Botanik: Das Ding aus einer anderen Welt - Sansevieria cylindrica - neue Bilder*

Begonnen von Fahrenheit, Februar 25, 2016, 13:13:55 NACHMITTAGS

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Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

Sansevieria cylindrica ist eine Pflanzenart aus der Gattung Sansevieria (Bogenhanf) in der Familie der Spargelgewächse (Asparagaceae). Das Artepitheton cylindrica aus dem lateinischen cylindricus bedeutet walzenförmig und bezieht sich auf den fast kreisförmigen Querschnitt der adulten Blätter. Die Erstbeschreibung von Sansevieria cylindrica erfolgte 1859 durch William Jackson Hooker.
Im Netz werden als Trivialnamen Schwiegermutterzunge oder Frauenzunge genannt, die aber eher mit den Arten des Bogenhanfs in Verbindung stehen, die lanzettförmige Blätter aufweisen. In Angola ist die Pflanze als Ife oder If bekannt und ihre Fasern werden unter anderem zur Herstellung von Seilen genutzt. Der Gattungsname Bogenhanf rührt daher, dass die Faserstränge aus den Blättern anderer Arten auch bei der Herstellung von Bogensehnen Verwendung fanden.

Bild 1: Das Ding aus einer anderen Welt ... ;)


Das natürliche Vorkommen der Pflanze findet sich in den mittle- bis südafrikanichen Ländern Angola, Zimbabwe. Das Verbreitungsgebiet reicht im Norden bis ins Mündungsgebiet des Kongo und im Süden bis Namibia hinein.
Sie steht oft unter drei bis vier Meter hohen Trockengehölzen.
Zwischenzeitlich hat sie wegen ihrer auffälligen Blattform auch die europäischen Gartenmärkte erobert. Dort verkauft sie sich zur Zeit wohl am besten, wenn die Blätter zu einem Zopf verflochten sind oder eben mit gefärbten Blattspitzen. Nun, wer auf so ein Ding aus einer anderen Welt steht ... :)

Ding aus einer anderen Welt passt aber auch in einem anderen, nicht so dramatischen Sinne: S. cylindrica kommt auch in sehr trockenen Klimaten gut zurecht, wendet aber eine ganz andere Taktik an, wie z.B. die Welwitschie, die noch weiter südlich in Namibia vor kommt: sie kann Wasser in ihren Blättern speichern, besitzt als Überdauerungsorgan ein ausgeprägtes Rhizom und zeigt auch sonst alle bekannten Anpassungen an Trockenheit: wenige, tief eingesenkte Stomata und durch die zylindrische Blattform eine reduzierte Oberfläche im Vergleich zum Volumen.

Bild 2: Eine Pflanze aus dem Botanischen Garten der Universität Würzburg, Wikipedia, User Daderot, gemeinfrei


Sansevieria cylindrica wächst stammlos als ausdauernde, sukkulente Pflanze mit 2,5 bis 3,8 Zentimeter starken Rhizomen, die teilweise einige basale Schuppen aufweisen. Die 3 bis 6 zweizeilig gestellten stielrunden Laubblätter sind aufrecht stehend, zylindrisch oder leicht seitlich zusammengedrückt. Sie können auch gespreizt, zurückgebogen oder stark ausgebreitet auftreten. Die einfache Blattspreite ist 60 bis 150 Zentimeter lang und am Grunde 2 bis 3 Zentimeter dick. Sie ist grün oder weißlich grün mit dunkelgrünen Querbändern. Die harte Spitze der Blattspreite ist zwischen 4 und 7 Millimeter lang und weißlich. Die Blattoberfläche ist leicht rau.
Die Blätter der jungen Pflanze (juvenile Blätter) sind im Gegensatz zu den oben beschriebenen adulten Blättern rund-lanzettlich und etwa 4 bis 5 cm lang und weisen auf der Blattoberfläche die gleiche Strukturierung auf.
Die einfachen, ährigen Blütenstände sind 60 bis 90 Zentimeter hoch. Die 38 bis 75 Zentimeter großen Rispen sind mit fünf bis sechs Blüten pro Büschel besetzt. Das Tragblatt ist lanzettlich oder eiförmig-lanzettlich und 4 bis 8,5 Millimeter lang. Die Blütenhüllblätter sind schneeweiß oder oft auch leicht rosa. Sie haben eine 1,7 bis 2,5 Zentimeter lange Blütenröhre.

