Mikroskopische Zentralbank - Mitt. 2: Das Geheimnis der gelben Kringel

Begonnen von Horst Wörmann, Januar 06, 2016, 10:00:10 VORMITTAG

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Horst Wörmann

Liebe Freunde der Banknoten,

ich möchte hier noch einmal mit seiner Erlaubnis auf ein Bild von Klaus Herrmann zurückkommen  (Beitrag vom 02.Januar):



Das sieht auf den ersten Blick aus wie scheinbar zufällig verteilte Kringel, noch dazu äußerst unauffällig in hellgelb und nur im UV besser als gelbgrün leuchtende Kreise zu erkennen. Bei Banknoten ist aber nichts wirklich zufällig:
bei genauem Hinsehen erkennt man ein sich wiederholendes Muster aus fünf Ringen, die so aussehen wie das Sternbild des Orion und deshalb auch die Bezeichnung ,,EURion-Konfiguration" (von EURO und Orion) erhalten haben. Hier mit Strichen hervorgehoben:




Die Abstände der Ringe folgen einem bestimmten Algorithmus; sie sind deshalb auch unter vielen anderen Details leicht maschinenerkennbar, unabhängig von Lage, Größe und Tarnung z.B. als Musiknoten. Das System soll das Kopieren verhindern, indem in hochwertige Farbkopierer entsprechende Mustererkennungsalgorithmen eingebaut werden, die beim Auffinden dieser Konstellation das Kopieren stoppen (oder gleich die Anklageschrift wegen Fälschungsversuch ausdrucken?) . Näheres siehe Wikipedia-Artikel ,,EURion-Konfiguration".

Bei den älteren Banknoten waren die Kringel noch gut erkennbar, bei der neuen Serie muß man schon sehr genau hinsehen. Das Problem der schlechten Erkennbarkeit sollten auch die Kopierer haben – UV-Fluoreszenz können die bestimmt nicht. Links ein Bild von Klaus Herrmann im Auflicht, wobei er sich sicher Mühe mit dem Kontrast gegeben hat.
Wenn man aus dem RGB-Bild nur den Blau-Kanal extrahiert, haben wir plötzlich einen schönen Schwarz-Weiß-Kontrast  (rechtes Bild)! Das habe ich mit Image Pro-Plus (Color Channel, RGB-Color Model) gemacht, geht aber sicher mit jedem Bildbearbeitungsprogramm.



Links Hellfeld-Aufnahme, rechts RGB-Blau-Kanal separiert

In höherer Vergrößerung der Ringe erkennt man gut die Pigmentkörner der Druckfarbe. Hier ein Kringel aus dem 5-Euro-Schein der ersten Serie. Das Mikroskop zeigt bei UV-Anregung (365 nm) eine intensiv rote Fluoreszenz der Pigmentkörner (linkes Bild, die 229,7 Pixel sind 100 µm). In der rechten Bildhälfte das Spektrum desselben Rings im Mikrospektralfotometer. Apparatives und  Methodik der Mikrospektralfotometrie siehe hier.



Überraschenderweise gibt es nur ein einzige, starke Bande bei 611 nm. Das ist die Emissionsbande des Europiums, was sich anhand einer Europiumoxid-Probe bestätigen ließ. Es handelt sich also um ein Europium-dotiertes Pigment.

Anders bei der neuen Serie (links der Ring bei 365 nm Anregung; die 193,4 Pixel sind wieder 100 µm), rechts wiederum das Spektrum mit einer sehr breiten Bande mit einem Maximum bei 540 nm. Was das ist, konnte ich noch nicht herausfinden.



So viel zu den rätselhaften Ringen. Klaus, nochmals Danke für die Überlassung der Fotos!

Viele Grüße aus Bonn
Horst

Fahrenheit

Lieber Horst,

eine spannende Serie! Wäre das nicht auch mal was für einen MKB Vortrag?
Welchen Termin darf ich für Dich reservieren?  ;D

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Horst Wörmann

Hallo Jörg,
klar, habe ich doch schon vor Jahren zugesagt. Ich habe nur noch auf die 20er-Note gewartet. Termin kommt, sobald ich alle Experimente erledigt habe (siehe Mitt.1).

Viele Grüße
Horst

Gerd Schmahl

Hallo,
das könnte man ja schon fast als "Fiskalpoesie" bezeichnen, dass Europium in den Euroscheinen "verbaut" wurde.
Ach von mir herzlichen Dank für diesen sehr gelungenen Beitrag. Horst, Du stehst sicher inzwischen unter "Beobachtung", so intensiv wie Du Dich mit unserem Geld beschäftigst ;D
Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Rawfoto

Hallo Horst

Spitzenbeitrag, sehr interessant ...

