Trentepohlia umbrina versus Porphyridium cruentum

Begonnen von Heiko, März 25, 2014, 21:22:55 NACHMITTAGS

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Heiko

Hallo,

Trentepohlia umbrina, derzeit allgegenwärtig, laut Suchfunktion hier nur einmal gezeigt (was ich mir gar nicht vorstellen kann), auf Apfel-Borke und im Durchlicht mit dem 40er:





Viele Grüße,
Heiko

Detlef Kramer

Hallo Heiko,

allgegenwärtig ja, aber m.E. Porphyridium cruentum. Es handelt sich um eine coccale Rotalge, die seit ca. 2000 (durch die Klimawende?) sehr weit verbreitet ist und großflächige, leuchtend rote Beläge auf der Rinde vieler Bäume bildet.

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Heiko


Detlef Kramer

Hallo Heiko,

ja, das meine ich. Bezüglich des Namens gibt es eine Diskrepanz - neuerdings finde ich stets P. cruentum, während sie sonst oft P. purpureum genannt wird. Was tatsächlich korrekt ist, weiß ich nicht. Sie heißt auf deutsch Pururrotalge - Blutalge kenne ich nicht, ist aber bezüglich Trivialnamen unwichtig. Man sollte sie nur nicht mit der Blutregenalge Haematococcus pluvialis verwechseln, aber die kommt hauptsächlich in überdüngten, von der Sonne beschienenen Pfützen und flachen Gewässern vor.

Warum die Autoren der Arbeit sich eine solche Mühe gemacht haben, ist mir unverständlich. Zumindest hier sind sehr viele ältere Bäume am unteren Stamm knall-rot. Auf die explosionsartige Zunahme bei uns haben Schlichting, Tauscher und Wöldecke 2002 im Mikrokosmos (pp 343-344) berichtet.

Falls jemand im Lehrbuch "Botanik" von Lüttge, Kluge, Thiel unter Trentepohlia nachschaut, findet in der Tat ein Foto von P. c. und zwar von mir. Für den peinlichen Fehler bin ich allerdings nicht verantwortlich - ich habe nur das Foto abgeliefert, mit korrekter Bezeichnung!

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Heiko

Hallo Detlef,

verzeih bitte, Du hast den neugierigen Laien noch nicht überzeugt. Deshalb habe ich mit dem 100er einige Aufnahmen zusammengestapelt:



Viele Grüße,
Heiko

Detlef Kramer

Hallo Heiko,

kein Problem, nur durch kritische Diskussion kommt man einer Erkenntnis näher. In diesem Fall nutzt die Aufnahme mit dem 100er nicht allzu viel. Wichtiger wäre eine Makro-Aufnahme vom Fundort. Oder beantworte uns eine Frage: war das Vorkommen ein Polster dünner Fäden (= Trentep.) oder war es ein relativ glatter, matt glänzender Belag (= Porphyr.).

Ich hoffe, Du hast nichts dagegen, dass ich noch eine Aufnahme von mir anfüge:



Gruß, Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Heiko

Hallo Detlef,

danke für Deine Antwort. Dein Foto hätte ich als Trentepohlia angesprochen – der dicken Zellwände wegen – aber mir fehlt der Vergleich ...
So ist es auch schwierig, zwischen ,,...Polster dünner Fäden (= Trentep.) oder ... relativ glatter, matt glänzender Belag (= Porphyr.)" zu unterscheiden.
Gefühlsmäßig tendiere ich zu ersterem:



Den hier abgebildeten Randbereich würde ich schon als watteartig-locker beschreiben.
Als ,,ökologisches Argument" kann vielleicht gelten, dass für Porphyridium (neben mineralischen Substraten) die Basis diverser Baumstämme genannt wird (wenn's denn stimmt). Der Bequemlichkeit halber stammt diese Probe ,,aus größerer Höhe".  :D 

Viele Grüße,
Heiko

Detlef Kramer

Hallo Heiko,

schau Dir einfach das mal an: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Luftalge_Trentepohlia_aurea_OhWeh-003.jpg. Ich glaube, dann wird der Unterschied klar.