Bild 3: Illustration von Fitch aus Curtis Botanical Magazines (vol. 85 (ser.3: v.15) Tab. 5093, etwa 1859, gemeinfrei)


Die Fähigkeit zur Wasserspeicherung geht bei S. cylindrica und einigen anderen Vertretern der Gattung auf einen bestimmten Zelltyp im Mesophyll zurück, auf den mich Marc Thielemans von der Koninklijk Antwerps Genootschap voor Micrografie (KAGM) hin gewiesen hat. Dort wurde die Pflanze im Februar des vergangenen Jahres vorgestellt und mikroskopisch untersucht.
Aus dem Jahr 1988 stammt ein Artikel von Allan L. Koller und Thomas L. Rost (Structural Analysis of Water-Storage Tissue in Leaves of Sansevieria (Agavaceae); Botanical Gazette, Vol. 149, No. 3 (Sep., 1988), pp. 260-274), der sich ebenfalls mit diesem speziellen Zelltyp bei verschiedenen Sansevieria-Arten beschäftigt.

Bild 4: Im Topf aus dem Handel ist auch eine juvenile Pflanze mit "normal" geformten Blättern


Meine Probe stammt aus dem Pflanzenhandel. Es gab die Pflanze nur mit den unsäglichen gefärbten Spitzen aber mein Exemplar war - Gott sei Dank - etwas ungepflegt und hatte nicht nur die üblichen adulten Blätter sondern neben diesen auch noch einige Triebe mit juvenilen Blättern und welche mit dem jeweils ersten adulten Blatt. Eines davon war nur ca. 6 mm dick und rund 12 cm lang - ideal für einen freistehenden Schnitt auf dem Handzylindermikrotom.


Hier wie immer die Informationen zur Präparation und Technik:

Präparation:

Geschnitten habe ich ein frisches Blattstück eines jungen adulten Blattes freistehend auf dem Handzylindermikrotom mit Leica Einmalklingen im SHK-Klingenhalter. Die Schnittdicke beträgt wegen der großen Wasserspeicherzellen rund 100 µm.

Die schnitte habe ich über Nacht in AFE fixiert, nicht ohne von einem frischen Schnitt noch einige Aufnahmen zu machen.

Gefärbt habe ich mit W3Asim II nach dem Rezept von Rolf-Dieter Müller. Entsprechende Arbeitsblätter können im Downloadbereich der MKB-Webseite herunter geladen werden. Eine ausführliche Beschreibung der Färbung findet sich hier.

Eingedeckt sind die Schnitte - nach gründlichem Entwässern in reinem Isopropanol - in Euparal. Dessen geringer Volumenverlust bei der Trocknung ist bei den dicken Schnitten von großem Vorteil.

Bild 5: Schnittführung



Technik:

Alle Aufnahmen auf dem Leica DME mit den 5x und 40x NPlanen sowie den 10x und 20x PlanApos. Die Kamera ist eine Canon Powershot A520 mit Herrmannscher Okularadaption. Zur Zeit nutze ich ein Zeiss KPL 10x, das mit den Leica-Objektiven sehr gut harmoniert. Die Steuerung der Kamera erfolgt am PC mit PSRemote und der Vorschub manuell anhand der Skala am Feintrieb des DME.
Leider hatte ich diesmal wieder Probleme mit den Aufnahmen im Polarisationskontrast. Die Kamera schafft wohl die sehr dunklen Bilder nicht ohne Verfärbungen.

Alle Mikroaufnahmen sind mit Zerene Stacker V1.04 (64bit) gestackt. Die anschließende Nachbereitung beschränkt sich auf die Normalisierung und ein leichtes Nachschärfen nach dem Verkleinern auf die 1024er Auflösung (alles mit XNView in der aktuellen Version). Bei stärker verrauschten Aufnahmen lasse ich aber auch mal Neat Image ran.


Nun aber zu den Schnitten!

Werfen wir zunächst einmal einen Blick auf den Rand des zylinderförmigen Blattes mit dem Assimilationsparenchym und den Fasersträngen, die der Gattung den Namen Bogenhanf eingebracht haben. Stomata und Raphiden dürfen natürlich auch nicht fehlen.

