Botanik: Eine interessante Kletterpflanze - Wisteria sinensis Sprossentwicklung*

Begonnen von Fahrenheit, Januar 05, 2014, 09:02:34 VORMITTAG

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Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

heute möchte ich Euch einen Langläufer vorstellen, der mich seit August des letzten Jahres beschäftigt und noch nicht abgeschlossen ist. Natürlich führt er auch zu einem langen Thread - ich hoffe, es wird niemandem langweilig. :)

Bevor es los geht meinen Dank an:
Bodo (Braunstorfinger) für die hier gezeigten Längsschnitte,
Detlef (Kramer) für die ausgiebigen Diskussionen und die Proben vom zweijährigen Spross sowie
Prof. Fritz H. Schweingruber für die entscheidenden Hinweise

Es soll um die Sprossentwicklung des Chinesischen Blauregens gehen, einer Kletterpflanze mit schönen blauen Blütentrauben, die sich seit zwei Jahren am nachbarlichen Carport empor rankt. Von dieser Pflanze stammen die Proben von einem ganz jungen und einem etwa 6 Monate alten Spross. Ergänzt werden diese im ersten Schritt von Proben eines zweijährigen Sprosses, die Detlef aus Darmstadt beigesteuert hat.
Im Atlas of Stem Anatomy in Herbs, Shrubs and Trees (Band I, Seite 191, Fig. 82) von Schweingruber, Börner und Schulze findet sich ein Bild vom Spross des Chin. Blauregens, das eine interessante Anomalie zeigt: das Xylem ist von einem breiten Band aus Phloemgewebe unterbrochen. Und auch bei Metcalfe & Chalks "Anatomy of the Cotyledons" findet man (Zitat): "... whilst true anomalous structure occurs in Entada, where Strands of sieve tubes develop in the parenchymatos groundwork of the Xylem.". Entada ist der alte wissenschaftliche Name für Wisteria. Das wollte ich natürlich auch sehen, also frisch ans Werk ...


Wie gewohnt, aber zunächst ein wenig zur Pflanze selbst:

Die Chinesische Wisteria (Wisteria sinensis), auch Chinesischer Blauregen oder Glyzine genannt, ist eine Pflanzenart der Gattung Blauregen (Wisteria) in der Unterfamilie der Schmetterlingsblütler (Faboideae).
Sie stammt ursprünglich aus Ostasien, insbesondere aus China und dort insbesondere aus den Provinzen Guangxi, Guizhou, Hebei, Henan, Hubei, Shaanxi und Yunnan. Sie ist heute aber auch als Zierpflanze in Europa und Nordamerika weit verbreitet und kann bis zu 100 Jahre alt werden. W. sinensis bevorzugt feuchte Böden, wächst auch im Schatten, blüht aber nur, wenn sie mindestens teilweise von der Sonne beschienen wird.

Der Blauregen ist eine sommergrüne, stattliche, links windende Kletterpflanze mit armdicken Stämmen und dünnen Ästen. Diese sind anfänglich leicht behaart und später kahl, die Farbe wechselt vom grün bei den jungen Sprossen zu einem hellen Grau bei den Älteren. Bei sehr wenig Licht sind die Sprosse anfänglich rotbraun gefärbt. Einzelne Ranken können 20 bis 30 Meter lang an anderen Bäumen oder Rankhilfen entlang klettern oder selbsttragend eine Höhe von bis zu 10 Metern erreichen.

Bild 1: Der Chinesische Blauregen in voller Blüte

Aus Wikipedia, User "Schnobby" unter CC BY SA 3.0 (08.05.2011)

Die lang gestielten Blätter sind wechselständig, bis 30 Zentimeter lang und 7 bis 13-zählig unpaarig gefiedert. Die kurz gestielten Fiedern sind fünf bis acht Zentimeter lang, glattrandig und haben eine längliche, elliptische Form. An der Basis sind sie keilförmig, vorn schlank zugespitzt und mitunter leicht buchtig gewellt. Die Endfiedern sind ein wenig größer als die Seitenfiedern und anfangs anliegend behaart, später werden sie völlig kahl.

Bild 2: Laub des Blauregens


Die einen bis zwei Zentimeter langen, sehr angenehm duftenden Blüten befinden sich in zahlreichen, langen hängenden Trauben an kurzen Trieben und erscheinen vor dem Laubaustrieb. Der Kelch ist glockig und hat fünf ungleich lange Zähne. Die Krone ist hellblau bis blauviolett. Es gibt Züchtungen mit abweichenden Farben. Die Flügel sind sichelförmig, das Schiffchen leicht aufgebogen. Die Pflanze blüht von Mai bis Juni, wobei alle Blüten eines Blütenstandes ungefähr gleichzeitig aufblühen.
Einziger, aber regelmäßiger Bestäuber ist bei uns die Große Holzbiene (Xylocopa violacea); andere Insekten können den Bürstenmechanismus nicht auslösen.
Auch interessant: die Volle Blüte erreicht die Pflanze in der Regel erst ab einem Alter von 10 Jahren - das Exemplar bei uns ist deutlich jünger und zeigt daher bisher nur einige recht kleine Blütenstände.

Bild 3: Blütenstand des Blauregens


Die samtig grau behaarten Früchte haben derbe Hülsen und sind zwischen den Samen verengt. Sie reifen im Juli bis August und enthalten je nur 1 bis 3 Samen.

Bild 4: Illustration zum Blauregen

Aus Flora Japonica (Sectio prima), Philipp Franz von Siebold und Joseph Gerhard Zuccarini, 1870; www.biolib.de, Kurt Stüber, Public Domain

Die Chinesische Wisteria ist giftig; giftige Pflanzenteile sind Wurzel, Spross, Rinde, Früchte und besonders die Samen. Die Hauptwirkstoffe sind Wistarin, das ähnlich, aber nicht so stark wie das Cytisin des Goldregens wirken soll, ein giftiges Harz und in den Blättern Allantoinsäure. Eine Vergiftung macht sich durch folgende Anzeichen bemerkbar: Magenbeschwerden, Erbrechen, Durchfall, weite Pupillen, manchmal Schlafsucht, Kreislaufstörungen und Kollaps. Schon 2 Samen sollen bei Kindern zu Vergiftungserscheinungen führen.

Noch schnell einige Informationen zur Präparation und zur Technik:

Die Proben von beiden jüngeren Sprosses habe ich frisch auf einem Handzylindermikrotom mit Leica Einmalklingen im SHK-Halter geschnitten, die Schnittdicke beträgt 50 µm. Anschließend erfolgte eine Schnittfixierung in AFE für ca. 20 Minuten, natürlich nicht ohne vorher noch einige Bilder vom frischen Material zu machen.

Die Proben vom zweijährigen Spross hat Detlef in Darmstadt genommen. Sie wurden für ca. 2 Wochen in AGG fixiert. AGG ist eine ähnliche Mischung wie AFE aber mit Glycerin und Glutaraldehyd. Durch die lange Fixierung in diesem Gemisch wird das Holz ohne allzu große Volumenänderungen weicher und lässt sich so besser schneiden. Ein Rezept findet sich auf der Webseite von Armin Eisner:

Ansatz für 100ml  (entspricht der prozentualen Zusammensetzung )
Ethanol 96%ig       40,00    ml
Glycerin               40,00    ml
Aqua dest.               10,00    ml
Glutardialdehyd 25%ig    10,00    ml

Bodo Braunstorfinger hat seine Schnitte vom AGG-fixierten Material in PEG-Einbettung auf dem Leitz Schlittenmikrotom 1208 erstellt. Die Schnittdicke beträgt 30 µm. Mehrteilige Schnitte wurden mit Hilfe eines Klebebandes (Scotch Tape) aufgezogen.
Meine Schnitte von diesen Proben stammen wieder vom Handzylindermikrotom und sind ca. 50 µm dick.

Die Färbung der hier gezeigten Schnitte ist W3Asim II von Rolf-Dieter Müller. Entsprechende Arbeitsblätter können im Downloadbereich der MKB-Webseite herunter geladen werden. Eingedeckt wurde in Euparal.

Bild 5: Bodos Schnitte: längs und quer in einem Präparat


Alle Aufnahmen von den Präparaten entstanden auf einem Leica DME Stativ mit den folgenden Objektiven:
5x   NPlan,        NA 0,11
10x  HX Pl Apo,  NA 0,4
20x  Pl Apo,      NA 0,6
40x  NPlan,       NA 0,65
100x Pl Fluotar, NA 1,3

Die Kamera ist eine Canon Powershot A520, die Steuerung erfolgt rechnergestützt mit dem Programm PSRemote von Breeze Systems.

Alle Bilder sind mit dem Programm Zerene Stacker von Zerene Systems LLC in der 64bit-Version aus Einzelaufnahmen gestapelt. Nach der Normalisierung kam, wo nötig, das kleine Tool Neat Image zum Einsatz und nach der Größenanpassung auf in der Regel 1024 * 720 Punkte wurde leicht geschärft. Der Maßstabsbalken ist mit Jens Rüdigs Makroaufmaßprogramm gesetzt und die weitere Beschriftung erfolgte mit der Windows-Dreingabe Paint.

Da der Beitrag recht lang ist, geht es im Folgeposting weiter ...
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Fahrenheit

Nun aber zur Sprossentwicklung bei Wisteria sinensis:

Eines gleich vorweg: nach den Informationen von Herrn Prof. Schweingruber sind die Anomalien in der Abfolge von Xylem und Phloem - Ursache sind aufeinanderfolgende Cambien - erst bei älteren Sprossen zu erwarten. Zitat: "Successive Kambien treten erst nach einigen Jahren auf. Ein bestimmtes Alter kann ich Ihnen nicht angeben. Sobald die Stämme mikroskopisch kleine Unregelmäßigkeiten aufweisen ist anzunehmen, dass sich zumindest lokal ein eingeschlossenes Phloem befindet." Hier hoffe ich, mit Detlef an der großen Glycine noch fündig zu werden und dann den Thread ergänzen zu können.

Aber auch die "Jungspunde" zeigen einige Besonderheiten, die wir nach ein paar Wirrungen aufklären konnten. Im Folgenden zeige ich die einzelnen Aspekte und Übersichten immer in Gruppen vergleichbarer Stellen der drei Altersstufen, teilweise ergänzt durch die Bilder der frischen Schnitte des ganz jungen Sprosses. Den Abschluss bilden interessante Einzelaufnahmen aus allen bisher untersuchten "Altersklassen", wie z.B. Stoma und Siebplatten.

Los geht es mit einer Übersicht über den Sprossaufbau. Das erste Set mit unbeschrifteten Bildern und das zweite dann mit den gleichen Aufnahmen aber mit Maßstab, Beschriftung und Erläuterungen zu den Aufnahmen. Wer die Beschriftung nachlesen möchte, findet auf der MKB Webseite eine Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen zum Herunterladen.  

Bild 6a/d: Übersicht, 6a junger Spross ungefärbt, 6b junger Spross W3Asim II, 6c im Alter von 6 Monaten und 6d zweijähriger Spross. Vergrößerung 100x (a/b) bzw. 50x (c/d), Stapel aus 18, 16, 12 und 14 Bildern





Bild 7a/d: Nun mit Beschriftung in der gleichen Reihenfolge wie in der Bildserie 6.

Hier fällt gleich eine Besonderheit ins Auge: Es gibt nicht nur einen Ring von Zellen mit Chloroplasten (AP) im Rindenparenchym, sondern auch weiter innen zeigt die Grünfärbung der Zellen das Vorhandensein der kleinen Energiewandler an. Deutlicher als im folgenden gefärbten Schnitt ist ein mehrlagiges Kollenchym unterhalb der Epidermis zu erkennen. Als Besonderheit, die wir in einer weiteren Serie genauer betrachten werden, zeigen sich hier unterhalb der Sklerenchymkappen große Idioblasten, bei denen es sich wohl um Exkretzellen (ExZ) handelt. In der Literatur (siehe Beschreibung oben) wird auf ein giftiges Harz hin gewiesen - eventuell ist es hier unter gebracht ...

Im gefärbten Schnitt treten die verholzten Zellen besser hervor und es zeigt sich, dass im Phloem Inseln von Siebröhren und Geleitzellen liegen, die vom Phloemparenchym umgeben sind. Mitten drin liegen die Exkretzellen.

Leider in anderer Orientierung, aber die Entwicklung fällt sofort ins Auge: im Xylem haben sich große Tracheen gebildet und im Phloem finden sich bis zu drei Lagen sklerifizierten Phloemparenchyms übereinander und dazwischen Bänder von Siebröhren und Geleitzellen. Oberhalb, aber noch immer innerhalb der noch weitgehend intakten Sklerenchymkappen sieht man dunkelgrüne Bänder zusammengeschobener Phloemzellen und auch die Exkretzellen sind nicht mehr prall, wie im jungen Spross sondern wirken schrumpelig. Unter der alten Epidermis hat sich ein Periderm entwickelt.

Ein weiteres Jahr Wachstum bringt weitere Veränderungen. Das Xylem mit den großen Tracheen nimmt noch mehr Raum ein (siehe auch die Makroaufnahme Bild 5), es hat sich neues Phloem gebildet - diesmal können wir an machen Stellen schon vier Lagen sklerifizierten Phloemparenchyms zählen. Neues Phloem? Ja! Denn oberhalb finden wir, stark zusammengeschoben aber anhand des sklerifizierten Parenchyms noch gut erkennbar, einige alte Lagen disfunktionalen Phloems (APl). Das sekundäre Dickenwachstum hat alle außerhalb des Cambium liegenden Gewebe nach außen abgedrängt. Die Sklerenchymkappen sind zerrissen und die Lücken füllen nun Steinzellen (Skl/SZ) und die Exkretzellen sind verschwunden, an sie erinnern nur noch einige dunkle Stellen, die hier nicht zu erkennen sind. Große Teile des Korks lösen sich im Periderm ab und mit ihnen die Reste der Epidermis und der Cuticula - hier zeigt sich das Rindenbild des adulten Sprosses.

Am interessantesten ist sicher die Entwicklung der Exkretzellen, die wir uns nun in zwei neuen Serien gemäß dem obigen Muster anschauen.

Bild 8a/c: Gruppen von Exkretzellen in den unterschiedlich alten Sprossen. 8a junger Spross, 8b im Alter von 6 Monaten und 8c zweijähriger Spross. Vergrößerung 400x, Stapel aus 7,6 und 10 Bildern




Bild 9a/c: Nun mit Beschriftung in der gleichen Reihenfolge wie in der Bildserie 8.

Schön prall gefüllt: ein Nest mit vier Exkretzellen (ExZ; Idioblasten) unter der Sklerenchymkappe (SklK). Drum herum liegen, im Phloemparenchym eingebettet, einzelne Nester von Siebröhren mit ihren Geleitzellen. rechts unten sind sogar Siebplatten erkennbar.  

Wie in der Übersicht schon zu sehen, ändert sich das Bild: der durch den Beginn des sekundären Dickenwachstums entstehende Druck der vom Cambium neu gebildeten Zellschichten schiebt die älteren Zellen unter der Sklerenchymkappe zusammen. Die Zellen des primären Phloems sind kollabiert und funktionslos und auch die Exkretzellen wirken ein wenig gequetscht.

