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Verharztes Fett.

Begonnen von Wutsdorff Peter, Dezember 05, 2013, 17:40:23 NACHMITTAGS

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Wutsdorff Peter

Zuerst: Ich bin Maschinenbauingenieur.
Wie ich sehe, kämpfen viele Kollegen mit diesem Thema.
Das ist ein sehr altes Thema besonders in der Feinwerktechnik aber auch im Werkzeugmaschinenbau. Übrigens auch Öle, noch so dünnflüssig, verharzen.
Das Problem tritt besonders bei engen Spielpassungen oder Übergangspassungen aber auch bei Schraubverbindungen auf.
Das Problem ist, das Zeug erst einmal auseinander zu bekommen! Handelt es sich um eine Paarung Stahl - Messing, kommt hinzu, daß MS quillt, natürlich nur im my-Meter Bereich, wodurch aus einer sehr engen Spielpassung plötzlich eine Übergangpassung, also leichter Preßsitz, geworden ist.
Soviel zur Theorie.
WD40 ist zwar ein tolles Zeug, dient aber nicht zum Auflösen von Verharzungen. Es eignet sich gut zum Rostschutz.
Am besten für das Lösen geeignet ist "Caramba" = Molybdänsufid. Die zu lösende Verbindung mehrmals damit behandeln, am besten mit einer Arztsptitze, Kapilarwirkung ausnutzen.
Hat man die Teile endlich auseinander, nun nicht wieder mit Öl arbeiten (s.o., besonders, wenn die Verbindung nicht öfters bewegt oder gelöst wird)
Gut bewährt hat sich in meiner kleinen Mechanikerwerkstatt eine Mischung  aus  Motorenöl oder Fett mit Graphit, (schön mischen).
Der Jaguar ist aber ein Spezialfett:
Unimoly HTC Metallic 011055/ 536058 von der Fa. Klüber Lubrication (IR 529993)

Damit habe ich dauerhaft Kegelsitze z.B. von Theodoliten behandelt. Auch Spitzenlagerungen z.B. beim Barometer oder Barographen.
Die Konsistenzist nicht bekannt, die Gleitwirkung erfolgt vermutlich auf Molekularbasis.
Deshalb: Auf die zu  paarenden Flächen nur hauchdünn, wirklich nur hauchdünn, auftragen. Das wirkt Wunder.
Wo man das Fett bekommt, weiß ich nicht, ich habe eine kleine Dose von einem Kollegen an der Hochschule erhalten.
Mit dieser Methode habe ich einen bombenfest sitzenden Seibert-DF-Kond. herausbekommen, den ich von einem Bekannten zur Revision bekam.
Wer sich für den konstruktiven Aufbau von Feingeräten interessiert, dem sei die kleine Schrift:
"Konstruktionsbeispiele aus der Feingerätetechnik" vom techn. wiss. Kollektiv VEB Carl Zeiss Jena, VEB- Verl. d. Techn. 1955
empfohlen.

Vielleicht habe ich Sie, liebe Freunde, nicht allzusehr gelangweilt und bleibe mit
mikromolekularen Grüßen

Peter aus Lorsch






Hugo Halfmann

Lieber Peter,

so etwas langweilt nie, sondern ist immer interessant, vor allem, wenn es vom Fachmann kommt. Ich kann nur hinzufügen, daß die Preise für 1kg Klüber Fett auch jenseits der 100.-€ Marke liegen können. Kleinere Portionen gibt´s leider nicht, dabei reicht dem Hobbymikrokopiker ein Filmdöschen voll.
Viele Grüße aus dem Bergischen Land

Hugo Halfmann

liftboy

Hallo Hugo,

guck mal unter "biete"

Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
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Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

Max Berek

Möglicherweise gibt es mir nicht bekannte Gründe, die gegen WD 40 sprechen, aber es ist mir zumindest gelungen, damit innerhalb von Sekunden eine hartnäckig verharzte Leuchtfeldblende meines Ortholux funktionell wieder in den status quo ante zu überführen. Auch der Kollektor des Lampenhauses läßt sich, dank WD 40 nun geschmeidig vor- und zurückdrehen; gleiches gilt für das An- und Abflanschen des Lampenhauses am Stativ.Was spricht denn gegen WD 40?

Mikroskopische Grüße

Sven
Vorstellung:
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=18519.0

Mikroskope:
1. Carl Zeiss Jena, LgOG1, 1960
2. Steindorff Berlin, "Arztmikroskop", 1970
3. Leitz Wetzlar, Ortholux I, 1969

JüSchTü

#4
Hallo Sven,

neinein, die Gründe sind bekannt. Kriechöle kriechen. Und zwar auch gerne dahin, wohin sie nicht sollen. Mit solchen Flüssigkeiten, es gibt auch Reinigungsflüssigkeiten mit derartigen Eigenschaften, hat sich schon mancher die Edeloptik geschrottet, nicht nur im Bereich der Mikroskopie. Besonders gefährlich ist der Einsatz der Sprühdose in der Nähe der Optik.

Viele Grüße, Jürgen
I'm not facebooked
"Die Zukunft rast auf einen zu. Man hat nur den einen winzigen Moment, wenn sie vorüberzieht, um sie in eine freundliche, erkennbare, angenehme Vergangenheit zu verwandeln."   (Ray Bradbury)
Zur Vorstellung

Max Berek

Hallo Jürgen,

und wenn ich sicherstelle, daß das Kriechöl nicht an die Optik kommt? Die Leuchtfeldblende des Ortholux z.B. habe ich aus dem Stativ entnommen, mit WD 40 traktiert und anschließend wieder eingesetzt. Sie befindet sich im Stativ weit entfernt von jedweder Optik, wenn man einmal von der Klapplinse im Beleuchtungsstrahlengang absieht. Am Kondensor, Revolver oder Tubus würde ich WD 40 ohnehin nicht einsetzen.

