Encystierung von Paramecium?

Begonnen von Bernhard Lebeda, Februar 22, 2016, 18:20:56 NACHMITTAGS

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Bernhard Lebeda

ZitatPS.
Vielleicht sollte man das interessante Enzystierungsproblem abtrennen und in einen eigenen Faden stellen, mit Nikon 990 hat das herzlich wenig zu tun


Liebe Protozoenfreunde

ich komme Winfrieds Anraten über einen neuen Thread hiermit nach:

hier   http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=5252.0    wurde folgendes Video gepostet

https://www.youtube.com/watch?v=StcW6zB-8bA#t=0


In diesem Video wird ab  Minute 7 die Encystierung von Paramecium spec. gezeigt, die es nach gängiger Lehrmeinung nicht gibt.

Mich persönlich hat diese Frage schon immer interessiert:

http://www.mikroskopie.de/mikforum/read.php?1,16391,16391#msg-16391

http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=5754.0



Wie Herr Henkel damals anmerkt:

"Hallo Heuaufgießer!

Kennen Sie den schon:

Hausmann K., Foissner W.: Das Pantoffeltierchen aus dem Heuaufguß gibt es nicht! Ein Irrtum, der Jahrzehnte überdauert hat.
Mikrokosmos 1986  Band 75  Seiten 193-197."


haben zwei der führenden Protozoologen vor 30 Jahren begründet warum sie die Encystierung von Paramecium als Möglichkeit der Dauerform ausschliessen. Der Artikel kann im Archiv des MK nachgelesen werden!

http://www.zobodat.at/publikation_series.php?id=220


Ich zitiere daraus:

"
Sollte sich tatsächlich eine
reproduzierbare M ethode zur Induktion von En-und Excystierung bei Paramecium finden, wäre
das eine absolute Sensation. Vorerst sind die Autoren jedoch äußerst skeptisch und behaupten:
Das Pantoffeltierchen Paramecium kann sich
nicht encystieren."



!987, ein Jahr später zeigt Georg Schimanski in einem FWU Lehrfilm genau eine solche Cystenbildung!  Der Autor hat einige protozoologische Lehrfilme für die FWU gedreht. Schon 1980 schreibt er hier:

http://dbbm.fwu.de/fwu-db/presto-image/beihefte/46/024/4602453.pdf


"
Cystenbildung
Da Pantoffeltierchen sehr häufig in Pfützen
und anderen temporären Kleingewässern
leben, bedürfen sie einer besonderen Fähigkeit, Perioden ungünstiger Lebensbedingungen zu überdauern und neue Gewässer zu
besiedeln. Beide Forderungen werden durch
ein besonderes Dauerstadium der Pantoffeltierchen, die Cyste, erfüllt. Die Bildung dieser Cysten konnte an Pantoffeltierchen, die
der Kahmhaut, einer lang abgestandenen
Laborkultur, entnommen wurden, gefilmt
werden."




Für mich alles sehr widersprüchlich.

Ich wollte hier gerne noch mal darauf hinweisen und rufe die Tümplerkollegen (mich eingeschlossen) auf, doch sich dieses sehr interessanten Forschungsthemas einmal anzunehmen.


Wenn jemand noch etwas über den Autor Georg Schimanski weiß, bin ich auch an Informationen interessiert!


Bis hierhin erstmal


Viele Mikrogrüße

Bernhard







Ich bevorzuge das "DU"

Vorstellung

Peter V.

#1
Lieber Bernhard,

in dem von Dir zitierten MK-Aufsatz findet sich aber auch die mögliche Erklärung (auch, wenn die in dieser Form eher Eminenz-baesd als Evidence-based erscheint  ;) )

ZitatAnderslautende Befunde müssen als Fehlbestimmungen oder Verunreinigungen interpretiert werden.

Ist denn in diesem Video eine solche Fehlbestimmung ausgeschlossen?

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Bernhard Lebeda

#2
Zitat von: Peter V. in Februar 22, 2016, 23:55:44 NACHMITTAGS

ZitatAnderslautende Befunde müssen als Fehlbestimmungen oder Verunreinigungen interpretiert werden.

