Botanische Mikrotechnik: Schneiden mit Rasierklingenmikrotom und Verarbeitung

Begonnen von Rolf-Dieter Müller, Oktober 25, 2008, 16:29:00 NACHMITTAGS

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Rolf-Dieter Müller

Liebe Mikrogemeinde,

mit dem Rasierklingenmikrotom schneide ich gerne, wenn es schnell auf gleichmäßig dünne Querschnitte ankommt. Das Mikrotom wird unter dem Produktnamen ,,Allmikro" von Haga Metallwarenfabrik, Nürnberg hergestellt. Nähere Informationen sind hier zu finden: http://www.haga-metallwaren.de/mikrotom.htm.

Geschnitten wird mit handelsüblicher Rasierklinge in einem Klingenhalter, die Schnittführung ist vorgegeben. Das Schneidobjekt wird als Ganzes in einem Objekthalter gespannt, bzw. in einem Holundermarkstengel umschlossen, der wiederum in den Objekthalter gesteckt wird.

Für hinreichend gleichmäßig dünne Schnitte verschließe ich den nach unten offenen Objekthalter mit einem Magneten. So wird der Stengel beim Vorhub zwingend mit angehoben, ansonsten ist die Schnittdicke über alle Schnitte zu ungleichmäßig. Des weiteren wurde ein im Mikrotom eingebauter Anpresshebel stillgelegt, der empfindliche Objekte doch zu sehr quetschte.

Beispielhaft für einen Rasierklingenmikrotomschnitt habe ich den Stengel von Philodendron scandens genommen. P. scandens ist eine tropische Pflanze aus der Familie Aronstabgewächse (Araceae), die über das Jahr im Fachhandel und Pflanzenabteilungen von Baumärkten angeboten wird und sich leicht in Zimmerkultur halten lässt. Sie benötigt wenig Licht, also ein ideales Objekt zur Verschönerung des privaten Mikrolabors und man hat immer, auch zu Unzeiten, Frischmaterial zur Verfügung. Übrigens, die für die für den Familiennamen namensgebende Pflanze, der einheimische Aronstab, steht jetzt kurz vor der Blüte.

Beim Schneiden wurden Rasierklinge und P. scandens-Stengel vor jedem Schnitt mit 70%igem Ethanol benetzt. Fixierung mit essigsaurer alkoholischer Jod-Jodkaliumlösung, Behandlung mit stark verdünntem Fixiersalzkonzentrat und dann Auswaschen mit Wasser.

Die Färbung erfolgte mit FCA-Färbung nach Etzold, wie sie in (1) beschrieben ist. Ich habe lediglich zwischen Auswaschen und Entwässern für 5 Minuten eine 30%ige Ethanolstufe eingeschoben. Um die Cuticula sicher anzufärben, wurde die Farblösung mit den Schnitten 3x kurz aufgekocht. FCA steht für die in der Farblösung enthaltenen Farbstoffe Fuchsin, Chrysoidin und Astrablau.

P. scandens ist eine einkeimblättrige Pflanze. Zur Stengelanatomie von einkeimblättrigen Pflanzen möchte ich auf folgende Fundstellen verweisen: (3), (4).

Zum Präparat
Objekt: Philodendron scandens, Stengel - Querschnitt
Schneiden: Rasierklingenmikrotom mit handelsüblicher Rasierklinge, ohne weitere Vorbehandlung geschnitten
Fixierung: Schnittfixierung wie von Krauter (2) beschrieben (a)
Färbung: FCA-Färbung nach Etzold (1).
Einschluss: Euparal

Zum Bild
Stativ: Axiostar plus
Aufnahme: mit zeissadaptierter DSLR Samsung GX-1S, ohne Kameraoptik
Objektiv: Zeiss CP-Achromat 5x
Beleuchtung Halogenlicht
Maßstab: eingefügt mit AxioVision LE
Bildgröße: mit Photoshop Elements 2.0 für diese Veröffentlichung auf 800 Pixelbreite verkleinert
Bildverarbeitung keine



Viele Mikrogrüße
Rolf-Dieter Müller


Bemerkung:
(a) Statt für die im Krauter beschriebene Natriumthiosulfatlösung kann auch entsprechend verdünntes Fixiersalzkonzentrat für Schwarzweiß-Negativverarbeitung aus dem Fotohandel genommen werden.

Literaturhinweise:
(1) Henkel, Klaus: Die Mikrofibel. Ausgabe 14. Juni 2003. Seite 183-188.

(2) Krauter, Dieter: Mikroskopie im Alltag. Dritte Auflage, Seite 105.

(3) Kremer, Bruno P.: Das große Kosmos-Buch der Mikroskopie.

(4) Nultsch, Wilhelm: Mikroskopisch-Botanisches Praktikum für Anfänger.

Wutsdorff Peter

Guten Abend Rolf-Dieter,
ich benutze das gleiche Mikrotom. Den Trick mit dem Magneten finde ich gut. Dadurch wird das Gewindespiel aufgehoben.
In vielen Anleitungen wird gesagt, man solle den Schnitt immer feucht (womit?, ich nehme Ethanol) halten. Schließlich landet ein Schnitt auf der Fläche vor der Klinge. Er soll dann "mit  einem sehr feinen Pinsel aufgenommen" werden.
Die Adhäsionskraft des Schnittes auf der Unterlage ist aber größer als die, die der feuchte  Pinsel aufbringen kann.
Mit viel "Fummelei" platziere ich dann doch noch den Schnitt auf dem OT.
Weißt Du einen Trick, wie man das besser machen kann? Eventuell zweite Rasierklinge?
Beim Kremer: Mikroskopieren ganz einfach wird das Problem auch angesprochen, aber keine Lösung angegeben.