Beste Grüße

Sven
Vorstellung:
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=18519.0

Mikroskope:
1. Carl Zeiss Jena, LgOG1, 1960
2. Steindorff Berlin, "Arztmikroskop", 1970
3. Leitz Wetzlar, Ortholux I, 1969

JüSchTü

Hallo Sven,

ich wollte Dir nur erzählen, warum hier kein Sturm der Zustimmung ausbricht ;) Über WD 40 wurde hier auch schon einiges geschrieben. Leider ist die Suchfunktion etwas, naja, sagen wir, gewöhnungsbedürftig. Wie gesagt, ich kenne so etwas ähnliches, allerdings nur vom Hörensagen, aus dem Bereich der Amateurastronomen, wo sehr kriechfähige Reinigungsmittelchen angeboten werden, die dann nicht nur auf, sondern auch innerhalb der Optik u.U. wahre Wunder verrichten können... Oder elastische Filme erzeugen, mit denen man sich dann die Verspiegelung abzieht oder auch die Vergütung. Man sollte diese "Tricks" kennen und bei der Anwendung berücksichtigen.

Viele Grüße, Jürgen
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"Die Zukunft rast auf einen zu. Man hat nur den einen winzigen Moment, wenn sie vorüberzieht, um sie in eine freundliche, erkennbare, angenehme Vergangenheit zu verwandeln."   (Ray Bradbury)
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Heino Lauer

Hallo Sven,

da das WD 40 nicht "ortsfest" ist und nicht sein soll, kann man am Mikroskop viel Schaden damit anrichten. Deshalb ist es meinem Eindruck nach - ein berechtigter - Konsens im Forum, von der Verwendung abzuraten. Principiis obsta... Aber: das Zeug hat auch seinen Wert. So wenig wie möglich nehmen, nicht sprühen, mit der Pipette oder einem feinen Pinsel auftragen und den Rest so weit es geht wegwischen. Nur optikfern und nach kritischer Abwägung anwenden, danach Hände waschen und die Dose wieder weit wegstellen - so halte ich es und bisher ist nichts passiert.

Viele Grüße

Heino
Mikroskope:
Leitz Orthoplan
Zeiss Standard 18
Leitz SM

Paul_W

Danke für diese Erläuterungen!

Auch meine Meinung zum WD40 ist eher negativ: das Zeug kommt überall hin ob man will oder nicht, in der Amateurastronomie habe ich mir damit schonmal ein Rutschkupplung ruiniert(obwohl rutschen tat sie  :P). Mein Absicht war eigentlich ein Lager wieder beweglich zu bekommen und das befand sich ca. 20cm von den Klemmringen entfernt.

Eine Frage an Peter aus Lorsch:
Kann man das oft erhältliche "Nigrin Mehrzweckfett" verwenden eine Entfettung der Triebe steht bei meinem Eduval 2 nämlich in der Tür...die Anleitung habe ich schon erhalten auch der feinmechanische Teil wird mich und meine Mutter(Uhrmacherin) nicht überfordern, aber wenn der Fokus beschließt von allein nach unten zu wandern wäre das auch sehr schlecht.
Eigentlich habe ich sehr gute Erfahrungen mit diesem Fett gemacht, mein Okularauszug in der Astronomie ghet wieder butterweich und auch das Schneckenrad der Montierung läuft wunderbar.
Nur sind bei der Mikroskopie aber µm ausschlaggebend und da habe ich das Bedenken, dass das Fett zu weich ist.

Viele Grüße
Paul

Wutsdorff Peter

Hallo Paul,
mit diesem Fett habe ich keine Erfahrung.
Nochmal, wie schon einige Kollegen gesagt haben, WD40 kriecht wunderbar überall hin. Ich benutze es zum konservieren der Betten meiner Dreh- und Fräsbank, sowie der Meßwerkzeuge in meiner Garagenwerkstatt (ohne Auto). Wenn die flüchtigen Stoffe dann verdunstet sind, wird die Oberfläche  durch einen Überzug konserviert.
Für die Lagerungen von   (also Gleitlager!) Sextanten, Theodoliten und den Kreuztisch meines Durimet   nehme ich das o. gen. Klüber Fett. Genau so gut ist das im Forum vor einiger Zeit  von einem Kollegen angebotene Fett.
Für  meine TUren nehme ich  "Koch Uhrenöl Sorte 1" . Aber das wird Ihre Frau Mutter wissen.
Gruß  Peter aus Lorsch



Paul_W

Vielen Dank für die Tipps, Peter!
Das Uhrenöl nehme ich auch gerne für Türen, aber sparsam das Zeug ist fast flüssig.
Mal sehen ob ich noch an das Klüber fett heran komme. Ein MoS2 Fett mit Lithiumverseifung a la Liqui Moly müste mit etwas Graphit aber auch gehen nehme ich mal an.

Viele Grüße
Paul

Detlef Kramer

Hallo Paul,

es geht nicht nur darum, ob ein Fett zu weich oder zu fest ist. Es muss sich für die meisten Anwendungsfälle auch etwas "ziehen" lassen. Das ist kein fachmännischer Ausdruck, weiß ich, aber vielleicht wird es trotzdem klar. Im Übrigen bezweifele ich, dass man an einem Mikroskop mit einem Fett auskommt. Zeiss verwendet an verschiedenen Stellen ganz unterschiedliche Fette und Öle. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich, sich danach zu erkundigen. Die Kundendienste der Firmen sind in der Regel hilfsbereit.

Viel Erfolg,
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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