Botanik: Bruch-Weide (Salix fragilis) -Längsschnitte 25 µm, Spross mit Knospe- *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, Februar 12, 2015, 08:25:28 VORMITTAG

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Hans-Jürgen Koch

 Liebe Pflanzenfreunde,

Bild 01 Bruch-Weide (Salix fragilis)

Author:  Kruczy89

Die Gattungsbezeichnung der Weiden lautet Salix. Dieser lateinische Pflanzenname leitet sich vom keltischen ,,sal" (=nahe) und ,,lis" (=Wasser) ab. Die Familie der Weidengewächse (Salicaceae)
umfasst ca. 500 Arten sowie viele zum Teil schwer bestimmbare Bastarde.

Bild 02 Illustration

Johann Georg Sturm (Painter: Jacob Sturm) - Fig. from book Deutschlands Flora in Abbildungen at http://www.biolib.de
Dieses Bild ist gemeinfrei.

Die Verbreitung der Weiden erstreckt sich auf der Nordhalbkugel bis nach Südamerika, nicht aber in Australien und Ozeanien. Etwa 30 Arten und zahlreiche Bastarde sind bei uns heimisch. Das Verbreitungsgebiet dehnt sich von Europa über West-Sibirien bis nach Persien aus. Die Bruch – Weide wächst schnell und ihr Stamm ist oft krumm. Sehr wertvoll sind Weiden für die Bienenzucht, da sie im Frühjahr fast einziger Nahrungslieferant sind.

Zum ersten Mal wird die Verwendung von lebenden Pflanzen im Wasserbau 1591 vom Minister für
Hochwasserschutz in China schriftlich erwähnt. Seit dem 18. Jahrhundert liegen auch aus Mitteleuropa schriftliche Zeugnisse vor.

Die Bruchweide kann bis 25 Meter hoch werden und einen Stammdurchmesser von 40 bis 60 cm erreichen. Die Blätter der Bruchweide sind schmal lanzettlicht  bis fein zugespitzt und erreichen eine Größe von 18 * 2 cm. Die Unterseite ist graugrün bis leicht bläulich und die Oberseite kräftig glänzend grün. Der Stiel ist 1-2 cm lang. Aus dem Holz der Bruch Weide wurde früher Holzkohle hergestellt.
Bild 03 Blattformen verschiedener Salix-Arten

a Salix purpurea, b S. caprea, c S. daphnoides, d S. fragilis, e S. alba, f S. cinerea, g S. nigra, h S. viminalis, i S. pentandra
Quelle: ,,Lexikon der Baum- und Straucharten, ISBN: 978-3-86620-123-9
Diese Weide zeichnet sich durch brüchige Äste aus. Bei Hochwasser werden sie leicht "abgeknackt" und an andere Orte verfrachtet, wo sie wieder wurzeln.
Eine andere Fähigkeit ist die Anpassung an Wasser. Durch die Ausstattung der Wurzeln mit großen Hohlräumen kann dort Sauerstoff gespeichert werden, um den durch Hochwasser und Überschwemmungen hervorgerufen Sauerstoffmangel kompensieren.
Die Bruchweide gehört zu den Weidenarten die als besonders geschützt gelten, da eine Gefährdung ihres Lebensraum vorhandenen ist. Auf den besonderen Status wird im Bundesnaturschutzgesetzt wie auch im hessischen Naturgesetz hingewiesen. Die Gesetzestexte enthalten sogar Vorgaben für den Pflegeschnitt von Bruchweiden.
Die Bruchweiden ist nur von geringem wirtschaftlichen Wert da sie ein Weichholz ist und nur zur Herstellung von Sperrholz-, Span- und Faserplatten dient. Dafür aber haben Weiden auf der medizinischen Ebene eine größere Bedeutung. Eine Abkochung der Rinde junger Weidenzweige wird schon von alters her bei fieberhaften Erkrankungen in der Volksheilkunde verwendet. Die Rinde von Weiden enthält  das bittere Glycosid Salicin welches schon sehr lange zur Herstellung von schmerzlindernden Mitteln dient. Die heutige Herstellung von Aspirin beruht auf der Zusammensetzung von Salicin.
Aufgrund des ,,Knack-Geräusches" beim Abbrechen eines Astes wird diese Weidenart als Bruch-Weide bezeichnet.

