Kaufberatung - Was muss ein Mikroskop für die Pilzbestimmung können?

Begonnen von Peter Reil, Dezember 13, 2014, 23:13:36 NACHMITTAGS

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Peter Reil

Liebe Mikrofreunde,

immer wieder mal kommt ein "Pilzler" ins Forum und ist auf der Suche nach einem geeigneten Mikroskop. Wenn ein solcher in die Mikroskopie einsteigen möchte, so will er in erster Linie Pilzsporen, Basidien, Schläuche, Paraphysen, Zystiden, Schnallen und weiteres sehen und messen können. Diese wichtigen mikroskopischen Merkmale helfen ihm bei der Bestimmung von Gattungen und Arten. Fast immer werden Quetschpräparate angefertigt, teils auch gefärbt, Schnitte bilden die Ausnahme. Das 100er Öl Objektiv ist dauernd im Einsatz. Es wird für feine Strukturen und die Messungen benötigt.


Mindestausstattung eines ,,Pilzlermikroskops"

Standfestes Stativ,
Binokular mit 2 Weitfeldokularen (Sehfeld 18 oder größer), ein Okular davon mit Okularmikrometerplatte (um Messen zu können)
mindestens 3 Objektive: 10-fach, 40-fach, 100-fach mit Ölimmersion
Kondensor für Hellfeld, numerische Apertur mind. 0,9 besser 1,25
gute Beleuchtung (Halogen (10) 20 Watt oder mehr, alternativ LED)
Kreuztisch mit Objektführung

Die Kosten für Neugeräte beginnen bei ca. 500 Euro. Aber Vorsicht – gerade bei Billiggeräten (meist Asia-Importe) kann es vorkommen, dass man ein ,,Montagsgerät" erwischt. Oft ist die Freude über die Neuerwerbung zunächst groß und man merkt erst nach längerer Zeit, was man da erstanden hat, weil die Vergleichsmöglichkeiten vorher fehlten.
Sollte man sich gleich für ein Markengerät entscheiden (Olympus, Zeiss, Nikon, Leitz,...), ist man auf der sicheren Seite. Allerdings wird man sich auf einen zumindest 4-stelligen Betrag einstellen müssen.

Mein Rat geht immer zu einem gebrauchten Markengerät. Da kann man ab ca. 400 Euro fündig werden. Und wenn das Mikroskop aus vertrauenswürdiger Quelle mit Rückgaberecht stammt, sind die Chancen sehr groß, etwas Zufriedenstellendes zu erhalten. Besonders die älteren Olympus Mikroskope der CH2 - Baureihe sind bei Pilzlern sehr beliebt und verbreitet.
Es ist zusätzlich hilfreich, jemanden im Bekanntenkreis zu haben, der sich mit Mikroskopen auskennt und den Anfänger beraten kann. Auch Pilzvereine oder Pilz-Arbeitskreise sind mögliche Anlaufstellen.

Käufe bei Internetauktionen sind möglich, beinhalten jedoch ein nicht zu unterschätzendes Risiko über die tatsächliche Qualität des Erworbenen. Und wenn Reparatur oder gar Ersatzteile fällig werden, kann es gleich richtig Geld kosten.

Mögliche ,,Komfortausstattung" des Mikroskops für die Pilzbestimmung

Messokular: Wird nur von Brillenträgern benötigt, die ohne Brille mikroskopieren.
Zeichentubus: Wird immer noch von vielen Pilzlern gerne genutzt, um auf einfachere Weise Sporen und Zystiden maßstäblich zeichnen zu können.
Trinokulartubus: Wird nötig, falls man Fotos machen möchte. Besser gleich mit erwerben, weil Nachrüstung meist teuer wird.
Mehr Objektive: 4-fach Objektiv, 20-fach Objektiv erleichtern das Arbeiten
Bessere Objektive: Eine Sache des persönlichen Anspruchs und des Geldbeutels.
Phasenkontrast: Wird für Pilzmikroskopie praktisch nicht benötigt.

Freundliche Grüße
Peter R.

PS: Ein Mikroskop ist lediglich ein zusätzliches Werkzeug zur Pilzbestimmung, dessen Benutzung zunächst eingeübt werden muss. Dabei ist der Besuch  spezieller Mikroskopiekurse gerade für den Anfänger sehr hilfreich (z. B. hier: www.pilzzentrum.de).
Meine Arbeitsgeräte: Olympus BHS, Olympus CHK, Olympus SZ 30

beamish

Lieber Peter,

das ist ein wunderbarer Vorstoß, die Anfragen von Pilzlern zu "verkürzen". Nur einen Punkt finde ich nicht mehr ganz zeitgemäß: die Strichplatte/Messokular.
Heute will doch eigentlich jeder seine Beobachtungen fotografisch dokumentieren, das geht sehr preiswert. Und da ist es doch ein Leichtes, die vorhandene Ausrüstung mit einem Objektmikrometer zu kalibrieren. Anschließend können die Objekte der Begierde mit geeigneter (Free-!)Software leicht vermessen und bemaßt werden, ohne häßliche Fadenkreuze im Bild.

