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Pianese-Lösung

Begonnen von Horst Wörmann, Mai 27, 2014, 18:25:37 NACHMITTAGS

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Horst Wörmann

Liebe Pilzsucher,

beim Ansetzen der Pianese-Lösung nach Gerlach, Botanische Mikrotechnik, 1969 S. 225
geht man so vor:
Lösung A: 0,5 g Malachitgrün in 50 ml Aqua dest.
Lösung B: 0,5 g Säurefuchsin in 10 ml Aqua dest.
Lösung C: 0,01 g Martiusgelb in 1 ml Aqua dest.
Diese drei Lösungen werden zusammengegossen, mit 89 ml Aqua dest. und 50 ml Ethanol
versetzt. Fertig.

Dabei entsteht aber schon beim Zusammengeben der (klaren!) Lösungen A und B ein dicker Niederschlag,
unlöslich in Wasser, schwerlöslich in Ethanol:



Hat das schon mal jemand beobachtet?
(Hat nichts mit dem Martiusgelb zu tun, das Problem der Unlöslichkeit des Stoffes in der angegebenen Menge Wasser wurde kürzlich schon mal beschrieben).
Viele Grüße
Horst

Eckhard F. H.

Hallo Horst,
entschuldige bitte, daß statt einer Kunde eine Frage kommt. Das Wort ´Pianese-Lösung´ lese ich zum ersten Mal. Wozu dient sie bei Pilzen?
Gruß - EFH

Horst Wörmann

Lieber Eckhard,

mit der Lösung kann man Pilzhyphen in pflanzlichem Gewebe differenziert darstellen. Ich zitiere aus Gerlach:
"Die grün gefärbten Wirtszellen heben sich deutlich von den leuchtend rosa tingiertem Mycel ab. Mit dieser Färbung erhält man fast immer gute Ergebnisse".
Gelegentlich auch als Pianese IIIb oder Pianeze bezeichnet.
Es gibt auch eine Gegenfärbung mit Chlorazol Black 3E.
Ich habe bisher keine Erfahrung mit Pianese, aus den oben genannten Gründen gibt's Probleme beim Ansatz.
Bisher hatte ich mit Uvitex und UV-Auflichtfluoreszenz gute Ergebnisse, aber diese Färbung ist nicht spezifisch.
Weitere Fragen gern, da braucht sich doch keiner zu entschuldigen...

Viele Grüße aus Bonn
Horst

Eckhard F. H.

Hallo Horst,
Vielen Dank. Bin selbst Pilzler und ständig auf der Suche nach Artabgrenzungsmerkmalen. Aha, Pianese-Lösung unterstützt also nicht die spezielle Artabgrenzung, sondern allgemein die Erkennung pilzlicher Mikrostrukturen - richtig?
Gruß vom Bodensee
EFH

treinisch

Hallo,

nur so ein Verdacht ins Blaue geschossen: Ist das Malachitgrün Oxalat oder Chlorid?

vlg
Timm
Gerne per Du!

Meine Vorstellung.

knipser009

hallo Tim

Die Bezeichnung für Malachitgrün sagt nichts über die Zusammensetzung des Stoffes aus. Das im Salz "Malachitgrün" vorkommende Kation ist die farbgebende Komponente
( Triphenylmethanfarbstoff ) und kommt im Handel als Anion sowohl mit Oxalat als auch Chlorid vor.

Viele Grüße aus dem SaarPfalzKreis

Wolfgang
gerne per "Du"

treinisch

Zitat von: knipser009 in Mai 27, 2014, 22:11:02 NACHMITTAGS
( Triphenylmethanfarbstoff ) und kommt im Handel als Anion sowohl mit Oxalat als auch Chlorid vor.

wenn du davon ausgehst, dass mir das nicht klar ist, wie stellst du dir vor, ist meine Frage zustande gekommen, ob es sich um das Oxalat oder das Chlorid handelt?

vlg

Timm
Gerne per Du!

Meine Vorstellung.

Horst Wörmann

Liebe Kollegen,

Malachitgrün gibt es nicht nur als Oxalat und Chlorid, sondern auch als Sulfat. Wegen der vielen Trivialnamen für die Farbstoffe ist das alles etwas verwirrend.

Malachitgrün-Oxalat CI 42000, Basic Green 4
Malachitgrün G CI 42040, Basic Green 1, Diamantgrün, Ethylgrün - ist das Sulfat.
Beides bei Roth erhältlich.
Malachite Green Chloride: gibt's bei Fluka, mit der gleichen CI-Nr. 42000 wie das Oxalat, bei Fluka ebenfalls als Basic Green 4 bezeichnet.

