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Meteorit NWA 2999 (Angrit)

Begonnen von Ulrich S, Juli 28, 2013, 15:07:55 NACHMITTAGS

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Ulrich S

Hallo Forum,
Mit neuem Elan und neuer Hardware ein weiterer Anlauf:

Ich möchte hier einen neuen Dünnschliff des Meteoriten NWA 2999 vorstellen. Es handelt sich dabei um einen Angrit.
Angrite sind pyroxenreiche Achondrite. Es handelt sich um mafische bis ultramafische Gesteine mit Ca-Al-Ti-Pyroxen, Anorthit, etwas Ca-haltigem Olivin und anderen Akzessorien wie Spinell, Kamazit und  Troilit. Angrite wurden auf einem größeren, differenzierten, planetaren Körper von ca. 500 km Durchmesser gebildet. Sie weisen ein sehr hohes Kristallisationsalter von über 4,5 Milliarden Jahren auf, stammen also aus der Anfangszeit des Sonnensystems. Gelegentlich wurde eine Herkunft vom Planeten Merkur diskutiert, was aber heute von den meisten Wissenschaftlern ausgeschlossen wird. NWA 2999 unterscheidet sich etwas von anderen Angriten und scheint  von einem anderen Mutterkörper zu stammen.
Angrite zählen zu den seltensten Meteoriten, derzeit führt das Meteoritical Bulletin 21 Exemplare auf, darunter sind aber einige sog. "pairings", also Material, was vom selben Fall stammt und mehrmals klassifiziert wurde so unterschiedliche NWA-Nummern erhalten hat.
NWA 2999 hat ein Gewicht von 392 Gramm, verteilt auf 12 Bruchstücke. Gefunden wurde er in der Sahara (Marokko/ Algerien, mehr ist nicht bekannt, deswegen ja NWA)
Im Meteoritical Bulletin steht zur Petrographie:

ZitatTerrestrial weathering has resulted in partial replacement of metal and minor grain boundary staining by iron hydroxides. The overall texture is protogranular, but there are large porphyroclasts of anorthite, spinel, and polygranular olivine. Anorthite also occurs as narrow (10–20 µm wide) coronas around spinel grains adjacent to clinopyroxene and both spinel and diopside are compositionally zoned away from the coronas. Texturally, this meteorite is very different from most angrites.







Was an diesem Material auffallend ist, sind die sog. "Bubble trains", die durch Schockereignisse (beim Herausschlagen des Meteorits aus dem Mutterkörper oder auch eher in der Geschichte des Mutterkörpers) und der nachfolgenden Verheilung entstanden sind.





sommerliche Grüße
Ulrich

Es kommt immer anders wenn man denkt

Rawfoto

Hallo Ulrich

Spannendes Thema, danke fuer die Beschreibung ...
Ueber die Farben bin ich ueberrascht, ist da ein "Farbverschiebung mittels Lambda-Schieber" eingesetzt ...

Liebe Gruesse

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Ulrich S

Hallo Gerhard,
da ist nichts mit Lambda, nur einfach XPL.
Was überrascht Dich an den Farben?

Grüße
Ulrich
Es kommt immer anders wenn man denkt

Rawfoto

Hallo Ulrich

Das sehr intensive Gruen und das fast Orange ..., die habe ich bei meinen Proben noch nicht zu sehe bekommen ...

Liebe Gruesse

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Ulrich S

Ja, die Angrite bieten schon ein Feuerwerk von Farben. Da kommen gewöhnliche Chondrite halt nicht ran. Die haben andere Reize.
sieht man auch sehr schön auf den Bildern z.B. hier:
http://www.impactika.com/TSpics/TS586.jpg
oder
http://www.impactika.com/TSpics/TS587.jpg
Grüße
Ulrich
Es kommt immer anders wenn man denkt

olaf.med

Hallo Ulrich,

ZitatJa, die Angrite bieten schon ein Feuerwerk von Farben. Da kommen gewöhnliche Chondrite halt nicht ran.

das verstehe ich nicht ganz. Die Farben sind ja lediglich normale Interferenzfarben des Olivins und nur eine Funktion der Dicke des Schliffs. Sie sind definitiv nicht spezifisch für einen besonderen Meteoritentyp.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Ulrich S

Zitat von: olaf.med in Juli 29, 2013, 18:42:47 NACHMITTAGS
Hallo Ulrich,

ZitatJa, die Angrite bieten schon ein Feuerwerk von Farben. Da kommen gewöhnliche Chondrite halt nicht ran.

das verstehe ich nicht ganz. Die Farben sind ja lediglich normale Interferenzfarben des Olivins und nur eine Funktion der Dicke des Schliffs. Sie sind definitiv nicht spezifisch für einen besonderen Meteoritentyp.

