Botanik: Massenprodukt kurz vor dem Aussterben - Dypsis lutescens *

Begonnen von Fahrenheit, Januar 04, 2015, 09:23:40 VORMITTAG

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Detlef Kramer

Lieber Jörg,

noch ganz schnell, bevor sich der Rentner zu Bett begibt: Die "Lücke" ist sicherlich ein zweiseitig behöfter Tüpfel, typisch zwischen Tracheen oder Tracheiden. Die kleinen Zellen mit den grünlichen Zellwänden sind Xylemparenchymzellen.

Du hast das richtig gelesen: Tracheen sind typisch für alle Angiospermen (evolutionärer Schritt bei der Evolution aus den Gymnospermen zu den Angiospermen). Und da die Monokotylen die "modernsten" Pflanzen dieser Unterabteilung der Spermatophyten repräsentieren, sind die Tracheen dort auch besonders ausgeprägt.

Herzliche Grüße
Detlef
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Fahrenheit

Lieber Detlef,

nochmals Danke und schlaf' gut! :)

Herzliche Grüße
Jörg
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beamish

Lieber Jörg,

hier gibt es in einer Galerie zwei Bilder von keimender/sprossender Dypsis: https://www.flickr.com/photos/chdeff_photos/7962629938/in/photostream/
eventuell muß man sich da durcklicken. Die jungen Sprosse haben ähnliche braune Sprenkel wie deine, zumindest aus der Ferne.

Grüße
Martin
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Fahrenheit

#18
Lieber Martin, liebe Pflanzenfreunde,

danke für den Link! Ich hatte die beiden Bilder mit den Sprenkeln gestern schon in der Google-Bildersuche gefunden, als ich nach der Goldfruchtpalme und dem Phönix-Brandpilz gesucht habe. Das freigestellte Bild könnte ein mißgebildetes Pflanzenteil oder einen Keimling zeigen, das Zweite weiter hinten ist sicher eine Mißbildung. Leider gibt der Autor keine nähere Beschreibung.

Ich war zwischenzeitlich noch etwas weiter im Netz unterwegs und in vielen Pflanzenforen findet man Anfragen zur Goldfruchtpalmen, die plötzlich die bekannten schwarzen oder braunen "Flecken" entwickeln. Oft mit Bezug auf die Beschreibung bei Palmeninfo.de:

ZitatDie Dypsis lutescens (vormals Chrysalidocarpus lutestencs oder noch früher Areca lutescens genannt), die auch unter dem Namen Goldfruchtpalme bzw. Goldblattpalme bekannt ist, ist eine Fiederpalme, deren Heimat Madagaskar und die Komoren sind. Sie erreicht eine Höhe von bis zu 10 m und besitzt einen geringelten Stamm, der bei Jungpflanzen mit braunen Sprenkeln übersät ist. Sie bildet oft mehrere Stämme aus, was den Anschein einer kleinen Palmengruppe erweckt. Da sie zusätzlich auch oft in Gruppen steht, ist es nicht einfach zu sagen, um wieviele Pflanzen es sich handelt. Die Palmwedel mit den zahlreichen Fiedern hängen in eleganter Weise leicht über. Sie ist bei uns eine bekannte Zimmerpalme.
wird dann geantwortet, dass dies ein sicheres Merkmal für eine Dypsis lutescens und somit völlig normal sei.

Leider habe ich keinen Zugriff auf eine verlässliche, zitierfähige Quelle. Vielleicht hat aber einer der Mitleser Zugriff auf das folgende Buch:

ZitatThe Palms of Madagascar

J. Dransfield & H. Beentje
Publisher: Royal Botanic Gardens (1995)
Language: English
ISBN-10: 0947643826
ISBN-13: 978-0947643829

Darin wurde die Goldfruchtpalme neu beschrieben und hat auch ihren heutigen Namen erhalten. Ich habe die Hoffnung, dass es in der Beschreibung auch einen Hinweis auf eventuelle Trichome gibt.

Allen vielen Dank und herzliche Grüße
Jörg
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beamish

Hallo Jörg,

das Buch habe ich nicht, aber die Beschreibung ist offen bar hier wiedergegeben:
http://www.palmweb.org/cdm_dataportal/taxon/dc763043-1b28-406e-b1b3-771c3616f674
Mir hilft es nicht, aber vielleicht dir?