Liebe Gruesse

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Heiko

Lieber Horst,

um so erstaunlicher die Herstellungskosten: http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/wertvolles-papier-was-kostet-eigentlich-ein-geldschein/12077310.html
Derartige Finessen hätte ich preislich dem Premium-Segment zugeordnet.

Herzlichen Dank für die Deutung dieser apokryphen Zeichen.

Viele Grüße,
Heiko

Klaus Herrmann

Lieber Horst,

das mit dem Orion-Muster habe ich letzes Jahr beim Wohlenbergtreffen anlässlich meines Geld-Vortrages schon erfahren von Günter Zahrt. Dass beim neuen 20er das Pigment der Kringel von Europium auf eine sicher billigere organische Fluoreszenzfarbe gewechselt wurde verwundert mich nicht - auch die Finazverwaltung muss sparen! Es werden ja nicht nur ein paar 100000 Scheine gedruckt und dann sind selbst ein paar Cent schon eine wichtige Einsparung.

Sehr schöne und interessante Ergebnisse präsentierst du uns hier! Ich habe heute morgen Detlef Kramer meinen Geldvortag für Kornrade im Juni angeboten. Ich wollte ihn neu aufsetzen mit den Fluoreszenzbilder und eventuell ergänzt durch deine Ergebnisse. Aber das ist egal aus meiner Sicht, wer ihn letztlich hält nur zusammenfassen sollte man die relevanten Beiträge.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Horst Wörmann

Liebe Kollegen,
danke für die Blumen!
Lieber Gerd,
unter Beobachtung stehe ich schon lange, nicht nur wegen der Banknoten. Schließlich habe ich Zentrifugen (!) betrieben, war beruflich strahlenexponierte Person, hatte ein Atom(!)absorptionsspektrometer und einen Radioaktivitäts(!)meßplatz (zur Altersbestimmung von Gesteinen), und ich war häufig beruflich im Iran (!). Da klingelts doch?  ;D ;D ;D
Damit wenigstens ihr nichts Schlechtes dabei denkt: ich habe im Auftrag einer kleinen, 2/3-staatlichen Berliner Firma - neulich im Spiegel erwähnt - iranische Mineralöllabors akkreditiert. Alles ganz legal.
Lieber Klaus,
wegen des Kornrade-Vortrags melde ich mich in Kürze. Mit Deiner Annahme, es handele sich um organische Fluoreszenfarbe, wäre ich übrigens vorsichtig.

Viele Grüße
Horst

Heiko

Lieber Horst,

auf den von Klaus spendierten Bildern ist ja schon bei geringer Vergrößerung zu erkennen, dass auch bei den Scheinen der neuen Serie Rot-Fluoreszenz in den kleinen Streifen vorhanden ist.
Hier eine Aufnahme ,,vom Zehner mit dem Zehner":



Hattest Du schon einmal geschaut, ob hier die Europiumbande auftaucht?

Viele Grüße,
Heiko

Horst Wörmann

Lieber Heiko,

die sogenannten Melierfasern sind eigentlich wieder ein spezielles Thema. Hier nur so viel:
Ringe und Fasern unterscheiden sich; wahrscheinlich ist Europium in den roten Teilen der Melierfaser, aber zusätzlich noch eine andere Komponente, so daß die Spektren geringfügig abweichen. Das Emissionsmaximum ist um 2...3 nm kurzwellig verschoben, außerdem taucht eine Schulter bei 618 nm auf:


blau: roter Ring, grün: Melierfaser

und etwas vergrößert der rote Anteil der Melierfaser (Anregung 365 nm)



Lieber Thilo,
bitte keine Vergleiche mit dem gestirnten Himmel!
In Wikipedia heißt es "...entfernt an das Sternbild des Orion erinnert...". Mehr ist da nicht drin, kann auch nicht, weil die Abstände der Ringe einer mathematischen Regel  folgen  (Quadrat der Entfernungen verhalten sich wie ganze Zahlen - oder irgend so was). Hat mit Astronomie also nichts zu tun, es ist definitv keine Sternkonstellation und hat nichts mit der Flagge zu tun. Die "Konstellation" wird nicht nur bei Banknoten als Kopierschutz verwendet.

Viele Grüße
Horst


Heiko

Danke für Deine Mühe, lieber Horst.

Dann ist wohl davon auszugehen, dass der breite rot fluoreszierende Balken auf der Seite mit der Seriennummer (und diese selbst) eben so ,,konstruiert" sind, das Pigment lediglich in geringerer Dichte aufgetragen wurde.



Viele Grüße,
Heiko