Garagenfund: was für ein Mikroskop habe ich?

Begonnen von braunbaer, September 02, 2013, 09:06:53 VORMITTAG

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braunbaer

Hallo Forum!

Ich bin neu hier - und habe das letzte mal in der Schule (ca. 1989) ein Mikroskop bedient. Nun habe ich etwas in der Garage gefunden und wollte gerne wissen, was das ist und was man damit machen kann. Das Mikroskop selbst stammt aus einer Schule, nein nicht geklaut. (Die Schule wurde abgerissen und der Bürgermeister hat seinen Lieblingsverein durch die Schule geführt "nehmt mit, was ihr braucht, das kommt alles auf den Müll")

Es handelt sich um ein Hertel & Reuss, 24-Fache Vergrößerung (12-fach am Okular; 2* "unten"). Bestimmt nichts Dolles, aber für den Anfang nicht schlecht.

Meine Frage:

Vergrößerung:
kann man die Vergrößerung steigern? Ich sehe hier oft etwas von x*100-facher Vergrößerung. Geht das mit dem Mikroskop? Wo ist die Grenze? Die Okulare haben 23,15 mm Durchmesser (gemessen). Ist das "Standard" und lohnt es sich, eine stärkere Vergrößerung zu kaufen?

Was kann man sehen:
Welche Objekte kann man sich angucken? Irgendwelche einzelnen Zellen werde ich wohl nicht erkennen können. Aber was dann? Bei Amazon gibt es Objektträger, sind die geeignet?

Fotografie:
ich habe Kameras gesehen, die man in den Okular-Tubus steckt. Lohnt es sich?

allgemein:
ist das, was ich habe, Spielzeug und gilt "nimm es, wie es ist -> wenn du mehr willst, kauf was Neues" oder lohnt es sich, darauf aufzubauen?

Freue mich auf Antworten!

Und hier die Bilder:





Detlef Kramer

Hallo "Braunbaer",

Das ist eine Stereo-Lupe nach dem Grenough-Prinzip. D.h. es sind zwei Mikroskope mit geringer Vergrößerung in einem kleinen Winkel zueinender montiert und man sieht dadurch das Objekt plastisch. Das ist für Kinder unter 13 Jahren ideal, weil sie damit die Natur und alles andere Kleine (Uhrwerke, Steinchen usw.) untersuchen können und einen Bezug haben zu dem, was sie anfassen und mit bloßem Auge sehen können.

Die Vergrößerung durch das Auswechseln der Okulare zu steigern, ist nicht sinnvoll. Ein normaler Glas-Objektträger kann in diesem Fall gut genutzt werden, weil derTisch eine Bohrung hat und die Beleuchtung per Spiegel von unten erfolgt. Für die allermeisten Objekte ist es besser, wenn sie von oben beleuchtet werden. Dazu eignet sich z.B. die Leselampe "Jangsjö" von Ikea.

Wir schätzen es in diesem Forum, uns mit Namen anzureden.

Beste Grüße
Detlef Kramer
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Florian Stellmacher

Hallo Braunbaer,

das ist ein Stereomikroskop, ausgelegt für Auf- und Durchlichtuntersuchungen.

Die sinnvolle maximale Vergrößerung solcher Mikroskope ist recht begrenzt, daher nennt man sie gelegentlich auch im Jargon "Stereolupe" im Gegensatz zum "richtigen" Mikroskop. Das soll jedoch nicht heißen, dass so ein Instrument minderwertig gegenüber einem Mikroskop ist, das 1000x und höher vergrößern kann, es hat jedoch ein anderes Einsatzgebiet. Während man mit dem klassischen Mikroskop i.d.R. auf einen Objektträger aufgebrachte und mit einem Deckglas bedeckte kleine Objekte im Durchlicht untersucht, kann man unter dem niedrig vergrößernden Stereomikroskop auch große Objekte (Insekten, Pflanzenteile, Wasserflöhe in einer Petrischale etc.) ohne weitere Präparation untersuchen. Hierbei liefert das Instrument ein seitenrichtiges und begrenzt plastisches Bild. Die 24fache Vergrößerung ließe sich zwar steigern, jedoch kann man mit so einem Mikroskop nicht das gut auflösende und gut farbkorrigierte Bild des "nomalen" Mikroskops erwarten. Auch eine Fotoadaptation macht aus meiner Sicht wenig Sinn, da der Aufwand in Relation zum Wert des Instruments wohl recht hoch wäre. Alternativ kann man mit einem Weitfeldokular und über die Augenlinse gehaltener Digiknipse mit einiger Übung einigermaßen vernünftige Bilder machen.