Grüße
Martin
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Detlef Kramer

Lieber Jörg,

die gewünschten Informationen habe ich Dir soeben als email zugesandt.

Herzliche Grüße
Detlef
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Fahrenheit

Liebe Freunde,

vielen Dank für die Links und Unterlagen! Nach Durchsicht der Texte und Bilder und unter Berücksichtigung meiner eigenen Funde im Netz deutet Alles darauf hin, dass es sich bei den Objekten um pigmentierte, mehrzellige Trichome handelt.

Heiko hatte mit seinem Hinweis im ersten Antwort-Posting also Recht!

Im Einzelnen liegen mir nun Hinweise aus der folgenden Literatur vor:

Dransfiled et al. "Genera Palmarum" zweite Auflage (2008) zu D. lutescens:
Zitat(leaf) sheath surface variously scaly and/or waxy or glabrous

Tomlinson et al. (2011)  - "Anatomy of Palms" zu Trichomen an Palmen allgemein (S. 22 - 24):

Kurz zusammen gefasst: es gibt bei sehr vielen Palmenarten Trichome an Blattteilen und Spross. Dabei existiert eine große Formenvielfalt. Der Nutzen ist nicht klar belegt, ggf. dienen sie als "Gleitmittel" beim aneinander Entlanggleiten unterschiedlich schnell wachsender Pflanzenteile und/oder als "Trennmittel" für die eng gefalteten Blätter. Das Gebiet ist bei weitem nicht erschöpfend erforscht.
Vom Aufbau her sitzen meist einige Stielzellen leicht eingesenkt in der Epidermis, an denen sich eine schuppenförmiges, vielgestaltiges Konstrukt aus dünnwandigen Zellen entfaltet. Diese distalen Zellen überdauern oft nicht lange und fallen ab. Der Stiel bleibt länger erhalten.
Das passt natürlich sehr gut zu den von mir beschriebenen Strukturen an der D. lutescens.

Hier noch einmal herzlichen Dank an Herrn Prof. Schneckenburger, den Leiter des Botanischen Gartens der TU Darmstadt, der mit den oben genannten Literaturstellen ausgeholfen hat.

Die Beschreibung zu D. lutescens auf der von Martin genannten Seite geht auch nur kurz auf die Trichome ein, beruht aber wohl auf dem Text des von mir gesuchten Buches "The Palms of Madagascar":
Zitat... sheath yellowish with white waxy bloom, (28-) 39-60 cm, 11-15 cm diam., abaxially with dense scattered scales distally, adaxially orange and glabrous, with slight ligules (to 3 mm) or with rounded shoulders ...

Ich werde meinen Eingangsbeitrag heute Abend also entsprechend überarbeiten.

Wenn doch noch jemand Zugriff auf The Palms of Madagascar hat: ich würde mich sehr freuen.

Herzliche Grüße
Jörg
 
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Fahrenheit

#22
Liebe Pflanzenfreunde,

nach einer kleinen Pause, die einem (für mich) neuen Verfahren geschuldet ist, geht es weiter mit einem Fiederblättchen der Goldfruchtpalme.

Fangen wir an mit Aufnahmen von den frischen und nach W3Asim II gefärbten Querschnitten eines Fiederblattes. Die Präparation entspricht dem im Eingangsposting des Threads beschriebenen Verfahren. Die Schnitte waren etwas problematisch, da die Möhre nicht hart genug war, um das derbe, aber sehr dünne Blatt zu halten. Styrodur wäre vermutlich besser gewesen.

Bild 26a,c: Mittelrippe, Bild 26a und b ungefärbt, Bild 26b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus 36 bzw. 12 Bildern



Wie immer bei Aufnahmen vom Frischmaterial sind in den ersten beiden Bildern die Chloroplasten sehr schön zu erkennen. Am unten Rand des Blättchens sehen wir einige Raphiden, die beim Schnitt aus ihrem Idioblasten geschoben wurden. Auffällig: auch im Xylemparenchym sind Chloroplasten zu erkennen.

Bild 27a,d: Die Blattränder, Bild 27a und b ungefärbt, Bild 27b mit Beschriftung. Bild 27d zeigt den Blattrand an der gegenüberliegenden Seite. Vergrößerung 200x, Stapel aus 14, 16 bzw. 25 Bildern




Trotz der recht großen Unterschiede in der Form der Blattränder der beiden Seiten zu erkennen: nahe des Randes verläuft an jeder Seiten neben den kleinen ein weiteres großes Leitbündel. In Bild 27c fällt zum einen das Stoma auf ca. 11 Uhr und zum anderen der große leere Ideoblast etwas links von der Bildmitte auf: die Raphiden, die dort hinein gehören, sind beim Schnitt ausgebüchst.

