Botanik: Die Flechte Parmotrema chinense *

Begonnen von Ralf, März 19, 2009, 20:58:45 NACHMITTAGS

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Ralf

Liebe Flechtenfreunde,

diese Flechte habe ich in einem Wädchen am Stadtrand von Düsseldorf-Benrath auf Eichenrinde gefunden:



- Lobe, vereinzelt schwarze Cilien am Rand, breit gerundet, am Rand aufsteigend.



- (Kopf)Sorale an den Lobenenden



- Die Unterseite ist schwarz mit einfachen, schwarzen Rhizinen. Der Rand ist braun und ohne Rhizinen.



- Lobenquerschnitt. Oben liegt eine Rindenschicht aus dichtem Pilzmycel und darunter folgt eine Schicht mit den symbiontischen Trebouxia Grünalgen. Unter dieser Algenschicht folgt dann lockeres Pilzmycel und den Abschluss nach unten bildet eine braune Rindenschicht, gebildet aus dicht verfilzten Hyphen.



- Lobenquerschnitt, Nahansicht der oberen Rindenschicht. Diese wird von einem Palisadenplektenchym (hier nur andeutungsweise zu erkennen) mit Epicortex und Poren gebildet. Erstaunlich ist die Ähnlichkeit mit dem Aufbau eines bifacialen Flachblatts einer Sprosspflanze, denn auch dort findet der Hauptteil der Fotosynthese im Palisadenparenchym statt.





PAKRO

Hallo Ralf! (das vorzugsweise Du nehme ich gerne an :))

Wunderschöne Aufnahmen, ein Genuss!


Beste Grüße

Peter

Hugo Halfmann

Hallo Ralf !

Es ist immer wieder schön anzusehen, wie Du vom Fundort der Pflanze über immer detailliertere Nahaufnahmen zur mikroskopischen Fotografie kommst und das ganze noch gut verständlich erklärst.

Insbesondere das "Ganzkörperfoto" der Pflanzen erleichtert mir die eigene Suche nach ähnlichen Exemplaren sehr.
Ich finde, das gehört zur Fotodokumentation dazu.

Hat diese Flechte den deutschen Namen "unechte Pflaumenflechte" ?
Die hab ich gestern auch gefunden, aber an einem Eichen-Weidezaunpfahl, zusammen mit einer Bartflechte.

Kennst du ein Buch zum Thema Flechten, welches mir als Laien diese seltsamen Pflanzen näher bringt ?
Die Kosmos-Bücher behandeln die Flechten leider nur auf 2 Seiten, das ist mir zu wenig, andererseits kann ich mit wissenschaftlichen Bestimmungsbüchern wenig anfangen, es muss daher gut bebildert und für "Doofe" geschrieben sein ;)


Viele Grüße aus dem Bergischen Land

Hugo Halfmann

Ralf

Hallo Peter und Hugo,

freut mich, dass der Beitrag Euch gefallen hat.

Als Literatur zu den Flechten, sowohl für Anfänger als auch Fortgeschrittene, empfehle ich dieses reich bebilderte Werk:

http://www.amazon.de/Die-Flechten-Baden-W%C3%BCrttembergs-2-B%C3%A4nde/dp/3800133253

"unechte Pflaumenflechte" habe ich noch nicht gehört.

***

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eumel6

Hallo Ralf,

scheint dieser Flechte zu ähneln oder täusche ich mich.
Gefunden auf einem Holzzaun am Hundeplatz.


Die Mikroskopie bekomme ich leider nicht so schön hin wie du.

gruß jo

fschumm

#6
Hallo Eumel6/jo (fälschlich erst an Mike, sorry)

bei Deiner Flechte handelt es sich "nur" um Parmelia sulcata

Die von Ralf sehr charakteristisch abgebildete Parmotrema chinense (in älteren Büchern noch Parmelia perlata) ist bei uns erheblich seltener, breitet sich aber in den letzten 20 Jahren von NW her offenbar stark aus. In Makaronesien ist Parmotrema chinense die häufigste Blattflechte überhaupt.

Gruss
Felix
FS

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Ralf

Zitat von: eumel6 in März 21, 2009, 00:37:23 VORMITTAG

scheint dieser Flechte zu ähneln oder täusche ich mich.
Gefunden auf einem Holzzaun am Hundeplatz.


Hallo Jo,

wie Felix schon gesagt hat, ähnlich aber nicht gleich. Ähnlich in der Beziehung, dass es sich in beiden Fällen um eine auf Baumrinde wachsende Blattflechte handelt. Parmotrema wurde früher sogar unter Parmelia "geführt", vor einigen Jahren dann aber als eigene Gattung abgetrennt.

udalriche

#9
Parmotrema chinense habe ich jahrzehntelang nur im atlantischen Bereich (Makaronesien) gefunden; nun ist sie auch bei uns eingewandert - vermutlich wegen des Klimawandels und des Rückganges von Luftverunreinigungen. Interessant ist, dass sie zunächst im Raum Düsseldorf-Köln gefunden wurde (Norbert Stapper aus Monheim berichtet fast jeden Tag von der Einwanderung neuer - oft atlantischer - Arten in seiner Umgebung (dabei gehörte Düsseldorf in den 1970ern zu den am stärksten flechtenverarmten Gebieten Deutschlands). Inzwischen tauchen diese Wärmezeiger auch vereinzelt bei uns in Hessen auf - und werden entsprechend gefeiert. Bis die Arten einmal die Größe und Vitalität ihrer kanarischen (oder madeirensischen) Schwestern erreicht haben, wird zwar noch eine Weile vergehen - ein gutes Zeichen hinsichtlich der Verbesserung der lufthygienischen Situation sind sie allemal (Flechten gelten als Indikatoren der Luftqualität: P. chinense ist ziemlich empfindlich gegenüber sauren Schadgasen).
Es wurde nach einem guten Buch für den Einstieg in die Welt der Flechten gefragt. Ich finde, "Wirth/Düll: Farbatlas Flechten und Moose, Ulmer, 2000") dafür sehr gut geeignet (der große Wirth ist teuer und enthält für Anfänger eventuell zu viele Arten - natürlich ist er ansonsten ein "Muss" für jeden lichenologisch Interessierten).
mfg Ulrich