Bilder 6 a-e: Assimilationsparenchym und Faserstränge, Aufnahmen 6a,b und c ungefärbtes Frischpräparat, Bilder 6c und e mit Beschriftung. Vergrößerung 200x, Stapel aus 80, 20 bzw. 23 Aufnahmen






Die Färbung zeigt die Faserstränge oder Faserbündel (FB) in gelber und nicht in roter Farbe. Sie sind also nicht lignifiziert und daher für das Flechten von Seilen geeignet. In den frischen Schnitten sind auch die großen, linsenförmigen Chloroplasten (Cp) in den Zellen des Assimilationsparenchyms gut zu sehen. Auffällig sind die kreisförmigen Strukturen auf den Zelloberflächen des Assimilationparenchyms. Sie scheinen immer wieder von "Noppen" mit sehr dünnen Zellwänden auf dem Scheitelpunkt unterbrochen zu sein (???). Ob es sich dabei um "Abstandshalter" zwischen den Zellen handelt, um z.B. Wasser schnell im Interzellularraum bewegen zu können? Viellicht kennt jemand solche Gebilde von anderen Pflanzen und hat eine Erklärung?
Informationen zu den Abkürzungen in den Bildern 9b und 9d sowie den folgenden beschrifteten Bildern findet Ihr wie immer auf der Webseite des MKB: Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen.

Bilder 7a-d: Die Stomata, Bilder 7a und b vom frischen Schnitt, Bilder 7b und d mit Beschriftung, Vergrößerung 200x bzw 400x, Stapel aus je 17 bzw. 20 Bildern





Im frischen schnitt sind sogar die inneren Cuticularhörnchen (iCuH) gut zu erkennen, wie der Vorhof und der lange Spalt eine Anpassung an trockene Verhältnisse. Dazu kommt, dass die Stomata an sich auch vergleichsweise selten sind. Im gefärbten Bild tauchen auch wieder die unter Bild 6 diskutierten Oberflächenstrukturen (???) auf.

Bilder 8a&b: Die Sansevieria cylindrica schützt sich mit Raphiden, Bild 8b mit Beschriftung, Stapel aus je 25 Bildern



Die Tage wurde im Forum eine interessante Studie zur Wirkungsweise der Raphiden verlinkt. Hier der relevante Thread (zweite Seite ...). Im Zusammenspiel mit dem Enzym Cystein-Protease führen Mikroverletzungen im Verdauungstrakt kleiner Insekten und Raupen zum Tod.
In der Beschreibung wird auf die raue Oberfläche der Blätter hin gewiesen. Die Ursache liegt in den immer wieder auftretenden größeren Epidermiszellen, wie sie auch hier in der Bildmitte zu finden sind.

Bleibt ein Blick auf die Leitbündel, bevor wir uns dem Mesophyll mit den Wasserspeicherzellen zuwenden.

Bilder 9a-d: Leitbündel, Bilder 9a und b vom frischen Schnitt, Bilder 9b und d mit Beschriftung, Vergrößerung 200x, Stapel aus je 19 bzw. 22 Bildern





Wir finden geschlossen kollaterale Leitbündel unterschiedlicher Größe, die im Mesophyll versteut liegen. Daher erlauben uns die Bilder vom frischen Schnitt auch einen ersten Blick auf die Wasserspeicherzellen (WS), die durch ihre "Streben" auffallen. Hier wird noch einmal deutlich, dass die Fasern (gelb, FB) im Gegensatz zu den Tracheiden (rot, T) nicht lignifiziert sind. Ob man bei dem Kranz von Mesophyllzellen rund um die Leitbündel von einer Leitbündelscheide sprechen kann - ich bin mir nicht sicher. Allerdings gehören die Arten in der Gattung der Bogenhanfe zu den CAM Pflanzen.

So, nun aber zu den ominösen Wasserspeicherzellen. Bei diesen Idioblasten, die zugegeben im Mesophyll der Sansevierien in großer Anzahl auftreten, handelt es sich eigentlich um abgestorbene Zellen, von denen nicht viel mehr als ein Netz von Stegen stehen geblieben ist. Diese sind durch das Acriflavin ganz leicht gelblich angefärbt und ansonsten am besten im Polarisationskontrast zu sehen. Auch eine Anfärbung mit Toluidinblau ist nach Koller und Rost möglich. Da mir der Farbstoff fehlt, hier also Ungefärbt und mit W3asim II in Hellfeld und Pol.