Nach einem weiteren Jahr sind die Änderungen extrem: die Sklerenchymkappen sind auseinander gerissen, die Lücken werden von Steinzellen gefüllt (SZ, auch ein Idioblast). Nun sind auch die Exkretzellen vollständig kollabiert und nur noch als dunkle Struktur in der Bildmitte erkennbar (aExZ).

Hier haben wir länger diskutiert. Klar ist, dass es sich um Zellen handelt. Dies ist an den Zellwänden schön zu erkennen, die gerade bei den Gruppen sichtbar werden, in denen die Exkretzellen direkt aneinander liegen. Die Form der Zellen (länglich oder kugelförmig) muss noch durch Längsschnitte geprüft werden - wieder Arbeit für das kommende Frühjahr.
Hierzu noch einmal ein Zitat von Prof. Schweingruber: "Die Lakunen sind im ersten Jahr im Phloem entstanden, unmittelbar innerhalb der Cortex. Ich vermute, dass es sich um laticifers (Gänge zur Leitung von Exkretstoffen) handelt. Sie scheinen nur im ersten Jahr vorhanden zu sein. In meinen 3 Präparaten älterer Triebe fehlen sie. Erst mit Längsschnitten ließe sich  die Hypothese verifizieren."

Für mich stellt sich nun die Frage, wozu diese großen Idioblasten dienen. Enthalten sie, wie oben schon vermutet, ein Harz oder ein Gemisch aus verschiedenen sekundären Pflanzenstoffen? Die Rotfärbung der kollabierten Zellen in Bild 8c und 9c könnte ein Hinweis auf Phenole sein ...
Was ist der Nutzen dieser Strukturen für die Pflanze? Immerhin "leben" die Zellen nur ca. ein Jahr. Vielleicht ein Fraßschutz für den frischen, leckeren Trieb? Aber der ist ja auch giftig ...
Und vor allen Dingen: was passiert mit dem Zellinhalt? Wird der resorbiert? Ich gestehe, ich habe keine Idee.
   
Werfen wir nun einen Blick auf das Phloem.

Bild 10a/c: Das Phloem in den unterschiedlich alten Sprossen. 10a junger Spross, 10b im Alter von 6 Monaten und 10c zweijähriger Spross. Vergrößerung 200x (10a/b) und 100x, Stapel aus 14, 14 und 18 Bildern




Bild 11a/c: Nun mit Beschriftung in der gleichen Reihenfolge wie in der Bildserie 10.

Im Phloemparenchym unterhalb der Sklerenchymkappe befinden sich Nester von Siebröhren und Geleitzellen und dazwischen die Exkretzellen.

Hier hat sich nun die schon angesprochene Struktur aus mehreren Lagen von Siebröhren und Geleitzellen getrennt von Bändern sklerenchymatischen Phloemparenchyms gebildet. Auffällig ganz rechts im Bild die großen Öffnungen der Siebplatte.

Tendenziell scheint die Anzahl der Phloembänder mit dem Alter zu zu nehmen, aber es gibt keine prinzipiellen Änderungen mehr.

Jetzt sind die Tracheen dran!

Bild 12a/d: Tracheen, 12a junger Spross ungefärbt, 12b junger Spross W3Asim II, 12c im Alter von 6 Monaten und 12d zweijähriger Spross. Vergrößerung 200x, Stapel aus 7, 9, 10 und 16 Bildern





Bild 13a/d: Nun mit Beschriftung in der gleichen Reihenfolge wie in der Bildserie 12.

Wir sehen eine Baustelle: die hier angeschnittene Trachee ist noch ganz jung, was daran zu erkennen ist, dass sie noch nicht über die typischen verholzten Zellwände verfügt und quasi am Cambium anliegt. Trotzdem hat sie bereits einen Durchmesser von etwas mehr als einem zehntel Millimeter.

Zwar aus dem gleichen Sprossstück, aber schon etwas älter zeigt sich diese Trachee mit schon gut definierten Zellwänden. Interessant und auch schon in den Bildern 12a und 13a zu erkennen: verholzte Xylemzellen findet man erst unterhalb der Trachee.

Hier haben wir nun eine voll ausgebildete Trachee mit einem Kranz transversal orientierter Zellen. Das ganze ist ordentlich verholzt und die Trachee hat einen Durchmesser von gut 0,2 mm.

Hier setzt sich die Ausdifferenzierung des Xylems weiter fort und die Anzahl der Tracheen hat massiv zugenommen. Siehe auch 6d und 7d.

Nun noch einen Blick auf die äußeren Gewebeschichten (Rindenparenchym und Epidermis bzw. Periderm), hier zeigt sich der Übergang vom primären zum sekundären Abschlussgewebe.

Bild 14a/d: Abschlussgewebe, 14a junger Spross ungefärbt, 14b junger Spross W3Asim II, 14c im Alter von 6 Monaten und 14d zweijähriger Spross. Vergrößerung 200x, Stapel aus 13, 14, 12 und 12 Bildern





Bild 15a/d: Nun mit Beschriftung in der gleichen Reihenfolge wie in der Bildserie 14.

