sich im Bild 9c bereits andeutet: der Blasentang zeigt auch einige Haargruben, die locker auf beiden Seiten des Thallus verteilt liegen. Mein Schnitt zeigt einige davon, allerdings leider nur am Rande und nicht mittig getroffen, so dass ich keinen Schnitt durch die Öffnung der Grube zeigen kann.

Bild 12a/b/c: Haargrube im Anschnitt, Bild 12b mit Maßstab, Bild 12c mit besser erkennbaren Haarzellen (die vier letzten Aufnahmen des Stapels). Vergrößerung 200x, Stapel aus 22 bzw. 4 Bildern.


 

Haargruben oder Fasergruben zeigen einen Aufbau, der den Konzeptakeln des Tanges sehr ähnlich ist, aber sie sind steril und somit keine Fortpflanzungsorgane, wie sie in den Rezeptakeln am Ende der Thalli zu finden sind. Siehe auch Schömmer Seite 273 ff.

Noch ein kleiner Ausblick: wir haben auch einen Schnitt mit Chromsäure nachfixiert und mit Alizarinviridin gefärbt. Dem möchte ich noch eine ähnliche Färbung gegenüber stellen, die ich in den kommenden Tagen machen werde. Hier meinen Dank an Klaus für die Unterstützung auf der Kornrade und an Walter Nänny für die Materialien für die zweite noch zu erstellende Färbung.

Vielen Dank fürs Lesen, Ergänzungen und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg  
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Rolf-Dieter Müller

Lieber Jörg,

abgesehen vom für Algen angepassten oder hier anzupassenden Präparationsprozess zeigt Deine Gegenüberstellung, das Frischpräparate auch ihren Reiz haben und vieles anders zeigen.

Es bestätigt eigentlich Deine und Hans-Jürgens Beiträge (beide beispielhaft genannt, besonders wegen der Schnittinterprätationen) den für sich aussagefähigen Färbungen auch unbehandelte Schnitte gegenüberzustellen.

Vielen Dank für den Vergleich.
Rolf-Dieter

Fahrenheit

Hallo Rolf-Dieter,

Du hast Recht, die Gegenüberstellung ungefärbter, möglichst frischer Schnitte mit dem gefärbten "Endprodukt" der Präparation ist immer spannend und schult das Auge, auch im naturbelassenen Präparat die Gewebeanordnung und etwaige Besonderheiten zu erkennen.

Hier fand ich die Auswirkungen der Präparation sehr interessant. Ich hätte nicht gedacht, dass auch die Wasserbasierte Einbettung die Strukturen so stark verändert - führe das aber auch auf meine fehlende Erfahrung mit Algen etc. im Dauerpräparat zurück.

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Detlef Kramer

Lieber Jörg,

Du musst bedenken, dass die Zellwände der Braunalgen einen sehr hohen Anteil an Pektin enthalten und daher extrem quellfähig sind (Agar!). Das erklärt bestimmt einen Teil der Artefakte.

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

Vorstellung: Hier klicken

Fahrenheit

Lieber Detlef,

bitte entschuldige die späte Antwort - das Wochenende war recht stressig und das Update der MKB - Seite musste raus.  :D

Die durch den hohen Pektingehalt hervorgerufene Quellfähigkeit im Wasser würde wunderbar die starke Schrumpfung des Schnittes bei der Trocknung erklären - das passt. Vielen Dank für Deine Info!

Ich bin auf die zweite Serie Schnitt- und Färbeversuche gespannt, die Ergebnisse werde ich dann auch hier zeigen.

Zwischenzeitlich hat sich Hans-Jürgen gemeldet: leider hat seine Tochter anhand der Bilder keine Idee, um was es sich bei den kugeligen Strukturen besonders in den mit Euparal eingedeckten Schnitten handeln könnte. Auch von meiner Ansprechpartnerin aus der Uni Duisburg habe ich bisher keine Antwort auf meine Frage diesbezüglich erhalten. hast Du vielleicht eine Idee oder einen Ansprechpartner an der TU, auf den Du vielleicht einmal zu gehen könntest?

Schon mal vielen Dank und herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Fahrenheit

#29
Liebe Tang-Freunde,

ich muss mich korrigieren, ich habe eine Mail von der Uni Duisburg übersehen.  :(

Dort schließt man Lipide aus, da diese im Tang nicht vorkommen; der Hinweis geht jedoch auch in Richtung eines Speicherstoffes (Laminarin):

ZitatVermutlich handelt es sich um den Speicherstoff Laminarin, da sich die ,,Kügelchen" auch sich vornehmlich in Strukturen befinden, welche ans Mark angrenzen. In der Literatur findet man leider so gut wie gar nichts an histologischen aussagekräftigen Bildern oder Zeichnungen.

Auch an dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank für die Unterstützung!

Laminarin ist in seiner wasserunlöslichen Form ein polymeres Ploysaccharid aus der Familie der Glucane.
Wer mehr lesen möchte: http://de.wikipedia.org/wiki/Laminarin

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM