Botanik: Massenprodukt kurz vor dem Aussterben - Dypsis lutescens *

Begonnen von Fahrenheit, Januar 04, 2015, 09:23:40 VORMITTAG

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Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde

Hinweis: der unten genannte kleine Fund bezog sich auf einen vermuteten Pilzbefall. In der Diskussion des Beitrags hat sich dank der Unterstützung der Kommentatoren herausgestellt, dass es sich um schuppenförmige Trichome handelt. Dafür allen Beteiligten herzlichen Dank!
Ich habe den Ursprungstext hier entsprechend angepasst und kommentiert. (05.01.2015)


Fortschreibung des Beitrags:
- Wedelstiel: siehe unten :)
- Fiederblatt: siehe hier
- Wurzel: siehe hier
- Spross: siehe hier

In unserem Haus fristen einige Goldfruchtpalmen (Dypsis lutescens) ein bescheidenes Dasein in einem gemeinsamen Topf. Den Stiel eines Wedels habe ich mir zum Auftakt des neuen Jahres vorgenommen - nicht ohne wieder einen kleinen Fund zu machen.

Bild 1: Die Goldfruchtpalme als Topfpflanze

Aufnahme aus Wikipedia, User "Mokkie" unter CC BY-SA 3.0 (Februar 2014). Unsere eigene Pflanze ist gerade in einem nicht sehr fotogenen Zustand: sie hatte zu wenig Wasser ... ;)

Die Goldfruchtpalme ist eine in Madagaskar beheimatete Palmenart aus der Familie der Palmengewächse (Arecaceae) in der Ordnung der Palmenartigen (Arecales). Die Art wurde 1878 vom deutschen Botaniker Hermann Wendland als Chrysalidocarpus lutescens erstmalig beschrieben. Wie einige andere madagassische Gattungen wurde die monotypische Gattung Chrysalidocarpus 1995 von Henk Jaap Beentje und John Dransfield in ihrem Werk Palms of Madagascar als D. lutescens in die Gattung Dypsis gestellt.
Das Art-Epipethon "lutescens" (lat.) bedeutet "gelbwüchsig".

Bild 2: Ausgewachsene Pflanzen auf Hawaii

Aufnahme aus Wikipedia, User Forest & Kim Starr, unter CC BY-SA 3.0 (24.01.2007)

Während die Goldfruchtpalme an ihrem natürlichen Standort zumindest stark gefährdet ist, sie ist die am häufigsten verkauften Zimmerpalme und wird in großem Stil gezogen. Im Gartenfachhandel findet man sie oft als Areca lutescens, der Name ist jedoch kein gültiges Synonym.
Dypsis lutescens ist ein Endemit Ost-Madagaskars, sie wächst auf sandigen Flussbänken und in Lichtungen feuchter Wälder und ist somit "nasse Füße gewohnt". Ihr natürliches Habitat ist klein und besteht nur noch aus mehreren isolierten Standorten, die durch die Ausweitung der Landwirtschaft gefährdet sind.
Die Goldfruchtpalme ist mehrstämmig, ihre schlanken Stämme erreichen bei einem Durchmesser von nur 5 bis 12 cm eine Höhe von bis zu 10 m. Die jüngeren Stammabschnitte sind dunkelgrün bis gelb oder orange. Die Farbe ist dabei abhängig von der Lichtintensität am Standort: ist diese hoch, wird färbt sich der Stamm gelb und schließlich orange. Die Blattnarben der abgestorbenen Blätter bilden im unteren Bereich des Stammes ein dichtes, ringförmiges Muster. Die Krone ist bis vier Meter breit und 3,3 Meter hoch. Eine ausgewachsene Stammgruppe kann so eine Höhe von 12 m und eine Breite von 6,5 m erreichen. Der Kronenschaft ist rund einen Meter lang, gräulich grün bis fast silbergrau und an der Basis leicht erweitert.
Junge Pflanzen zeigen nach einer Weile an Spross und Blattstiel (Petiolus) charakteristische braune, lappige Trichome von etwa 200 bis 400 µm Durchmesser. Diese verschwinden mit dem Altern der Pflanze wieder