Hier sind die einzelnen Zellarten auch ohne Färbung sehr gut zu erkennen. Unter der Einreihigen Epidermis mit der Cuticula folgt ein Kollenchym, darunter liegt das Rindenparenchym auf der chloroplastenhaltigen Endodermis auf. Dann folgen die von Markstrahlen durchbrochenen Sklerenchymkappen. Auf der Epidermis sind auch zwei Haarstümpfe zu sehen.

Der gleiche Aufbau, aber die Zelltypen sind nicht mehr so eindeutig zu unterscheiden.

Nun haben wir ein Periderm, das sich aus dem Phellogen direkt unterhalb der noch vorhandenen abgestorbenen Epidermis entwickelt hat. An den Markstrahlen zeigen sich erste Steinzellen.

Im Zuge des weiteren Dickenwachstums wurde die alte Epidermis und auch einige Lagen des Phellems (Kork) abgestoßen. Das Periderm hat nun seine endgültige Form erreicht. Steinzellen füllen die Lücken der zerrissenen Sklerenchymkappen und finden sich nun auch im Rindenparenchym.

Und noch einen ...
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Fahrenheit

Schauen wir uns nun den zweijährigen, ausdifferenzierten Spross in Bodos Längsschnitten an:

Bild 16a/b: Die äußeren Zellschichten in der Übersicht, Bild 16b mit Beschriftung; Vergrößerung 100x, Stapel aus je 15 Bildern 


Auch hier sind die einzelnen Zellarten gut zu erkennen. Durch die hohe Schärfentiefe der gestapelten Aufnahme zeigen sich Zellen eines Markstrahls quer liegend oberhalb der Xylemzellen. Hier ist keine der großen Tracheen getroffen, es zeigen sich nur einige kleinere Tracheiden (Tr).

Bild 17a/b: Dieser Schnitt geht durch die großen Tracheen, Bild 17b mit Beschriftung; Vergrößerung 100x, Stapel aus je 34 Bildern


Zunächst sieht man, dass die Tracheen nicht unbedingt gradlinig längs zur Sprossachse verlaufen, es gibt durchaus auch Verwerfungen. Wie schon in den Querschnitten erkennbar, sind die Tracheen ins Xylemparenchym eingebettet und von kleineren Tracheiden umgeben. Auch Tüpfel und Hoftüpfel sind gut zu aus zumachen (Tpf und HTpf).
Die Tracheen bestehen aus totem Zellmaterial und es handelt sich um echte Röhren: die eingekreisten Stellen zeigen die Übergänge zwischen zwei ehemaligen Zellen, hier wurden die angrenzenden Zellwände vor dem Tod der jeweiligen Zellen aufgelöst. Es sind nur noch feine "Falzen" zu sehen. Hintergrund ist der passive Transport des Wassers und der darin gelösten Mineralsalze durch die Verdunstung an den Stomata der Blättern und an anderen Pflanzenteilen. Die Struktur der Tracheen muss stabil genug sein, um dem entstehenden Unterdruck stand zu halten und sie darf dem auf strömenden Wasser möglichst keinen Widerstand entgegen setzen.

Bild 18a/b: Hier nun die inneren Xylem-Schichten und das Mark, Bild 18b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 13 Bildern


Das Mark dient als Wasserspeicher und Nahrungsreservoir. Dementsprechend haben die Markparenchymzellen viele Tüpfel und es sind auch einige Amyloplasten zu sehen. Darüber liegen die Zellen des primären Xylems und ein Strang sklerifiziertes Xylemparenchym.

Bild 19a/b: Zur Verdeutlichung ein Querschnitt im polarisierten Licht (SW), Bild 19b mit Beschriftung; Vergrößerung 400x, Stapel aus je 17 Bildern


Amyloplasten zeigen sich im Pol aufgrund der doppelbrechenden Eigenschaften der enthaltenen Stärke, Tüpfel aufgrund der Brechung an den Kanten der feinen Strukturen. Sie sind also oft nicht ganz einfach zu unterscheiden. Gut, dass Zellen in oft dicht mit Amyloplasten bepackt sind - dies macht die Unterscheidung hier erst möglich: die Tüpfel sind nur in den "leeren" Zellen gut auszumachen.

Jetzt ein paar Einzelaufnahmen zu besonderen Strukturen:

Bild 20a/b: Ein Stoma in der Epidermis des ganz jungen Sprosses, Bild 20b mit Beschriftung; Vergrößerung 400x, Stapel aus 12 Bildern


Das kleine Stoma verfügt über einen ebenfalls recht kleinen substomatären Interzellularraum (früher Atemhöhle), der sich ins Innere des Sprosses jedoch durch eine lockerere Schichtung der Zellen mit entsprechend größeren Interzellularen vergrößert.

Bild 21a/b: Siebplatten im Phloem des 6 Monate alten Sprosses, Bild 21b mit Beschriftung; Vergrößerung 1000x, Stapel aus  Bildern


Wie man in den Längsschnitten (Bild 16) sehen kann, sind die Siebröhren (SR) recht lang. Die Siebplatten (SP) liegen an den Übergängen zwischen den Zellen und stellen quasi die Verbindung her. Beim Querschnitt durch das Phloem sind sie daher nicht in jeder Siebröhrenzelle zu sehen.
Im Phloem erfolgt der Transport aktiv im Zusammenspiel der Siebröhrenzellen mit den jeweiligen Geleitzellen (GZ), die Öffnungen der Siebplatten sind also große Tüpfel in den Zellwänden lebender Zellen. Hier sind die Poren in den Siebplatten recht groß: ihr Durchmesser schwankt um etwa 3 µm.