Bilder 10a-d: Wie zoomen rein, Bilder 10b und d mit Beschriftung. Vergrößerung 50x und 100x, Stapel aus je 24 und 28 Bildern





Die leicht gelblichen Speicherzellen (WS) liegen in einem hier blaugrün angefärbten Netz lebendiger Mesophyllzellen (MeP) und "umlagern" grob radial die Leitbündel. Somit ist ein schneller Transport des Wassers vom und zum Leitbündel gegeben. Die Strebenstruktur bleibt uns hier noch verborgen.

Bilder 11a&b: Am frischen Schnitt konnte ich die Streben im Hellfeld darstellen, Bild 11b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 34 Bildern



Die Streben sind meist unverzweigt und zeigen dementsprechend nur wenig Gabelungen oder Kreuzungen. Dies ist für die einzelnen arten in der Gattung der Bogenhanfe spezifisch und kann als Bestimmungsmerkmal dienen. Vergleiche die Arbeit von Koller und Rost. interessant: in den Zellen des Mesophylls finden sich immer einige kleine rundliche Chloroplasten. Ob hier Energie für einen aktiven Wassertransport gewonnen wird?

Bilder 12a-c: Wasserspeicherzellen im Polarisationskontrast. Bild 12a schwarzweiß, Bilder 12b & c Falschfarben, Bild 12c mit Beschriftung. Vergrößerung 50x bzw. 200x, Stapel aus 20 bzw. 45 Bildern




Auch wenn durch das Stacking alles flach ausschaut: die Streben bilden die ursprüngliche Form der Mesophyllzelle nach, aus der sie entstanden sind. Es handelt sich also um grob kissenförmige Räume, die durch die Streben aufgespannt werden und in denen die Pflanze Wasser einlagert. Das ganze Konstrukt ist dabei ziemlich stabil: die Blätter haben einen festen Griff und ich habe doch deutlich Kraft aufwenden müssen, um ein Probestück zu zerdrücken.

Wie immer vielen Dank fürs Lesen und auch diesmal ist Anregung und Kritik sehr willkommen!

Herzliche Grüße
Jörg
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the_playstation

Hallo Jörg.
Wer malt den Pflanzen an. ;) Als nächstes noch mit Makeup und künstlichen Wimpern. Auf so etwas können nur Dekor-"Experten" kommen.
Tolle Dokumentation und Darstellung. Besser als so ein "Deko-Gedöns".

Liebe Grüße Jorrit.
Die Realität wird bestimmt durch den Betrachter.

Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

ein interessanter und lehrreicher Beitrag, gefällt mir sehr gut.
Toluidinblau  könnte ich Dir schicken.

Gruß

Hans-Jürgen


Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

<a href="http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=2650.0" target="_blank">Hier geht es zur Vorstellung</a>

Gerne per "Du"

Fahrenheit

Lieber Freunde,

herzlichen Dank für Euer Lob!

Lieber Jorrit,

ja, das frag ich mich langsam auch. Aber die Dinger werden gekauft - sonst würden sie nicht in rauen Mengen in den Pflanzenmärkten stehen.  ??? ??? ???

Lieber Hans-Jürgen,

danke für Dein Angebot, das ich sehr gerne annehme. Hast Du auch eine Färbeanleitung dazu?
Ich schicke Dir meine Adresse per PN und werde mir erlauben, mich mit Präparaten zu revanchieren.  :)

Herzliche Grüße
Jörg
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koestlfr

Lieber Jörg!

Wie immer, spannend und lehrreich! Ganz toll!

Liebe Grüße
Franz
Liebe Grüße
Franz

Detlef Kramer

Lieber Jörg,

spät, aber ganz schweigen möchte ich zu dem interessanten Beitrag nicht. Ich versuche eine Erklärung zu finden für:
ZitatSie scheinen immer wieder von "Noppen" mit sehr dünnen Zellwänden auf dem Scheitelpunkt unterbrochen zu sein (). Ob es sich dabei um "Abstandshalter" zwischen den Zellen handelt, um z.B. Wasser schnell im Interzellularraum bewegen zu können? Viellicht kennt jemand solche Gebilde von anderen Pflanzen und hat eine Erklärung?