Bild 28a,c: Blattspreit mit Stoma, Bilder 28a und b ungefärbt, Bild 28b mit Beschriftung. Vergrößerung 400x, Stapel aus 10 bzw 12 Bildern



In der Bildmitte am unteren Blattrand je ein Stoma, rechts daneben ein kleineres Leitbündel.

In der letzten Woche vor Weihnachten hatten wir beim letzten MKB-Treffen Fr. Dr. Steiner vom Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz - Phytomedizin der Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn zu Gast, die zum Thema Phytophatogene Pilze aus mikroskopischer Sicht vorgetragen hat. Dabei hat Sie auch von den Arbeitsmethoden im Institut berichtet.
Pilzhyphen sind, wenn sie im Pflanzekörper wachsen, durch Längs- oder Querschnitte oft nur schwer und in kleinen Stückchen zu finden. Daher ist die bevorzugte Methode zur Untersuchung befallener Pflanzen das mit Chloralhydrat gebleichte Totalpräparat mit einer für pilzliches Material geeigneten Färbung (z.B. Baumwollblau). Wer neugierig geworden ist, kann auf der Webseite des MKB einen kleinen Artikel zum Vortrag von Fr. Dr. Steiner nachlesen.
Ich habe die für mich neue Methode probiert, um die Lage der Raphiden-Idioblasten im Fiederblättchen sichtbar zu machen. In einem ersten Versuch haben dazu Stücke eines Fiederblättchens gemeinsam mit einigen Thymianblättern für ein anderes Experiment für 3 Tage in konzentrierter Chloralhydrat-Lösung gelegen:

Bild 29: Das Röhrchen mit den Probestücken in konzentrierter Chloralhydrat-Lösung.

Unter leichter Erwärmung (auf der Heizung ...) werden die Probestücke mehr oder wenige schnell gebleicht, je nach dem, um welches Material es sich handelt und ob ganze Blättchen oder geschnittene Stückchen  eingelegt wurden. Die Fiederblättchen der Goldfruchtpalme sind hier am hartnäckigsten ... . Die Methode wird übrigens auch in der Apotheke verwendet, um getrocknete Drogen (z.B. Schwarzer Tee) zu untersuchen und zu bestimmen.

Die bisher erzielten Ergebnisse reichen zumindest aus, um die Fragestellung nach den Raphiden-Idioblasten zu klären und einen Blick auf die kleinen Stomata zu werfen:

Bild 30a-d: Blick auf die Unterseite eines mit Chloralhydrat gebleichten Fiederblättchens, Bilder 30a und b im Hellfeld, Bild 30c Pol und 30d Pol in Graustufen. Vergrößerung 50 bzw. 100x, Stapel aus 32 bzw. 35 Bildern




Die Aufnahmen zeigen schön den Verlauf der in Längsrichtung orientierten Leitbündel, die häufig durch kleine, stufenweise verlaufende Querbündel verbunden sind. Und auch die Raphidenbündel sind gut zu erkennen (RapB): sie liegen, ebenfalls in Längsrichtung orientiert, in großer Zahl zwischen den Leitbündeln.

Bild 31a,b: Stomata und Epidermis auf der Blattunterseite eines Fiederblättchens der Goldpalme, Bild 31b mit Beschriftung; Stapel aus je 10 Bildern


Neben Form und Anordnung der Epidermiszellen mit den Stomata sind auch Zellkerne gut zu erkennen.

Die Probe ist mittlerweile wieder in - frischer - Chloralhydrat-Lösung. Da geht noch was.  ;) Und färben möchte ich natürlich auch noch, wenn ich die nötige Chemie habe.

Von der Goldfruchtpalme möchte ich mir auf jeden Fall noch eine Wurzel ansehen. vom Spross erwarte ich keinen großen Unterschied im Vergleich zum Blattstiel.

Wiederum vielen Dank fürs Lesen! Und auch diesmal gilt: Anregung und Kritik sind sehr willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg

Edit: Wechsel des Bilderhosts
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Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

interessante Bilder und ein neuer Denkansatz, um feine Strukturen besser zu erkennen.
Auf die Färbung bin ich schon gespannt.

