Wie viel MP braucht eine „Digi-Mikroskop-Kamera“?

Begonnen von Carlos, Juni 21, 2015, 11:46:19 VORMITTAG

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peter-h

Liebe Kollegen,

es gibt einen sehr undurchsichtigen Punkt bei all diesen Experimenten, der Bildprozessor in der Kamera !
In der Canon 650D ein DIGIC 5. Die ältere Canon 450D einen DIGIC 3. Die kleine CMOS c-Mount Kamera mit 2,2 x 2,2 µm Pixel hat eine "variable Schärfeeinstellung" , also auch eine recht undurchsichtige Bidbearbeitung.

Die Subpixeladdition ist ein altes Verfahren aus der Astronomie, wo die Luftunruhe für ein immer wackelndes Bild sorgt und es durch geschickte Software dann alle (oder die besten) Einzelbilder mittelt. Es werden Pixelfehler der Kamera unterdrückt, das Rauschen gemindert und bei entsprechender Einstellung auch die Bittiefe etwas erhöht.

Weiter versuchen wir immer zu glauben, dass ein Mikroskopobjektiv in der Praxis auch die theoretischen Werte liefert.  ;D
Wenn wir uns da nicht täuschen ! Wir berechnen das Auflösungsvermögen eines Objektivs bei einer Wellenlänge, belichten aber in einem breiten Spektrum und wissen alle, dass ein Achromat hier nicht mithalten kann und zu Unschärfen führt.
Belichten wir aber monochromatisch und nutzen eine Kamera mit Bayermaske, also Farbkamera, so spielt der Bildprozessor verrückt und jede Auswertung versagt.
Ein Ausweg wäre eine Farbtrennung des Bildes und nur den Grünanteil auszuwerten. Aber was haben wir davon ?
DSLR mit 18, 20, 24MP  sind teilweise günstiger als ein Objektiv. Kleine CMOS C-Mount Kameras mit 5MP reichen ganz sicher für 90% aller Fälle im Hobbybereich.

Und wer Ausstellungen bedienen will kann sicher auch heute noch auf 6x6 mit Hasselblad und Film, oder richtig mit der H5D-200c (200 MP) sein Werk vollbringen.

Ich backe nur ganz kleine Brötchen  ;D ;D ;D
Peter

Stuessi

#31
Hallo liebe Freunde der Mikroskopie,

verkleinert man ein 24 MPixel-Bild auf 6 Megapixel, dann werden viele Artefakte der Bayer-Matrix und der AA-Filter fast vollständig eliminiert, man erhält dann fast ein "echtes 6 MPixel Bild".

Zur Demonstration habe ich aus 24 MPixel einmal ein 6 Mega-Pixel- und dann auch noch ein 2,2 M-Pixel-Bild generiert.
Die Ergebnisse sind wieder 3-fach vergrößert dargestellt.








Gruß,
Stuessi

peter-h

Liebe Fotografen,

noch eine Abrundung zur Frage der minimalen Pixelzahl. Zufällig besitze ich eine ältere CCD Kamera mit 1,3 MP. Was geht dann noch ? Diese DBK41 von ImagingSource hat Pixel mit 4,65 x 4,65 µm. Über eine übliche Optik mit Faktor 0,5x angepaßt liefert sie mit dem Objektiv MSPlan 10/0,30 folgendes Bild.



Das USAF Testtarget zeigt in der Gruppe 7, Element 6, 228 LP/mm. Diese feinen Linien sind noch gut aufgelöst erkennbar.

Geht man bis zur theoretischen Grenze so sollen 500 LP/mm gerade noch möglich sein.


Das Intensitätsprofil für 500 LP/mm sieht dann so aus.


Es stellt den absoluten Grenzfall dar, denn nur im Idealfall ist diese Auflösung noch erkennbar. Die Grafik zeigt auch, dass nur der Grünkanal den besten Kontrast liefert und Rot wie auch Blau schwächere Leistung bringen. Trotz der Bayermaske liefert also der integrierte Bildprozessor ein gutes Abbild bis zur theoretischen Grenze. Nach der Nikon-Berechnung soll ein 10/0,30 bis 0,96µm auflösen.

