Ist das ein Mikroskop - ja oder nein ???

Begonnen von Alchemist, Januar 18, 2014, 13:40:11 NACHMITTAGS

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Alchemist

Hallo

Ich bin vor kurzem über folgendes Teil gestolpert:





Hersteller ist der Instrumentenerzeuger Heele in Berlin.

Frage an die Sammler antiker Geräte hier im Forum:

Um was für ein Gerät könnte es sich dabei handeln? Kann man ein Baujahr abschätzen?

Danke und beste Grüße
Anton

olaf.med

Lieber Anton,

1. es ist sicher kein Mikroskop.

2. Ich weiß nicht sicher was es ist, aber ich vermute, dass es sich um ein Kolorimeter handelt. Dabei wird die Farbsättigung in zwei Küvetten verglichen, um Konzentrationen in gefärbten Lösungen zu bestimmen. Dafür spricht die Tatsache, dass zwei verschiedene Strahlengänge vorhanden sind, die weiter oben im Tubus wahrscheinlich als zwei benachbarte halbkreisförmige Flächen erscheinen. Ich meine auch in Deinen Bildern Glasküvetten in den vernickelten Teilen zu erkennen. Völlig unklar ist mir der seitliche Stutzen, aber vielleicht kannst Du ja noch etwas detaillierter über dieses Bauteil berichten.

3. geschätztes Alter: 1890-1900

Jedenfalls ist es ein sehr schönes Gerät in ganz vorzüglicher Erhaltung! Glückwunsch!

Olaf

Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Alchemist

Hallo Olaf

Whow, das ging aber schnell - danke für Deine Antwort!
Mein erster Gedanke ging auch in Richtung Vergleichskolorimeter, allerdings kenne ich keines das so aussieht.

Ich habe mich in meinem ersten posting leider etwas unklar ausgedrückt - ich bin zwar über das Teil gestolpert, leider aber nur virtuell.
D.h. ich hab das Ding selbst noch nicht in Händen gehabt, komme erst morgen oder übermorgen dazu.
Bin schon gespannt wenn ich das Ding selbst befingern kann.

beste Grüße
Anton

beamish

#3
Hallo Anton und Olaf,

hier ist ein Katalog der Fa. Heele von ca. 1900: http://www.astropa.unipa.it/biblioteca/Strumenti/e-catalogues/Heele1900/Catalogo.html
Auf S. 26 werden 3 verschiedene Kolorimeter erwähnt. Die Abbildung (Fig. 2) ist in diesem Online-Dokument aber leider nicht enthalten.

Grüße
Martin

PS: diese Quelle ist sicher auch für andere Fragen interessant: http://www.astropa.unipa.it/biblioteca/Strumenti/strum_list.html
Zeiss RA mit Trinotubus 0/100
No-Name China-Stereomikroskop mit Trinotubus
beide mit Canon EOS 500D

jochen53

Hallo,
ich kann leider die Bilder nicht öffnen (wegen der Sicherheitseinstellungen, Frames o.s.ä.). Aber aufgrund der Beschreibung könnte es sich tatsächlich um ein optisch-visuelles Vergleichskolorimeter handeln. Eines der bekannteren war das Tauchstab-Kolorimeter nach Pulfrich. Dabei wurden zwei Glasküvetten (eine für die zu messende Lösung und eine für die Referenzlösung bekannter Konzentration) mit plangeschliffenem Boden verwendet, die von unten mit dem diffusem Licht einer weißen Porzellanplatte durchstrahlt wurden. Von oben tauchte je ein Glasstab mit ebenfalls plangeschliffener Stirnfläche ein. Die beiden Glasstäbe konnten mit einem Zahntrieb mit mm-Skala in der Eintauchtiefe verstellt werden. Damit ergaben sich unterschiedliche Schichtdicken, aus denen mithilfe des Lambert-Beer'schen Gesetzes die Konzentration der zu analysierenden lösung errechnet werden konnte. Die beiden Strahlengänge wurden mit einem Prisma in ein Okular mit senkrecht geteiltem Bild abgebildet. Man verstellte die Eintauchtiefe solange, bis in beiden Bildhälften Farbtongleichheit herrschte. Die größte genauigkeit erreichte man bei gelben und grünen Farben. Die Geräte waren verblüffend einfach und universell in der Handhabung und funktionierten ganz ohne USB-Schnittstelle und Touch-Screen.

olaf.med

#5
Hallo Martin,

Danke für die Information.

Hallo Jochen, die Tauchstab-Methode war einfach und genial. Hier habe ich (schlechte) Bilder eines sehr interessanten Kolorimeters von der Fa. Krüss in Hamburg, das auf Reinigung und Ergänzung wartet, eingestellt. Es funktioniert nach einer völlig anderen und komplexen Meßmethode. Der Vergleichsstrahl wird durch Verdrehen zweier Polarisationsprismen zueiander in seiner Intensität dem Meßstrahl angepaßt. Die Methode ist hier auf Seite 16 ff beschrieben und wurde übrigens auch bei dem berühmten Berek-Photometer von Leitz verwendet:

https://archive.org/details/kolorimetrieund01krgoog

Insgesamt eine lohnenswerte Quelle für alte kolorimetrische Methoden.



Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0