Ein einfacher Foto-Adapter zur universellen Anwendung

Begonnen von -JS-, September 30, 2013, 21:51:53 NACHMITTAGS

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-JS-

Liebes Forum,

dieser Artikel beschäftigt sich mit dem Aufbau eines relativ einfachen, jedoch universell einsetzbaren Fotoadapters für die Erstellung mikroskopischer Aufnahmen.
Die Voraussetzungen für die Entwicklung des hier vorzustellenden Adapters waren wie folgt:
- DSLR (APS-C oder Vollformat)
- zur Kamera passendes und für die Mikrofotografie geeignetes Objektiv vorhanden
- Mikroskop mit Triple-Tubus
- Foto-Okular für Brillenträger geeignet (hohe Lage des Ramsden'schen Kreises, min. 15mm)

Wenn ein zur Kamera passendes Objektiv verwendet werden soll, sei es ein altes Objektiv aus der analogen Zeit oder eines aus neuester Fertigung, so muss am Anfang immer die Frage stehen, ob die Pupillenlage des Okulars wenigstens annähernd den Bereich der im Objektiv vorhandenen Irisblende erreicht.
Aus diesem Grund ist in den Voraussetzungen auch die Verwendung eines für Brillenträger geeignetes Okular genannt, da es mit solchen Okularen wesentlich einfacher ist, die für gute Resultate notwendige Bedingung einer korrekten Pupillenlage zu erreichen.
Ferner sollte Wert darauf gelegt werden, den Bildverlust im Vergleich zum visuell wahrgenommenen Bild so gering als möglich zu halten.
Zu diesen Anforderungen ist schon sehr viel im Forum publiziert und diskutiert worden, so daß ich an dieser Stelle nur einige Eckdaten zusammenfassend nennen möchte, die ihrerseits eine sinnvolle Kombination ergeben und sich in der Praxis bereits sehr gut bewährt haben:

a) Kameras mit APS-Chip, Format ca. 22.2 x 14.8mm, Diagonale ca. 27mm
a1) Okular 6.3x - Kameraobjektiv mit 60 - 63 mm Brennweite
a2) Okular 8x - Kameraobjektiv mit ca. 50 mm Brennweite
a3) Okular 10x - Kameraobjektiv mit ca. 35 mm Brennweite

b) Kameras mit Vollformat-Chip, Format 24 x 46 mm, Bilddiagonale 43 mm
b1) Okular 8x - Kameraobjektiv mit ca. 75 mm Brennweite
b2) Okular 10x - Kameraobjektiv mit 60 - 63 mm Brennweite

Nach diesem kleinen Exkurs hinsichtlich der möglichen Kombinationen möchte ich nun auf den Adapter selbst eingehen.

Die möglicherweise Verwendung unterschiedlicher Objektive macht das Einplanen einer verstellbaren Okularaufnahme notwendig, da die Okularaugenlinse ja möglichst dicht an die Frontlinse des verwendeten Foto-Objektives herangeführt werden muss, um eine optimale Pupillenlage zu erreichen.
Gleichzeitig ist aber eine direkte Berührung der beiden Linsensysteme zu vermeiden, um Schrammen oder gar Glasbruch aus dem Weg zu gehen.
Mit der verstellbaren Okularaufnahme ist zudem ein Ausgleich unterschiedlicher Einbautiefen von Objektiv-Frontlinsen möglich. Eine Kontermutter hält die Okularaufnahme nach dem Einpassen sicher fest.
Die Verbindung zum Adapter sollte über das Filtergewinde des Kamera-Objektives erfolgen, hier gibt es sehr preiswerte Adaptionsringe in zahllosen Größen am Markt. Die Verwendung von Filteradapterringen erlaubt es außerdem, Objektive unterschiedlichsten Filterdurchmessers zu verwenden, da zum eventuell notwendigen Ausgleich alle möglichen Step-Up resp. Step-Down Ringe angeboten werden.

Die Konsequenz aus den genannten Anforderungen ist eine zentral im Adapter angeordnete Platte, außen mit einem Filtergewinde M62x0.75 und innen mit einem Gewinde M34x1 versehen, letzteres für die verstellbare Okularaufnahme gedacht.
Die Platte, aus VA gefertigt, trägt in Richtung Adapterrohr eine Ringschwalbe mit 43mm Außendurchmesser und einer Höhe von 5.3 mm, das außenliegende Filtergewinde ist 3.0 mm hoch, und das Gewinde für die Okularaufnahme hat eine Höhe von gesamt 10mm.

