Mikroskope mit Windmühlenrevolver, Hensoldt und Fratelli Koristka

Begonnen von wilfried48, November 04, 2013, 22:58:03 NACHMITTAGS

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wilfried48

Liebes Forum,

bisher war ich der Ansicht, dass das Mikroskop mit Windmühlenrevolver Hensoldt "Diami" ein Unikat sei.

Nachdem Florian hier auf ein weiteres Modell mit Windmühlenrevolver von Fratelli Koristka  in ebay hingewiesen hat :

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=17214.msg135754#msg135754

konnte ich mir als Besitzer eines  Hensoldt Diami nicht verkneifen das Mikroskop zum Vergleich zu ersteigern.

Im folgenden Bild steht es zum Vergleich neben dem Hensoldt, rechts daneben ein Zeiss Jena Lg aus der selben Epoche zum Grössenvergleich:



Für Details kann das Bild durch Anklicken auf Originalgrösse gebracht werden.

Das Mikroskop hat 3 Originalobjektive 12,5, 40 und 100 Öl mit 37 mm Abgleichlänge, die alle noch gut erhalten sind. Das im Bild sichtbare 4. Objektiv ist ein altes Übersichtobjektiv mit ebenfalls 37 mm Abgleichlänge von Olympus, das ich hinzugefügt habe um das 4. Loch im Windmühlentubus zu schliessen.

Nachdem ich den festsitzenden Feintrieb (der den Winmühlenrevolver anhebt) wieder gängig gemacht und neu gefettet habe funktioniert es wieder einwandfrei und löst mit dem 42/0,85 Objektiv mühelos das Testobjekt Pleurosigma angulatum auf. Die Bildfeldwölbung  der Objektive ist jedoch wie bei allen Mikroskopen aus dieser Zeit etwas hoch.

Nun stellt sich natürlich die Frage welches war frührer, Hensoldt oder Koristka.

Ich habe den Verkäufer angeschrieben, ob er mir etwas zu Historie des Mikroskops sagen Kann und folgende Antwort erhalten:

Dear Wilfried,

It was my father's microscope. In the mid 30ies he worked at the Sondrio's Hospital before going to India. Then, he spent some years near Bombay. Because of WWII, after a couple of years in a british concentration camp ( near Calcutta, as far as I know ), he came back to Italy. As a Medical Doctor he had some privilege and I think the microscope travelled along with him back and forth to Italy. In the early 50ies he worked at the Sanatorio of Garbagnate Milanese, near Milan. I have no hints about the case, which is the only case I have ever seen. I have some pictures of him while in India. I will check them out to find if there is the microscope in some of them. Eventually, I will scan and send you the copies.He started studying medicine in the late 20ies. That should be the age of the microscope. Second half or even earlier.

Wish you all the best.

Sincerely,
Massimo


Wenn das stimmt, würde das bedeuten, dass das Koristka deutlich älter ist als das Hensoldt. Ich bin mal gespannt ob er Bilder findet die das Mikroskop mit dem Besitzer in Indien vor dem Krieg zeigen.

Falls jemand aus dem Forum weitere Infos zu den Koristka Mikroskopen aus dieser Epoche beitragen kann würde mich das sehr freuen.

viele Grüsse
Wilfried
vorzugsweise per Du

Hobbymikroskope:
Zeiss Axiophot,  AL/DL/Ph/DIC/Epi-Fl
Zeiss Axiovert 35, DL/Ph/DIC/Epi-Fl
Zeiss Universal Pol,  AL/DL
Zeiss Stemi 2000 C
Nikon Labo-/Optiphot mit CF ELWD Objektiven

Sammlung Zeiss Mikroskope
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=107.0

TPL

Lieber Wilfried,

ich hatte ja schon das Vergnügen, Deine Hensoldt-Windmühle bewundern zu dürfen, aber die Drei nebeneinander sind schon eine echte Augenweide!
Interessant finde ich, dass Koristka hier beim Feintrieb eine völlig exotische Lösung realisiert hat. Ist das halbwegs ergonomisch, das Rädchen am Tubuskopf zu drehen? Nicht dass mangelnde Ergonomie meine Begeisterung mindern würde, aber wer denkt sich so etwas aus?

Eine andere Sache die mir auffiel: wenn das Koristka-Mikroskop tatsächlich aus den 1920-30ern wäre, dann hätten die auch den integrierten Rundfuß der Zeiss-STANDARD-Reihe vorweggenommen...

Beneidenswert, dass Du auch noch eine bewegende geschichte dazu bekommen hast. Ein sehr schönes Stück (alle dreie, natürlich ;))!

Herzliche Grüße
Thomas

Florian Stellmacher

Lieber Wilfried,

wie schön, dass Du das Mikroskop ersteigern konntest (und auch noch Regalplatz übrig hattest)! Es ist ein wirklich interessantes Stück und sicherlich rar. Ob es allerdings tatsächlich aus den 20ern stammt, vermag ich nicht zu sagen, aber vielleicht kann man nach der Art des Firmenlogos eine Einschränkung machen. Leider haben ich zu Koristka praktisch keine Literatur. Es bleibt also spannend.

Herzliche Grüße,
Florian
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

beamish

Hier gibt es ein wesentlich schlechter erhaltenes Exemplar:
http://www.museodifisica.unito.it/index.phtml?id=244&all
Wenn ich das richtig verstehe soll der Revolver hier nur drei Objektivaufnahmen haben, glaub ich aber nicht.

