„Weihnachtsbeleuchtung“ im Reich der Mikroorganismen

Begonnen von Carlos, Dezember 22, 2014, 21:11:03 NACHMITTAGS

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Carlos

Hallo zusammen,
Auch im Reich der Mikroorganismen scheint es ,,Weihnachtsbeleuchtung" zu geben. Anbei einige Bilder, jeweils bei ,,Tag" (Durchlicht), dann bei ,,Nacht" (Polfilter gekreuzt). Aufnahmen mit Touptek-Okularkamera mit Plössl-Periplan-Zwischenoptik und Leitz 63-fach Achromat.









Viel Spaß beim Anschauen,

Gruß Carlos

Carlos

Kleiner Nachtrag: Am besten sieht man die Leuchtpunkte im Video. Hier flackern sie in unterschiedlichen Frequenzen und ergeben ein ,,Feuerwerk". Die unterschiedlichsten Mikroorganismen können, wie ich beobachtet habe, dieses Phänomen ausgeprägt zeigen.
Nicht immer ist jedoch die ,,Leuchterscheinung" zu beobachten. Sehr häufig bleibt das Bild einer Probe zwischen gekreuzten Polfiltern schwarz. Es ist also kein doppelbrechendes Material erkennbar.  Dann wiederum tritt bei später aus dem  selben Probenbehälter gezogenen Proben die Leuchterscheinung wieder auf. Manchmal besonders stark bei einer Organismenart, dann wiederum bei vielen Organismenarten. Eine schlüssige Erklärung hierfür habe ich nicht.
Das Phänomen ist so auffällig, dass es sicher in der Polarisationsmikroskopie bekannt und erklärbar ist. 
In der Hoffnung klüger zu werden,
mit freundlichen Grüßen Carlos

plaenerdd

#2
Hallo Carlos,
bei den Algen finden sich oft sogenannte Pyrenoide. Sie sind parakristallin und doppelbrechend. Da sie im Prozess der Photosynthese wechselwirken ist ihr Vorhandensein, je nach den Lichtverhältnissen, oft schwankend. Auch Stärkekörner sind besitzen eine doppelbrechende Struktur und auch sie unterliegen den Stoffwechselschwankungen. Dann gibt es in den Algen oft noch verschiedene Kristalle wie z.B. Gips.

Mir gefallen besonders die Fotos der Blutregenalge. Ich habe sie dieses Jahr auch an verschiedenen Stellen gefunden.
Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Carlos

Hallo zusammen,
Hallo Gerd,
Es freut mich, das Dir die Blutregenalgenbilder besonders gefallen. Da hatte ich wohl ein wenig Glück, eine Gruppe von sechs Algen gleichzeitig ins Bild zu bekommen, und dann noch in gleicher Ebene. Deine Vermutung zu dem Entstehen der Lichtpunkte hatte ich zunächst auch, bin aber ins Zweifeln gekommen.
Bei genauerer Betrachtung haben alle Lichtpunkte Kreisform, egal ob kleiner oder größer, kristalline Stoffe sollten zumindest bei den größeren auch andere geometrische Formen zeigen. Für mich sieht es so aus, als ob es sich um kleine, in der Zellflüssigkeit nicht lösliche Flüssigkeitstropfen, vermutlich Lipide, handelt, die sich in der Zellflüssigkeit bewegen. Diese müssten dann aber auch noch optisch anisotrop sein. Damit ließe sich sowohl die Leuchterscheinung wie auch das Flackern erklären. Erklärungen für optisch anisotrope Flüssigkeiten, und die chemisch physikalischen  Voraussetzungen für deren Anisotropie  findet man im IN an verschiedenen Stellen, vor allem unter dem Stichwort Flüssigkristalle. An mehreren Stellen wird auch erwähnt, das Lipide bzw. Liposome optisch anisotrop sein können.  Einen Hinweis auf polarisationsmikroskopische Beobachtungen hierzu habe ich allerdings bisher nicht gefunden.
Weiterhin finde ich sehr interessant, dass in den Bildern zwischen gekreuzten Polfiltern in der Nähe der Lichtpunkte andere Feinstrukturen erkennbar sind, als im Durchlicht. Dies zeigen vor allem die gezeigten Bilder der Blutregenalge. 
Weiterhin frohe Weihnachten und
Freundliche Grüß Carlos