Das Trägerrohr des Adapters ist aus POM (Polyoxymethylen) gefertigt, hat am unteren Ende ein Gewinde M50*1 zur Aufnahme einer kräftigen Überwurfmutter, ebenfalls aus POM gefertigt, sowie eine Aufnahme für einen geschlossenen und einen offenen Keilring aus Eisen. Beide Ringe laufen beim Anziehen der Überwurfmutter in- und gegeneinander. Der mit einem ca. 2 mm breiten Schlitz versehene innere Keilring verringert hierbei seinen Innendurchmesser, so daß eine gute und zentrische Klemmung am Fototubus erzielt wird.
Am oberen Ende des Adapterrohrs befindet sich eine mit drei Senkschrauben M2.5 befestigte Ringschwalbenaufnahme aus Aluminium, versehen mit zwei festen Lagerpunkten und einer von Hand schraubbaren gerändelten Arretierung aus Gewindestiften M3, am in Richtung optische Achse zeigenden Ende jeweils mit einer Kugelkuppe versehen.

Bis auf die bereits erwähnten zusätzlichen Filtergewinderinge sind damit alle Bauteile des Adapters beschrieben.

Die nachstehenden Bilder zeigen den Aufbau im Einzelnen:


Bild 1
Teile des Adapters: Hintere Reihe, von links: Überwurfmutter für die Klemmkeilringe, Okularaufnahme mit aufgeschraubter Kontermutter, Adapterkörper aus POM
Vordere Reihe, von links: geschlossener und offener Klemmkeil, Adaptergrundplatte aus VA mit außenliegendem Filtergewinde M62*0.75 und innerem Gewinde für die Verstellung der Okularaufnahme, Ringschwalbenaufnahme mit Befestigungsmaterial und Feststellrändel.


Bild 2
Teilmontage von Klemmkeilen, Überwurfmutter sowie der Ringschwalbenaufnahme inkl. der beiden feststehenden Lagerpunkte und der Arretierschraube mit Rändel.


Bild 3
Montage der Adapterplatte mit Okularaufnahme und Kontermutter, hier zusammen mit der Ringschwalbe gezeigt (= Ansicht von unten)


Bild 4
Komplettierter Adapter zusammen mit einem Foto-Tubus von Zeiss und bereits montiertem Foto-Okular S-KPL 10x/20 Br


Bild 5
Adapter und Fototubus vereinigt. Die Okularaugenlinse kann in der Öffnung der Okularaufnahme 'erahnt' werden, das Trägerrohr des Adapters ist über die Klemmung unter der großen Überwurfmutter fest mit dem Fototubus verbunden.


Bild 6
Eine kleine Auswahl der mit dem gezeigten Adapter anschließbaren Objektive.
Von links: Canon EF 40mm 1:2,8 ('Pancake'), Leitz Summicron-R 1:2/50mm als Beispiel für eine Optik mit besonders tief angeordneter Frontlinse, Nikon Ai 35mm 1:2,8.
Beide Objektive sind mit einer Bajonettadaption für Canon EOS ausgestattet.

Die folgenden Bilder zeigen diese Objektive in jeweils montiertem Zustand.


Bild 7
Adapter mit Canon EF 40mm 1:2,8 an Canon EOS 50 D montiert


Bild 8
Adapter mit Nikon Ai 35mm 1:2,8 an Canon EOS 50 D montiert


Bild 9
Adapter mit Leitz Summicron-R 1:2,8/50mm an Canon EOS 50 D montiert.
Die Okularaufnahme ragt hier wegen der tief liegenden Frontlinse wesentlich weiter in die Kamera-Optik hinein, so daß der Abstand der Überwurfmutter des Adapterträgerrohres zur Schulter des Fototubus deutlich kleiner ausfällt, als bei den vorher gezeigten Objektiven.