Ist denn in diesem Video eine solche Fehlbestimmung ausgeschlossen?




Moin Peter

na ja, was  kann man bei einem Video nicht alles ein-oder ausschliessen, oder faken, oder was weiß ich! Georg Schimanski beschreibt ja sehr genau, woher er sein Material hat (siehe obiges Zitat), ich gehe davon aus, daß die eingeschnittene Filmsequenz von 1980 ist. Ob das schon eingekringelte Ding wirklich ein Pantoffeltier ist könnte ich vor Gericht nicht beschwören, das Vieh daneben ist jedenfalls eins.

Zugegebenermaßen geht es in dem MK Artikel ja primär um die Wahrscheinlichkeit Paramecien in Heuaufgüssen zu finden. Wenn ich aber lese:

"
Verschiedene Paramecium-Arten werden seit
beinahe einem Jahrhundert in der ganzen Welt
intensiv erforscht und in zahlreichen L aboratorien kultiviert. Ein vertrauenswürdiger Bericht
über Cystenbildung liegt nicht vor (C o r l is s &
E s s e r , 1974)."


und andererseits in der Monografie "Paramecium" von Dr. Hans Kalmus (Gustav Fischer 1931), S. 28/29

" Im Jahre 1899 entdeckte v. Prowazek (zool Anz. Band 22, 1899) die Cysten von P. bursaria und Lindner (Biolog. Zentralblatt Band 19, 1899) die von P.putrinum. Die Cyste von P.caudatum wurde von Ivaniĉ 1926 entdeckt (Zool. Anzeiger Band 68, 1926), unabhängig davon nochmals von Michelson ( Archiv f. Protistenkunde Bd: 61, 1928)

Ivaniĉ konnte die Encystierung beobachten, Michelson durch bestimmte Umweltfaktoren (langsames Eintrocknen in feinem Schlamm, Anhäufung von Stoffwechselprodukten) anregen (Fußnote: Er konnte auch Encystierung in Agar erzielen) Die Paramecien runden sich bei der Encystierung ab und erreichen schließlich über die Eigestalt Kugelform. Das Wimpernkleid wird abgeworfen, und es entsteht eine schleimige Gallertschicht, die als Ektocyste aufgefaßt werden kann. Die Pellikula wird schon während der Abkugelung viel derber und die Pellikuarleisten treten, besonders um das Cytostom (fast reussenartig) hervor. Aus ihr wird die Endocyste (Brand 1924), die so erhärtet, daß Michelson das ganze Gebilde als sandkornartig bezeichnet. Während am Kleinkern bei der Encystierung bisher keine Veränderungen nachgewiesen werden konnten, will man am Ma solche bemerkt haben; doch bleibt dieser in seiner Gesamtheit erhalten. Trichocysten und Pharynx verfallen der Resorption, die Exkretvakuolen stellen ihr Spiel ein, etwa vorhandene Nahrungsreste werden mit in die Cyste eingeschlossen. Cleveland (Science Vol. 66, 1927) konnte nach Injektion einer Paramecium-Aufschwemmung in die Froschkloake Cysten erhalten, aus denen nach seiner Beobachtung Paramecien ausschlüpften"

Das sind ja nun alles sehr konkrete Versuche und Beobachtungen, die aber offensichtlich von heutigen Wissenschaftlern als " nicht vetrauenswürdig" eingestuft werden. Das muss ich als Amateur und Nichtkenner der Protozoologie-Szene so zur Kenntnis nehmen. Das alle diese Forscher Paramecium caudatum mit einem anderen Ciliaten verwechseln halte ich für wenig wahrscheinlich.



Da nun aber nach meinen eigenen Beobachtungen von vor zehn Jahren so ein Film auftaucht (auch nicht vetrauenswürdig genug für die Wissenschaft, taugt aber als Lehrfilm?), kommt bei mir wieder die Lust zum selber nachforschen hoch. Vielleicht bekommen wir mit vereinten Amateurkräften ja was heraus zu der Fragestellung.


Viele Mikrogrüße

Bernhard
Ich bevorzuge das "DU"

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