Bild 3: Makro von einem jungen Wedel


Die Wedel sind 1,8 bis 2,4 m lang, schmal eiförmig und gebogen. Die Krone eines Stammes trägt sechs bis 8, manchmal auch 10 Wedel, deren Blattstiele gut 60 cm lang sind. Dies gilt auch für die dünnen und schmal-lanzettlichen, gelbgrünen bis dunkelgrünen Fiederblättchen. Jeder Wedel trägt 80 bis 100 Fiederblättchen, die in einem 40°-Winkel von der Rhachis ab stehen und so die deutliche V-Form der Wedelspreite bilden. Blattstiel und Rhachis sind hell grün bis fast orange, ebenfalls abhängig von der Lichtintensität.

Bild 4: Blütenstand der Goldfruchtpalme

Aufnahme von Ian Edwards, www.pacsoa.org.au

Die Blütenstandsstiele sind hängend, verzweigt und entspringen unterhalb des Kronenschafts. Sie tragen gelbe Blüten, aus denen sich eiförmige Früchte entwickeln. Diese sind ca. 2,5 cm lang und in reifem Zustand gelb-orange bis bis purpur gefärbt.

Bild 5: Früchte der Goldfruchtpalme

Aufnahme von Ian Edwards, www.pacsoa.org.au


Kurz zur Präparation:

Geschnitten habe ich den frischen Wedelstiel freistehend auf dem Zylindermikrotom mit Leica Einmalklingen im SHK-Klingenhalter. Die Schnittdicke der hier gezeigten Querschnitte beträgt ca. 50 µm.  

Anschließend wurden die Schnitte für ca. 40 Minuten in AFE fixiert. Zwischenzeitlich habe ich einige Aufnahmen von den frischen, ungefärbten Schnitten gemacht.

Nach der Fixierung habe ich stufenweise in Aqua dest. überführt.

Gefärbt habe ich mit W3Asim II nach einem Rezept von Rolf-Dieter Müller. Entsprechende Arbeitsblätter können im Downloadbereich der MKB-Webseite herunter geladen werden. Eine ausführliche Beschreibung der Färbung findet sich hier.

Eingedeckt sind die Schnitte - nach gründlichem Entwässern in reinem Isopropanol - in Euparal.


Und noch ein wenig zur Technik:

Alle Aufnahmen auf dem Leica DME mit den 5x und 40x NPlanen sowie den 10x und 20x PlanApos. Die Kamera ist eine Canon Powershot A520 mit Herrmannscher Okularadaption. Zur Zeit nutze ich ein Zeiss KPL 10x, das mit den Leica-Objektiven sehr gut harmoniert. Die Steuerung der Kamera erfolgt am PC mit PSRemote und der Vorschub manuell anhand der Skala am Feintrieb des DME.

Alle Mikroaufnahmen sind mit Zerene Stacker V1.04 (64bit) gestackt. Die anschließende Nachbereitung beschränkt sich auf die Normalisierung und ein leichtes Nachschärfen nach dem Verkleinern auf die 1024er Auflösung (alles mit XNView in der aktuellen Version). Bei stärker verrauschten Aufnahmen lasse ich aber auch mal Neat Image ran.


Nun aber zu den Schnitten!

Bild 6: Makro vom Wedelstiel mit der Schnittführung

Auffällig sind die schwärzlichen Flecken auf dem Wedelstiel, da werden wir nachher noch einmal genauer hin sehen. Zunächst aber werfen wir einen Blick auf die Anatomie der Probe.