Zum Abschluss sei noch eine Bemerkung gestattet:
Obschon in den Beispielbildern gezeigt, beschränkt sich das hier vorgestellte Prinzip keinesfalls nur auf Zeiss-Mikroskope.
An Stelle der aufwändigen Keilringklemmung kann das Tragrohr am unteren Ende innen z.B. mit einem Messingklemmband in einer dafür vorgesehenen entsprechenden Ausnehmung ausgestattet werden, und drei im Winkel von 120° eingebrachte Gewindestifte M3 übernehmen anschließend die kraftschlüssige Verbindung zum Fototubus.
Die Zentralplatte mit der verstellbaren Okularaufnahme muss auch nicht unbedingt über eine Ringschwalbe mit dem Tragrohr aus POM verbunden sein. Ebenso gut ist hier eine Verbindung über ausreichend lange Senkkopfschrauben M2,5 oder M3 zwischen Zentralplatte und Tragrohr denkbar - hier sind dem Erfindungsreichtum keinerlei Grenzen auferlegt.
Wichtig ist nur, zu beachten, daß das Spiel zwischen dem Außenmantel des Fototubus und dem inneren Durchmesser des Tragrohres möglichst gering ausfällt.
Dies trägt sehr wesentlich zu einer gut zentrierten und auch überaus stabilen Verbindung zwischen der abbildenden Einheit und dem Mikroskop bei.

Herzlichen Dank fürs Lesen.

Viele Grüße
Joachim
... bevorzugt es, ge_Du_zt zu werden ...

detlef.q

#1
Hallo Joachim,

ein toller Artikel, den Du da geschrieben hast, eine klasse Ausarbeitung!

Somit muss man nicht erst die Relaisoptik suchen, sondern kann "normale" Objektive verwenden.
Das erleichtert die Sache doch erheblich.

Dieser Adapter mach einen sehr stabilen Eindruck und ermöglicht eine feste, sichere Verbindung der Kamera mit dem Mikroskop.

Wer jetzt noch die Frage nach dem "Wie bekomme ich eine Kamera an das Mikroskop" stellt, ist selber schuld und hat diesen Artikel nicht gelesen.
Die Frage, die sich abschließend nur noch stellt, ist die nach dem: wer baut den Adapter?

Herzliche Grüße
Detlef


Peter V.

#2
Lieber Joachim,

ein schöner wertvoller Artikel (den ich auch gleich in die "Bestenliste" aufgenommen habe), ein wirklich toller Adapter.....aber "einfach" würde ich ihn eher nicht nennen!  ;)

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

rheinweib

#3
Hallo lieber Joachim,
Du hast mir ja einen Adapter für mein "kleines schwarzes" (Ortholux) gebaut und
ich bin WIRKLICH hellauf begeistert!!!
Der Adapter passt wie angegossen, obwohl ich mich ja ein kleiiiin bisschen vermessen hatte,
als Du mich nach den Maßen gefragt hattest......meine China-Schieblehre geht offenbar ein
bisschen nach....
Jetzt hab ich eine wirklich sehr stabile Verbindung zwischen Kamera und Mikroskop.
Wunderbar !!
Wenn ich mir dagegen mein "Abbe´sches Pröbeltürmchen", wie Kurt meine Konstruktion mal
getauft hatte  ;D......angucke.....no comment!
PERFEKT, mehr kann ich dazu nicht sagen!
Und......schön isser auch noch.....grundsolide thront er fest verankert auf dem dicken
Ortho-Trino-Foto-Rohr......ein wirklich schöner Anblick!!





Und in Verbindung mit dem Zeiss Grundkörper 1 (stattliche 120mm Brennweite!!) bekommt
man zwar schon einen ordentlichen Ausschnitt geliefert, aber halt den "Sahnetörtchen-Ausschnitt",
den aus der Bildmitte.....

Du hast ja gezeigt, wie vielfältig die Adaptionsmöglichkeiten sind, da passt praktisch jedes Objektiv
dran......

Also wenn denn irgend jemand (Detlef z.Bsp.) fragt, wer sowas bauen kann......Joachim kann das,
und zwar RICHTIG GUT!

Gruss
Heike



koestlfr

Hallo Joachim!

Toller Beitrag, tolle Werkmannsarbeit!

Liebe Grüße
Franz
Liebe Grüße
Franz

the_playstation

Tolle Konstruktion, Joachim.

Sieht ziemlich perfekt aus.
Ich muß mich aber Peter anschliessen.
"Einfach" sieht Sie nicht aus. ;)
Aber edel. :)

Liebe Grüße Jorrit.
Die Realität wird bestimmt durch den Betrachter.