Wenn man genau hinschaut, findet man die auch in den quer geschnittenen Zellen:


So ganz genau kann ich das auch nicht erklären, erinnere mich aber, dass ich bei meinen EM-Untersuchungen an Kalanchoe-Blättern ähnliches beobachten konnte. Die Interzellularräume entstehen sekundär, indem die Mittellamellen zum Teil aufgelöst werden und die Zellwände auseinander weichen. An den Grenzen scheint sich dabei Material abzulagern, das bei der Färbung kontrastiert wird bzw. das Licht bricht. Sollte man weiter beobachten.

Die Untersuchung von sukkulenten Pflanzen ist nur auf den ersten Blick langweilig!

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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reblaus

Liebe Pflanzenanatomen -

sind das nicht Tüpfelfelder mit Plasmodesmen? Dann müsste doch eventuell Kallose da sein.

Fragende Grüße

Rolf

Detlef Kramer

Rolf,

auch daran habe ich gedacht - gut möglich.

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Ole Riemann

Lieber Jörg,

vielen Dank für diese Dokumentation - Erinnerungen an Kurse der Pflanzenanatomie werden wach. Eigentlich müsste ich auch mal wieder ran ... oder doch nur bei Euch Experten mitlesen.

Viele Grüße

Ole


Fahrenheit

Liebe Freunde,

auch Euch vielen Dank für Euer Lob, das mich sehr freut!

Detlef und Klaus,
danke für die Hinweise zu den "Oberflächenstrukturen", die natürlich verteilt auf der gesamten Zelloberfläche auftreten. Ich würde fast vermuten, dass Ihr beide richtig liegt.

Allen herzliche Grüße
Jörg
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Wutsdorff Peter

Guten Morgen Sans.-Freunde,
wir haben eine, die ist ca. 50 Jahre alt!!
Sie wurde öfter umgetopft und wegen ihres Breitenwuchses verkleinert.
Auch Büroluft bekommt ihr ebenso wie eine Diffenbachia sehr gut.

Apart die blauen Spitzen, die aber nicht meinen Geschmack treffen.
Gruß vom Inschenör Peter

Fahrenheit

Lieber Peter,

um's mal ganz deutlich zusagen (nicht, dass ich hier einen schlechten Ruf bekomme  ;D): ich finde angemalte Pflanzen ätzend.
Die Botanik ist ohne menschlich Eingriffe viel schöner.

Welche Sansevieria habt Ihr denn? S. cylindrica oder vielleicht die häufigere S. trifasciata mit den gelben Blatträndern? Die ist tatsächlich gut geeignet, z.B. Formaldehyd oder andere Lösungsmittel aus der Raumluft zu filtern.

Herzliche Grüße
Jörg
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Fahrenheit

#12
Liebe Pflanzenfreunde,

Hans-Jürgen ist ein ganz Schneller: bereits gestern hatte ich das versprochene Toluidinblau in der Post. Die 0,1%ige Lösung war dann genau so schnell angesetzt:

Bild 13: Einwiegen, Wasser drauf, fertig :)


Das Rezept für die Stammlösung ist einfach: 0,1g Toluidinblau auf 100ml Aqua dest. versetzt mit einigen Kristallen Thymol. Das Thymol hält Pilze und anderes "Viehzeuchs" fern. :)
Filtern war nicht notwendig, die Lösung hat nach kräftigem Einschütteln über Nacht gestanden und war am Morgen klar.

Lieber Hans-Jürgen, vielen Dank für das Toluidinblau!

Nun musste mein Bogenhanf noch ein Blattstück lassen, die wieder rund 100µm dicken Schnitte kamen - ebenfalls über Nacht - zur Fixierung ins AFE.  

Bild 14: Frische Schnitte im AFE


Heute morgen habe ich dann nach gründlichem Spülen in Aqua dest. überführt und für gut 15 Minuten mit der Toluidinblaulösung gefärbt.
Leider ist Toluidinblau extrem empfindlich gegenüber Alkohol, sobald dieser nicht völlig wasserfrei ist: die Farbe wird sofort ausgezogen. Aber das ist nicht der einzige Nachteil: Toluidinblau zeigt in Wasser abhängig vom jeweiligen Gewebe unterschiedliche Farben (Nach Armin Eisner):

Rot (Blaurot):      Cytoplasma, RNA-haltige Strukturen und unverholzte Zellwände
Blau bis Blaugrün:  DNA-haltige Strukturen, verholzte, verkorkte Zellwände und Tannin
Dunkelrot:          Mittellamelle

Diese Differenzierung weicht im Beisein von Alkohol einer einheitlich tiefblauen Färbung.