Bild 22: Zum Schluss noch eine - wie ich finde recht ansprechende - Aufnahme der kollabierten Phloemstrukturen unter den Resten der Sklerenchymkappen im zweijährigen Spross. Vergrößerung 200x, Stapel aus 9 Bildern.


Vielen Dank fürs Lesen dieses langen Beitrags! :)
Anregungen und Kritik sind wie immer willkommen und wenn jemand ein Bild von den noch fehlenden Anomalien im Sprossaufbau der Wisteria sinensis hat: immer gerne!

Herzliche Grüße
Jörg
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Rene

Hi Jörg,

I can only say, sehr, sehr schön! The Wacker stained sections are superb, but I very much like the addition of the ungefärbte Schnitten.

Herzliche Grüße, René

hajowemo

Lieber Jörg,
was für eine umfangreiche Arbeit. Danke fürs zeigen.
Es ist immer wieder beeindruckend wieviel Arbeit du investierst.
Liebe Grüße
Jochen
Vorstellung
Homepage www.mikroskopie-hobby.de
Gerne per "Du"
Man sieht nur mit dem Herzen gut.
Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.

Jan Kros

Lieber Joerg,
eine wunderschoene Arbeit von ein interessante Pflanze
herzlichen Gruss
Jan

Holger Adelmann

Tolle Doku, lieber Jörg.
Deine Bildqualität ist übrigens mittlerweile kaum noch zu toppen.

Ich hatte mir diese schönen Schnitte nach Deinem Besuch auch noch mal angesehen - Botanik ist nicht = Botanik, sondern wirklich spannend.

Herzliche Grüsse
Holger

Fahrenheit

Liebe Freunde,

herzlichen Dank für Euer Lob! Wie immer freue ich mich sehr, dass mein diesmal wieder recht langer Beitrag auf Interesse stößt.

Hi René,

please feel free to write in English, that will be no problem. Many thanks for Your kind commendation.
The unstained sections allow a slightly different view on the specimen and sometimes they reveal new information which sometimes can not be obtained from stained sections.
Some textures - for example collenchyma - are much easier to determine in unstained sections, as the comparison between pictures 15a and 15b shows.

Best regards

Lieber Holger,

schön, dass Dir die drei Schnitte gefallen! Der Aufbau insbesondere des voll ausdifferenzierten Sprosses ist ja auch ohne die Betrachtungen zur Entwicklung schon recht ungewöhnlich. Nur schade, dass wir in Deinen Präparaten keine Siebplatten finden konnten.


Eine kleiner Ergänzung sei mir noch erlaubt: ich habe noch ein paar Aufnahmen zu Bodos Klebeband-Technik zur Bearbeitung der PEG-Schnitte:

Bild 23: Hier die bereits auf das Klebeband (Scotch Tape) aufgezogenen Schnitte, wie ich sie von Bodo erhalten habe


Nach dem Ausspülen des PEG mit Aqua dest. - da die Schnitte durch das Klebeband fixiert sind, braucht es keine PEG-Wasser-Stufen, mehrmaliges Wechseln reicht  - kann gefärbt werden.
Dabei verlängert sich die Einwirkdauer ein wenig, schließlich sind die Schnitte ja nur von einer Seite erreichbar.

Bild 24: Frisch gefärbt und mit Aqua dest. gespült schaut das Ganze dann so aus


Nun geht es ans Differenzieren. Da reicht es, nach dem Absaugen des Wassers Isopropanol zu zu geben und ein wenig abzuwarten. Beim Arbeiten im Uhrglas bleibt unter dem Klebeband immer noch ein beträchtlicher Anteil Wasser zurück, um zusammen mit dem reinen Isopropanol eine ordentliche Differenzierung zu erreichen. Achtung: kurz vor dem Erreichen des Optimums muss die Differenzierung gestoppt werden, da die Klebeschicht das Wasser noch etwas länger hält und so trotz mehrmaligem schnellen Wechsel des Isopropanols immer eine Nachdifferenzierung statt findet. Ein guter Moment ist erreicht, wenn die Klebefläche noch leicht rot eingefärbt ist.

Bild 25: Hier noch einmal Bild 5 aus dem Eingangsposting, das die fertig differenzierte Probe in reinem Isopropanol zeigt


Zum Eindecken braucht man passend große Deckgläser und wegen des Klebebands jede Menge Euparal. Leider macht sich bei dieser Dicke der Trocknungsschwund bemerkbar - also wirklich reichlich auftragen und die Ränder täglich kontrollieren, um bei Bedarf nachtropfen zu können.
Eventuell auf die Oberseite des Deckglases gelangtes Euparal kann nach dem Trocknen mit einer Rasier- oder Mikrotomklinge (die Einmalklingen!) vorsichtig abgeschabt werden.

Allen herzliche Grüße
Jörg
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Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

ein hervorragender Beitrag. Ich habe viel gelernt.
Die Klebeband-Technik  zur Bearbeitung der PEG-Schnitte  von Herrn Bodo Braunstorfinger werde ich ausprobieren.