Herzlich
Martin
Zeiss RA mit Trinotubus 0/100
No-Name China-Stereomikroskop mit Trinotubus
beide mit Canon EOS 500D

Peter V.

#2
Lieber Peter,

zunächst einmal muss ich mich entschuldigen, dass ich auch Deine PN nicht geantwortet habe, hatte ich Dich doch zu dieser kleinen Pilzlerberatung angestachelt. Ich habe Deine PN schlicht übersehen  :o
Umso dankbarer bin ich, dass Du hier einmal zuammengefasst hast, was für den Pilzler wirklich wichtig ist, denn die Fragestellung taucht immer wieder auf und nunmehr können wir stets darauf verweisen.
Ich habe diesem Artikel in meiner "Kaufberatung für Anfänger" verlinkt.

Eine Frage habe ich noch in diesem Zusammenhang (ggf. auch an andere Pilzmikroskopiker): Bei Kaufgesuchen von Pilzlern stellt sich immer wieder das "Messplättchen" als Problem heraus, denn es gehört ja nicht zur Standardausrüstung von Mikroskopen und nicht alle Mikroskope haben überhaupt stellbare Okulare, in die man ein Messplättchen hineinfriemeln könnte. Die meisten privaten Verkäufer, die ansonsten gute Angebote hätten, können eben mit diesem Teil nicht dienen. Gibt es da eine Lösung? Gibt es ein Quelle eines preiswerten Fremd-Okularpaars, wobei ein Okular mit Messplättchen ausgestattet ist?

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Herbert Dietrich

#3
Lieber Pilzler,

für den Mikroskopiker mit kleinem Geldbeutel kann ich dieses Okular empfehlen:

http://www.ebay.de/itm/320605623913?_trksid=p2060778.m1438.l2649&ssPageName=STRK%3AMEBIDX%3AIT

Ich habe es selbst und verwende es in Kombination mit Zeiss KF 10x/18 Brille und Kpl W 10x(18 Brille.
Nachteil, das Okular ist nicht stellbar, wenn ich als Brillenträger (-8 Dioptrien) das Okular ohne Brille benützen will, erscheint die Skala etwas unscharf.
Die Verwendung mit Brille ist problemlos, auch was das Sehfeld betrifft.

Herzliche Grüße
Herbert

Bernhard Lebeda

Zitat von: Herbert Dietrich in Dezember 14, 2014, 09:01:35 VORMITTAG


Ich habe es selbst und verwende es in Kombination mit Zeiss KF 10x/18 Brille und Kpl W 10x(18 Brille.
Nachteil, das Okular ist nicht stellbar, wenn ich als Brillenträger (-8 Dioptrien) das Okular ohne Brille benützen will, erscheint die Skala etwas unscharf.
Die Verwendung mit Brille ist problemlos, auch was das Sehfeld betrifft.


Hallo liebe Pilzköpfe

was ich nicht verstehe: braucht ihr die Messskala denn ständig im Bild? Da mich das nervt, tausche ich nur zum messen ein Okular gegen das hier aus:

http://www.biologie-bedarf.de/products/312531/


und messe monokular. Spricht da was dagegen?

Viele pilzinteressierte Mikrogrüße

Bernhard
Ich bevorzuge das "DU"

Vorstellung

Herbert Dietrich

Hallo Bernhard,

soviel ich informiert bin, benötigen die Pilzler zum Ausmessen der Sporen das Messokular ständig.
Für die weiteren Beobachtungen ist das nicht erforderlich.
Deshalb mein Vorschlag mit dem China-Okular, das kostet ca. EURO 20.-- und dient als Wechselokular.

Herzliche Grüße
Herbert

Peter Reil

Hallo,

danke für die Rückmeldungen und Ergänzungen.

Die meisten Pilzler haben die Messskala immer im Bild, wobei das nach Gewöhnung nicht mehr als störend empfunden wird. Schließlich wird das Teil dauernd gebraucht. Ein ständiger Okularwechsel ist nicht praktikabel. Ich nehme die Strichplatte gar nicht mehr wahr.