Im Malachitgrün ist soviel Malachit wie Uran im Urin. Das kann ich mir jetzt nicht verkneifen, weil ich bei den Auqarianern den Satz gefunden habe:
"Speziell Malachitgrün und alle Kupferverbindungen sind sehr gefährlich".

In meinen Ansätzen habe ich das Oxalat verwendet.

Viele Grüße
Horst

Horst Wörmann

Lieber Eckhard,

"Pianese-Lösung unterstützt also nicht die spezielle Artabgrenzung, sondern allgemein die Erkennung pilzlicher Mikrostrukturen - richtig? "

So ist es. Leider ist mir das mit der Pianese-Färbung noch nicht gelungen, wohl aber mit Uvitex.
Hier zwei Beispiele, die die selektive Anfärbung der Pilzhyphen in pflanzlichen Gewebe zeigen.
Zuerst ein Vergleich Hellfeld/UV-AFL eines mit Uvitex gefärbten Handschnittes einer pilzinfizierten Clematis, die Fahrenheit neulich in einem ausführlichen Beitrag beschrieben hat. Links das UV-Bild mit den blauen Pilzhyphen, rechts derselbe Ausschnitt im Hellfeld.



Die selektive Färbung beruht auf der Affinität des Farbstoffs zu Chitin, aus dem die Zellwände der Pilzhyphen bestehen. Leider gibt es auch eine ebensogroße Affinität zu Zellulose (diese Stilbenfarbstoffe sind ja als opt. Aufheller im Einsatz für Papier!).

Die Chitin-Anfärbung kann man infolgendem Präparat sehr schön sehen, ein Querschnitt durch eine Galle, deren Larvenkammer mit einem Pilz bewachsen ist (Ambrosia-Galle). In der Übersicht ist in der Mitte die weißblau angefärbte Chitinhülle der Larve zu erkennen, der Pilzbelag ist als dünne blaue Schicht ebenfalls gut zu sehen. Die großen Zellen im Innern sind ebenfalls gefärbt, warum ist mir noch unklar.



Hier noch ein Ausschnitt:


Die Pianesefärbung sollte eigentlich eine vergleichbare Differenzierung ergeben, vielleicht selektiver.

Das nur nebenbei. Wollte eigentlich ja nur fragen, ob jemand schon eine ähnliche Ausfällung beim Ansatz beobachtet hat...

Viele Grüße aus Bonn
Horst

Klaus Herrmann

#9
Hallo Horst,

die Pianese-Mischung habe ich von Chroma als Pulver. Ich habe noch nicht nachgeschaut, ob sie das immer noch anbieten.
Die Vorschrift sagt: Farbgemisch in 25%igem Ethanol warm lösen nach Abkühlen filtrieren.

Schnitte einbringen in 50%igem Ethanol. Färben mit der Farblösung 30-60 min. Waschen mit Ethanol, differenzieren mit HCl-Ethanol 3%ig 30 sec; Waschen mit Ethanol, Aufhellen mit Nelkenöl, eindecken mit Malinol.

Soll ich dir ein Bröbschen schicken?

Nachtrag: schöne Fluoreszenzbilder! Das hellblaue große in der Mitte könnte auch ein Artefakt sein?
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

treinisch

#10
Hallo Horst,

ich habe beide Farbstoffe da, ich probiere es gleich einfach aus :-)
Als Entschädigung für die folgende kleine vom Faden-Thema abweichende Anmerkung;

Zitat von: Horst Wörmann in Mai 28, 2014, 08:49:28 VORMITTAG
Im Malachitgrün ist soviel Malachit wie Uran im Urin. Das kann ich mir jetzt nicht verkneifen, weil ich bei den Auqarianern den Satz gefunden habe:
"Speziell Malachitgrün und alle Kupferverbindungen sind sehr gefährlich".

weil durch "und" die Argumente gleichberechtigt verknüpft werden ist die normale Lesart, dass die Argumente eher nicht eng verwandt sind und gerade eben nicht in einer Genus-Spezies Beziehung stehen. Ein Beispiel:

Klaus und die Chemiker hier im Forum sind bei solchen Fragen besonders kompetent.

