Zusammenbau von Irisblenden bzw. Lamellenblenden

Begonnen von Rama61, Februar 14, 2015, 23:44:43 NACHMITTAGS

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Rama61

Liebe Forumsmitglieder,

man kann im Forum immer wieder lesen, dass defekte Lamellenblenden nach erfolgter Reparatur oder Reinigung der Lamellen wieder zu einer funktionstüchtigen Lamellenblende zusammengesetzt werden müssen und diese Prozedur doch erhebliche Schwierigkeiten bereitet.  Sucht man im Internet nach Hilfe zu diesem Thema, findet man nichts bis wenig. Sehr oft ist von der ,,harten Tour" und der ,,ganz harten Tour" die Rede und dass man sich fast auf einen Herzinfarkt gefasst machen muss, bis es nach Stunden und Tagen endlich gelingt, die Blende wieder zusammenzusetzen, so dass sie auch noch funktioniert. Nun frage ich mich natürlich wie die Hersteller dies bewerkstelligen. Da es sicherlich nicht die Strafarbeit für Zuspätkommer sein kann, gehe ich doch mal von einer ganz normalen Montagetätigkeit aus, die nicht dazu führt, dass die Mitarbeiter alle drei Tage, wie durch ein Wunder, eine neue Lamellenblende zusammengebaut haben, sondern dies in wenigen Minuten zufriedenstellend schaffen, ohne davon graue Haare zu bekommen.
Wer sich mit dem Aufbau und der Funktionsweise einer Lamellenblende nicht auskennt, möge bitte ,,Funktionsweise Irisblende pdf" im Internet suchen und wird sicherlich fündig.
Da ich vor ein paar Monaten vor dem gleichen Problem stand, nämlich die Leuchtfeldblende eines Jenavals wieder zusammenzusetzen (eine Lamelle war verrutscht und lag quer im Bild), habe ich mir nach mehreren Irrungen und Wirrungen eine einfache Vorrichtung gemacht, die es mir in wenigen Minuten erlaubte die Lamellenblende relativ stressfrei wieder zusammenzusetzen.
Meine Wunderwaffe besteht aus einer einfachen Scheibe, in die ich zwei Sägeschnitte gemacht habe, um ein Segment, von der Größe einer einzigen Lamelle, auszuschneiden. Kann man alles schöner machen und anders gestalten, für meine Blende hat sie den Zweck vollständig erfüllt. Leider ging es mir damals nur um den Zusammenbau der Blende und deshalb  habe ich damals keine Fotos von dem Zusammenbau gemacht. Daher muss ich den Vorgang weitestgehend beschreiben. Im Weiteren werde ich die Scheibe einfach als Vorrichtung bezeichnen.



Was habe ich damit gemacht?

Zuerst ein paar Bilder, die hoffentlich tausend Worte ersetzen...



Bild 1: Vorrichtung mit Platz für eine ganze Lamelle

Eingezeichnet sind die Achsen der Lamelle sowie die Positionen der nächsten Löcher in der Lochscheibe.




Bild 2: Vorrichtung nach dem ersten Umsetzen auf die Achse der letzten Lamelle

Diese Lamelle wird nach dem Befestigen der Vorrichtung angehoben und hochgebogen, sodass das Loch für die nächste Lamelle frei wird. Anschließend wird hier die nächste Lamelle eingesetzt.



Bild 3: Position der Vorrichtung nach dem zweiten Umsetzen

Die zuletzt eingefügte Lamelle wir wiederum hochgebogen und die nächste neue Lamelle mit der Achse in die Lochplatte eingesetzt.
Usw. bis alle Lamellen eingesetzt sind.

Und jetzt noch einmal die ersetzten tausend Worte, in der Hoffnung, dass jetzt alles klarer wird.

Meine Blende hat 15 Lamellen auf denen je zwei Achsen sitzen, Eine zeigt nach oben, die Andere nach unten.  Die eine Achse sitzt mittig am ersten Ende der Lamelle, die andere Achse sitzt etwas zum Randverschoben am anderen Ende der Lamelle. Die mittig sitzende Achse kommt in die Lochplatte, die andere in die Schlitzplatte. Die ersten zehn Lamellen lassen sich recht unproblematisch in die Lochplatte einsetzen, dann wird es schwieriger, weil sich die Lamellen jetzt  überlappen.