Gruß
Peter

Lupus

Hallo Peter,

eine schöne Demonstration für den Physikunterricht.  :)

Leider könnte sie diejenigen im Glauben stärken, dass man mit einer 5 MP-Kamera alle Bildinformationen eines Objektives 10x/0.3 erfassen kann, denn umgerechnet auf z.B. einen die Sensorfläche umschließenden 20 mm Bildkreis entspräche die Kamera geschätzt etwa 2.7 MP (?). Du solltest auch ein Bild mit etwas verschobener Kamera präsentieren um zu zeigen, was man im ungünstigen Fall nicht sehen kann. Aber dazu reicht natürlich auch die Demonstration von Christian Linkenheld  ;)
http://www.mikroskopie.de/pfad/dokumentation/drei.html

Hubert

treinisch

#34
Hallo Hubert,

Zitat von: Lupus in Juni 25, 2015, 08:05:16 VORMITTAG
Leider könnte sie diejenigen im Glauben stärken, dass man mit einer 5 MP-Kamera alle Bildinformationen eines Objektives 10x/0.3 erfassen kann, denn umgerechnet auf z.B. einen die Sensorfläche umschließenden 20 mm Bildkreis entspräche die Kamera geschätzt etwa 2.7 MP (?).

könntest Du das evtl. vorrechnen?

ich hätte gerechnet  (20 mm  / 4.6 µm) 2 / 4 = 4.7 MP

(/4 wegen der Optik 0.5)

vlg

Timm
Gerne per Du!

Meine Vorstellung.

Lupus

Hallo Timm,

jetzt sind wir wieder beim Problem der fehlenden Definition, daran krankt ein Teil dieser Diskussion. Ich sehe es auch wie Du, dass man den Bildkreis durch den Sensor vollständig erfassen muss, wenn man die Frage nach der notwendigen Pixelzahl für die sichtbare Information stellt.

Weil viele hier anscheinend aber ein voll ausgeleuchtetes Bild des Sensors als Grundlage nehmen, also der Sensor vollständig innerhalb des Bildkreises, habe ich jetzt auch so gerechnet
Zitateinen die Sensorfläche umschließenden 20 mm Bildkreis
und dabei auch noch willkürlich ein Sensor-Seitenverhältnis 4:5 angenommen. Gibt dann bei 1.3 MP etwa eine Bilddiagonale von 14 mm, die etwa 1.4x in den Bildkreis passt, ergibt 2.1x1.3 MP = 2.7 MP.

Hubert

Lupus

Hallo,

um das Problem der undefinierten Ausgangslage zur Bestimmung der maximal erforderlichen Kamera-Pixelzahl abzurunden, noch ein Vergleich mit extremen Annahmen:

1.
Achromat 100x/1.25, etwa 0.26 µm Auflösung, in Bildebene folglich 26 µm Auflösung.
Bildkreis wg. Okular 18 mm, Sensorseitenverhältnis 3:2, Sensor vollständig innerhalb Bildkreis, also 10x15 mm Sensorgröße, ergibt 385x577 Pixel.
wg. Nyquist-Theorem und einfachem Achromat 2fache Pixelzahl linear erforderlich (also insgesamt 4x), ergibt 890 kP < 1 MP  >:(

2.
Fluar 10x/0.5, etwa 0.66 µm Auflösung, in Bildebene daher 6.6 µm Auflösung.
Zulässiger Objektivbildkreis (ohne Zwischenprojektion) 23 mm, Sensorseitenverhältnis 3:2, Bildkreis vollständig von Sensor erfasst, also 23x34.5 mm Sensorgröße, ergibt 3485x5230 Pixel.
wg. Nyquist-Theorem, Berücksichtigung Bildmaske und besserer Objektivkorrektur (mind.) 3fache Pixelzahl linear erforderlich (also insgesamt 9x), ergibt 164 MP  8)

Hoffentlich hab ich mich in der Eile nicht irgendwo verrechnet - aber wenn das kein Unterschied ist. ;D ;D ;D

Hubert

peter-h

Hallo Hubert,

Dein Beispiel 2. habe ich auch einmal näher betrachtet. Je nachdem wie ich es betrachte kann ich auf Werte von 143MP bis sogar 206MP kommen.Der Sensor muß Pixel im Bereich von 2µm bis max. 2,3µm haben.
Ich bin nun zu faul in meiner Wühlkiste das Fluar 10x/0,50 herauszusuchen - ist ja ein Allerweltsobjektiv - und einen weiteren Test zu machen. Die Kamera mit einem solchen Chip soll es im Herbst bei der Fa. Wünschdirwas für schlappe 89.-€ geben. Also müssen wir uns noch etwas in Geduld üben  ;D

Und nun ? Ratlos ! Wir fotografieren mit 5 - 20MP , da kann ja nix herauskommen. Also bleibt nur der Ausweg sich die kleine Hasselblad H5D-200c mit 200MP und Zitter-Chip für leider 40000.-€ zuzulegen.

