Alternative zu Chloralhydrat?

Begonnen von PTA-Schule, September 08, 2013, 21:44:36 NACHMITTAGS

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PTA-Schule

für die Herstellung von aufgehellten Schnitten von getrockneten Arzneitees (Blattquerschnitte Pfefferminzblätter, Melissenblätter, Thymiankraut, Präparate Kamillenblüten, Arnikablüten, Leinsamen, Querschnitte Anis, Fenchel, Kümmel) suche ich eine ungiftigere Alternative zu Chloralhydrat. Ich arbeite mit meinen Schülern damit in einem Klassenzimmer, in dem kein Abzug ist. Da Chloralhydrat aber beim Aufkochen giftige Dämpfe freisetzt, wäre ich für jeden Tipp zum Aufhellen mikroskopischer Präparate dankbar.

JB

Hallo PTA,

Ich habe keine Erfahrung mit botanischen wohl aber mit entomologischen Objekten, wo ebenfalls Chloraldehyd zur Aufhellung verwendet wird.

Das Erhitzen dient nur der Beschleunigung des Aufhellung. Erwaermen statt Erhitzen, zB im Wasserbad oder auf einer Heizplatte, koennte helfen.

Ansonsten bieten sich als Ersatzstoffe Substanzen an, die auch sonst in Gemischen mit Chloraldehyd verwendet werden, insbesondere 80% Milchsaeure und/oder Glycerol (70%; wird schon sehr dickfluessig).

Seit neuerem wird 2,2'-Thiodiethanol als Einbettungsmedium empfohlen (ungiftig und preiswert; habe ich schon ausprobiert; funktioniert super). Eine 50 vol% Loesung in Wasser hat einen Brechungsindex aehnlich dem von Chloralhydrat (1.4280). Durch mehr oder weniger Wasser im Gemisch kann der Brechungsindex an den von Ihnen gewuenschten Wert angepasst werden (gleiches gilt natuerlich auch fuer Glycerol).
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17131355

Beste Gruesse,

Jon

Bernhard Kaiser

Halo PTA,

versuchen Sie mal verdünnte Klorix-Lösung und verschiedene Einwirkzeiten. Mit dem. H2O verdünnen, sonst gibt es Ausfällungen.

Grüße
Bernhard Kaiser

Rene

Hi Jon, found the ref to TDE at http://biop.epfl.ch/pdf/Clearing%20reagent%20TDE.pdf

It is mentioned as clearing agent in the url, but I can't find it back in the article. Also, do you know whether it can be used as a solidifying medium, eg by adding PVA or so?

Thanks, René

(Replies in Deutsch appreciated)

A. Büschlen

Hallo

Bei uns in der Schweiz gilt für Mittel- und Berufsschulen der verbindliche Leitfaden, der den sicheren Umgang mit Chemikalien im naturwissenschaftlichen Unterricht regelt.-

Möchten sie ihren Schülern Standards vermitteln? Wenn nicht, können sie sehr wohl Wasser als Einbeetmittel verwenden, denn sehr viele mikroskopische Merkmale pflanzlicher Drogen zeigen sich in Wasser sehr gut. Oder frisches Pflanzenmaterial verwenden.

Gruss A. Büschlen

Schwerpunkt z.Z.:
- Laub- und Lebermoose.
- Ascomyceten als Bryoparasiten.
- Nikon Optiphot I mit HF, DIC.
- Nikon Microphot mit HF, Pol.
- Zeiss Standard Universal mit HF, Ph, Pol.
- Wild M3Z mit Ergotubus.
- Nikon SMZ-U Zoom 1:10 mit ED Plan Apo 1x.

JB

#5
Hi Rene,

It's a "clearing agent" in the sense that it can be made up to have the same refractive index as the tissue, so the specimen becomes transparent. It does not have any bleaching properties (like Hypochlorite).

In the paper (could you access it?) they developed it as a clearing agent = embedding medium for fluorescence microscopy (mostly as a replacement for glycerol and alternative to immersion oil). They didn't try creating solidifying mountants. TDE is inert and freely miscible with water; you should just try out a mix with PVA! Short-term it should work!

Regards,

Jon

Rene

Thanks Jon, that makes sense. I guess it is able to extract lipids from the specimen at higher conc, so it does 'clear' also in the conventional sense. You can't access the article from DE? Send me a pn with your email.