Gruß

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

ich danke Dir!

Wie oben geschrieben, habe ich neben Stücken vom Fiederblatt der Goldfruchtpalme auch Thymianblättchen im Chloralhydrat. Die Thymianblättchen haben schon eine sehr vornehme Blässe erreicht, die Palmstückchen zieren sich noch: sie sind noch deutlich grün. Mal sehen, ob sich da noch was tut, ansonsten werde ich es bei der Färbung einmal mit Brillantkresylblau versuchen.

Herzliche Grüße
Jörg
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Fahrenheit

#25
Liebe Pflanzenfreunde,

so, hier nun die Wurzel der Goldfruchtpalme im Querschnitt. Die Präparation erfolgte wieder nach dem im Eingangsthread beschriebenen Verfahren und natürlich sind auch Aufnahmen der frischen, ungefärbten Schnitte dabei.

Bild 32: Makroaufnahme eines Wurzelstücks mit Schnittführung

Wir sehen eine ca. 3 bis 4 mm dicke Wurzel mit einigen Seitenwurzeln.

Bild 33: Querschnitt der Wurzel in der Übersicht, Vergrößerung 50x, Stapel aus 32 Bildern

Die Aufnahme zeigt den polyarchen Zentralzylinder und die umgebende Wurzelrinde, zwischen beiden liegt eine tertiäre Endodermis. Rund um den Zentralzylinder liegen sternförmig einige große, vermutlich lysigene Lakunen. In der umgebenden Wurzelrinde sind Sklerenchymzellennester und einzelne Sklerenchymidioblasten eingelagert. Auf die äußeren Gewebe mit der Exodermis müssen wir hier noch verzichten.

Nun wird es Zeit, einmal etwas genauer hin zu sehen:

Bild 34a-d: Übersicht über die inneren Gewebe der Wurzel, Bild 33a ungefärbt im Hellfeld, Bild 33b im Polarisationskontrast, Bild 33d mit Beschriftung. Vergrößerung 100x, Stapel aus 20 bzw. 15 Bildern




Der ungefärbte Schnitt (33a) zeigt zunächst im Umfeld der Lakunen jede Menge Zellen mit Amyloplasten, was deren typisches Brechungsmuster in der Pol-Aufnahme (33b) belegt. Dort sind die sklerifizierten Zellen, allen voran die der tertiären Endodermis mit ihrer nach außen geöffneten "U"-Form, gut zu erkennen. 33d schließlich ist komplett beschriftet, wer nachlesen möchte, wird wie immer auf der Webseite des MKB fündig: Tabelle der zur Beschriftung verwendeten Kürzel
Wie für eine polyarche Wurzel üblich, sehen wir im Zentralzylinder abwechselnd viele Gruppen von Phloem und Xylem. Insgesamt sind es je 30. Das Wurzelgewebe ist leicht schleimig, was sich besonders durch die blauen Artefakten (Art) in den Tracheen zeigt. Die Wurzelrinde ist immer auch Speichergewebe, die Amyloplasten dort sind also keine Überraschung. Allerdings haben sich diese im Laufe der Präparation komplett gelöst, was mir bei der üblichen kurzen Fixierung mit anschließender Überführung in Aqua dest. (insgesamt maximal 2 Stunden) noch nicht passiert ist. Diesmal habe ich am ersten Abend geschnitten und erst 24 Stunden später gefärbt - das hat wohl gereicht, um die Stärke aus zu spülen.
Die Lakunen erlauben den Gasaustausch der Wurzelgewebe, auch wenn die Palme "nasse Füße" hat. Die gleiche Wurzelform finden wir nach meiner Literatur z.B. auch bei einigen Bambusarten.

Weiter im Detail werfen wir nun einen Blick auf die Leitgewebe und die Endodermis:

Bild 34a-c: Leitgewebe und tertiäre Endodermis, Bild 34a ungefärbt, Bild 34c mit Beschriftung; Vegrößerung 200x, Stapel aus 16 bzw. 12 Bildern



Auffällig sind hier die großen Siebröhren. Schade, Siebplatten habe ich keine erwischt.  