Bild 7: Makro von einem mit W3Asim II gefärbten Schnitt


Die Übersichtsaufnahme lässt schon einige grundlegende Dinge erkennen: die Goldfruchtpalme gehört wie alle Arecales zu den Monokotyledonen und zeigt auch im Wedelstiel deren typische Struktur: eingebettet im Parenchym liegen viele einzelne Leitbündel unterschiedlicher Größer und unterschiedlichen Alters. Wächst die Pflanze, werden einfach neue Leitbündel zu den bestehenden alten gebildet. Ein sekundäres Dickenwachstum wie bei den Dikotyledonen ist somit nicht zu beobachten.
Der Querschnitt des Wedelstiels ist leicht herzförmig, wobei die abgeflachte Seite (hier oben) zum Spross zeigt. Auffällig ist die V-förmige Anordnung der Leitbündel, diese entsteht durch die Art, wie der Wedel mit dem Spross verwachsen ist: der dünne Blattgrund umfasst den gesamten Spross und aus ihm bildet sich der dann vom Spross abstehende Wedelstiel (Blattstiel, Petiolus).  
Wer genau hin schaut, erkennt auf etwa 4 und 8 Uhr eine dunkle Stelle auf der Epidermis. Jeweils eines der Trichome aus Bild 6 im Querschnitt.

So, nun wird es mikroskopisch! Schauen wir uns den Aufbau des Wedelstiels etwas genauer an.

Bild 8a-c: V-förmige Anordnung der Leitbündel, Bild 8a ungefärbt, Bild 8c mit Beschriftung; Vergrößerung 50x, Stapel aus 26 bzw. 24 Bildern



Schön sind die unterschiedlich großen Leitbündel zu sehen, die in recht regelmäßiger Anordnung im Markparenchym liegen. Alle tragen mehr oder weniger massive Sklerenchymkappen, die um so stärker ausgeprägt sind, je näher die Leitbündel am Außenrand liegen.
Informationen zu den Abkürzungen im Bild 8c sowie den folgenden beschrifteten Bildern findet Ihr wie immer auf der Webseite des MKB: Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen.

Bild 9a-c: Leitbündel am Außenrand des Wedelstiels, Bild 9a ungefärbt, Bild 9c mit Beschriftung; Vergrößerung 100x, Stapel aus 19 bzw. 23 Bildern



Während der frische, ungefärbte Schnitt in 9a die Chloroplasten in den Zellen des Rindenparenchyms gut erkennen lässt, ist es anhand der gefärbten Schnitte einfacher, die Struktur der Leitbündel zu sehen. Die Stabilität und Flexibilität des Wedelstiels ist ein Ergebnis der massiven festen Sklerenchymkappen, die im weichen Markparenchym eingebettet sind. Markparenchym und Rindenparenchym? Die Unterscheidung ist hier recht willkürlich. Ich hätte auch Markparenchym und Assimilationsparenchym sagen können, denn nur die Parenchymzellen vor dem äußersten Leitbündeln (und einige Ausnahmen an den Flanken der großen Leitbündel ...) verfügen über Chloroplasten und leisten so einen Beitrag zur Photosynthese. Die paar grünen Pünktchen sorgen übrigens auch für den für uns sichtbaren satt grünen Farbeindruck, wie er sich in Bild 6 darstellt.

Bild 10a-c: Das Rindenparenchym, Bild 10a ungefärbt, Bild 10c mit Beschriftung; Vergrößerung 400x, Stapel aus 15 bzw. 6 Bildern



Auch hier die erste Aufnahme vom frischen Schnitt mit den kräftig grünen Chloroplasten, die im fertigen Präparat nur noch als blasse Reste in den Parenchymzellen zwischen der Epidermis und der Sklerenchymkappe des darunter liegenden Leitbündels erkennbar sind. Hier ist auch die Cuticula gut zu sehen, die dieses Mal nur ganz schwach angefärbt ist.

Bild 11a,b: Ein Stoma in der Epidermis des Wedelstiels, Bild 11b mit Beschriftung, Vergrößerung 400x, Stapel aus je 8 Bildern


Man kann erahnen, dass sowohl die Innenwände des Spalts als auch die zum substomatären Interzellularraum (früher Atemhöhle) liegende Seite der Schließzellen von der Cuticula überzogen sind. Am inneren Ende des Spaltes sind kleine Cuticularhörnchen (CuH) zu erkennen und vor dem Spalt liegt ein kleiner Vorhof (VH).