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Heiko

Hallo Detlef,

ja, Trentepohlia aurea kenne ich aus eigenem Ansehen – so sieht die aktuelle Probe definitiv nicht aus.
Die Zellfäden von T. umbrina zerfallen (laut ,,Wassertropfen") leicht in Einzelzellen – sie muss daher wohl nicht immer so haarig wie T. aurea aussehen. Allerdings ergab die Nachsuche maximal solche Triaden:



Wenn Du Dir die Mühe machen willst, noch die folgenden Aussagen zu entkräften, hättest Du mich überzeugt.
Porphyridium soll einen morgensternartigen Chloroplasten haben – ist der nur deshalb nicht zu sehen, da ihn die Farbstoffe maskieren? Aber auch in geplatzten Zellen, aus denen die Pigmente teilweise ausgetreten waren, konnte ich keinen Chloroplasten erkennen.

Viele Grüße,
Heiko

Bernd Kaufmann

#9
Lieber Heiko, lieber Detlef,

erlaubt mir bitte, auch einen kleinen Beitrag zum Thema in Form von Bildern einzubringen. Ich war heute ein bisschen wildern in Nachbars Garten und in der näheren Umgebung. Was ich fand, war zwar vorwiegend an Apfelbäumen, aber auch an zwei Laubbäumen. Hier das von Detlef gewünschte Makro, zwar nicht am Baum direkt, aber formatfüllend an zwei kleinen Rindenstücken:



Dann ein Ausschnitt mit dem 5x Objektiv aufgenommen:



Und schließlich noch einmal mit dem 40x Objektiv:



Meiner Meinung nach hast Du, Detlef, recht. Aber dass es etwas mit dem Klimawandel zu tun hat, glaube ich nicht. Doch das wäre wieder ein ganz anderes Thema.

EDIT: Nachdem ich jetzt aber mehr gelesen und mir Bilder von Trentepohlia umbrina angesehen habe, bin ich wieder sehr unsicher. Ich werde heute noch Bilder von ein paar Standorten machen. Scheint ja doch eine schwierige Geschichte zu werden.

Viele Grüße
Bernd ©¿©
www.aquamax.de
Lieber per Du.

Detlef Kramer

Hallo Heiko, hallo Bernd,

ich hoffe, ich kann die Diskussion mit diesem Beitrag und aus meiner Sicht zu einem vorläufigen Ende bringen.

Ich habe also gestern einen Spaziergang in einem unserer etwas höher gelegenen Wälder unternommen und dabei einige "verdächtige" Beläge an Bäumen gefunden. Die Farbe ist ocker/rostbraun im Gegensatz zu den knallroten Belägen, die ich Porphyridium zuschreibe:



Dagegen typische P.-Beläge an einer Pappel in der Ebene (Reinheimer Teich):


eine improvisierte Aufnahme eines Rindenstückchens mit Trentepohlia unter meiner Stereo-Lupe:



Dann noch zwei Mikrophotos (DIC). Hier bitte beachten: 1. die Farbe ist durch den DIC verfälscht, aber die Zellen sind nie so knallig rot, wie bei Porphyridium, 2. die Zellen, jedenfalls viele, sind deutlich elipsoid (s. Wassertropfen).




Dagegen sind auf allen Fotos von Euch, die ich für Porphyridium halte, die Zellen nie ellipsoid, sonsdern rundlich bis kantig und sehr unterschiedlich im Durchmesser.
Ich will nicht um Alles in der Welt Recht haben und ich gebe auch zu, dass die Unterscheidung nicht auf den ersten Blick sicher gelingt. Ich hoffe, ich konnte durch meine Fotos der Klärung ein wenig dienen.

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Heiko

Hallo Detlef,

sei herzlich bedankt für Deine Mühe und Geduld. Nun ist ,,das Auge geschärft", um auch die zweite Art hoffentlich einmal unter's Glas zu bekommen.

Viele Grüße,
Heiko

liftboy

Hallo in die Runde,

zum Thema Trentepohlia  könnte ich noch etwas zu T. aurea beitragen:



Fundort ist ein Plattenweg (Wesersandstein) an der Nordfront von Schloß Wilhelmstal (bei Kassel); durch die Alge orangerot gefärbt.

Der Belag wurde vorsichtig abgeschabt, gereinigt und über Algenfixierung / Alkohol / Xylol in Eukitt eingebettet.
Deutlich ist das Geflecht zu erkennen; gut von der Blutregenalge zu unterscheiden.

Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
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Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
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