Herzliche Grüße,

Olaf

ist schon klar, ganz so unbedarft bin ich nun auch wieder nicht. Aber die unterschiedlichen Meteoritentypen sind nun mal durch unterschiedliche Mineralogien gekennzeichnet, Angrite eben durch das Vorhandensein von Olivin und Pyroxen (und anderen, siehe oben). Folglich sind Angrite eben immer schön bunt. Andere Klassen haben andere Zusammensetzungen, z.B. Aubrite bestehen hauptsächlich aus eisenfreien Enstatit (und ganz wenig Olivin, Plagioklas etc.) bieten also nicht dieses Feuerwerk. Bei den gewöhnlichen Chondriten sind hauptsächlich die Chondren schön anzusehen, habe ich ja auch schon mal irgendwo gezeigt, die Matrix bietet meist nur wenig.

Grüße
Ulrich
Es kommt immer anders wenn man denkt

moräne

Hallo Ullrich

Schöne BIlder
Ich schreib was zu dem zweiten und zum letzten.
Im zweiten sind bräunlich gestreifte Kristalle zu sehen, das ist wohl der Anorthit. Ich kenne kein Bild in den mir zugänglichen Büchern.. was Anorthit zeigt. Ich kenne nur die Aussagen, das Anorthit breite Lamellen hat, und eine andere das er bräunliche Eigenfarbe hat.
Also wird er das wohl sein.
Im letzten Bild sehe ich im " Olivin " diese vielen Tröpfchen.
Was kann man sich darunter vorstellen?
Ich habe auch so was in einem Dünnschliff
Grüße
Gerd

olaf.med

Lieber Ulrich,

als unbedarft wollte ich Dich wirklich nicht hinstellen! Es ist aber sehr wohl möglich in einem normalen Chondriten Stellen zu finden, die ähnlich lebhafte Farbspiele zeigen - alles eine Frage der Vergrößerung und des Bildausschnitts.

Lieber Gerd,

Du hast sicher Recht mit Deiner Ansprache des polysynthetischen Zwillings als Anorthit, daß aber die Breite der Zwillingslamellen eine mögliche Abgrenzung zu den anderen Plagioklasen ist, und daß er eine bräunliche Eigenfarbe hat, sind pure Ammenmärchen.

Die Tröpfchen in den Olivinen sind Einschlußfahnen. Diese Einschlüsse entstehen entweder beim Kristallwachstum (primäre Einschlüsse) oder später beim Verheilen von Bruchflächen. Es handelt sich entweder um Fluide (bei extraterrestrischen Proben eher unwahrscheinlich) oder ehemalge Schmelztropfen, die nun als Glas oder rekristallisiertes Glas vorliegen.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Ulrich S

ZitatDie Tröpfchen in den Olivinen sind Einschlußfahnen. Diese Einschlüsse entstehen entweder beim Kristallwachstum (primäre Einschlüsse) oder später beim Verheilen von Bruchflächen. Es handelt sich entweder um Fluide (bei extraterrestrischen Proben eher unwahrscheinlich) oder ehemalige Schmelztropfen, die nun als Glas oder rekristallisiertes Glas vorliegen.

genau, beim Impakt eines anderen Körpers auf dem Angrit-Mutterkörper entstanden beim Durchgang der Schockwelle diaplektische Gläser und die "Tröpfchen" sind die Reste davon. Manche Einschlüsse scheinen auch hohl und gasgefüllt zu sein.

Zitatalles eine Frage der Vergrößerung und des Bildausschnitts

zweifelsohne

Grüße
Ulrich
Es kommt immer anders wenn man denkt