Kehren wir noch einmal zu den Leitbündel zurück:

Bild 12a-e: Leitbündel aus dem Querschnitt des Wedelstiels, Bild 12a ungefärbt, Bilder 12d und e mit Thyllen und Bilder 12c und e mit Beschriftung, Vergrößerung 200x, Stapel aus 10, 8 und wieder 10 Bildern





Wie oben schon beschrieben, tragen die Leitbündel an beiden Seiten stark ausgeprägte Sklerenchymkappen. Auch sind sie von einer Leitbündelscheide aus hier ebenfalls rötlich angefärbten Zellen umgeben. Auffällig ist das aufgeteilte Phloem, das in mehreren "Kammern" - im Längsschnitt währen es Röhren - aus sklerenchymatischen Zellen liegt.
In den Bilder 12a und b erkennen wir am unteren rechten Rand des unteren Phloemstranges eine Abzweigung - sprich die Bildung eines weiteren Stranges. In den Bildern 12b und c zählen wir 5 Stränge, in den Bildern 12d und e 4.
Das Xylem wird aus einer großen Haupttracheiden gebildet, an die sich mehrere kleinere Tracheiden anschließen, die von einigen Zellen Xylemparenchyms umgeben sind. In den Bildern 12d und e können wir in die Tracheen (T) eingewachsene Thyllen (Thy) erkennen. Mit diesen verschließen Pflanzen verletzte Tracheen oder auch Tracheiden, um den Unterdruck und damit auch den Wassertransport von den Wurzeln zu den Stomata aufrecht zu erhalten.

Warum passiert das hier mitten im Wedelstiel? Eine größere äußere Verletzung war nicht erkennbar ... es könnte es sich um die "Stilllegung" alter, nicht mehr benötigter Bündel handeln. Ein Hinweis darauf bildet die Lage der Leitbündel mit Thylosen: sie liegen alle im Inneren des Wedelstiels und sind somit die Ältesten. Die Verteilung ist allerdings nicht regelmäßig, wie das folgende Bild erahnen lässt:

Bild 13: Thylosen im Wedelstiel, Aufnahme 8b mit entsprechender Beschriftung; Vergrößerung 50x, Stapel aus 24 Bildern


Nun also zu den Trichomen (hier vermutete ich zunächst einen Pilzbefall):

Bild 14: Vorweg noch einmal die Makroaufnahme vom Wedelstiel


Bilder 15 a,b: Auflichtaufnahmen von den Flecken, Vergrößerung 50x (Stapel aus 38 Bilder) und 100x (Stapel aus 160 Bilder)


Wir erkennen lappige Strukturen, die auf der Cuticula zu sitzen scheinen. Es handelt sich um Pflanzenhaare (Trichome), die bei den Arten der Ordnung der Palmenartigen häufig und in vielen verschiedenen Formen vor kommen. Ungewöhnlich ist die Pigmentierung der Haare, die sie im Auflicht braunschwarz erscheinen lassen.
Der Nutzen dieser Trichome, die bei D. lutescens nur während einer kurzen Zeit an der jungen Pflanze zu finden sind, ist nicht entgültig erforscht. Man vermutet, dass sie die Reibung zwischen unterschiedlich schnell wachsenden Pflanzenteilen vermindern und an den Blättern ein leichteres Entfalten ermöglichen.

Nun wieder Schnittbilder:

Bild 16a,b: Ein beim Präparieren abgerissenes Thrichom in der Aufsicht, Bild 16b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus 29 Bildern


Auch hier wieder die lappige Struktur, die wir schon aus den Auflichtaufnahmen kennen. Im Bild noch die alte Beschriftung "FK" als Fruchtkörper.

Bild 17a,b: Ein Trichom im Querschnitt lässt den leicht eingesenkten Ansatz in der Epidermis erkennen; Vergrößerung 400x, Stapel aus 20 Bildern


Auch hier ist das Trichom noch fälschlich als FK für Fruchtkörper bezeichnet.

Zur Vermutung Pilzbefall schrieb ich anfänglich:
ZitatAufklärung kann hier nur eine Färbung bringen, die die Chitinstrukturen des Pilzes spezifisch anfärbt. Eventuell hilft Baumwollblau (Lactophenol) weiter, leider habe ich den Farbstoff jedoch nicht. Vielleicht kennt aber einer von Euch den Pilz anhand seiner Fruchtkörper oder kann meine Theorie widerlegen? Über entsprechende Infos würde ich mich sehr freuen.
Die Vermutung eines Pilzbefalls wurde in der folgenden Diskussion erfolgreich widerlegt.