Bild 35a,b: Noch näher heran! Bild 35b mit Beschriftung. Vergrößerung 400x, Stapel aus je 8 Bildern


Wiederum schade: in der sehr schön ausgeprägten Endodermis ist keine Durchlasszelle zu sehen. Dafür kommt die im Querschnitt U-Förmige, dreidimensional aber eigentlich napfförmige Sklerifizierung der Zellen gut heraus (Tertiäre Endodermis). Auch die Caspary-Streifen zwischen den Zellen der Endodermis sind als feine dunkelrote Linien zu erkennen. Die Konstruktion sorgt dafür, dass das aufgenommene Wasser mit seiner Mineralienfracht nicht unkontrolliert durch den Apoplast in die Leitbündel strömen kann. Zugang wird nur aktiv über die Durchlasszellen gewährt, die die Phalanx der Endodermiszellen hier und da unterbrechen. Ein Beispiel findet sich in den Bildern 34 b und c (DlZ).
Direkt unterhalb der Endodermis finden wir das einlagige Perizykel (PerZ) und dahinter folgen - eingebettet in das auch sklerifizierte Markparenchym - abwechselnd Phloem und Xylem.

Nun aber doch noch zur Exodermis!

Bild 36a-c: Die äußeren Wurzelgewebe im Detail, Bild 36a ungefärbt, Bild 36c mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus 33 bzw. 18 Bildern



Auch an der alten Wurzel finden sich noch feine Wurzelhaare. Diese treten aus der einlagigen Rhizodermis der Wurzel aus, darunter folgt die mehrlagige Exodermis und dann die Wurzelrinde mit den eingelagerten Sklerenchymidioblasten.

Bild 37a,b: Pilze! Bild 37b mit Beschriftung; Vergrößerung 400x, Stapel aus je 16 Bildern


Diesmal aber wirklich!  ;D
In den Zellen der Rhizodermis finden sich immer wieder Pilzhyphen. Da diese aber nicht weiter in die Gewebe eindringen (zumindest finde ich in den Querschnitten keinerlei Beleg dafür), vermute ich, dass es sich um einen Befall und nicht um eine Symbiose (Mykorrhiza) handelt. Diese würde ich auch eher an den feinen Seitenwurzel und mit deutlich stärker ausgeprägtem Myzel um die Wurzel erwarten.

Wer sich ein wenig einlesen möchte: Pflanzenanatomisches Praktikum I von Braune, Leman & Taubert, Spektrum 2007, Seite 221 ff. . Eine kleine Rezension findet Ihr hier.

Abermals vielen Dank fürs Lesen und auch diesmal gilt: Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg

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Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

nach etwas längerer Pause kann ich nun Schnitte vom Spross der Goldfruchtpalme zeigen.

Auch wenn die Wedel der jungen Pflanze schon 80 Zentimeter in die Höhe ragen, ist dieser sehr klein und unscheinbar, da er - in diesem Beispiel bei einer Gesamtlänge von ca. 3 cm - zum großen Teil von den Blattgründen der Wedel verdeckt ist. In diesem zarten Alter kann man seine Form als annähernd birnenförmig beschreiben: aus dem unteren, ca. 1,5 cm durchmessenden Teil entspringen die wurzeln und der obere, stark verdünnte Teil liegt innerhalb der umhüllenden Blattgründe und endet im Wachstumskegel, aus dem ständig neue Wedel gebildet werden.
Im Rahmen des weiteren Wachstums welken die alten Wedel und fallen dann ab. Nach und nach bildet sich so der "typische" Stamm einer Palme heraus.

Dazu hier noch einmal Bild 2 mit einigen ausgewachsenen Palmen:

Keine Frage, die Sprosse sind klar auszumachen. :)

Im Bild 1 wird das mit den Sprossen schon schwieriger:

So kennen wir die Goldfruchtpalme aus dem Pflanzenhandel - zumindest, wenn wir uns für einen Topf mit größeren Exemplaren interessieren. Der Spross ist hier, wenn überhaupt, nur als kurzes Stückchen zwischen dem Wurzelansatz und dem Blattgrund des ersten Blattes zu erkennen.
Eine Bemerkung am Rande: so ein kleines Pälmchen ist alles andere als eindrucksvoll und so setzt der Handel auf "Massenpalmenhaltung" im Topf. 20 bis 30 Pflänzchen werden dicht an dicht eingesetzt, um den Eindruck von Fülle zu erzeugen, was natürlich besser ausschaut, als ein bis 3 kleine Pflänzchen auf gleicher Fläche. Was viele nicht wissen: 70 bis 80% der viel zu dicht sitzenden Pflänzchen gehen meist nach gar nicht all zu langer Zeit ein.
Das schaut unschön aus und dann ist ein neuer Topf fällig ...