Klaus Herrmann

Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

plaenerdd

#5
Hallo Carlos,
ich habe nicht behauptet, dass Pyrenoide kristallin sind. Sie sind ebenso wie Stärke parakristallin. Wenn Du Dir die Stärkekörner einer Kartoffel anguckt, die im Vergleich zu den Pyrenoiden riesig sind, wirst Du sie alle rund finden. Trotzdem sind sie im hohen Maße doppelbrechend. Sie zeigen dann das typische "Stärkekreuz". In einem Kristall - wie z.B. die Gipskristalle oder Oxalatkristalle in anderen Pflanzenzellen - herrscht eine noch strengere Ordnung, die sich über weit größere Bereiche erstreckt, als in den parakristallinen Stoffen, wo nur Nahereiche streng geordnet sind. Für kristalline Stoffe lässt sich immer eine Elementarzelle definieren, deren Struktur sich durch den ganzen Kristall sehr streng hindurch verfolgen läßt. Für Parakristalline Stoffe gild das nicht.

Ich will nicht bestreiten, dass in den Algenzellen noch andere doppelbrechende Substanzen unterwegs sein können. Ich bin kein Physiologe. Die Pyrenoide sind aber für viele Algen geradezu typische Familienmerkmale.

Ich finde es aber immer wieder faszinierend zu sehen, wie in den kleinen Algenzellen das Leben pulsiert und gerade viele der doppeltbrechenden Teilchen wie wild in den Zellen tanzen, ohne immer zu wissen, was da tanzt.

Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Carlos

Hallo Klaus, hallo Gerd,
Ihr habt natürlich Recht, kreisförmige Bilder können auch optisch anisotrope Kristalle ergeben, auch Pyrenoide und Stärke, obwohl  keine kristallinen Stoffe im engeren Sinn, haben die für Kristalle typische Fernordnung und zusätzlich optisch anisotrope Eigenschaften, die sich unter gekreuzten Polfiltern zeigen können.  Meine Zweifel bezogen sich vielmehr darauf, dass das Phänomen von optisch anisotropen Feststoffen ausgelöst wird.
Meine Beobachtungen legen nahe, dass es sich bei den Leuchtpunkten um mikroskopisch kleine, optisch anisotrope Flüssigkeitstropfen handeln könnte. Diese müssten dann aber nicht nur eine Fernordnung der molekularen Bestandteile aufweisen, derartige Flüssigphasen, z.B. Emulsionen, sind mir bekann, sie müssten zudem nicht nur optisch anisotrop sein sondern auch im Pol-Mikroskop derart ausgeprägt erkennbar sein, wie z.B. im gezeigten Bild der Blutregenalge. Und das sollte bisher übersehen worden sein?
Das lässt mich auch am Erklärungsmodell ,,optisch anisotrope Flüssigkeitstropfen" noch zweifeln, habe jedoch kein Gegenargument außer: wenn es so einfach ist, wie mit meiner Vorgehensweise,  optische Anisotropie in Flüssigkeitstropfen zu demonstrieren, müsste dies längst im Physikunterricht oder in Optikvorlesungen als Demonstrationsversuch Eingang gefunden haben. Im IN habe ich dazu aber bisher nichts gefunden.
Meine ursprüngliche Idee war es, die Bilder von den (für mich) interessanten Leuchterscheinungen hier im ,,Mikrofoto-Forum" zu zeigen und nebenbei von anderen eine Erklärung für das Phänomen zu erhalten. Vermutlich ist Letzteres aber eher ein Thema für das ,,Mikroskopie-Forum für allgemeine Themen der Mikroskopie". 
Deine Feststellung, Gerd,
ZitatIch finde es aber immer wieder faszinierend zu sehen, wie in den kleinen Algenzellen das Leben pulsiert und gerade viele der doppeltbrechenden Teilchen wie wild in den Zellen tanzen, ohne immer zu wissen, was da tanzt.
kann ich nur voll bestätigen! Mir geht es auch so. Dennoch hätte ich gern mehr darüber gewusst. 

Mit freundlichen Grüßen Carlos