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Raphidiophrys elegans

Begonnen von Martin Kreutz, Juli 08, 2014, 12:56:17 NACHMITTAGS

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Martin Kreutz

Liebes Forum,

das Sonnentier Raphidiophrys elegans ist in meinem bevorzugten Fundort Simmelried sehr häufig zu finden. In manchen, älteren Proben, treten sogar Massenentwicklungen auf. Diese Art tritt solitär auf, bildet aber meistens Fressgemeinschaften, die über Plasmabrücken verbunden sind. Da diese Gebilde dreidimensional sind, ist es schwierig dieses Konstrukt fotografisch darzustellen. Aber vor einigen Wochen hatte ich dass Glück, dass sich eine Fressgemeinschaft von 8 Exemplaren in einer Ebene angeordnet hatte. Gleich mal abgelichtet, da sich die Kololonie ständig verändert und bewegt. Die einzelnen Individuen haben einen Durchmesser von ca. 30 µm:



Diese Kolonie besteht aus Individuen, die alle Zoochlorellen tragen (s. oben). Bei Raphidiophrys treten jedoch auch Populationen und Kolonien ohne Zoochlorellen auf. In seltenen Fällen treffen sich diese und finden sich zu Fressgemeinschaften zusammen. Auf dem folgenden Bild erkennt man links deutlich die Kolonie ohne Zoochlorellen:



Die Individuen mit Zoochlorellen können auf den ersten Blick mit Raphidiophrys viridis verwechselt werden. Um diese zu differenzieren, ist es notwendig, sich die sogenannten Spicula (= Schuppen oder engl. scales) genauer anzuschauen. Bei Raphidiphrys elegans sind diese oval, mit einem hoch gebogenen Rand (http://www.arcella.nl/raphidiophrys-genus) während sie bei Raphidiophrys viridis langgestreckt bootsförmig sind (http://www.arcella.nl/raphidiophrys-viridis). Fokussiert man auf Höhe des Zellkörpers eines gequetschten Exemplares, erkennt man die Schuppen teilweise im Längsschnitt. Sie erscheinen dann U-förmig:


SC = Spicula im Längsschnitt
ZO = Zoochlorellen

Fokussiert man auf die Zelloberfläche auf die dort aufliegende Spicula-Schicht, erkennt man deutlich die ovalen Schuppenform von Raphidiophrys elegans. Lichtmikroskopisch lässt sich noch gerade der geriffelte, hochgebogene Rand erkennen:


SC = Spicula in Aufsicht

Die Spicula bedecken nicht nur den Zellkörper, sondern ziehen sich auch um die unteren Teile der Axopodien hoch. Dies ist ein weiteres Bestimmungsmerkmal von Raphidiophrys elegans:


SC= Spicula
AX = Axopodium

Betrachtet man die Plasmabrücken zwischen den Einzelindividuen einer Fressgemeinschaft genauer, erkennt man manchmal schon bei geringer Vergrößerung die darin verlaufenden Axoneme. Die Axoneme bilden zusammen mit umgebenden Plasma die Axopodien. Die Axoneme strahlen jedoch nicht nur nach außen, sondern dienen auch zum Zusammenhalt der Kolonie:


AX = Axopodium mit sichtbaren Axonemen
KV = kontraktile Vakuole

Um das mal genauer zu betrachten, muss man die Exemplare kräftig quetschen. Nur so erreicht man einen Blick ins Innere mit entsprechender Auflösung. Da die Gattung Raphidiophrys zu den Centroheliden gehört, erkennt man hier deutlich die sogenannten Centroplasten, welche für die Organisation der Axonema-Aufbaus zuständig sind. Alle Axonema nehmen dort ihren Ursprung. Bei den gequetschten Exemplaren erkennt man auch den Zellkern, der sonst schwer erkennbar ist: 


CP = Centroplast
AX = Axoneme
ZK = Zellkern
KV = kontraktile Vakuole

Viele Spass beim anschauen!

Martin

Ernst Hippe

Hallo Martin,
wieder eine brilliante und gut erläuterte Fotostrecke! Eins meiner Lieblingsviecher (Brüssel!), das ich aber noch nie so schön gesehen habe wie auf dem ersten Bild.
Gruß Ernst Hippe
Vorstellung:Hier klicken

Eckhard

Hallo Martin.

Herzlichen Glückwunsch zu dem schönen Fund und der schönen Dokumentation. Ich hoffe seit langem, sie auch mal zu finden und fürs REM zu präparieren. Aber um Berlin bin ich bisher nicht fündig geworden.

Hier gibt es noch ein paar sehr schöne Aufnahmen: www.penard.de/Heliozoa/Raphidiophrydae/index.html

Herzliche Grüsse,
Eckhard
Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
Nikon SE2000U (HF, DIK, Ph)
Olympus SZX 12 (HF, DF, Pol)
Zeiss Sigma (ETSE, InLens SE)

www.wunderkanone.de
www.penard.de
www.flickr.com/wunderkanone

Martin Kreutz

#3
Guten Abend!

@Ernst: Dies mag daran liegen, dass Bild 1 das einzige digital aufgenommene Bild ist. Alle anderen habe ich schon vor vielen Jahren auf Diafilm aufgenommen. Das älteste ist Bild 3 von 1995, also schon satte 19 Jahre alt. Vielleicht älter als manches Forumsmitglied. Man erkennt auch die technische Entwicklung (nicht nur bei mir). Die digitalen Aufnahmen haben eine wesentlich höhere Dynamik. Aber natürlich war es auch das Glück einer planaren Anordnung bei geringer Schichtdicke.

@Eckard: Wie viele andere Arten im Simmelried finde ich Raphidiophrys elegans in der obersten Schlammschicht und nicht etwa in der aufschwimmenden Pflanzenschicht. In frischen Proben sind sie kaum zu finden, jedoch nach 2 -3 Wochen bildet sich oft aus dem vormals flockigen Bodensatz eine Art "Kuchen". Im Spalt zwischen Gefäßwand und diesem "Kuchen" finde ich R. elegans oft massenweise. Ein weitere Trick Amöben und Heliozoen aus dem Schlamm zu locken, ist die Schaffung einer "Lichtung" im Schlamm auf dem Gefäßboden. Dazu schiebe ich mit einem Löffel oder Spatel den Schlamm vorsichtig einfach an die Gefäßwand, so dass in der Mitte eine freie Fläche entsteht, so dass man den Gefäßboden sehen kann. Dann etwas Geduld haben und nach ca. 1 Woche mal die "Lichtung" absaugen. Da ist fast immer was interessantes dabei.

Allen einen schönen Abend!

Martin

Eckhard

Hallo Martin,

gönn mir doch in Zukunft mein "H"  ;) Bei mir um Berlin habe ich bisher nur sehr nährstoffreiche Gewässer gefunden. Leider auch nur basische und nichts Saures. Raphidiophrys finde ich da nicht (bisher) - auch in den REM Aufnahmen sind keine Nadeln zu sehen, die zu Raphidiophrys gehören :(

Herzliche Grüsse,
Eckhard
Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
Nikon SE2000U (HF, DIK, Ph)
Olympus SZX 12 (HF, DF, Pol)
Zeiss Sigma (ETSE, InLens SE)

www.wunderkanone.de
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