Schnitte vom Fiederblättchen und den anderen Pflanzenteilen bin ich ebenfalls schuldig geblieben, hier werde ich versuchen, nach zu liefern, zumal sich das Material sehr leicht schneiden lässt.

Vielen Dank fürs Lesen, Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg

Edit: Korrektur Tracheen / Tracheiden auf Hinweis von Detlef - bedankt!  :)
Edit: Tausch der Bilder von Blüte und Frucht der Goldfruchtpalme - vermutlich falsche Benennung der Art bei den zunächst gezeigten Aufnahmen aus der Wikipedia
Edit: Textänderung nach Widerlegung der Pilz-Hypothese
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Heiko

Lieber Jörg,

schöner kann man das wirklich nicht machen – bin tief beeindruckt.

Alternativ zu Deiner Pilz-Theorie möchte ich auf diesen Beitrag verweisen:

http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=17587.0

Diese Dinger gibt es auch spießförmig, also Sternhaare mit nur zwei Zacken ...

Viele Grüße,
Heiko

hajowemo

Lieber Jörg,
das ist ja ein super Einstieg ins neue Jahr. Deine Dokumentation ist dir wieder Mal hervorragend gelungen.
Danke fürs zeigen und die viele Arbeit die so was macht.
Ich wünsche dir ein erfolgreiches, frohes neues Jahr 2015.
Liebe Grüße
Jochen
Vorstellung
Homepage www.mikroskopie-hobby.de
Gerne per "Du"
Man sieht nur mit dem Herzen gut.
Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.

Jan Kros

Lieber Jörg,

Ich schliesse mich Jochen an wunderschoene Arbeit.
Danke fuers zeigen

Ich wünsche dir ein erfolgreiches, frohes neues Jahr 2015.
Liebe Grüße
Jan

koestlfr

Lieber Jörg!

Da sind ja "epische" Fotos von Schnitten dabei! Sensationell!

Liebe Grüße
Franz
Liebe Grüße
Franz

Fahrenheit

#5
Liebe Freunde,

vielen Dank für Euer Lob und die guten Wünsche zum neuen Jahr! Da hat sich die Arbeit ja gelohnt.
Zugegeben, ohne den Spaß, den mir das Ganze macht, würde es mir nicht so leicht fallen .... ;D

Lieber Heiko,

an Trichome (speziell Schuppenhaare) hatte ich auch kurz gedacht. Aber die sollten alle mehr oder weniger gleichförmig sein und auch gleichmäßig am Stiel verteilt sitzen.
Das ist aber nicht der Fall.

Bild 6 und 14 zeigen den Wedelstiel am unteren Ende, wo ich des größeren Durchmessers wegen (ca. 5 mm) geschnitten habe. Dort gibt es recht viele der schwarzen Flecken. Weiter oben, beim Übergang in die Wedelspreite (Bild 3) gibt es jedoch kaum bis keine Flecken.

Was die unregelmäßige Form angeht, sind die Bilder 15a & b der beste Beweis. 15b zeigt bei genauem Hinsehen aber noch mehr:

Bild 18: 15b mit Beschriftung

Ich denke, die hellen Spuren rund um die Fruchtkörper weisen auf Pilzhypen hin, die im Gewebe verlaufen. Wenn man ganz genau hin sieht, erkennt man aber entlang dieser Spuren auch kleine bis kleinste braune Flecken. Für mich handelt es sich dabei um neu Fruchtkörper, die gerade "durchgebrochen" sind. Siehe dazu auch der nicht verkleinerte Ausschnitt im folgenden Bild:

Bild 19: Ein Ausschnitt links unterhalb des großen Fruchtkörpers im Original


Pflanzenhaare schließe ich also aus.

@Alle

Heute Nachmittag waren wir in der Flora Köln, wo im Gewächshaus auch eine Goldfruchtpalme steht. Die Aufnahmen dazu möchte ich Euch nicht vorenthalten, auch wenn die Linse immer wieder etwas beschlagen ist: wir waren zu lange draußen unterwegs und leider haben die Kölner keinen Kamera/Brillenfön am Eingang ...

