Closterium lunula - Frage an die Chemiker

Begonnen von Monsti, Februar 13, 2015, 20:37:24 NACHMITTAGS

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Monsti

Guten Abend zusammen,

heute habe ich ausnahmsweise eine chemische Frage. Normalerweise sehen die Apizes von Closterium lunula so aus:



Heute fand ich in einer 8 Monate alten Moorprobe ein vollkommen intaktes Exemplar, bei dem die normalerweise winzigen Kristalle aber so aussahen:



Kann mir jemand auf verständliche Weise (bin in Chemie eine Niete  ;D ) erklären, was es damit auf sich hat?

Danke und herzliche Grüße
Angie

olaf.med

Liebe Angie,

das ist eine Sammelkristallisation. Wenn die entsprechenden Randbedingungen stimmen bilden sich aus vielen kleinen Kristallen wenige große, da dies energetisch günstiger ist.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Monsti

Lieber Olaf,

vielen Dank! Seltsam, dass ich so etwas bisher noch nie beobachten konnte ...

Herzliche Grüße
Angie

Eckhard

#3
Liebe Angie,

Bei den Kristallen handelt es sich um Bariumsulfat. Die Bariumsulfat Kristalle werden von der Plasmaströmung durch die Zelle bewegt. Die beiden Vakuolen dienen als Speicher, aus denen Kristalle entnommen bzw. hinzugefügt werden. Es können viel kleine, mehrerere grössere und sogar nur ein Kristall pro Vakuole sein. Nach einer Teilung bilden sich erst Kristalle (15 Minuten), um die herum dann die beiden Vakuolen gebildet werden.

Wenn im Labor mit Barium-freiem Wasser gearbeitet wird, werden die Kristalle aus Strontium gebildet (Strontiumsulfat).

Herzliche Grüsse,
Eckhard
Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
Nikon SE2000U (HF, DIK, Ph)
Olympus SZX 12 (HF, DF, Pol)
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Heiko

Hallo Eckhard,

wie kommt das Barium in die Moosprobe? Kontaminiertes Regenwasser?

Viele Grüße,
Heiko

Monsti

Und ich dachte immer, es handele sich um Calciumsulfat-Kristalle ...  :-[

Total irritierte Grüße
Angie

Bernd

Hallo,

@Angie: Die Kristalle bei den Desmidiaceen sind tasächlich aus Bariumsulfat. Für Micrasterias hat das z.B. eine Landsmännin (Landsfrau?) von dir nachgewiesen: http://www.landesmuseum.at/pdf_frei_remote/PHY_24_2_0273-0276.pdf. Für Closterium findest du zahlreiche Referenzen bei iener Suche in Google Scholar.

@Ecki:
ZitatDie beiden Vakuolen dienen als Speicher, aus denen Kristalle entnommen bzw. hinzugefügt werden.
Das kann ich mir so nicht vorstellen. Evtl. wird Barium und Sulfat in die Vakuole hinein und wieder hinaustransportiert, aber wohl kaum in kristalliner Form. Oder kennst du eine Referenz für deine Aussage?

Viele Grüße
Bernd

Monsti

Hallo Bernd,

danke für die Aufklärung und den Link! Ich erwähnte ja, dass ich in Sachen Chemie eine Niete bin, was hiermit mal wieder bewiesen ist.  ;D

Herzliche Grüße
Angie

Eckhard

Liebe Angie,

Zitat von: AngieUnd ich dachte immer, es handele sich um Calciumsulfat-Kristalle ...
Das war früher auch die herrschende Meinung. Es ist seit dem neunziger Jahren Zeit bekannt, dass es sich um Bariumsulfat handelt.

Quelle: Brook, A.: The Biology of Desmids. Botanical Monographs 16. Blackwell, Oxford (1981).  

Zitat von: Heikowie kommt das Barium in die Moosprobe? Kontaminiertes Regenwasser?
Hallo Heiko, "Moorprobe" und nicht "Moosprobe".