Zu einem Zeiss Objektiv wird es sicher auch eine Zeiss Kamera geben. Stimmt, aber ich bin gerade mal bis zu 13MP für die AxioCam HR 13-Megapixel-Kamera gekommen.
Zitat : Die hochauflösende Mikroskopkamera ........ mit unserer leistungsstärksten Mikroskopkamera.

Irgendwo, irgendwie ist der Wurm drin  ??? Wo liegt der Fehler ? Zeiss stellt tolle Objektive her und hat keine passende Kamera? Bevor ich im Zahlenwust ersticke beende ich diese Betrachtung besser.

Sicher hat Jemand eine Idee : Hier werden Sie geholfen  :'(
Gruß
Peter


the_playstation

Hallo Peter.
Zeiss ist ein Optik-Hersteller. Kein Elektronik-Hersteller. D.H. Sie müßten mit einer anderen Firma zusammenarbeiten, die Ihnen den passenden CCD herstellt. Sein Wir froh, daß sich das 16:9 Bildformat noch nicht durchgesetzt hat. Ideal wäre ein 1:1 Bildverhältnis.

Liebe Grüße Jorrit.
Die Realität wird bestimmt durch den Betrachter.

Lupus

Hallo Peter,

fairerweise muss man sagen, dass solche Objektive auch nicht für die allgemeine Fotografie konstuiert sind, sondern u.a. für zellmedizinische Untersuchungen in Verbindung mit UV-Fluoreszenz. Da wird nicht das ganze Bildfeld für einen Fotosensor benötigt. Es gibt auch ein Leben außerhalb der Hobbyfotografie  ;) 
Und es gibt ja noch das Auge, man muss nur etwas jünger sein und ein gutes, ziemlich hoch vergrößerndes Okular haben, ein Huygens aus der GFL-Zeit reicht nicht.   ;D

Hubert


Carlos

Hallo zusammen,
Auf die für meinen Beitrag wichtige ,,Schlüsselfrage", Was soll das Bild der Kamera wiedergeben?, und die von mir hieraus als These formulierte Antwort,
,,Das Bild sollte möglichst genau das wiedergeben, was man am Mikroskop durchs Okular gesehen hat bzw. sehen kann",
wird bisher kaum eingegangen. 
Übersehen wird offensichtlich, dass in der Antwort zwei, die Anzahl der benötigten Pixel betreffende, wesentliche Einschränkungen enthalten sind, nämlich zum Einen die von der Sehkraft der Augen abhängige, erkennbare Auflösung im ,,Sehfeld" und zum Anderen die ,,überschaubare Größe" des Gesichtsfelds. Das hat aber Konsequenzen für die gestellte Frage:
(Mit dem Okular wird das Zwischenbild als ,,virtuelles", der ,,Vergrößerung" des  Okular entsprechendes Bild betrachtet.  Bei sehr guter Sehschärfe kann das menschliche Auge nur dann zwei getrennte Objekte als getrennt erkennen, wenn sie in ,,konventioneller Sehweite" von 25 cm mindestens 0,15 mm entfernt sind (bei durchschnittlicher Sehschärfe 0,3 mm). Als ,,gut überschaubar" in diesem Abstand gilt ein Gesichtsfeld mit einem Durchmesser von 18, maximal 20 cm. Die Größe des überschaubaren Gesichtsfeldes ist also unabhängig von der Okularvergrößerung und dem Abbildungsmaßstabs des Objektivs, die Auflösung im Sehfeld jedoch nicht. Wer es ausführlicher und ,,genauer" wissen will, ,,Die Mikrofibel" von K. H. , einzusehen hier im Forum)
Die Beiträge von Peter H. beziehen sich aber m. E. exakt auf die Problemstellung, und zwar mit experimentellen Belegen. Mehr kann man nicht machen. Ich bin überzeugt, dass Viele, die vor der Wahl stehen, was für eine Kamera sie sich für die Mikroskopie-fotographie anschaffen sollen, jetzt klarer sehen.

Anm: Es ist unbestritten, dass es (Spezial-)Objektive gibt, die ein extrem hohes Auflösungsvermögen haben. Für die fotografische Wiedergabe des Zwischenbildes derartiger Objektive werden wesentlich mehr als 5MP benötigt. Sinnvoll nutzen für die Betrachtung durchs Okular kann man diese Objektive nicht. Sie ergeben im Sehfeld entweder eine viel zu hohe, mit dem Auge nicht mehr erkennbare Auflösung oder fordern eine extrem hohe Vergrößerung durch das Okular mit der Folge, dass nur ein sehr kleiner Teil des Zwischenbildes betrachtet werden kann. Das kann man aber auch einfacher (und billiger) durch Verwendung eines stärkeren Objektivs erreichen.
Mir freundlichem Gruß Carlos   

