Frage zu einem speziellem Leitz Objektiv

Begonnen von Carlos, Februar 02, 2014, 15:07:55 NACHMITTAGS

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Carlos

Hallo

Vor einiger Zeit habe ich ein Objektiv mit der Gravur ,,170/017, C Pl Oel 100:1, A 1,32 , E. Leitz, Wetzlar, Germany, 6506" ersteigert.  Das Objektiv war äußerlich in einem Topp Zustand. Den Preis, kaum mehr als 10€ mit Versandt, hielt und halte ich allein deshalb für gerechtfertigt. Positiv überrascht war ich dann vom Test an meinem Leitz Ortholux, sehr gutes Bild.

Bei meiner Suche, um welches Objektiv es sich handelt und wofür es eingesetzt wurde, bin ich bisher nicht fündig geworden. Beim ,,Surfen" hier im Mikroskopie-Forum habe ich zwar sehr viel Interessantes zu den unterschiedlichsten Leitz Objektiven und deren Gravuren gefunden, ein Objektiv mit der Gravur ,,C" habe ich nicht gefunden oder übersehen.   

Vermutlich handelt es sich um ein Plan-Objektiv, aber was bedeutet das ,,C" ?
Experten hier im Forum können mir die Frage sicher beantworten.

Mit Dank im Voraus
Gruß Carlos

Oecoprotonucli

#1
Hallo Carlos,

in Klaus Henkel's Mikrofibel (Download oben auf jeder Seite hier!) ist es erklärt mit "Objektiv mit chromatischer Vergrößerungsdifferenz". Klaus Henkel hat sicher oft die älteren Leitz-Objektive mit in seine Legende zu den Abkürzungen einbezogen. So ganz sicher auf Leitz bezogen ist es aber auch nicht.

Es gibt bei den moderneren Leica (nicht Leitz) Objektiven ja auch die "C-Plan", welche wohl die "Normalen" sind, also nicht so auskorrigiert wie z.B. Planapochromate oder nicht für Fluoreszenz geeignet. In diese Richtung geht ja auch die Erklärung mit der chromatischen Vergrößerungsdifferenz.

In einem Olympus-Prospekt, den ich gerade ergoogelt habe, ist auch im Zusammenhang mit der Verwendung mit Deckglas (C wie cover slip) bei einigen speziellen Objektiven ein C erwähnt. Das wird aber bei Deinem Leitz nicht gemeint sein.

Das waren jetzt ein paar Vermutungen, genau weiß ich es aber auch nicht und bin gespannt auf andere Kommentare.

Viele Grüße

Sebastian
Ich benutze privat:
Leitz SM-Lux mit (LED-) Durchlicht und Phaco-Ausrüstung (ca. 1975-77)
Hensoldt Wetzlar Stereomikroskop DIAMAL (1950er Jahre)

JB

Hallo Carlos,

Glueckwunsch zu dem Schnaeppchen.

C bedeutet coated (verguetete Linsen)
Pl Oel 100:1 ist die erste Generation von plan-apochromatischen [sic] Objektiven von Leitz!

Die hohe Bildqualitaet ueberrascht da nicht  ;D

Jon

JB

Zur Erklaerung:

C: Bis in die 50er Jahre waren die Linsen in Mikroskop-Objektiven nicht verguetet. Die ersten vergueteten Objektive hatte Leitz deshalb extra mit einem "C" gekennzeichnet.

Pl Oel 100:1: Als Leitz seine ersten Planobjektive einfuehrte, entschied man sich die kleinen Vergroesserungen als Planachromate auszufuehren, das 40er als Planfluorit und das 100er als Planapo! Man begruendete das so, dass die hoechsten Vergroesserungen auch die hoechste Bildguete erforderten (man machte also keine halben Sachen wie bei Zeiss  ;)). Die ersten Planobjektive waren so teuer, dass man das "Apo" nicht einmal auf das 100er Objektiv gravierte. Einige Jahre spaeter hiess es dann aber "Pl Apo".

Das Pl Oel 100:1 hat einen Arbeitsabstand von unfassbaren 0.27mm (Zeiss: 0.09mm). Es ist deshalb zum beobachten von zu-dicken Dauerpraeparaten (in Balsam) geeignet.

A1,32: Numerische Apertur von 1,32; ueblich fuer 100er Planapos.


Oecoprotonucli

Hallo,

...Wahnsinn! Für 10 Euro!   :o (Also Glückwunsch!)

