Botanik: Gründlich misslungen - Chamaecyparis pisifera "Boulevard" *

Begonnen von Fahrenheit, Februar 19, 2014, 22:05:58 NACHMITTAGS

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Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

dieses Mal habe ich den Spross einer Scheinzypresse unter das Messer genommen, die in Nachbars Garten wächst. An sich leicht zu schneiden, sind mir die Präparate jedoch gründlich misslungen, weswegen diesmal die Bilder der ungefärbten Schnitte überwiegen. Davon aber später mehr.


Wie immer zunächst zur Pflanze selbst:

Die Sawara-Scheinzypresse (Chamaecyparis pisifera), auch Faden-Scheinzypresse oder Erbsenfrüchtige Scheinzypresse genannt, ist eine Pflanzen-Art, die zur Gattung der Scheinzypressen (Chamaecyparis) innerhalb der Zypressengewächse (Cupressaceae) gehört. Sie stammt ursprünglich aus Japan, wo sie als Sawara bekannt ist und zu den fünf Bäumen des Kiso gehört. Sie gedeiht auf feuchten Böden im feuchten, gemäßigten Klima.

Bild 1: Die Pflanze in Nachbars Garten


Da die Sawara-Scheinzypresse in Gärten und Parks gerne als Zierpflanze genutzt wird, gibt es unzählige Zuchtformen, die sich in Größe, Wuchsform und der Farbe der Blätter zum Teil erheblich voneinander unterscheiden. Eine genaue Bestimmung ist somit schwierig und auch ich bin mir anhand der mir zur Verfügung stehenden Literatur nicht ganz sicher.

Bild 2: Ein Zweig von unten betrachtet


Die Sawara-Scheinzypresse ist ein immergrüner, kleiner bis mittelgroßer Baum, der bei günstigen Verhältnissen aber auch Wuchshöhen bis zu 50 Metern erreichen kann. Die Borke ist rötlich-braun und die Zweige sind immer in einer Ebene verzweigt und haben einen abgeflachten Querschnitt. Die sich dicht überlappenden, etwa 3 mm langen Blätter in vier Reihen an den Zweigen angeordnet. Man findet zwei Arten von glänzend grünen, je nach Lichteinfall bläulich beschlagen wirkende, schuppenartigen Blättern: ,,Flächenblätter" und ,,Kantenblätter", die sich in Ihrer Form unterscheiden. Erstere tragen eine durchscheinende Harzdrüse. Zerreibt man einen Zweige, kann man sofort einen angenehmen Duft wahrnehmen, der von dem Harz der Pflanze ausgeht.

Bild 3: Nahaufnahme von den Blättern


Die einhäusig getrenntgeschlechtig (monözisch) Pflanze trägt Blüten beiderlei Geschlechts. Die männlichen Blüten sind blass-braun und eher unauffällig. Die kugeligen weiblichen Zapfen stehen an den Zweigenden und zeigen sich jung grün, später violett oder oft auch bläulich. Die reifen Zapfen sind jedoch braun und erreichen einen Durchmesser von 5 bis 8 mm.  Unter den meist zehn Zapfenschuppen reifen zehn bis zwanzig breit geflügelte Samen.

Bild 4: Illustration aus Flora Japonica, Sectio Prima (Tafelband), von Philipp Franz von Siebold und Joseph Gerhard Zuccarini, 1870

Quelle: Wikipedia (Public Domain); www.biolib.de, Kurt Stüber


Bevor wir aber zu den Schnittbilder kommen, kurz zur Präparation:

Geschnitten habe ich den frischen Spross freistehend auf dem Zylindermikrotom mit DurAedge Einmalklingen im SHK-Klingenhalter. Die Schnittdicke der Querschnitte beträgt ca. 50 µm.

Vor der Färbung habe ich von den frischen Schnitten einige Aufnahmen gemacht.

Gefärbt habe ich hier - nach ca. 30-minütiger Schnittfixierung in AFE und - wegen des hohen Harzgehalts - etwa 5-minütiger Bleiche in Klorix 1:4 - nach W3Asim II von Rolf-Dieter Müller. Entsprechende Arbeitsblätter können im Downloadbereich der MKB-Webseite herunter geladen werden. Nach der Färbung habe ich die Schnitte vor dem Entwässern durch häufiges Spülen mit jeweils frischem Aqua dest. sanft differenziert. Eine ausführliche Beschreibung der Färbung findet sich hier.

Leider haben sich die Schnitte im Laufe der Arbeitsschritte stark verformt. Ganz offensichtlich ist das lebendige Gewebe außerhalb des Xylems im Gegensatz zum Holzteil sehr stark geschrumpft, so dass die Schnitte kleinen Schüsseln ähnelten. Beim Eindecken führte dies zu Rissen und hässlichen Knicken und Überlappungen.

Vielleicht hat jemand eine Idee, woran das liegen könnte und noch besser, vielleicht auch einen Tipp, was man dagegen tun kann?


Und noch ein wenig zur Technik:

Alle Aufnahmen auf dem Leica DME mit den NPlanen 5x und 40x sowie den PlanApos 10x und 20x. Die Kamera ist eine Canon Powershot A520 mit Herrmannscher Okularadaption. Zur Zeit nutze ich ein Zeiss KPL 10x, das mit den Leica-Objektiven sehr gut harmoniert. Die Steuerung der Kamera erfolgt am PC mit PSRemote und der Vorschub manuell anhand der Skala am Feintrieb des DME.