Lupus

Hallo,
ZitatAuf die für meinen Beitrag wichtige ,,Schlüsselfrage" ..... Das Bild sollte möglichst genau das wiedergeben, was man am Mikroskop durchs Okular gesehen hat bzw. sehen kann, wird bisher kaum eingegangen.
Übersehen wird offensichtlich ..... die von der Sehkraft der Augen abhängige, erkennbare Auflösung im ,,Sehfeld"
bedeutet diese dogmatische Auslegung, dass dann die Senioren unter den Mikroskopikern schleunigst ihre Spiegelreflex-Vollformatkameras entsorgen und zur 1.3 MP USB-Kamera greifen sollen?   ;D

Hubert

treinisch

Hallo Carlos,

Zitat von: Carlos in Juni 25, 2015, 21:57:33 NACHMITTAGS
Auf die für meinen Beitrag wichtige ,,Schlüsselfrage", Was soll das Bild der Kamera wiedergeben?, und die von mir hieraus als These formulierte Antwort,
,,Das Bild sollte möglichst genau das wiedergeben, was man am Mikroskop durchs Okular gesehen hat bzw. sehen kann",
wird bisher kaum eingegangen. 

genauer schriebst Du
Zitat
In der Regel wollen Mikroskopiker  mit einer Kamera folgendes erreichen:
Das Bild sollte möglichst genau das wiedergeben, was man am Mikroskop durchs Okular gesehen hat bzw. sehen kann.

diese Setzung (,,in der Regel") ist m.E. schlicht abwegig. Ich glaube, dass ganz im Gegenteil fast niemand eine digitale Kamera einsetzt, um ein Bild in Größe und Auflösung eines 20 mm Okularbild-Gesichtsfeldes zu erhalten.

vlg

Timm
Gerne per Du!

Meine Vorstellung.

JüSchTü

Hallo zusammen,

in Kapitel 6 von "Mikroskopieren von Anfang an" findet sich der Satz:

"Gerade aufgelöste Strukturelemente werden aber nicht auch objektähnlich abgebildet."

Die Frage ist, was auf dem Foto erkennbar sein soll? Zwei Bakteriengeisseln, um beim o.g. Büchlein zu bleiben, sind optisch aufgelöst, wenn sie als zwei solche zu erkennen sind und nicht als eine, die etwas breiter ist. Das heißt nicht, dass man dann auch erkennt, wie die Geisseln aussehen.

In der Astronomie gilt "ein Doppelstern mit gleich hellen und gleich farbigen Komponenten als getrennt, wenn sich deren Beugungsscheibchen überlagern und das resultierende Beugungsscheibchen noch oval erscheint." (Zitat aus "Tipps und Tricks für Sternfreunde").

Es ist also von Beugungsscheibchen die Rede, was nichts mit einer objektähnlichen Abbildung zu tun hat. Der auflösungsbegrenzende Beugungseffekt ist m.E. in der Astronomie von Natur aus viel anschaulicher, als bei der Mikroskopie. Nach dem Rayleigh-Kriterium ist beim Doppelstern die Verdunkelung zwischen den Komponenten ca. 25 %, nach Dawes ca. 5 %. Eine Formulierung "ist besser oder schlechter aufgelöst" bezieht sich also eher auf die Qualität der objektähnlichen Abbildung und nicht auf die durch den Beugungseffekt begrenzte Auflösung. Die Frage müsste eigentlich lauten: "Wie sieht die (digitale) "Oversampling"-Funktion aus, mit der ich die (analoge) Auflösung umrechnen muss, damit ich eine befriedigende objektähnliche (digitale) Abbildung erhalte?".

Viel Grüße, Jürgen
I'm not facebooked
"Die Zukunft rast auf einen zu. Man hat nur den einen winzigen Moment, wenn sie vorüberzieht, um sie in eine freundliche, erkennbare, angenehme Vergangenheit zu verwandeln."   (Ray Bradbury)
Zur Vorstellung

Stuessi

Zitat von: JüSchTü in Juni 26, 2015, 01:03:33 VORMITTAG
... Die Frage müsste eigentlich lauten: "Wie sieht die (digitale) "Oversampling"-Funktion aus, mit der ich die (analoge) Auflösung umrechnen muss, damit ich eine befriedigende objektähnliche (digitale) Abbildung erhalte?"...

Hallo Jürgen,

was bedeutet "befriedigend"?
Ein Minimum ist eventuell die 2-fache Überabtastung in jedem Kanal. Statt mit einem 5 MP Sensor mit Bayer-Matrix  müsste ich mit einem 40 MP Sensor fotografieren. Entsprechende Kameras gibt es schon für wenige k€!

Gruß,
Stuessi