Zu diesem Zeitpunkt setze ich meine Vorrichtung auf die bereits in der Lochscheibe sitzenden zehn Lamellen und drehe sie so, dass die Vorrichtung die zuletzt eingesetzte Achse der letzten Lamelle unter der Vorrichtung fixiert. Meine Vorrichtung habe ich nun mit einem Streifen Klebeband fixiert und dann die letzte Lamelle hochgebogen, so dass das Loch in der Lochplatte für die nächste Lamelle zu sehen war. Hier habe ich nun die nächste Lamelle mit einer Pinzette eingesetzt und die Lamelle soweit nach außen gedreht, dass die nach oben stehende, außermittige Achse der Lamelle den weiteren Einbau von Lamellen nicht behindert. Dann habe ich  Klebestreifen von meiner Vorrichtung abgelöst. Die Vorrichtung wieder über die Achse der zuletzt eingesetzten Lamelle gedreht und die Vorrichtung wieder mit Klebeband befestigt. Damit beginnt das Spiel von vorne und nach wenigen Minuten sind die verbliebenen Lamellen in der Lochplatte eingesetzt gewesen. Die Abdeckung der Lamellen durch die Vorrichtung verhindert das Verrutschen der bereits eingesetzten Lamellen

Anschließend habe ich meine Vorrichtung vorsichtig abgehoben und die Lamellen alle so orientiert, dass die inneren Kanten der Lamellen einen geschlossenen Kreis gebildet haben. Nachdem ich mich von dem ordentlichen Sitz aller Lamellen überzeugt hatte, habe ich die Schlitzplatte in der ,,Offenstellung!!!" auf die Lamellen gesetzt und das Ganze zusammengedrückt und probeweise gegeneinander verdreht. Da ich sauber gearbeitet habe und alle Achsen für die Schlitzplatte an der richtigen Position waren, ließ sich die Blende sofort schließen. Daraufhin habe ich alles was noch zum Zusammenbauen war zusammengebaut und fertig.
Statt Klebeband kann man sicherlich auch eine zweite Scheibe benutzen die man mit einer Gewindestange mit der Vorrichtung verbindet um durch einfaches Lösen einer Schraube die Vorrichtung zu lösen bzw. zu fixieren. Da meine Plexiglasscheibe zuerst einen etwas zu großen Durchmesser hatte, habe ich sie mit einem Schleifpapier von Hand passend gemacht, so dass ich die Lamellen sicher abdecken kann aber nicht mehr an die verbliebenen außermittigen Achsen stoße.

Fetten Ja-Nein? Meine Lamellen waren von Zeiss etwas gefettet worden, daher habe ich sie ebenfalls leicht eingefettet, da es den Einbau erleichtert. Die fertig zusammengesetzte Lamellenblende habe ich aber wieder mit Aceton ausgewaschen und dabei mehrfach auf und zu gedreht um das Fett weitestgehend wieder zu entfernen. Ein dünner Film ist trotzdem verblieben, vermutlich so viel, wie vorher von Zeiss benutzt wurde.  Wer kein Fett benutzen möchte, der lässt es einfach.

Das ist meine Lösung des Problems.

Ich möchte alle an dem Thema interessierten bitten hier ihre eigenen Lösungen dazuzustellen, damit wir hier die Vorschläge und Ideen sammeln können um das Ganze dann von den Moderatoren an die richtige Stelle im Forum verschieben zu lassen.

Herzliche Grüße und stressfreies Lamellenblendenzusammensetzen  ;)!

Rainer
Rama61

reblaus

Hallo Rainer -

gute Idee hierüber mal einen Zwirn zu starten!

Vorab mal eine Meinung zu dem Dogma mit den trockenen Lamellen. Für eine neue oder sehr gut erhaltenen historische Irisblenden ist das zweifellosen das Beste - es wird kein Staub angezogen, es klebt nichts, es verharzt nichts usw.