Alle Mikroaufnahmen sind mit Zerene Stacker V1.04 (64bit) gestackt. Die anschließende Nachbereitung beschränkt sich auf die Normalisierung und ein leichtes Nachschärfen nach dem Verkleinern auf die 1024er Auflösung (alles mit XNView in der aktuellen Version). Bei stärker verrauschten Aufnahmen lasse ich aber auch mal Neat Image ran.


So, nun aber zu den Schnitten!

Zunächst eine Übersicht vom ungefärbten Schnitt.

Bild 5a/b: Segment aus dem Sprossquerschnitt, ungefärbt, Bild 5b mit Beschriftung. Vergrößerung 100x, Stapel aus je 15 Bildern.


Es zeigt sich ein für Coniferen typischer Querschnitt ohne Tracheen. Auffällig sind jedoch die einreihigen Bänder von Sklereiden im Phloem. Vom Periderm ist hier nur der äußere Teil des Phellems gut zu erkennen.
Wer die Beschriftung nachlesen möchte, findet auf der MKB Webseite eine Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen zum Herunterladen. Diese gilt natürlich auch für die noch folgenden Bilder.

Schauen wir uns die äußeren Gewebe etwas näher an:

Bild 6a/b: Rindenparenchym und Periderm, ungefärbt, Bild 6b mit Beschriftung. Vergrößerung 200x, Stapel aus je 18 Bildern.


Zunächst fallen auch hier die vielen Luftblasen auf - ein Tribut an den hohen Harzgehalt des Sprosses. Interessant ist der hohe Gehalt an Chloroplasten in den äußeren Lagen des Rindenparenchyms. Darüber folgt das Periderm und auch hier sind Phellogen und Phelloderm nicht gut auszumachen.

Auch die Sklereiden-Bänder im Phloem lohnen einen genaueren Blick - außerdem wird es jetzt bunt.

Bild 7a/c: Xylem, Cambium und Phloem, Bild 7b mit Beschriftung, Bild 7c gefärbt nach W3Asim II. Vergrößerung 200x, Stapel aus 9 bzw. 16 Bildern.
 


Deutlich zu sehen: im Xylem befinden sich keine Tracheen. Die Sklereiden müssen aus dem Phloemparenchym hervorgegangen sein. An ihnen kann man das Dickenwachstum des Sprosses nachverfolgen: die älteren Schichten werden von den jüngeren, durch das Cambium gebildeten Schichten nach außen abgedrängt, während gleichzeitig auch der Durchmesser des innerhalb des Cambiumrings liegenden Holzteils zunimmt. Was also einmal ein dicht an dicht sitzendes Band war, ist nun aufgerissen und die Lücken werden von großlumigen Zellen gefüllt, die zur Mitte hin oft in einen Markstrahl münden.

Zum Schluß noch ein Farbklecks. :)

Bild 8: Mark, primäres Xylem und Xylem, Färbung W3Asim II. Vergrößerung 200x, Stapel aus 30 Bildern.


Vielen Dank fürs Lesen, Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg  
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Für draussen: Leitz HM

beamish

Hallo Jörg,

wie immer, trotz aller Widrigkeiten, wunderschöne Schnitte und Bilder! Unter Pilzlern gibt es das Mittelchen Glamalc (15 ml H2O, 80 ml Äthanol, 4 ml NH4OH 25%, 1 g Glycerin) zum Weichmachen zäher Proben. Vielleicht würde das auch hier die schüsselförmige Verformung (d.h. die Rinde blieb steif wie bei einer Scheibe Wurst mit Pelle in der Bratpfanne) verhindern.

Herzlich
Martin
Zeiss RA mit Trinotubus 0/100
No-Name China-Stereomikroskop mit Trinotubus
beide mit Canon EOS 500D

...

L.

Fahrenheit

Lieber Martin, lieber Mario,

vielen Dank für Euer Lob! Ich habe versucht, aus dem verunglückten Material herauszuholen, was herauszuholen war.

Liber Martin, danke auch für Deinen Tipp und das Rezept zum Glamalc. Ich werde es die Tage einmal damit probieren.

Herzliche Grüße
Jörg
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Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

ein toller Beitrag.
Das Aufrollen der Schnitte (Überlappungen) kann ich bestätigen. Deshalb habe ich die Scheinzypressen hier nicht gezeigt. Ich habe noch kein Rezept gefunden, um das Problem zu lösen.

Gruß

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

auch Dir vielen Dank für Dein Lob!

Den "Schüssel-Effekt" hatte ich auch beim Spross der Schirmtanne, allerdings nicht ganz so stark wie hier bei der Sawara-Scheinzypresse.
Ich bin gespannt, ob die Fixierung wie von Martin vorgeschlagen, eventuell Abhilfe schafft.

Von daher interessiert es mich auch, wie Du fixiert hast (Stück- oder Schnittfixierung) und womit.

Herzliche Grüße
Jörg
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Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

zum Fixieren verwende ich das AFE – Gemisch
AFE-1
Ethanol verg. 96%ig 69,35 ml
Aqua dest.               20,65 ml
Formol 40%ig            5,00 ml
Eisessig                     5,00 ml

Eignung : Blätter, Sprosse, Wurzeln der höheren Pflanzen, Zellwände, Cytoplasma

Meine Proben (Stücke) lagern teilweise Monate in dieser Lösung.

Gruß

Hans-Jürgen
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Fahrenheit

#7
Lieber Hans-Jürgen,

danke für die Info! Ich habe ebenfalls in AFE fixiert, allerdings nur etwa 30 Minuten nach dem Schnitt des Frischmaterials.
Eine Stückfixierung in AFE brauche ich nun also nicht mehr zu versuchen - Du hast so ja die gleichen negativen Erfahrungen gemacht.

Herzliche Grüße
Jörg
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