-JS-

#6
Liebe Heike,
lieber Detlef, Peter, Franz, Jorrit,

herzlichen Dank für die Lobeshymnen...und, lieber Peter, für die Erhebung in den 'Adelsstand'....
Unter 'einfach' ist zu verstehen, daß der vorgestellte Adapter nicht allein für sich anwendbar ist und auch keine integrierte Übertragungsoptik enthält, wie dies ja z.B. bei der 'Panzerfaust', dem MC100 oder auch dem Grundkörper I / II der Fall ist.
Der Anschluß einer Übertragungsoptik nach Wahl an Kamera und Adapter macht letzteren erst funktionabel.

Heikes Bild eines ganz ähnlich aufgebauten Adapters möchte ich zum Anlaß nehmen, eine Variante der Tubusklemmung vorzustellen, welche für die Arettierung am Tubus nicht auf dem Prinzip der Keilringe basiert..
Das Ortholux hat einen stufig ausgeführten Fototubus, und daher musste der Innendurchmesser des Adapters entsprechend in einen engeren und einen weiteren Bereich unterteilt werden.
Im nachfolgenden Bild ist dies gezeigt:


Bild 10
Adaptertragrohr für einen Ortholux-Fototubus, bestehend aus zwei Teilen, das obere Teil (im Bild mit seiner Oberseite nach unten gezeigt) bereits mit Klemmband aus Messing und entsprechenden Gewindestiften ausgestattet, das untere Teil zur Montage vorbereitet


Bild 11
Adaptertragrohr für ein Leitz Ortholux, komplettiert, mit seiner Ringschwalbenaunhame nach unten weisend dargestellt, und mit dem zweiten Klemmband und den weiteren Gewindestiften zur Klemmung bestückt.

Die im Bild unten befindliche Ringschwalbenaufnahme soll die Übertragungsoptik aufnehmen, dies wurde bereits weiter oben dargestellt (siehe Bild 5ff).
Der Innendurchmesser beider Adapterteile ist mit nur 2/10tel mm Spiel auf den Außendurchmesser des Fototubus angepaßt, so daß sich eine gute Zentrierung ergibt. Die Klemmbänder sind in entsprechenden Ausnehmungen der beiden Teile verbaut und gewährleisten nach nur moderatem Anzug der Gewindestifte einen sicheren Sitz am Fototubus, ohne daß dessen Lackierung Schaden nimmt oder er gar Dellen von den Klemmschrauben bekommt.

Viele Grüße
Joachim
... bevorzugt es, ge_Du_zt zu werden ...

Rolf-Dieter Müller

#7
Lieber Joachim,

ich bin ja zwischenzeitlich auch ein Nutzer Deiner Adaption.

Was mir besonders gefällt, Du nutzt die Schnittelle auf die zwei verschiedene Systeme jeweils für sich optimal konstruiert sind. Eine handelsübliche Fotokamera ist ja immer mit dazu gehörigen Fotoobjektiven auf das abgestimmt, was wir sehen, und das Mikroskop ist für die visuelle Beobachtung konstruiert. Dieses zueinander gebracht muss ja gute Bilder ergeben.

Deine Vorschläge für Okular / Fotoobjektiv-Kombinationen möchte ich mit einem konkreten Setup ergänzen. Die Bilder 8 und 9 des folgenden Beitrags sind mit der DSLR Canon 600d, dem Canon Normalobjektiv ,,Lens EF 50 mm 1:1.8" und dem Zeiss Okular Kpl 8x /18 (kein Brillenokular) gemacht: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=17564.msg134745#msg134745

Dieses 50 mm-Normalobjektiv hat sehr tief liegende Linsen, scheint aber für den Adapter kein Problem zu sein.

Viele Grüße
Rolf-Dieter

Oecoprotonucli

Lieber Joachim,

als neuester Nutzer eines Deiner Adapter bedanke ich mich hier auch noch einmal für die tolle Arbeit und verlinke zur Kombination Leitz SM-Lux mit Nikon Kamera D200:

http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=18698.0

Viele Grüße

Sebastian
Ich benutze privat:
Leitz SM-Lux mit (LED-) Durchlicht und Phaco-Ausrüstung (ca. 1975-77)
Hensoldt Wetzlar Stereomikroskop DIAMAL (1950er Jahre)