Systematik:
Ordnung: Malpighienartige (Malpighiales)
Familie: Weidengewächse (Salicaceae)
Gattung: Weiden (Salix)
Art: Bruch-Weide
Wissenschaftlicher Name: Salix fragilis
Volkstümliche Bezeichnung: Knack - Weide
Englischer Name: crack willow

Teil 1 junger Spross, Querschnitt, 25 µm

Bild 04 ungefärbter Schnitt, Salix fragilis


Bild 05 Dunkelfeld, ungefärbter Schnitt, Salix fragilis


Bild  06 Xylem, ungefärbter Schnitt, Salix fragilis


Arbeitsablauf :
1. Schnitte  liegen in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridinrotlösung  8 Min.
4. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) ca.    15 Sekunden !!!.
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest.
7. Nachfärbung Astrablaulösung  1 Minuten, 30 Sekunden.
Bei der Nachfärbung mit Astrablau eine Mischung aus Astrablau und Acriflavin im Verhältnis  2: 1 verwendet (blau + gelb = grün).
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger verbleiben.
9. Entwässern mit 2x gewechseltem Isopropylalkohol ( 99,9 % ).
10. Als letzte Stufe vor dem Eindecken Xylol einsetzen.
11. Einschluss in Entellan

Ergebnis :
Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot, Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb, Zellwände der innenliegenden Hypodermis tiefrot.
Fotos: Nikon D5000, die Übersichtsaufnahmen wurden mit ,,MagniFlash" erstellt.

Bild 07 Übersicht, Salix fragilis


Bild 08 Vergrößerung aus der Übersicht mit Beschriftung, Salix fragilis

XY= Xylem, T= Trachee, K = mehrschichtiges Kambium, PH = Phloem, ST = Markstrahl, SK = Sklerenchym-Inseln, RP = Rindenparenchym
Die ersten Zellen des Periderms sind zu erkennen.

Bild 09 Xylem und Markparenchym, Salix fragilis


Bild 10 Markparenchym, Salix fragilis


Bild 11 Vergrößerung, mehrschichtiges Kambium, Salix fragilis


Bild 12 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Salix fragilis

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10

Bild 13 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Salix fragilis

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10

Teil 2 Spross mit Knospe, Längsschnitt, 25 µm

Bild 14 Schnittprobe auf einen Holzklotz geklebt, Salix fragilis


Bild 15 Knospe, Salix fragilis


Bild 16 Vergrößerung, Trichome, Salix fragilis


Bild 17 Übersicht, Salix fragilis


Bild 18 Vergrößerung, Knospe, Salix fragilis



Bild 19 Vergrößerung, Knospe, Salix fragilis


Bild 20 Vergrößerung, Knospe, Salix fragilis


Bild 21 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Salix fragilis

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10, mit Halogen – Pilotlicht.

Bild 22 Salix fragilis

Die zweihäusigen Blütenkätzchen erblühen im April, die Knospen springen Anfang Juni auf und geben kleine, haarschopftragenden Samen frei. Die Knospen haben immer eine  einschuppige Hülle.

Bild 23 Spross, Längsschnitt, Salix fragilis


Bild 24  Schraubentracheen,  Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Salix fragilis

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10

Bild 25 Strahlen, Salix fragilis


Teil 3 Blattstiel, Querschnitt, 25 µm

Bild 26 Übersicht, Salix fragilis

Die Schnittstelle liegt dicht am Spross

Bild 27 Leitbündel, Salix fragilis



Quellenangaben :
Wikipedia; Freie Enzyklopädie
Georg Aas ,, Laubbäume"
Georg Aas ,,Bäume"
Wolfgang Höll ,,Bäume in Mitteleuropa"
Helmut Genaust ,, Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen" ISBN: 978-3-86820-149-9
Rita Lüder ,,Grundkurs Pflanzenbestimmung" ISBN: 3-494-01418-3
Schmeil ,,Leitfaden der Pflanzenkunde" 1950
,,Was blüht denn da" ISBN: 978-3-440-11379-0
P.Schütt, H.J. Schuck, B. Stimm ,,Lexikon der Baum- und Straucharten, ISBN: 978-3-86620-123-9

Mit freundlichem Gruß
Hans-Jürgen

Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

<a href="http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=2650.0" target="_blank">Hier geht es zur Vorstellung</a>

Gerne per "Du"

koestlfr

Hallo Hans-Jürgen!

Tolle Doku! Sehr informativ! Eines der Lieblingsobjekte der Biologen!

Liebe Grüße
Franz

PS: wenn ich darf, eine andere Fluofärbung von Salix caprea.....405nm

Liebe Grüße
Franz

Fahrenheit

#2
Guten Morgen Hans-Jürgen,

vielen Dank für die wie gewohnt interessante und schöne Dokumentation.