Gruß

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

<a href="http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=2650.0" target="_blank">Hier geht es zur Vorstellung</a>

Gerne per "Du"

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

auch Dir vielen Dank! Es freut mich sehr, dass mein Beitrag für Dich nützlich war.

Zur PEG-Einbettung, dem Schnitt und dem anschließenden Aufziehen auf das Scotch Tape gehst Du am besten direkt auf Bodo zu, da erfährst Du aus erster Hand, wie es geht.

Herzliche Grüße
Jörg
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Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

ich freue mich, diesen Thread heute mit Bildern einiger wirklich außergewöhnlichen Schnitte von Bodo Braunstorfinger fortsetzen zu können.

Lieber Bodo, für Deine tollen Präparate auch hier noch einmal ganz herzlichen Dank!

Aber langsam! Wie ich oben geschrieben habe, hatte Detlef Mitte letzten Jahres ein ca. 2-jähriges Sprossstück der großen Wisteria sinensis am Institutsgebäude der Biologen der TU Darmstadt besorgt. Unter dem Aspekt der Sprossentwicklung sehr interessant und aufschlussreich, aber leider ohne die von mir erhoffte Anomalie mit im Xylem eingeschlossenen Phloem. 

Am 15. Februar waren wir dann im Rahmen des Workshops Botanik wieder zu Gast bei den Darmstädter Kollegen und in den Räumlichkeiten der TU. Nun muss gesagt werden, dass die Pflanze dort an den Balkonen des Gebäudes empor wächst und dessen Geländer mit mittlerweile mehr als armdicken Sprosses beschädigt. Sie soll also entfernt werden und wurde dazu auch schon am Boden "gekappt".
Somit war es möglich, auch eine Probe von einem deutlich dickeren Sprossstück zu nehmen, auch wenn dieses im Februar nicht mehr wirklich "frisch" war. Schon gleich nach der Probenahme zeigte der Anschnitt, dass die Suche nach den Anomalien noch nicht zu Ende ist, aber der große Querschnitt ist natürlich sehr interessant. Also gleich nach dem Schnitt ins AFE - was bei rund 21 mm Durchmesser und 80 mm Länge gar nicht so einfach war. Es hat dann auch gut zwei Wochen gedauert, bis das Stück durchfixiert war und da Bodo Interesse hatte, dem "Knüppel" mit dem Schlittenmikrotom zu Leibe zu rücken, habe ich im ein Stück der Probe geschickt.

Am Wochenende hatte ich nun sein Päckchen in der Post. Schnell ausgepackt, gestaunt, und erst mal die Kinnlade wieder zugeklappt ...  ;D
Danach natürlich gleich ans Mikroskop und hier nun die Ergebnisse.

Bild 26: Querschnitt des fixierten Materials in der Aufsicht (Makro)

Die Besucher des Workshops in Darmstadt erinnern sich noch an den vielversprechenden Anblick. Besonders die großen Tracheen und die Strukturen im Bast lassen einiges erwarten ...

Bodo hat nun zunächst ein Segment des Sprosses und dann auch den gesamten Querschnitt geschnitten und die Schnitte nach W3Asim gefärbt. Hier nun zunächst einige Makros der Präparate:

Bild 27: Segmentschnitt und kompletter Querschnitt vom Spross des Chinesischen Blauregens


Bild 28: Der Segmentschnitt im Detail ...


Bild 29: ... und hier auch der komplette Querschnitt


Ich hoffe, Ihr habt nun ein wenig Verständnis für meine überschwängliche Einleitung. :)

Der schwarze Ring im unteren Bild weist allerdings auch schon auf ein Problem hin, das sich m.E. aus dem nicht ganz frischen Material ergab: der Bast, also alle Gewebe außerhalb des Cambiumrings, löst sich sehr leicht ab, was mir auch schon beim Zerteilen der Probe aufgefallen war. Es gibt aber auch fotogene Stellen in den Präparaten, an denen dieses Problem nicht zutage tritt.

Schauen wir uns aber nun die mikroskopischen Bilder an! Wir beginnen beim Mark und arbeiten uns bis zum Periderm vor. In den Bildunterschriften weise ich auch immer auf vergleichbare Aufnahmen der jüngeren Sprosses in den ersten Postings des Threads hin, um einen einfachen Vergleich zu ermöglichen.

Bild 30a,b: Markparenchym aus dem Zentrum des Sprosses, Bild 30b mit Maßstab;  Vergrößerung 400x, Stapel aus je 13 Bildern


Schön zu erkennen sind die großen Tüpfel in den teilweise sklerifizierten Zellwänden der Markzellen. Ein Vergleich mit dem jungen Mark ermöglicht Bild 7c.

Bild 31a,b: Das primäre Xylem, Bild 31b mit Beschriftung; Vergrößerung 100x, Stapel aus je 10 Bildern


Als Vergleich kann wieder Bild 7c dienen und wer die Beschriftung hier und in den folgenden Bildern nachlesen möchte, wird wie immer auf der Seite des MKB fündig: (Link zur Tabelle).