Aber leider haben wir es selten mit solchen Blenden zu tun! Die Lamellen haben Rostflecken, die Stifte sind im Rost fixiert und man muss froh sein, wenn sie sich nicht von den Lamellen ablösen, weil sie in den Löchern festgerostet sind. Da kann Fett sicher nichts schaden, zumal flächiger Rost schlechte Gleiteigenschaften hat und das Abschmirgeln blanke Stellen hinterlässt, die auch wieder rostanfällig sind, wenn man die Lamellen mit Schwitzefingern wieder eingesetzt hat und auch optisch unerwünscht sind.

Also, ähnlich wie bei dem Köhler-Dogma den gesunden Menschenverstand walten lassen. Der von dir beschriebene Hauch Fett findet also meine volle Zustimmung.

Viele Grüße

Rolf

Michael L.

Hallo Rainer,

Guter Beitrag sehr nützlich, Danke. Rolf Du hast völlig Recht bezüglich des Dogmas der absolut trockenen Blenden!

Viele Grüße

Michael

Frank D.

Zitat von: Rama61 in Februar 14, 2015, 23:44:43 NACHMITTAGS
.....
Fetten Ja-Nein? Meine Lamellen waren von Zeiss etwas gefettet worden, daher habe ich sie ebenfalls leicht eingefettet, da es den Einbau erleichtert. Die fertig zusammengesetzte Lamellenblende habe ich aber wieder mit Aceton ausgewaschen und dabei mehrfach auf und zu gedreht um das Fett weitestgehend wieder zu entfernen. Ein dünner Film ist trotzdem verblieben, vermutlich so viel, wie vorher von Zeiss benutzt wurde.  Wer kein Fett benutzen möchte, der lässt es einfach.

...

Hallo Rainer,

ein guter Beitrag und ein nützliches Werkzeug, ich bin beeindruckt!

Hier noch eine Erfahrung, die ich mit geschmierten Lamellenflächen machen durfte. Deren Materialstärke ist ja, je nach Anwendungsfall, unterschiedlich. Werden nun nicht so robuste Lamellen leicht geöl, kann es passieren, dass auf Grund der Adhäsion der innere Lamellenbereich stockt und sich die zentrale Blende durch den äußeren mechanischen Druck aus der Blendenebene bewegt. In anderen Fällen ist die Belastung auf den Drehzapfen so groß, dass dieser mit der Zeit seinen Halt zur Lamelle verliert.
Die "letzte Ölung" sollte daher mit Bedacht durchgeführt werden.

Herzliche Grüße
Frank

the_playstation

Hallo.
Ich habe bisher zwar erst 3x Lamellen repariert. Aber ich sehe das recht flexibel.
1.) Wie schon angesprochen: Der Zustand
2.) Welche Lamelle / Irisblende? Z.B. direkt bei der Lampe (Hitze), im Kondensor (kühler) oder in einem Objektiv (klein).
3.) Konstruktion, Material, ...

Ich behaupte mal, daß dünnflüssiges, leichtgängiges Nähmaschinenöl recht unproblematisch sein sollte. Ausserdem muß man ja nicht Alles einölen. Eventuell reichen auch nur die Stifte am Rand. Vor allem sollte man jede einzelne Lamelle vor dem Zusammenbau säubern und vor eventuellem Rost befreien. Für den Zusammenbau sind ruhige Finger, eventuell eine Pinzette und eventuell etwas zum fixieren der schon montierten Pinzetten nötig. Das könnte z.B. ein von der Rückseite aufgeklebtes Stück Tesafilm (vorher ein bis zwei mal drauftippen, damit es nicht so fest haftet). Das allerwichtigste ist aber ein leerer, sauberer Tisch und ein möglichst leerer, glatter Boden. Denn falls mal eine kleine Schraube oder Lamelle wegspringt und auf dem Boden fällt, hat man sonst kaum eine Chance mehr, die kleinen Dinger zu finden. Alternativ hilft bei der Suche ein Magnet-Sammler, wie ich Ihn mir mal gebaut habe (10x Magneten an einer Leiste an einem Besenstiel mit einer Auffangschale zwischen den Magneten und dem Boden.

Liebe Grüße Jorrit.
Die Realität wird bestimmt durch den Betrachter.