Bild 20: Der Kronenschaft eines etwa 5 cm durchmessenden Sprosses, der bereits eine Höhe (mit Krone) von ca. 4 Metern erreicht hat.

Hier ist gut zu sehen, wie der Blattgrund eines Wedels den Spross zunächst komplett umschließt (siehe Text zu Bild 7).

Bild 21: Der selbe Spross etwas tiefer

Schön grün und mit den eingangs beschriebenen Ringen - den Ansatzpunkten der alten Blätter.
 
Bild 22: Noch weiter unten wachsen einige neue Sprosse nach


Bild 23: Hoch hinaus

Der höchste Stamm der Pflanze in der Flora erreicht etwa 6 Meter Höhe und ist im großen und ganzen genau so dick wie sein etwas kleinerer Nachfolger aus den Bildern 20 und 21.

Euch allen ein gutes neues Jahr und herzliche Grüße
Jörg

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Detlef Kramer

Lieber Jörg,

ist ja schon alles gesagt und ich teile die Begeisterung! Nur eine Frage: wieso Tracheiden? Das sind doch typische Tracheen? OK, den Beweis müsste man mit Längsschnitten erbringen. Ich bin mir aber dennoch sicher.

Herzliche Grüße und Alles Gute für das Neue Jahr,
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Fahrenheit

Lieber Detlef,

auch Dir vielen Dank, aber jetzt verunsicherst Du mich.  :)
Ich dachte, Tracheen gibt es nur bei den hochentwickelten Dikotyledonen?
Ich meine aber auch, in einem Präparat ein Leitbündel mit Trennwänden (Leitertracheiden ?) gesehen zu haben.

Ich schaue noch mal durch und liefer ein Bild, wenn ich fündig geworden bin.

Herzliche Grüße
Jörg
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beamish

Hallo Jörg,

eine Wahnsinns-Arbeit! Aber an Pilze glaube ich nicht (kann mich durchaus irren). Schon gar nicht an Fruchtkörper (keine Sporen/Konidien).

Grüße
Martin
Zeiss RA mit Trinotubus 0/100
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beide mit Canon EOS 500D

Fahrenheit

#9
Lieber Detlef,

ich muss passen: ich habe die Stelle wieder gefunden, aber es handelt sich um irgend einen Schnodder, der etwas unglücklich über den Tracheen / Tracheiden liegt.
Häufig findet man jedoch statt des einen großen Leitgefäßes mehrere kleinere nebeneinander:

Bild 24: Auf die Schnelle: Leitbündel mit Phloem und Xylem, Vergrößerung 400x, Stapel aus 4 Bildern

Zwischen den Gefäßen scheint es eine Art "Lücke" zu geben ? Tüpfel wohl nur nach außen zu den Zellen des Xylemparenchyms hin.
Was meinst Du?

Zwischenzeitlich habe ich auch einmal nachgelesen: Tracheen gibt es bei den Bedecktsamern, zu denen die Palmen mit Sicherheit gehören (Datteln sind halt Früchte ... :) )
Ich lag damit also falsch und danke Dir für Deinen Hinweis.  
Die großen Gefäße wären also Tracheen und die kleineren Tracheiden? Das kann man wohl nur mit einem Längsschnitt prüfen.


Lieber Martin,

auch Dir vielen Dank!

Um was könnte es sich denn handeln, wenn es keine Pilze sind? Vielleicht sind die Fruchtköprer noch nicht ausgereift?
Hättest Du ggf. etwas Farbstoff, den Du mir für eine entsprechende Färbung überlassen könntest? Die eigentlichen Hyphen sollten ja im Inneren des Wedels zu finden sein.

Bei der Suche nach den Tracheen bin ich übrigens über einen Hinweis aus einem Skript der TU Dresden gestoßen: dort heißt es, dass das Ulmensterben durch von Pilzen angeregte Thylosen verursacht wird, mit denen sich die Ulme quasi selbst in einer überschießenden Abwehrreaktion das Wasser abdreht.
Das würde hier ja auch passen - siehe meine Vermutungen zu den Bildern 12a - e.