Best wishes, René

JB

Hi Rene; No, I have access; just wanted to make sure you did as well. Jon

Dünnschliffbohrer

#8
Hallo in die Runde,
seit wann wird denn Chloralhydrat heiss angewand, bzw. aufgekocht? Ich kenne es nur so, das es ganz normal bei Zimmertemperatur auf die Schnitte gegeben wird, und von nennenswerten Dämpfen habe ich da seinerzeit nichts bemerkt. Und auch im Taube/Lehmann/Braune: Pflanzenanatomisches Praktikum, Methodenregister: Nr. 20, ist nur von einer wässrigen konzentrierten Lösung die Rede. An der Uni gab es in den Mikroskopiersälen dafür auch kein Abzug, das wurde einfach aus einem Tropffläschchen aufgetropft.
Viele Grüße, Dünnschliffbohrer
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Klaus Herrmann

Hallo,

zum Thema heiß oder kalt: ich kenne es schon so, dass das Untersuchungsgut mit der konzentrierten Chloralhydratlösung bedeckt wird und mit aufgelegtem Deckglas über der Spiritusflamme bis zum Sieden erhitzt wird.

In B. Rahfelds Mikroskopischer Farbatlas pflanzlicher Drogen steht allerdings: Schnitte vorsichtig mehrfach ohne DG schonend "aufkochen" Achtung: Dämpfe wirken reizend!

Die Lösung besteht aus 80 g Chloralhydrat und 20g Wasser.

ChH ist ein Schlafmittel - wie mit allen Schlafmittel könnte man sich damit umbringen, aber ein paar Dämpfe riechen höchstens unangenehm. Ich habe noch von keinem Pharmazeuten gehört, der dadurch zu Schaden gekommen wäre.
Wie man das Zeug runter bringt ist mir sowieso ein Rätsel, so wie das riecht.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

bbb

Klaus,
ich muss dazu allerdings sagen das ich den Geruch von Chloralhydrat sehr angenehm finde.  ;D
Soll natürlich nicht heissen das ich die ganze Zeit daran schnüffel!
Ich verwendet es zum Ansetzen von Hämalaun-Lösungen und beim Versilbern von Nervenzellen/-fasern.

Zum Aufhellen muss ich sagen das ich bisher nur mit Chloralhydrat sehr gute Erfahrung habe.
Mit manchen anderen Mitteln ist meine Erfahrung nicht so gut verlaufen.
Grüße



Mikroskope:
Ergaval
Primostar
AxioImager2
Zeiss Technival1

Mikrotome:
Reichert Jung Hn40 Schlittenmikrotom
Microm HM 355s Rotationsmikrotom
Leica VT1000S Vibratom

Es lebe die Mikroskopie!

Bernhard Kaiser

Hallo PTA,

haben Sie es noch nicht mit verd. Klorix-Lösung versucht? Oder sind Sie von allen Ratschlägen völlig erschlagen?
Für meine Moospräparate verwende ich immer diese diese Chemikalie. Es enthält Natriumhypochlorit (Na O Cl).
In"Eau de Javelle" ist K O Cl enthalten, dieses wird seit über 100 Jahren in der Mikroskopie verwendet.

Übrigens ist die Giftigkeit von Chloralhydrat nicht so hoch. Ob Sie es in mikroskopischen Präparaten heiß oder kalt anwenden, Sie brauchen nie einen Abzug.
Wie Klaus Herrmann schon schrieb wurde es früher als Schlafmittel angewandt (in Gramm-Gaben).

Alle Chemikalien im Mikroskopiebereich sollen weder gegessen, eingeatmet oder eingerieben werden, sondern werden nur in kleinen Mengen den Präparaten zugesetzt.

Fast alle Stoffe sind in unvernünftiger Dosierung giftig. Das gilt sowohl für Kochsalz als auch für Benzin.

Es würde uns sehr freuen wenn Sie über Ihre Ergebnisse berichten würden.

hallo Max
Zitat
ich muss dazu allerdings sagen das ich den Geruch von Chloralhydrat sehr angenehm finde
ich auch.

Freundliche Grüße
Bernhard Kaiser


PTA-Schule

Sehr geehrtes Forum,

vielen Dank für die vielen guten Ideen zu unserem Chloralhydrat-problem. Nein wir sind nicht erschlagen von den Vorschlägen, haben nur grade noch Ferien. Wir werden die Klorix -verdünnung jetzt auf jeden Fall mal ausprobieren und gerne berichten. Ebenfalls werden wir mal versuchen, nur leicht zu erwärmen.

Leider ist ja das Brauchen oder Nichtbrauchen eines Abzugs in Schulen dank GefahrstoffVO  nicht unsere Entscheidung sondern auch bei kleinen Mengen, wie der Schweizer Kollege wohl auch meinte, einfach davon abhängig, wie der Stoff eingestuft ist und da ist Chloralhydrat (leider) Totenkopfstoff, dh hat dieses Gefahrensymbol,damit dann automatisch abzugpflichtig im Arbeitsschutz, auch wenn wir alle das Fläschen sicher nicht austrinken wollen...Auch wir arbeiten schon seit Jahrzehnten problemlos mit dem Chloralhydrat, müssen aber jetzt diese Vorschriften umsetzen.

Gruß PTA-Schule