Herbert Dietrich

Hallo Jorrit,

das verstehe ich nicht:

"eventuell eine Pinzette und eventuell etwas zum fixieren der schon montierten Pinzetten nötig. Das könnte z.B. ein von der Rückseite aufgeklebtes Stück Tesafilm (vorher ein bis zwei mal drauftippen, damit es nicht so fest haftet)."

Ich habe schon etliche Irisblenden repariert, auch vom Phasen-Universal-Kondensor, aber Pinzetten waren mir dabei nie sympatisch.

Herzliche Grüße
Herbert

liftboy

Hallo erstmal,

das scheint mir eine gute Idee zu sein.
Ich habe mir bisher damit geholfen, indem ich alles in zähes Fett gepackt habe.
Die Lamellen kleben dann an der Unterlage und aneinander, so daß ich die letzten Lamellen gut unterschieben kann.
Ist natürlich eine ziemliche Sauerei.
Wenn alles wieder zusammengebaut ist, kommt es ins Benzin und wird, nachdem es fettfrei ist, mit säurefreiem Öl wieder gegen Rost gesichert.

Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

the_playstation

Hallo Herbert.
Daher auch "eventuell". Ich nutze meißt auch lieber meine Finger. :)
Liebe Grüße Jorrit.
Die Realität wird bestimmt durch den Betrachter.

olaf.med

Liebe Blendler,

jenseits der immerjungen und omnipräsenten Öl- oder Nichtöl-Debatte, die nach meiner Auffassung in Teilen viel zu dogmatisch geführt wird, möchte ich ein Hilfmittel vorstellen, das mir zu vielen Stress-freien Reparaturen verholfen hat:

ich fertige mir ein Hilfstück mit einem zylindrischen Ansatz an, dessen Durchmesser dem Innendurchmesser der vollständig geöffneten Blende entspricht und der ungefähr 2-3 Millimeter über den Lamellenkranz hinaussteht. In diesem Beispiel ist es ein Drehteil aus Messing (und eine bereits montierte Blende). Jeder andere Werkstoff tut's genauso, und wer keine Drehmaschine zur Verfügung hat kann sich auch einen Pappring im richtigen Durchmesser mit Tesafilm zusammenkleben.





Um diesen Ansatz herum werden die Lamellen eingelegt Sie können nun nicht mehr zur Seite ausweichen und gleiten in der entstandenen Ringnut bis sie in ihr richtiges Loch einrasten. Mit etwas Geschick ist dies eine kleine Fingerübung - das Hilfsstück ist schnell gefertigt und erspart eine Menge Zeit, Ärger und Stress - und noch wichtiger, beides, das Wochenende und der Familienfriede sind gerettet.

Die Diskussion ob Pinzette oder nicht ist bei kleineren Blende völlig müßig - ohne geht's garnicht, Punkt.

Gute Montage - von mir aus auch Rosenmontage,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

liftboy

Hallo Olaf,

sehr gute Idee!
Das Legen der Lamellen ist auch eigentlich kein Problen.... bis auf die letzten Beiden!
Da schiebt man vorsichtig drunter, und schwups hat man die bereits fertig gelegten angehoben un sauber aus den Löchern entfernt :-(
Mein Tip:
Per Zufall festgestellt und für gut befunden..
Einfach einen großen Magneten unter das Gehäuse gelegt! Die Lamellen sind magnetisch und kleben daher auf der Unterlage wie angeleimt.
So macht das Legen wieder Freude.

Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

Herbert Dietrich

och Mensch Wolfgang,

wo bleibt da jetzt der Kick???

dankbare Grüße

Herbert

the_playstation

Hallo Wolfgang.
Aber nicht zu groß. Mein großer Magnet hat eine Zugkraft von ca. >250kg. Die Lamellen könnten nie wieder ohne Zerstörung vom Magneten entfernt werden.
Ich habe es auch beim ersten Mal ohne Hilfsmittel versucht. Ziemlicher Fummelkram. Danach hat mir Tesafilm gut geholfen.

Liebe Grüße Jorrit.
Die Realität wird bestimmt durch den Betrachter.

ulrich

Vielleicht hilfreich für Öler: Uhrenöl bleibt an DER Stelle, wo man es hintut. Sonst soll Öl ja kriechen, hier evtl kontraproduktiv.
Uli