Euch beiden herzliche Grüße
Jörg

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beamish

Hallo Jörg,

ich schicke dir einen Artikel über die Morphologie/Anatomie von Palmsprossen. Da ist von epidermal hairs die Rede. Vielleicht schaust du mal, ob du da fündig wirst.

Baumwollblau habe ich leider nur nuch wenig, aber alle pilzlich interessanten Reagenzien bekommt man günstig bei http://www.myko-shop.de/epages/62834980.sf/de_DE/?ObjectPath=/Shops/62834980/Products/ZChem/SubProducts/zchem-0100

Herzlich
Martin
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Fahrenheit

#11
Lieber Martin,

herzlichen Dank! Ich habe auf die Schnelle mal die Bilder am Ende des Artikels geschaut und werde mich morgen mal einlesen.
Dann hätte Heiko mit seiner Vermutung ja doch Recht behalten.

Anbei noch zwei Bilder von meiner Pflanze:

Bild 25a,b: Makroaufnahmen vom Spross der Goldfruchtpalme



Herzliche Grüße
Jörg

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beamish

Lieber Jörg,

ich hoffe, du kannst mehr damit anfangen als ich :-(

Grüße
Martin
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reblaus

Lieber Jörg -

auch ich kann nur glauben und nicht wissen, gehöre aber der Pilzfraktion an. Ein wichtiges Indiz wären für mich die Veränderungen in den benachbarten Zellen der Epidermis. Auch sind die Pigment-Einlagerungen in den "Fruchtkörpern" (vielleicht sind es un- oder überreife Konidien-/Sporangienträger?) für Pflanzenhaare eher ungewöhnlich.
Hast du von diesem Schnitt auch ein ungefärbtes Präparat - evt. Fluoreszenzaufnahme?

Viele Grüße

Rolf


Fahrenheit

#14
Lieber Martin,

ich habe das pdf nun durch. Viel ist es ja nicht, da es darin hauptsächlich um das Wachstum verschiedener Palmsprösslinge geht.  Es bleibt nicht viel mehr als der kurze Satz bezogen auf D. lutescens:

ZitatHairs present; multicellular base.

Also: es gibt Haare und sie sind mit mehreren Zellen in der Epidermis verankert. Schaut man sich die entsprechenden Querschnitte an, würde das sogar passen.

Problematisch: ganz junge Sprösslinge zeigen diese braunen Flecken nicht. Die adulten Pflanzen auch nicht. Eine klare Aussage habe ich in der für mich erreichbaren Literatur und im Web nicht gefunden.  


Lieber Rolf,

die Braunfärbung der Strukturen hat mich - neben der sehr unregelmäßigen Form der Exemplare in den Bilder 15a und b - auch auf den Gedanken Richtung Pilze gebracht.
Ein ungefärbtes Präparat habe ich leider nicht und mein DME verfügt nicht über eine Fluoreszenz-Einrichtung.

Allerdings findet sich bei www.palmeninfo.de:

ZitatSie erreicht eine Höhe von bis zu 10 m und besitzt einen geringelten Stamm, der bei Jungpflanzen mit braunen Sprenkeln übersät ist.

Damit wird die Erklärung in Richtung Trichome schon wahrscheinlicher ...

@Alle:

Im Rahmen meiner Suche bin ich auch über die Webseite der Palm and Cycad Societies of Australia gestolpert (http://www.pacsoa.org.au/wiki/Main_Page). Es gibt dort zwar keine genauere Beschreibung zum Haar/Pilz - Problem, aber die dort gezeigten Bilder von den Blüten und Früchten der Goldfruchtpalme zeigen im Zusammenspiel mit den anderen hier gezeigten Aufnahmen von der Art, dass meine ersten Bilder zu Blüten und Früchten aus der Wikipedia wohl falsch benannt und zugeordnet waren. Ich habe sie nun ersetzt.

Außerdem habe ich dort einmal angefragt, wie es bei D. lutescens denn so mit den Haaren steht. Ich bin auf die Antwort gespannt und werde berichten.

Allen herzliche Grüße
Jörg

Edit: uups, da hat mich doch wieder meine Namensschwäche genarrt. Sorry Rolf. ist korrigiert.
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