Gruß Peter aus Lorsch

Hugo Halfmann

Hallo Peter aus Lorsch,

versuche mal, mit dem Pinsel keine "Malbewegungen" zu machen, sondern den Pinsel um seine eigene Achse zu drehen (1/2 - 3/4 Drehung) und dabei leicht seitwärts zu "wischen".

Ethanol ist ok, ich nehme meist 50%iges.
Viele Grüße aus dem Bergischen Land

Hugo Halfmann

wejo

Hallo Rolf-Dieter,
die Probleme mit dem Anpresshebel habe ich auch, nur habe ich keine Lösung, wie man das besser machen könnte. Dürfte ich Deine Problemlösung dazu erfahren? Herzlichen Dank im Voraus! Da soll es ja im Forum (Name weiß ich nicht mehr - ist schon länger her) mal einen Vorschlag dazu gegeben haben, aber der "Erfinder" gab mir keine Antwort auf meine Frage über PN.
Viele Grüße,
Werner

Wutsdorff Peter

Hallo Werner,
Ich hatte ein Haga-M.
Inzwischen bin ich auf ein Tischmikrotom mit SHK-Klinkenhalter und solchen Klingen umgestiegen.
Beim Haga hatte ich die Klingenführung gelöst und konnte die Klinge nach meiner Vorstellung führen. Mit einem Hebel wird die Probe geklemmt. Dieser behindert aber den Vorschub.
Wenn Du den  Vorschub betätigen willst, solltest Du vorher den Klemmhebel lösen, dann Vorschub betätigen, Hebel wieder anlegen, dann Schneiden.
Das geht so einigermaßen.


Gruß Peter

wejo

Hallo Peter,
Danke für den Tipp. Ich befürchte aber, dass sich da die Schnittdicke nicht mehr richtig kontrollieren lässt. Ich probiere es mal aus! Vielleicht meldet sich ja Rolf-Dieter auch noch.
Viele Grüße
Werner

Herbert Dietrich

Hallo Werner,

da hilft nur eines: immer wieder mal in der Bucht suchen.
Da wurde kürzlich ein Hand-Zylinder-Mikrotom der Fa Jung verkauft.
Mit dem Haga-Rasier konnte ich mich ich auch nicht so unbedingt anfreunden.

Herzliche Grüße

Herbert

wejo


Herbert Dietrich

Hallo Werner,

das war auch zu billig, das dreifache wäre das schon wert gewesen.
ich hab das schon, soinst wäre es nun meins :)

Herzliche Grüße
Herbert

wejo

Hallo,
habe über ebay Kleinanzeigen nun doch noch ein Handmikrotom ergattert. Es stammt von der ehrwürdigen Firma Opt. Instr. GKE. Schröder aus Hamburg. Das Teil ist noch sehr gut erhalten und ist dem Reichert Handmikrotom sehr ähnlich. Ich habe mit diesem Teil schon mal geschnippselt, doch da muss ich auch noch etwas üben.
Viele Grüße
Werner

Fahrenheit

Lieber Werner,

Rolf-Dieters Lösung ist auf der Webseite des MKB beschrieben:
http://www.mikroskopie-bonn.de/bibliothek/botanische_mikrotechnik/161.html
und als pdf zum Herunterladen:
http://www.mikroskopie-bonn.de/_downloads/MKB_Artikel_Haga_Allmikro_Mikrotom_RDM_WSS_110617.pdf

Rolf-Dieters Lösung kurz skizziert: der Vorschub wirkt auf einen Metallzylinder, man setzt also unten einen großen Flachmagneten auf, der das Loch für die Probe verschließt. Diese wird z.B. in einem Stück Holundermark (oder Möhre ... Styrodur etc.) eingebettet, das in den Probenzylinder passt und den Klemmmechanismus nicht zu arg strapaziert. Wichtig: die Einbettung muss unten auf dem Magneten aufliegen. Beim Vorschub sorgt der Magnet dann dafür, dass die Einbettung sammt Probe am Klemmheben vorbei geschoben wird.

Herzliche Grüße
Jörg 
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

wejo

Lieber Jörg,
herzlichen Dank für Deine Hilfestellung und den Links! Das PDF habe ich mir damals, als ich das HAGA erwarb, schon heruntergeladen. Den Magneten verwende ich seitdem auch fleißig und finde ihn sehr hilfreich! Aber mit dem Andruckhebel habe ich so meine Probleme. Er drückt das Probenmaterial immer sehr fest zusammen und ich denke, dass er auch den Vorschub bremst, so dass ich manchmal keinen Schnitt habe, dann wieder zu dick und plötzlich passt es wieder. Nun bin ich auch schon auf die Idee gekommen von unten leicht anzudrücken, so wie das in der Erklärung von Rolf-Dieter steht (habe den Tipp erst heute beim nochmaligen Lesen entdeckt!). Das ging schon besser, aber dünnere und gleichmäßigere Schnitte sind wohl doch mit dem Handmikrotom zu erreichen. Nun, man lernt ja immer dazu und das ist ja auch das Reizvolle daran!
Herzliche Grüße aus Rothenburg
Werner

Wutsdorff Peter

Grüß Dich Werner,
ich hatte auch mal das Haga-Mikrotom, bin dann aber auf ein  kleines Tischmikrotom von Kosmos umgestiegen.
Probleme mit dem Klemmhebel hatte  ich auch.
Mir hat geholfen: Wenn der Vorschub betätigt werden soll, löse ich die Klemmung, betätige den Vorschub, dann klemme ich wieder. Dann wird geschnitten.
Aber sicher weißt Du  das schon

Gruß Peter