Was Deinen "Anwenderkreis" anbelangt: Für Kinder ist ein Stereomikroskop viel sinnvoller als ein anderes Mikroskop, da hierbei Strukturen, die man mit bloßem Auge sehen oder erahnen kann, in einer Weise vergrößert abgebildet werden, ohne dass eine wesentliche Umstellung wie beim aufrechten zusammengesetzten Durchlichtmikroskop (seitenverkehrtes Bild, geringe Tiefenschärfe) oder ein höherer präparativer Aufwand erforderlich wäre. Das Schöne ist eben, dass man hiermit eigentlich alles untersuchen kann, was man irgendwie unter das Objektiv bekommt. Und wenn sich ein langfristiges Interesse Deines Nachwuchses an der Mikroskopie ergibt, kanst Du immer noch ein höher vergrößerndes Mikroskop anschaffen.

Viele Grüße,
Florian

EDIT: Sehe gerade, Detlef war schneller.
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

braunbaer

Hallo!

Danke für die Erläuterungen!

Fein, dann bleibt es so, wie es ist - und mal gucken, was die Kleinen alles unter das Mikroskop packen. Eine Lampe zum Anstrahlen habe ich - Danke für den Tipp.

Freue mich auf die leuchtenden Augen meiner Kinder - ich selbst kann da gar nicht so gut durchgucken, weil der Augenabstand eben für Kinder ist. Also genau richtig.

Viele Grüße
Braunbaer

ortholux

Hallo Braunbär,

der Augenabstand ist verstellbar. Du mußt nur die beiden oberen, lederarmierten Teile auseinanderdrehen. Vielleicht ist hier was korrodiert oder verharzt, aber eigentlich geht das.

Viele Grüße
Wolfgang

Klaus Herrmann

Hallo Ingo,

ZitatWir schätzen es in diesem Forum, uns mit Namen anzureden.
das hast du sicher bei den vielen guten Ratschlägen übersehen! :D

Kleine Anregung noch: in die runde Aussparung im Tisch gehört eigentlich eine Glasplatte oder Kunststoffplatte.
Wenn du sie ausmisst können alle nachschauen, ob sie was passendes haben um das wertvolle Instrument noch wertiger zu machen.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Frank D.

Hallo Braunbär,

auch wenn der Vergrößerungswert beider Okulare identisch ist, prüfe vor der Weitergabe an die Kinder einmal, ob bei einer bestimmten Höheneinstellung, durch beide Okulare gleichzeitig ein scharfes Bild mit identischem Gesichtsfeld (Kreisdurchmesser) zu sehen ist und ob Du auch keine Doppelbilder (versetzte Objekte/angestrengtes Einblickverhalten) siehst.
Ich vermute, die beiden Okulare passen nicht zusammen.

Herzliche Grüße
Frank

Dünnschliffbohrer

Hallo Braunbaer,

ich möchte gerne noch auf folgendes Hinweisen: Ein Stereomikroskop ist zwar anders als gewöhnliche Mikroskopefür eher - und auch dann nur für ältere! - Kinder geeignet, aber deswegen noch lange kein Kinderspielzeug. Es ist heutzutage aus der gesamten industriellen Qualitätskontrolle und auch Fertigung nicht mehr wegzudenken, und wenn du Bastler sein solltest, wirst du es selber für feinere Arbeiten zu schätzen lernen.
Darüber hinaus ist es auch als Operationsmikroskop gut zu gebrauchen: ich weis nicht, wie viele Kakteenstacheln oder Brombeerdornen ich mir schon unter dem "Stemi" "minimalinvasiv" aus dem Finger gezogen habe, die anders gar nicht zu packen gewesen wären. Es gibt viele Anwendungen, siehe den entsprechenden Wikipedia-Artikelhttp://de.wikipedia.org/wiki/Stereomikroskop - Dünnschliffbohrer
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Bernhard Kaiser

Hallo Herr Braunbaer,

mit dem gleichen Gerät - Okulare 10x W und Objektiv 2x - bearbeite ich seit über 50 Jahren meine Moose ! Ein solides Markengerät von "Hertel & Reuss".

Freundliche Grüße
Bernhard Kaiser

braunbaer

Hallo rundherum,

das sind noch wertvolle Tipps - danke. Ich werde mal prüfen, ob man den Augenabstand verändern kann. Darf man da mit Öl oder sogar Rostlöser nachhelfen? Ich vermute mal: nein.

Den Tisch werde ich ausmessen. Obwohl... ich habe noch Glas, Bandsäge mit Dimantblatt und Wasserkühlung nebst Dimantbohrer mit Wasserkühlung im Regal stehen.... Das sollte ich schaffen...