Herzliche Grüsse,
Eckhard
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Eckhard

#9
Hallo Bernd,

hier ist die Quelle:

ZitatIf you examine the terminal vacuoles carefully, you soon see that the surrounding cytoplasm constantly streams around each vacuole. This cyclic motion extends along the whole length of the cell, though different streams of cytoplasm flow in different directions. These various streams carry barium sulfate crystals along the cell from end to end. Occasionally, crystals will leave or enter one of the vacuoles.

Brook, A.: Algae with a taste for the unusual. New Scientist 1577: 55-57 (1987).

Herzliche Grüsse,
Eckhard
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Bernd

Hallo Ecki,

vielen Dank für die Referenz. Ich habe den Artikel sogar auf meiner Festplatte. Dieser Satz war mir beim Lesen nicht aufgefallen. Prof. Brooks sollte als Koryphäe wissen was er schreibt. Ich bezweifle aber trotzdem, daß Kristalle einfach so und als Ganzes durch die Membran der Vakuole rein und raus gehen können. In dem Artikel ist auch der Nachweis von Bariumsulfat in den Vakuolen von Closterium beschrieben.

Viele Grüße
Bernd

Heiko

Hallo Eckhard,

danke für die Aufklärung meiner Verwechslung. Wie man hier lesen kann ...
http://de.wikipedia.org/wiki/Barium ... wird dieses ,,Kunststück" nicht nur von ,,Labortieren" betrieben.


Hallo Angie,

woraus besteht der geologische Untergrund dieses Hochmoors?


Viele Grüße,
Heiko

Monsti

#12
Hallo Heiko,

der Untergrund des Hochmoors dürfte primär aus Schiefer und ein wenig Bundsandstein bestehen. Dies sind jedenfalls die Gesteine die randlich anstehen. Der geologische Untergrund sollte aber keine Rolle spielen, da das Moor, aus dem die Probe stammt, ausschließlich regenwassergespeist ist. Allerdings findet man Closterium lunula auch im Einfluss eines Rinnsals, wo dann sicherlich auch der geologische Untergrund mitspielt. Ein paar Infos zum betreffenden Moor hier --> http://moor-impressionen.de.tl/Gieringer-Weiher--k1-ZHMs-k2-.htm

Herzliche Grüße
Angie

Heiko

Hallo Angie,

damit ... ,,Seine Entstehung verdankt dieser Weiher bergbaulichen Aktivitäten (Erzabbau) im 17. und 18. Jahrhundert." ... wird sich die Bariumverfügbarkeit erklären lassen, denke ich.

Viele Grüße,
Heiko

SNoK / Stephan Krall

Liebe Barium-Kristall-Interessierte,

auch wenn diese Beiträge schon zehn Jahre alt sind, möchte ich noch mal nachhaken, weil ich gerade darauf gestoßen bin. Wir haben schon öfter über die Kristalle und die berühmte Brown'sche Molekularbewegung gesprochen, ich hatte da immer gewisse Zweifel, ob das auf die Kristalle in den Vakuolen zutrifft. Jetzt lese ich bei Eckhart:

ZitatBei den Kristallen handelt es sich um Bariumsulfat. Die Bariumsulfat Kristalle werden von der Plasmaströmung durch die Zelle bewegt. Die beiden Vakuolen dienen als Speicher, aus denen Kristalle entnommen bzw. hinzugefügt werden.

Das mit der Plasmabewegung scheint mir sehr plausibel. Werden sie dadurch auch in den Vakuolen bewegt, oder werden sie, wenn sie in den Vakuolen sind, von der Brown'schen Molekularbewegung bewegt?

Grüße
Stephan
Mikroskope: Leica DMRB, Leitz Dialux (beide mit DIK)
Stemis: Zeiss 508, Wild Heerbrugg M5
Kameras: Sony alpha 6500 und 6400
Webseite: https://kralls.de
Vorstellung: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41749.msg308026#msg308026