Auf der Seite wird noch ein weiteres Mikroskop von Koristka vorgestellt mit dem gleichen Firmenschild:
http://www.museodifisica.unito.it/index.phtml?id=751&all
Im Text wird erwähnt, daß dieser Typ in den 50er-70er Jahren in Gebrauch war.
Herzlich
Martin
Zeiss RA mit Trinotubus 0/100
No-Name China-Stereomikroskop mit Trinotubus
beide mit Canon EOS 500D


wilfried48

Lieber Thomas,

der Feintrieb ist gut zu bedienen und vor allem sehr fein. Er wirkt über einen Untersetzungshebel auf den Windmühlenrevolver, der mit seinem Eigengewicht auf den Untersetzungshebel drückt und so Spielfreiheit garantiert. Da man mit dem Objektitisch bei Fehlbedienung über ca. 3 mm auch nur diesen Revolverkopf anheben kann passiert dem Präparat und Objektiv zunächst nichts.
Man hat also durch die Konstruktion ca. drei Millimeter Federweg bei allen Objektiven eingebaut. Natürlich ist der tiefliegende Feintrieb der moderneren Mikroskope viel ergonomischer.

Lieber Florian,

von übrigem Regalplatz kann leider schon lange keine Rede mehr sein. So ist vieles noch in Kisten und ich muss immer erst mal ein Vitrinenfach mit anderen Mikroskopen freiräumen wenn ich 3 bestimmte nebeneinander zum Grössenvergleich fotografieren will.

Lieber Martin und Stefan,
danke für die links.

Ich neigte anfangs auch dazu das Gerät als Vorkriegsmodell in die dreissiger einzuordnen zumal die Firma Koristka  1929 von Officine Galileo übernommen wurde, die ja selbst Mikroskope produzierte. Aber offensichtlich wurde auch danach noch Modelle unter dem Namen Koristka herausgebracht.
Inzwischen denke ich eher an ein frühes Nachkriegsmodell auch wenn der Kasten, in den das Mikroskop schön passt, vom Stil her eindeutig vor dem Krieg sein dürtfe.

Vielleicht war in dem Kasten auch mal ein älteres Mikroskop drin und wurde über die Jahre durch ein moderneres ausgewechselt und der sohn erinnert sich hauptssächlich an den alten Kasten. Mal sehen ob wir noch Bilder von dem Mirkroskop vor dem Krieg aus Indien zu sehen bekommen.

viele Grüsse
Wilfried
vorzugsweise per Du

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Sammlung Zeiss Mikroskope
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=107.0

Florian Stellmacher

Lieber Wilfried,

Zitatvon übrigem Regalplatz kann leider schon lange keine Rede mehr sein. So ist vieles noch in Kisten und ich muss immer erst mal ein Vitrinenfach mit anderen Mikroskopen freiräumen wenn ich 3 bestimmte nebeneinander zum Grössenvergleich fotografieren will.

das kenne ich gut - quasi in Analogie zur Petersburger Hängung.

Ich denke, dass das Mikroskop nach dem Krieg gebaut wurde, gleichwohl ein sehr rares Stück ist. Ich habe bislang nichts wirklich Zielführendes über Koristka in Erfahrung bringen können. Gerade die jüngere Geschichte liegt - wie so oft - im Dunkeln. Officine Galileo soll unter http://www.galileoavionica.it eine Internetpräsenz eingerichtet haben, ich bekomme den Link allerdings nicht auf. Vielleicht kann man da einmal nachfragen?

Herzliche Grüße,
Florian
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beamish

Hallo Florian,

in der italienischen Wikipedia gibt es einen kurzen Artikel über Koristka:
http://it.wikipedia.org/wiki/Koristka
Ansonsten sah ich beim Browsen, daß es die Firma bis 1968 gab.

Auf dieses Mikroskop war vielleicht ein Patent angemeldet. Vielleicht findet man das was in einer entsprechenden Datenbank??


Grüße
Martin
Zeiss RA mit Trinotubus 0/100
No-Name China-Stereomikroskop mit Trinotubus
beide mit Canon EOS 500D

Florian Stellmacher

Hallo Martin,

es wäre interessant, ob jemand über etwaige Patentschriften etwas herausfinden könnte. Das, was in der italienischen Wiipedia steht, ist auch ungefähr so im Bracegirdle zu finden. Mehr weiß der aber leider auch nicht.

Herzliche Grüße,
Florian
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RainerTeubner

Hallo,

von der Firma M. Hensold & Söhne gibt es eine Gebrauchsmusteranmeldung DE 16 130 66 U von 1948. Ich kann sie gerne an Interessenten versenden, meine E-Mail-Adresse ist offen.

Für die Patente oder Patentanmeldungen der italienischen Firma sehe ich auf Grund der Besonderheiten des italiensichen Patentgesetzes eher schwarz.

Vielleicht habe sie in den USA angemeldet, die Datenbanken des USPTO sind vorbildlich.

Viele Grüße

Rainer
Mikroskop: Carl Zeiss Standard Universal
Bildbearbeitung: Gimp, Helicon focus und picolay
Kamera: Canon EOS 5D II

beamish

Hallo Rainer,

ich kenn mich mit solchen Patentdatenbanken nicht sonderlich bis gar nicht aus. Ein Rechercheversuch von mir ergab nur eine Patentanmeldung für ein Phasenkontrastmikroskop von Koristka in Frankreich. Also hat/haben er/die nicht nur in Italien angemeldet.

Herzlich

Martin
Zeiss RA mit Trinotubus 0/100
No-Name China-Stereomikroskop mit Trinotubus
beide mit Canon EOS 500D