Strichplatten zum Einlegen ins Okular kann man problemlos kaufen, z. B. bei: http://www.mikroskopier-bedarf.de/contents/de/d100.html

Bei Olympus geht das Einlegen einfach:
Strichplatte ins CWHK 18 einlegen ist ganz primitiv - Hülse am Okular rausziehen, Strichplatte (19 mm) auf die Hülse setzen, Hülse wieder rein drücken.
Strichplatte ins CWHK 20 einlegen ist etwas fummeliger - dünnen Hülsenring rausdrehen (Gewinde), Strichplatte (21 mm) rein, Hülsenring draufdrehen.
Für Nichtbrillenträger ist diese Messmöglichkeit locker ausreichend. Brillenträger, die ohne Brille mikroskopieren wollen, benötigen ein "echtes Messokular", das verstellbar ist. Dieses ist schwer zu bekommen und entsprechend teuer.

Also alles kein Hexenwerk. Aber ich kann nur für Olympus sprechen!

Freundliche Grüße
Peter
Meine Arbeitsgeräte: Olympus BHS, Olympus CHK, Olympus SZ 30

A. Büschlen

Hallo Peter,

danke für dieses "Pflichtenheft" für ein Pilzlermikroskop. Du hast es kurz und verständlich geschrieben. Es entspricht sehr gut auch für Anwendungen in der Moos- und Flechtenmikroskopie.

Nach meiner Erfahrung können Mikroskope von Motic sehr wohl für diese Anwendungsbereiche empfohlen werden.

Gruss Arnold Büschlen
Schwerpunkt z.Z.:
- Laub- und Lebermoose.
- Ascomyceten als Bryoparasiten.
- Nikon Optiphot I mit HF, DIC.
- Nikon Microphot mit HF, Pol.
- Zeiss Standard Universal mit HF, Ph, Pol.
- Wild M3Z mit Ergotubus.
- Nikon SMZ-U Zoom 1:10 mit ED Plan Apo 1x.

CsF I

Da habe ich als "Pilzler" doch gleich mal eine Frage: Gibt es brauchbare und bezahlbare Taschen-Messmikroskope? Sowas zum mit in den Wald nehmen und vor Ort schnell die Sporengröße überprüfen. Mit LED und Batterie sollte das ja kein Problem sein und zum Messen der Sporen reicht 500x auch aus.

Peter Reil

Hallo CsF I (?),

Taschenmikroskope, die das können, 500-fach (das ist nicht ausreichend, auch nicht zum Messen!), qualitativ hochwertig und dann auch noch bezahlbar, sind mir nicht bekannt.

Natürlich gibt es kleine Mikroskope, die man mitnehmen könnte (z. B. SWIFT FM 31). Dann bräuchte man aber auch noch Objektträger, Deckgläschen, Präparierbesteck, Wasser, Chemikalien, Färbemittel, Literatur, einen Stuhl zum Sitzen, einen Tisch.....
Jetzt weiß ich auch wieder, warum ich noch nie einen Pilzler mit Mikroskop im Wald gesehen habe.

Freundliche Grüße
Peter Reil
Meine Arbeitsgeräte: Olympus BHS, Olympus CHK, Olympus SZ 30

beamish

und man müßte dann auch noch seine Bibliothek dabei haben, damit man im Wald mit den Sporenmaßen und anderen Mikromerkmalen was anfangen kann...  ;D
Herzlich

Martin
Zeiss RA mit Trinotubus 0/100
No-Name China-Stereomikroskop mit Trinotubus
beide mit Canon EOS 500D

Eckhard F. H.

ZitatDa habe ich als "Pilzler" doch gleich mal eine Frage: Gibt es brauchbare und bezahlbare Taschen-Messmikroskope?
Hallo CsF I,
da habe ich als Auchpilzler doch gleich mal eine Antwort: Schlage Dir alles andere als die makroskopische Bestimmung von Pilzen vor Ort ganz schnell aus dem Kopf. Allein schon wegen der Mücken, geschweige wegen dem Rest.

PiterPe

#12
Lieber Peter,

vergiss bitte nicht die gute, alte Mikroskope von ehemalige Ostblock. Das ist nicht nur CZJ, aber auch russische LOMO, polnische PZO, tschechische MEOPTA (aber leider meistens 170mm) oder IOR aus Rumanien. Das sind doch meistenst die Klone von Zeiss oder Leitz und ganz kompatibil! Mit diese Mikroskope kann man auch ganz gut die Pilzen bestimmen, und die sind auch viel besser, als "made in Chna".

Herzlich,
PeterPe
Nikon TMS-F, PZO MST-131, PZO Biolar B, Olympus BHA EPI
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