Botanik: Orient-Buche (Fagus orientalis) Neu: Steinzellen im Längsschnitt *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, Mai 18, 2014, 11:23:55 VORMITTAG

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Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

alle Buchen wachsen auf der Nordhalbkugel.
Zur Gattung Fagus gehören 10 Arten der Laubwaldgebiete der gemäßigten Zonen der Nordhalbkugel (in Amerika südlich bis Mexiko). Direkte Vorfahren dieser Buche besiedelten Europa schon im Tertiär (65 Millionen Jahre - 2 Millionen Jahre). Heute wächst die Orient – Buche von Kleinasien bis Bulgarien und gehört im Kaukasus zu den typischen Waldbäumen. Buchen können bis etwa 300 Jahre alt werden. In Parks entwickelt sie sich zu einem mächtigen Baum (Wuchshöhe bis zu 40 Meter) mit goldgelber Herbstfärbung. Ihre Krone ist weniger dicht beastet als die der Rot – Buche. Die etwas derben 5 – 10 cm langen Blätter der Orient - Buche haben meist  5 - 12 Nervenpaare.

Blattformen verschiedener Fagus – Arten

1 Fagus orientalis,  2 Fagus engleriana,  3 Fagus japonica, 4 Fagus crenata
Quelle: Lexikon der Baum- und Straucharten

Die Buche ist zweikeimblättrig. Zweikeimblättrige Pflanzen haben zwei Keimblätter und als zusätzliche Unterteilung eine unterschiedliche Pollenanatomie. Zu ihnen gehören krautige und verholzende Blütenpflanzen wie Korbblütler (z. B. Kornblume, Sonnenblume), Lippenblütler (Lavendel), Schmetterlingsblütler (Bohnen, Klee, Robinie), Laubbäume wie die Fagaceae  (Buchen, Eichen) usw.
Die männlichen Blüten hängen in Büscheln, die weiblichen sitzen in einem Becher. Dieser verholzt  zu einem Fruchtbecher, der sich mit vier Klappen öffnet und zwei dreikantige Nüsse (Bucheckern) freigibt.  Die unteren Borstenschuppen der Fruchtbecher sind spatelig verbreitet.
Geschälte Früchte enthalten (bezogen auf die Trockenmasse) etwa 45 – 50% Öl. Chemisch sind aus 100 kg Früchte bis zu 30 kg Speiseöl extrahierbar. Der Verzehr größerer Mengen Bucheckern ist gefährlich, da sie Trimethylamin (auch Fagin von lat. fagus für Buche genannt), einen zu den Saponinen zählenden Giftstoff, enthalten; ausgepresstes Öl ist frei davon.
Die Buche verdrängt (Konkurrenzkraft) in unseren Wäldern die Kiefer aus  ihrem Optimalbereich  auf die trockenen und feuchten Randgebiete.

Einige Sätze zur Geschichte:

Buchenwälder nehmen etwa den 7. Teil unserer gesamten Waldfläche ein. Mehr als 1500 Namen dieser Art klingen in deutschen Ortsnamen wieder, wie Buchschlag, Buchberg und Bochum. Auch die  Bezeichnungen ,,Buchstabe" und ,,Buch" sind von dem Wort ,,Buche" abgeleitet. Die Buchstaben waren nämlich ursprünglich aus Buchenrinde geschnittene Stäbe, in denen man im alten Germanien Schriftzeichen, sog. Runen eintrug. Diese Stäbe streute man aus und versuchte aus ihrer Lage die Zukunft zu ergründen. Auch Gutenberg stellte die ersten Lettern aus Buchenholz her.

Bild 01 Orientbuche Fagus orientalis

Orientbuche Fagus orientalis im Botanischen Garten Freiburg i. Brsg.
Autor: Drahkrub.

Systematik:

Ordnung: Buchenartige (Fagales)
Familie: Buchengewächse (Fagaceae)
Gattung: Buchen (Fagus)
Art: Orient-Buche
Wissenschaftlicher Name: Fagus orientalis
Englischer Name: Oriental beech

Arbeitsablauf :