Wie ist das denn aber nun mit dem Spross der jungen Pflanze? Da die kleinen Dinger eh zu dicht sitzen, habe ich eine heraus genommen:

Bild 38a,b: Makroaufnahme von der Sprossregion der jungen Pflanze, Bild 38b mit Beschriftung 


Es handelt sich um die Pflanze, die bereits ihre älteren Wedel meiner Neugier opfern musste. Das arme Ding hat sich aber nicht unter kriegen lassen und ein neues Blatt getrieben, dessen Spitze hier an der Schnittstelle hervorlugt.
Schön zu erkennen der noch grüne Blattgrund eines der älteren Blätter und darunter der alte, vertrocknete Blattgrund des ersten Blattes. Dann kommen auch schon gleich die Wurzeln. Der eigentliche Spross liegt unter dem Blattgrund des ersten Blattes und seine Oberfläche ist auch hier nur schlecht zu sehen.

An der in Bild 38b gekennzeichnete Stelle habe ich den Spross quer geschnitten, da mir der Ansatzpunkt der Wurzeln zunächst interessanter schien, als das undifferenzierte Meristem des Palmherzens. Schnitt und Präparation erfolgten wieder nach den im Eingangsthread beschriebenen Methoden.

Mit rund 15 mm lag der Durchmesser des Sprossstücks an der Schnittstelle hart an der Grenze dessen, was mit dem Handzylindermikrotom zu verarbeiten ist. Aufgrund der Einkerbung in der Gleitfläche des verwendeten SHK Klingenhalters musste ich das Probenstück sogar noch ein wenig tournieren, da es sonst nicht zu schneiden gewesen wäre. Der große Durchmesser und die unterschiedliche Härte der zu schneidenden Gewebe fordern beim freistehenden Schnitt jedoch ihren Tribut: die Schnittdicke ist etwas ungleichmäßig und Teile der Schnitte sind leider zu dick geraten. 

Aber genug der Vorrede, verschaffen wir uns zunächst einen Überblick anhand einer Makroaufnahme eines der Präparate:

Bild 39a,b: Makroaufnahme eines Schnittes, Färbung W3Asim II; Bild 39b mit Beschriftung


In der Übersicht ist der Aufbau des Sprosses an seinem unteren Ende gut zu erkennen: da hier die Wurzeln abzweigen, zeigt sich im zentralen Teil ein wildes Durcheinander von längs und quer verlaufenden Leitbündeln, die in allen möglichen und unmöglichen Lagen angeschnitten sind. Um diesen Teil des Sprosses herum erkennen wir einen dünnen Ring sklerenchymatischer Zellen, den ich hier als Durchlassgewebe (DLG) gekennzeichnet habe. Diesen schauen wir uns später noch einmal genauer an. Weiter nach außen folgt ein Rindenparenchym, in dem viele Sklerenschymzellennester eingelagert sind. Den Abschluss bildet eine Art Phelem mit Resten der abgestorbenen Epidermis.
Links und rechts oben sehen wir die Enden zweier Wurzeln, die auch den typischen Aufbau erkennen lassen (siehe weiter oben im Thread). Auch in der Mitte des oberen Randes ist ein solcher Ansatz zu sehen, allerdings in einer anderen Ebene getroffen.
Spannend finde ich die in Bild 39b mit To? gekennzeichnete Stelle. Wir sehen wieder Leitbündel, aber nicht in der Form der oben ansitzenden Wurzeln sondern eher in Form und Aufbau eines Sprosses. Wie im Eingangsthread beschrieben, bildet eine Pflanze 8 bis 12 Sprosse aus - ob sich hier schon ein solcher "Tochtertrieb" bildet?

Schauen wir uns nun die einzelnen Gewebearten des Sprosses etwas genauer an!

Bild 40a,b: Leitbündel im Zentrum des Sprosses, Bild 40b mit Beschriftung; Vergrößerung 50x, Stapel aus je 36 Bildern


Im Zentrum des Sprosses liegen die Leitbündel eher senkrecht zur Schnittrichtung, wie wir es gewohnt sind. Ihr Aufbau unterscheidet sich nicht von dem der Bündel in der Rachis oder im Blattstiel. An einigen Stellen sind aber beginnende Verzweigungen zu erkennen. Interessant sind die großen Zellen im Markparenchym, die ich für Reste von Raphiden-Idioblasten halte.
Informationen zu den Abkürzungen im Bild 40b sowie den folgenden beschrifteten Bildern findet Ihr wie immer auf der Webseite des MKB: Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen.