Bild 32a,b: Eine der großen Tracheen, Bild 32b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 14 Bildern


Lag der Durchmesser der Tracheen in den jüngeren Querschnitten zwischen 100 und knapp 200 µm, werden hier fast 400 µm erreicht. Gut zu sehen sind auch die großen Hoftüpfel am Rande der Trachee. Zum Vergleich siehe Bilder 12 und 13 (je a bis d).

Bild 33a,b: Thyllen in zwei Tracheen, Bild 33b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 17 Bildern


Wenn eine Trachee verletzt wird, wird sie durch Zelleinwachsungen verschlossen (Thyllen). Diese erfolgen durch die Hoftüpfel in den Zellwänden der Trachee. So vermeidet die Pflanze einen Zusammenbruch des Wassertransports durch eine Embolie. Hier gibt es keinen Vergleich bei den jüngeren Sprossen.

Bild 34a,b: Xylemparenxhym, Bild 34b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 12 Bildern


Zwischen den großlumigen Tracheen liegt das Xylemparenchym und die Zellen der Markstrahlen. Im Xylemparenchym lassen sich drei Zellarten unterscheiden: lebendige Xylemparenchymzellen, hier blaugrün, abgestorbene Xylemparenchymzellen mit sklerifizierten Zellwänden, hier rot mit vielen Tüpfeln und zum Schluss Steinzellen (gelblich), die vielleicht eine stabilisierende Funktion übernehmen.

Bild 35a,b: Der Bast zunächst komplett, Bild 35b mit Beschriftung; Vergrößerung 50x, Stapel aus 20 Bildern


In der Übersicht wird die Struktur des Bastes erkennbar. Nur direkt über dem Cambium liegt aktives Phloem, weiter außen finden sich rund 21 Lagen zusammengeschobener Phloemzellen (aPl), die keine Funktion mehr haben und hier dunkelgrün angefärbt sind. Dazwischen immer wieder Phloemparenchym, das wie im Xylem Steinzellen enthält (auch hier gelb). Ein Vergleich mit den jüngeren Sprossen (Bilder 7a-d) lässt annehmen, dass ab dem zweiten Jahr jährlich ca. drei Lagen Phloemparenchym mit Steinzellen gebildet werden. Danach wäre unser Spross hier um die 7 Jahre alt.

Bild 36a,b: Xylem, Cambium und Phloem, Bild 36b mit Beschriftung; Vergrößerung 100x, Stapel aus je 31 Bildern


Hier zeigen sich die Wachstumszone und die angrenzenden Gewebe im Detail. Die roten Zellinhalte sind Artefakte aus bei der Fixierung geronnenen sekundären Pflanzenstoffen. Auffällig ist der gewundene Verlauf der Markstrahlen, der auf einen gewissen Druck im Gewebe schließen lässt. Eventuell kommt es dadurch im späteren Verlauf des Wachstums - also bei noch älteren Sprossen - zu den gesuchten Anomalien? Ein Vergleich bietet die Aufnahme 10c.

Bild 37a,b: Detail aus den geschichteten lagen alten Phloems, Bild 37b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 24 Bildern


Siebröhren und Geleitzellen sind durch die nachwachsenden Zelllagen zusammengeschoben, nur die Steinzellen des Phloemparenchyms bleiben stehen. Vergleiche Bild 11b.

Bild 38a,b: Rindenparenchym und Periderm, Bild 38b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 21 Bildern


Im Rindenparenchym finden wir Reste des Sklerenchymrings (rot) sowie die später in den Lücken des Rings angelegten großen Steinzellen (orange). Darüber liegt das Periderm mit Phelloderm, Phellogen und Phellem, dieses nach außen hin in vielen Schichten aufgebrochen, was die feiner Maserung der Rinde der W. sinensis ergibt. Vergleiche auch die Bilder 14 und 15 a-d der jüngeren Sprosses, a und b jeweils mit primärem Abschlussgewebe.

So, damit sind wir am Ende unserer "Wanderung" durch den alten Spross des Chinesischen Blauregens angekommen und ich hoffe, ich konnte Euch ein wenig für diese außergewöhnlichen Präparate begeistern.
Anregung und Kritik sind natürlich auch hier willkommen!

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

eine hervorragende Gemeinschaftsarbeit von Dir und Bodo. Die Färbung vom alten Spross des Chinesischen Blauregens ist diesmal kräftiger ausgefallen, ich bin begeistert.

Gruß

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Jan Kros


hajowemo

Lieber Jörg und Bodo,
eine tolle Sache ist da zu sehen und zu lesen. Ich hätte nicht gedacht das ein Spross mit diesem Durchmesser so gut zu schneiden war.
Liebe Grüße
Jochen
Vorstellung
Homepage www.mikroskopie-hobby.de
Gerne per "Du"
Man sieht nur mit dem Herzen gut.
Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.

Fahrenheit

Liebe Freunde,

auch im Namen von Bodo, der hier die meiste Arbeit hatte, vielen Dank für Euer Lob!

Die Ursache für die kräftigeren Farben findet sicher in Unterschieden in unseren Färbeprozessen, aber wahrscheinlich auch im Alter der Probe und deren Zustand (das Gewebe war ja mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits abgestorben oder zumindest in Winterruhe).

Herzliche Grüße
Jörg
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