1.   Fixierung in AFE III
2.   Fixiermittel auswaschen in 70% Ethanol, 5 Minuten.
3.   50% Ethanol, 3 Minuten.
4.   30% Ethanol, 3 Minuten.
5.   Wasser entmin., 3x wechseln je 1 Minute.
6.   Färben: 10 Minuten.
7.   In Wasser auswaschen, mind. 2x wechseln, je 1 Minute.
8.   In 100% Isopropylalokohol  ( 99,9 %) sorfältig entwässern, 2x wechseln
1.Stufe = 30 Sekunden, 2.Stufe = 3 Minuten, 3.Stufe = 5 Minuten.
Kritisch ist die sorgfältige Entwässerung in Isopropylalkohol. Hierfür nur Minimum an  Wassser in Isopropylalkohol verschleppen. D.h. den Schnitt nur feucht (nicht nassfeucht!) überführen.
In Isopropylalkohol wird Überschuss an Acriflavin ausgewaschen. Sobald die 2. Stufe Isopropylalkohol auch nur leicht gelb anfärbt, Isopropylalkohol in weiteren Stufen wechseln bis keine Gelbfärbung mehr Auftritt.
9.   Als letzte Stufe vor dem Eindecken Xylol einsetzen.
10.   Einschließen in Entellan.

Fotos: Nikon D5000


Dreijähriger  Spross, Querschnitt 30 µm

Bild  02  Übersicht, 3-jähriger Spross, Orientbuche Fagus orientalis



Bild 03  Übersicht, Negativaufnahme, Orientbuche Fagus orientalis


Bild 04  Vergrößerung aus der Übersicht mit Beschriftung, Orientbuche Fagus orientalis

PE = Periderm, ST = Steinzellen, SK = Sklerenchym, PH = Phloem, PMS = primärer Markstrahl, T = Tracheen, XY = Xylem, J = Jahresring, MP = Markparenchym

Bild 05  Vergrößerung der äußeren Zellschichten vom Spross mit Beschriftung, Orientbuche Fagus orientalis

PE = Periderm, RP = Rindenparenchym, SK = Sklerenchym, ST = Steinzellen

Bild 06  Steinzellen (Sklereiden), Orientbuche Fagus orientalis

Eine Steinzelle (Sklereide)  ist in Pflanzen eine meist tote Zelle, die eine stark verdickte Zellwand besitzt, jedoch nicht faserartig ausgebildet ist. Sklereiden dienen häufig der Festigung und Verstärkung von Pflanzenteilen.


Bild 07 Markparenchym mit Übergang zum Xylem, Orientbuche Fagus orientalis


Bild 08  Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Orientbuche Fagus orientalis

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10

Bild 09  Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Orientbuche Fagus orientalis

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10

Bild 10  Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Orientbuche Fagus orientalis

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10

Quellen und weiterführende Informationen:

Wikipedia; Freie Enzyklopädie.
Kosmos Baumführer Europa, ISBN: 978-3-440-11741-5
Schmidt Peter. A. /Hecker Ulrich ,,Taschenbuch der Gehölze", ISBN: 978-3-494-01448-7
Lexikon der Baum- und Straucharten, ISBN: 978-3-86820-123-9
Lüder, Rita ,,Grundkurs Pflanzenbestimmung", ISBN 3-494-01418-3
Aas Gregor/ Riedmiller Andreas ,, Bäume" ISBN 3-7742-4058-2
Sphohn  ,, Kosmos-Baumführer Europa" ISBN 978-3-440-11741-5
Schmeil, ,,Leitfaden der Pflanzenkunde", 1952

Dreijähriger  Spross, Längsschnitt 30 µm

Bild 11 Spross auf einen Holzklotz geklebt, Orientbuche Fagus orientalis



Bild  12  Übersicht, 3-jähriger Spross, Orientbuche Fagus orientalis


Bild 13 Vergrößerung aus der Übersicht, Orientbuche Fagus orientalis

Steinzellen (Sklereiden) im Längsschnitt,  Orientbuche Fagus orientalis

Bild 14 Vergrößerung, Orientbuche Fagus orientalis


Bild 15  Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Orientbuche Fagus orientalis

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10

Mit freundlichem Gruß

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

hajowemo

Lieber Hans-Jürgen,
herzlichen Dank für deine neue Dokumentation.
Die Einteilung der verschiedenen Buchen durch die Blattformen fand ich sehr aufschlussreich.
Ich freue mich immer das Farbenspektrum deiner Schnitte zu sehen, mir gelingt das leider so gut wie nie.
Liebe Grüße
Jochen
Vorstellung
Homepage www.mikroskopie-hobby.de
Gerne per "Du"
Man sieht nur mit dem Herzen gut.
Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.