Bild 41: Leitbündel am Übergang zum Rindenparenchym, Vergrößerung 50x, Stapel aus 30 Bildern

Hier sieht die Situation schon anders aus. Links oben, außerhalb des Bildausschnittes, liegt einer der Wurzelansätze und hier finden wir deutlich verdrehte Leitbündel und im Zentrum auch eines, das längs angeschnitten ist und zur Wurzel führt.

Bild 42a,b: Leitbündel längs und quer im Detail, Bild 42b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 16 Bildern


Noch einmal zwei quer angeschnittene Leitbündel, zwischen denen ein längs angeschnittenes Bündel verläuft, an dessen unterem "Ende" auch einige quer geschnittene Phloemzellen zu sehen sind.

Bild 43a,b: Ein Leitbündel mit "Abzweigung", Bild 43b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 20 Bildern


An diesem Leitbündel lässt sich schön eine Abzweigung in ein dann längs nach rechts aus dem Bild laufendes neues Bündel erkennen. Sowohl aus dem Xylem (Tracheen) als auch aus dem Phloem sind längs verlaufende Zellen getroffen. 

Bild 44a,b: Leitbündel, sklerenchymatischer Ring und Rindenparenchym, Bild 44b mit Beschriftung; Vergrößerung 50x, Stapel aus je 34 Bildern


Wie schon in der Makroaufnahme in Bild 39 sind hier die unterschiedlichen Gewebetypen gut zu erkennen. Den sklerenchymatischen Ring (DLG) schauen wir uns im folgenden Bild noch einmal genauer an.

Bild 45a,b: Das "Duchlassgewebe" im Detail, Bild 45b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 22 Bildern


Hier noch einmal die sklerifizierten Zellen aus dem Ring um die zentralen Leitbündel im Detail. Für ein Stützgewebe sind mir die Zellwände, anders als bei den Sklerenchymkappen der Leitbündel unten am Bildrand, hier zu dünn. Daher vermute ich, dass der Ring mit den vielen stark getüpfelten Zellen zur Verteilung des Wassers aus den Wurzeln dient, weswegen ich ihn als "Durchlassgewebe" bezeichnet habe. Sicher bin ich mir da aber nicht.

Bild 46a,b: Sklerenchymzellennest und Raphidenbündel, Bild 46b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 16 Bildern


Hier sehen wir links oben ein Raphidenbündel, das beim Schnitt aus seinem Idioblasten gerissen wurde. Ich vermute, dass der blaugrüne "Schmodder" oberhalb der Calciumoxalat-Nadeln aus Resten des Schleims besteht, in dem das Bündel normalerweise eingelagert ist.
Etwas unterhalb auf der rechten Seite eines der vielen Sklerenchymzellennester, die das Rindenparenchym durchziehen.

Vielen Dank fürs Lesen, Anregung und Kritik sind wie immer willkommen!

Herzliche Grüße
Jörg 
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Jürgen Boschert

Hallo Jörg,

ich sag´ ja selten etwas, ... aber Deine Schnitte, Färbungen und Fotos haben eine unglaubliche Qualität erreicht. Ich glaube, hier ist kaum mehr eine Steigerung möglich. Danke für´s Zeigen!

Herzliche Grüße !

JB
Beste Grüße !

JB

Rawfoto

Hallo Jörg

Ach von mir - ich bin begeistert ... ==> Danke für die Konsequenz mit der Du eine Pflanze bearbeitest ...

Liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Fahrenheit

Lieber Jürgen, lieber Gerhard,

vielen Dank für Euer Lob! Es freut mich sehr, dass Euch der Beitrag - auch in seiner Länge - gefällt.
Naja, besser kann man immer werden und nicht jeder Schnitt gelingt, zumal es ganz eindeutig leichter und schwerer zu schneidende Gewebe gibt.
Der völlig "verwachsene" Spross der Goldfruchtpalme hier hatte schon so seine Herausforderungen und den kann man sicher besser schneiden.
Hier wären aus meiner Sicht auch Paraffinschnitte die bessere Lösung gewesen, da diese dünner werden können und so ein klareres Bild des Querschnitts entstünde.

Herzliche Grüße
Jörg
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