Betont eben nicht, dass Klaus ein Chemiker ist, sondern legt genau das Gegenteil nahe, eben weil die gleich berechtige Beiordnung sonst ungewöhnlich wäre.
Deswegen würde man obigen Satz normalerweise auch so nicht sagen, sondern:

Klaus und die anderen Chemiker hier im Forum sind bei solchen Fragen besonders kompetent.

Ein komplett anderer Satz, dessen Konstruktion ausdrücklich das Problem der Genus-Spezies Beziehung aufnimmt.

Will sagen:

Speziell Malachitgrün und alle Kupferverbindungen sind sehr gefährlich.

Impliziert bei normaler Lesart eben, dass Malachitgrün keinesfalls eine Kupferverbindung ist, der Satz wäre sonst semantisch defekt. Wollte man jenes ausdrücken würde man schreiben:

Speziell Malachitgrün und alle  a n d e r e n  Kupferverbindungen sind sehr gefährlich.

Was dann in der Tat Unsinn wäre.

Im Übrigen halte ich die Annahme, ein und dieselbe Person könne zwar wissen, dass Malachit eine Kupferverbindung ist, aber andererseits nicht, dass Malachitgrün keine ist für maximal durchschnittlich plausibel.

Wie gesagt: Als Entschädigung erprobe ich jetzt umgehend die Mischung von Malachitgrün mit Säurefuchsin nach Deinem (dem von Dir angegebenen) Rezept.

vlg

Timm

P.S. Danke für die schönen Aufnahmen und auch der Hinweis auf Pianese ist sehr interessant!
Gerne per Du!

Meine Vorstellung.

treinisch

Hallo Horst,

Zitat von: Horst Wörmann in Mai 27, 2014, 18:25:37 NACHMITTAGS
Lösung A: 0,5 g Malachitgrün in 50 ml Aqua dest.
Lösung B: 0,5 g Säurefuchsin in 10 ml Aqua dest.
Lösung C: 0,01 g Martiusgelb in 1 ml Aqua dest.
Diese drei Lösungen werden zusammengegossen, mit 89 ml Aqua dest. und 50 ml Ethanol
versetzt. Fertig.

nur noch eine Anmerkung. Das Originalrezept
(aus Beitrag zur Histologie und Aetiologie des Carcinoms von G. Pianese)
gibt nur 0.1 g Säurefuchsin an, das ist auch das Rezept, das in
Modern Dictionary Cyto And Histo Chemistry von C.K. Shah angegeben wird.

Könnte da das Problem liegen?

vlg

Timm
Gerne per Du!

Meine Vorstellung.

Eckhard F. H.

Hallo Horst,
vielen Dank für Erläuterung und Fotos, bin jetzt ´im Bilde´. Man lernt selbst noch als alter Knast, bevor man als Dummkopf abtritt.  ;D
@Timm: Ja, mit den Farben ist das so eine Sache. Meine Frau (Porzellanmalerin) meinte mal zu einer Kundin(Hobbymalerin), die mit einer ihrer Farbe nicht zufrieden war "...da tun Sie einfach etwas Eigelb hinzu". Kundin beim nächsten Besuch: "Das ließ sich schlecht mischen und malen und hat auch nichts gebracht".  ;D
Gruß - EFH

Horst Wörmann

Lieber Kollegen,
zunächst mal Danke für das Lob.

@Klaus:
" Das hellblaue große in der Mitte könnte auch ein Artefakt sein?"
Aber nicht doch, das ist ein Querschnitt durch die Larve!
Danke für das Pröbschen-Angebot, aber ich sollte doch in der Lage sein, so was selbst hinzukriegen...
Man ist doch vom Fach :)

@Timm:
0,1 g? Könnte durchaus sein, daß 0,5 g zu viel ist. Alle die, die 0,5 g ansetzen, hätten dann aber erkennen müssen, daß mit der Vorschrift was nicht stimmt.

Viele Grüße
Horst


Klaus Herrmann

Hallo Horst,

ZitatDanke für das Pröbschen-Angebot, aber ich sollte doch in der Lage sein, so was selbst hinzukriegen...
Man ist doch vom Fach Smiley

Nicht, dass ich dir das nicht zugetraut hätte, aber es hätte ja sein können, dass die Chroma-Mischung eben irgendwie anders ist und das Problem da nicht auftaucht.

ZitatAber nicht doch, das ist ein Querschnitt durch die Larve!
Wie war das doch bei Shakespeare: es war die Larve, nicht die Nachtigall ;D
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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