Die Okulare scheinen zwei Verschiedene zu sein, vermutlich ist da früher mal etwas durcheinander geraten. Falls es der Fall sein sollte, dass das Bild unterschiedlich scharf ist, kann man dann mit "Unterleg- Ringen" justieren? In welchen Grenzen (mm oder 1/10mm) spielt sich das ab?

Das mit dem Namen hatte ich schon gelesen. Ich wusste nur nicht, was mit Name gemeint ist: der Nick-Name oder der echte Name. Nun weiß ich es - nichts für ungut!

Liebe Grüße
Ingo

Klaus Herrmann

Hallo Ingo,

ZitatDas mit dem Namen hatte ich schon gelesen. Ich wusste nur nicht, was mit Name gemeint ist: der Nick-Name oder der echte Name. Nun weiß ich es - nichts für ungut!

Liebe Grüße
Ingo

dann hatte ich doch richtig geraten! :D

ZitatObwohl... ich habe noch Glas, Bandsäge mit Dimantblatt und Wasserkühlung nebst Dimantbohrer mit Wasserkühlung im Regal stehen.... Das sollte ich schaffen...

Wenn du damit eine kreisrunde Glasscheibe hinkriegst, dann alle Achtung! Aber du sparst dir damit gut 5-10.- und das ist ja ne Menge Geld - wenn die Zeit nichts kostet!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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braunbaer

Hallo!

Södele, die Stereolupe ist im Einsatz. Die Kinder sind fasziniert, es kommt alles drunter, was sich findet. Einfach klasse!

Einen kreisrunden Glaseinsatz zu basteln, ist relativ einfach. Für Glas kann man einen Glas-Zirkel (Zirkel mit Glasschneider;Amazon, Circle Cutter) verwenden; als Glas reicht ja ein nicht mehr benötigter Bilderrahmen. Ich habe jetzt ersteinmal etwas aus Plastik gesägt und geschliffen, das reicht für den Anfang und ist auf 0.5mm genau - passt (und ja, kostet Zeit)

Eine Frage habe ich: die Okulare sind nicht gleichzeitig scharf zu stellen. Wie könnte man die Höhe justieren? Man könnte irgendwas unter ein Okular legen, aber das wäre ja Zufall, wenn das dann genau passt. Wie kann man den Unterschied messen? Ich könnte mir dann einen Unterlegring drehen lassen.

Viele Grüße
Ingo

Klaus Herrmann

Hallo Ingo

die beiden Okulare passen nicht zusammen. Man kann sich sicher behelfen mit definiertem Anheben des einen. Den Scharfpunkt indet man durch "Pröbeln". Besser wäre zwei gleiche zu verwenden.

Mach mal ein ordentliches Foto von beiden. Ich garantiere mindestens 5 Mitglieder werden in ihrer Grustelkiste eines finden, das eines der beiden ergänzt zum Pärchen. ;). Einen passenden Unterlagring drehen ist aufwändiger und zudem Optisch immer noch nicht perfekt.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Florian Stellmacher

Hallo Ingo,

wie Klaus schon schrieb, ist es sicherlich mit Abstand am sinnvollsten, zwei kompatible Okulare aufzutreiben.

Aufwendigere Stereomikroskope und binokulare Mikroskope haben am Tubus zumeist einen Okularstutzen, der mit einem drehbaren Ring als Dioprieneinstellung und damit zum Ausgleich von Fehlsichtigkeit versehen ist, manche Hersteller verwenden auch fokussierbare Okulare. Die einfachen Stereomikroskope von Hertel & Reuss haben eigentlich einen schlitzförmig eingeschnittenen Tubus, der als Dioptrienausgleich wirkt; an diesem wird das Okular ein Stück weit angehoben und in dieser Position vom Tubus selbst eingeklemmt. Das geht, sofern man das Okuar nicht belastet, recht gut. Hat Dein Mikroskop nicht auch so einen Einschnitt?

Viele Grüße,
Florian 
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

braunbaer

Moin,

nein, leider gibt es so etwas nicht. Die Okulare flutschen saugend in die Röhre.

Ich guck mal, was ich mache. Bei Ebay habe ich schon öfters Okulare gesehen, vielleicht schlage ich dann mal zu. Dann könnte ich auf die alten Okulare ein Gewinde schneiden, eine dünne Scheibe Rohr abschneiden, Innengewinde.... ooooch, eine weitere tolle Idee für die Garage.

Danke Forum!

Liebe Grüße
Ingo