Zwei kleine Anmerkungen:

Im Bild 11 sprichst Du von einem mehrschichtigen Cambium. Das ist meines Wissens so nicht korrekt. Das Cambium als Meristem an sich ist immer nur eine Zelllage "dick", die dort gebildeten neuen Zellen sind jedoch zunächst undifferenziert und ihrer "Elternzelle" sehr ähnlich, erst auf ihrem Weg Richtung Xylem und Phloem differenzieren sie zu den typischen Zellen der jeweiligen "Zielgewebe" aus und bilden Tracheen, Siebröhren und Parenchyme mit den typischen Spezialisierungen wie z.B. sklerenchymatischen Zellwänden. Somit entsteht besonders in den Wachstumsphasen mit hoher Zellteilungsrate der Eindruck eines mehrreihigen Cambiums.

Bei der Knospe scheint es sich um eine Blütenknospe zu handeln: hier bildet sich ein Weidenkätzchen heran. Die entsprechenden Schnitte und Aufnahmen finde ich übrigens wirklich klasse.

Herzliche Grüße
Jörg

p.s.
Gelistet ! :)
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

hajowemo

Lieber Hans-Jürgen,
wieder Mal ist dir eine tolle Dokumentation gelungen.
Dafür möchte ich dir sehr danken.
Ich sammle deine und Jörgs Beiträge und finde das es nichts vergleichbares z.B. in Büchern gibt.
Liebe Grüße
Jochen
Vorstellung
Homepage www.mikroskopie-hobby.de
Gerne per "Du"
Man sieht nur mit dem Herzen gut.
Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.

Jan Kros


Detlef Kramer

Lieber Hans-Jürgen,

alles Super! Jörg hat natürlich recht - so habe ich es stets transportiert. In den Lehrbüchern wird es allerdings nicht immer so streng gehandhabt.

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

Vorstellung: Hier klicken

Bernd Kaufmann

Lieber Hans-Jürgen,

Deine Bruch-Weide ist auch eine Augen-Weide.  ;) Im Ernst: Wieder eine wunderschöne Dokumentation mit erstklassigen Schnitten und Färbungen, die auch einen Nicht-Schnippler erfreuen!
Viele Grüße
Bernd ©¿©
www.aquamax.de
Lieber per Du.

Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

danke für Euer Feedback zur Bruch-Weide.

@ Franz,

eine tolle Übersichtsaufnahme. Mit welchen Farbstoffen wurde der Schnitt gefärbt ?

@ Jörg,

danke für Deine Zeilen zum Kambium. Ich habe etwas gelernt.

Mit freundlichem Gruß

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

<a href="http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=2650.0" target="_blank">Hier geht es zur Vorstellung</a>

Gerne per "Du"

koestlfr

Hallo Hans-Jürgen!

Das war mal einen Testfärbung mit Rhodamin B.

Liebe Grüße
Franz
Liebe Grüße
Franz

...


Reinhard

Hallo Hans-Jürgen,

ich kann mich nur anschließen: traumhaft, wie immer!

viele Grüße
Reinhard
seit wann ist Kunst ein Fehler ?



-----------------------------------------------------
www.mikrochemie.net

Klaus Herrmann

Lieber Hans-Jürgen,

natürlich super wie immer, aber der Längsschnitt durch die Blütenknospe ist Extraklasse! :)

# Franz: die Rhodamin B Färbung ist ja wirklich super, kannst du bitte mal die Prozedur angeben? Sollte man mal versuchen mit Acridinrot zu kombinieren!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Muschelbluemchen


Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

ich bin überrascht über das große Interesse zur Bruch – Weide.
Danke für die netten Worte.

@ Klaus,

ich kenne nur die Rhodamin B Verwendung als Biomarker in oralen Tollwutimpfstoffen für die Tierwelt, um Tiere (an Waschbären getestet), die einen Impfstoff Köder gefressen haben zu identifizieren. Das Rhodamin ist dann an Barthaaren und Zähnen des Tieres nachweisbar.
Die Färberezeptur von Franz ist sicher hochinteressant.

Gruß

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

<a href="http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=2650.0" target="_blank">Hier geht es zur Vorstellung</a>

Gerne per "Du"

koestlfr

Hallo Klaus und Hans-Jürgen!

Ich habe das Rezept aus der Veröffentlichung: DIFFERENTIALFÄRBUNG MIT RHODAMIN B - von DR. WALTHER WALDHEIM/UNI Wien abgewandelt zur Fluofärbung; Waldheim färbt mir Rhodamin B 1:1000.

Die Färbung war prinzipiell als Vitalfärbung für Carex-Blätter gedacht - darum habe ich bei meiner Färbung auch Testfärbung geschrieben. Das Interessante dabei ist ja, dass Rhodamin z.B. mit Gerbsäure und anderen Inhaltsstoffen Reaktionen eingeht und dadurch Effekte ergibt, die unter Anderem spannende Bilder liefern.

Liebe Grüße
Franz
Liebe Grüße
Franz