VG

Sebastian
Ich benutze privat:
Leitz SM-Lux mit (LED-) Durchlicht und Phaco-Ausrüstung (ca. 1975-77)
Hensoldt Wetzlar Stereomikroskop DIAMAL (1950er Jahre)

purkinje

Hallo Jon und andere Freunde alter Optik im alten Europa (den Seitenhieb konnte ich mir jetzt nicht....!  ;)

das mit coated= vergütet wusste ich schon, gab es auch auf den ersten vergüteten Binokulartuben (noch mit dem mittigen chrom Rändelrad zur Augenabstandseinstellung) "C 1,25x"
Dass es ein "Apo" ungelabeltetes PL 100 gab war mir neu, ebenso neu dass das PL 40 eigentlich ein Pl F ist!
Jon gibt es dafür eine Quellenangabe oder weißt du das von....?
Wie war es bei den Pl 4,10, 25... ? bei den etwas späteren gab es ja explizit Pl F 4 bzw 10 gemarkte Objektive.
Mir ist neulich schon bei der Durchsicht meiner Objektive aufgefallen dass die PL's abgesehen vom von mir nicht nutzbaren riesigen Gesichtsfeld- schon ein "schöneres" Bild machen als die NPLs die ich habe... es klärt sich jetzt einiges  :D

jochen53

Hallo,
die Vergütung von Glas/Luft-Flächen in optischen Systemen wurde in etwa zeitgleich und unabhängig voneinander ca. 1937 bei Carl Zeiss von einem Herrn Smakula und in den USA bei Kodak erfunden und patentiert. Beide Patente wurden damals unter militärische Geheimhaltung gestellt, da damit die Entfernungsmesser der Artillerie, Zieloptiken und Luftbildkameras deutlich verbessert wurden. Große US-Kriegschiffe hatten beispielsweise eine eigene Hochvakuumanlage zur Nachvergütung der E-Messer auf See an Bord. Die damaligen Beschichtungen waren nämlich noch sehr weich und anfällig gegen Umwelteinflüsse.
Nach der Offenlegung aller deutschen Patente durch die Alliierten nach dem Krieg begann die deutsche optische Industrie bei Kameraobjektiven für den zivilen Markt ca. 1948 die Vergütung einzuführen (Zeiss, Leitz, Rollei). Erst damit waren kontrastreich abbildende viellinsige Systeme möglich geworden. Bei Mikroskopoptiken und hochwertigen Ferngläsern dürfte das ähnlich gewesen sein.

Carlos

Hallo Jon,

Deine Antwort hat mich zunächst sprachlos gemacht. Offensichtlich habe ich mehr Glück als Verstand bei meinem Kauf des Objektivs gehabt.

Durch Deine Antwort angeregt, habe ich in der Zwischenzeit das Objektiv intensiver getestet. Die Qualität des Bildes ist wirklich hervorragend.

Leider kann ich kein Bild hier im Forum zeigen, da ich erstens derzeit nur ein Digitalokular für die Aufnahme der Bilder habe und diese die wahre Qualität der Bilder nicht wiedergeben und zweitens nicht weiß, wie man Bilder im Forum einstellt. (An diesen beiden Problemen arbeite ich.)

Der Punkt Deiner Antwort, den Arbeitsabstand des Objektivs im Vergleich zu Zeiss betreffend, irritiert mich.

Kann es sein, dass Zeiss den Arbeitsabstand bis zum Deckglas angibt und Deine Angabe zum Leitz Objektiv sich auf den Abstand zum betrachteten Objekt bezieht? 0,09 mm bis zu Deckglas (Zeiss) würde bei einer üblichen Deckglasdicke von 0,170 mm  bedeuten 0,179 mm bis zum Objekt, 0,270 bis zum Objekt (Leitz) würde bei gleicher Deckglasdicke bedeuten, 0,270 mm minus 0,170 mm (Deckglasdicke) gleich 0,10 mm bis zum Objekt.

Immerhin bliebe ein deutlicher Unterschied von ca. 0,02 mm im Arbeitsabstand zum Objekt, und damit ein deutlicher Unterschied zur tolerierbaren Einbettungsdicke. 

Habe ich hier was falsch verstanden?

Gruß Carlos   

JB

Hallo Carlos,

Der Nutzwert des Pl Oel 100:1 ist zweifellos hoeher als der Kauf- und Verkaufswert :)

Nein, gemeint ist in beiden Faellen der freie Arbeitsabstand (fAA) zwischen Front(kegel) des Objektivs und Oberseite eines Deckglases mit 0,17mm Dicke. Der Unterschied im Arbeitsabstand betraegt also tatsaechlich 0,18mm! Die aeltesten Pl Oel 100:1 haben einen fAA von 0,27mm; die spaeteren Pl Apo Oel 100/1.32 170/0.17 haben einen fAA von 0,24 oder 0,25mm; die PL APO 100/1.32 Oel 160/0.17 einen fAA von 0,15mm. Leitz, FTW!

Beste Gruesse,

Jon