Rawfoto

Hallo Hans-Jürgen

Danke für den tollen Beitrag :-)

Liebe Grüße aus Wien

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Sternhaar

Lieber Hans-Jürgen,
schöne Dokumentation eines sekundären Dickenwachstums :-) Man kann sehr schön primäres Xylem nahe dem Markparenchym erkennen. Und auch die Verteilung der Tracheen über den ganzen Sproßquerschnitt, also das "Zerstreutporige" Holz ist gut auszumachen. Nebenbei gefällt mir natürlich auch die Einzelansicht der Sklereiden, wunderbar zu sehen, das verhältnismäßig enge Lumen durch die verdickte Zellwand und die Verbindung zu Nachbarzellen über die Tüpfelkanäle, echt schön. Danke dafür!
Liebe Grüße,
Sarah
Die Natur ist das einzige Buch, das auf allen Blättern großen Gehalt bietet.
Johann Wolfgang von Goethe

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

vielen Dank für Deinen schönen Artikel zur Buche!
Und auch hier gibt es die Steinzellen in den Lücken des Sklerenchymrings.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

danke für Euer Feedback.

@ Jochen,

experimentiere bitte einmal bei dem Arbeitsablauf. Nach dem Färbeprozess direkt mit Isopropylalokohol  ( 99,9 %) sorgfältig entwässern. Verzichte einmal auf das auswaschen in Wasser. Die Farben werden kräftiger.

@ Gerhard,

Gruß nach Österreich.

@ Sarah,

es freut mich, wenn Dir mein Beitrag gefällt.

@ Jörg,

Dein Hinweis auf die Steinzellen beim Cissusblättrigen Ahorn  hat mich neugierig  gemacht.
Der Spross der Orientbuche war auch drei Jahre alt. Finde ich im Sklerenchym auch Sklereiden ?
Die Bilder geben die Antwort.

Mit freundlichem Gruß

Hans-Jürgen
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reblaus

Hallo Hans-Jürgen -

Wieder mal eine Freude, solche eine Dokumentation zu sehen!

Frage zu den Steinzellen: Kann man ausschließen, dass es sich hier um extradicke Fasern handelt, d.h. sieht man die auch im Längsschnitt?
Bei der Demonstration von Steinzellen aus dem Fruchtfleisch von Birnen habe ich mir früher immer gefragt wozu die gut sind. Eigentlich kann doch so ein kleines Zellklümpchen wenig zur Festigkeit beitragen.

Viele Grüße

Rolf

Hans-Jürgen Koch

Hallo Rolf,

danke für Dein Lob.
Deine Frage kann ich so nicht beantworten. Ich versuche noch einige Längsschnitte vom Spross anzufertigen, ,,schaun mer mal".

Gruß

Hans-Jürgen
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Sternhaar

Lieber Hans-Jürgen, lieber Rolf
ich habe heute mal in meinen Büchern nachgesehen ;) Ich habe von meinem Großvater ein Handbuch der Forstbotanik und da fand sich etwas zu den Steinzellen...also was die Birne angeht, die Rolf angesprochen hat, kann ich nichts zu sagen, in "Anatomie und Histologie der Samenpflanzen" steht auch nur, dass die Steinzellen dort als Festigungselemente in der Frucht zu finden sind...also wie sie das tun, bleibt wohl ihnen überlassen...aber in dem Handbuch der Forstbotanik fand ich zu den Steinzellen folgende Info: Mit Bildung der sekundären Rinde, finden auch in den inneren Schichten der primären Rinde Veränderungen statt, einzelne Parenchymzellen oder Zellgruppen werden zu Stenzellen, in dem die Zellwände stark verdicken. Hier werden auch Fagaceen und Betulaceen (Buchen- und Birkengewächse) als Beispiele aufgeführt. Es wird ein Sklerenchymring gebildet, und bei fortschreitendem Dickenwachstum wird er gesprengt, da tote Zellen (Sklerenchym) nicht dehnbar und somit nicht mitwachsend ist. Die Zwischenräume im Ring werden jedoch durch neue Steinzellen aufgefüllt (häufig in Nähe der Bastfasern) und bei Fagusarten bilden sich teilweise Fortsätze dieser Steinzellen bis in die primären Markstrahlen aus. Nur so als Ergänzung aus der Literatur, vielleicht interessiert es ja :-)
Die Natur ist das einzige Buch, das auf allen Blättern großen Gehalt bietet.
Johann Wolfgang von Goethe

reblaus

Ja, es interessiert sehr - vielen Dank für die Recherchen!

Rolf

Hans-Jürgen Koch

Hallo  Sarah,

auch ich danke für Deine Recherchen. Die Bilder 11 bis 15 habe ich neu eingestellt, sie zeigen die Steinzellen im Längsschnitt. Die Dauerpräparate sind zwar noch nicht ausgehärtet, aber die Sklereiden  sind zu erkennen.

Gruß

Hans-Jürgen
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