Was also tun? Ich habe zunächst nach der Färbung gut gespült, und dann die Schnitte in Wasser fotografiert. Anschließend habe ich in Magnacol Mountant "Water Based" eingedeckt. Gut, dass da die Bilder schon im Kasten waren. Die genaue Zusammensetzung von Magnacol kenne ich nicht, aber wasserbasiert heißt hier ganz offensichtlich nicht alkoholfrei.
Die Zweite Hälfte habe ich so trocken wie möglich in eine große Menge Isopropanol überführt, dieses mehrfach schnell gewechselt und dann gegen Xylol ausgetauscht. Eingedeckt habe ich dann in Malinol. Der Farbumschlag war sofort zu sehen, leider haben sich die Schnitte auch eingekräuselt. Beide "Experimente" liegen nun unter Gewichten auf der Trockenplatte und nun kommen also die Aufnahmen von der Toluidinblau-Färbung vor dem Desaster :)

Bilder 15a,b: Das Mesophyll mit den Wasserspeicherzellen in der Übersicht, Bild 15b mit Beschriftung; Vergrößerung 50x, Stapel aus je 20 Bildern



Wunderbar, die Wasserspeicherzellen (WS) sind angefärbt und die Stege sind auch in der Übersicht schon gut zu erkennen! Schaut man auf 3 Uhr, erkennt man eine Zelle, die offensichtlich angeschnitten ist: vor hellem Hintergrund sehen wir Stücke der Zellwand in einem leichten Blaurot- oder Lilaton, die die bekannten Stege tragen. Somit wird schon hier klar: die abgestorbenen Wasserspeicherzellen bestehen nicht nur aus den Stegen, sondern deren Zellwand ist noch erhalten, aber mit den Stegen versteift. Diese Struktur war anhand der Bilder vom ungefärbten schnitt bzw. mit W3asim II Färbung nicht zu erkennen.
Am oberen Bildrand im Assimilationsparenchym sind wieder die typischen "Noppenkränze" zu erkennen.

Bilder 16a,b: Wasserspeicherzellen neben einem Leitbündel, Bild 16b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 83 Bildern
 


Hier kann man den Aufbau der Wasserspeicherzellen gut erkennen. Dass es sich um eine leere Zellwand mit Stegen handelt, wird besonders beim Blick von annähernd oben auf eine angeschnittene Zellwand deutlich (blaue Pfeile).
Interessant sind die roten "Poren" auf der Zellwand zwischen den Stegen (weiße Pfeile). Ich vermute, hier sehen wir ein altes Tüpfelfeld, das nun ggf. dem Wassertransport in die und aus der Zelle dient.

Bilder 17a,b: Nochmal eine einzelne Wasserspeicherzelle, Bild 17b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus 28 Bildern



Die Stege bieten leider nicht so viel Kontrast, dass sie sich als scharfe Streifen abheben. Vielelicht auch ein Fehler bei der Färbung? Wenn jemand eine Idee oder Erfahrung mit Toluidinblau hat, bitte gerne melden.

Schauen wir nun noch einmal auf ein Leitbündel und das Assimilationsparenchym.

Bilder 18a,b: Leitbündel, Bild 18b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 28 Bilder



Eigentlich sollten Zellen mit unverholzten Zellwänden ja rot erscheinen. Das kann ich beim Phloem so nun leider nicht erkennen (vermutlich auch mein Fehler bei der Anwendung der Färbung). Das Faserbündel und das Xylem ist dafür schön kräftig blau. Alles in allem sehen wir das geschlossen kollaterale Leitbündel, das wir auch schon von den Bildern 9a-d kennen.

Bilder 19a,b: Das Assimilationsparenchym mit einem Faserbündel, Bild 19b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 28 Bildern



Es zeigen sich alle Strukturen, die wir auch von den Bildern 6a-e kennen - einschließlich der Chloroplasten, die in der W3Asim II Färbung nur mit einem geübten Auge zu sehen waren.
natürlich sind auch die "Noppenkränze" wieder da und die Strukturen oben links in der Aufsicht bestätigen meiner Ansicht nach Detlefs Aussage zur deren Entstehung.
Ob die Gipfel der Noppen eine erkennbare Struktur haben, die auf Tüpfel schließen lassen, werde ich einmal mit dem 100er Objektiv prüfen, wenn die Präparate trocken sind.

In unserem Pflanzenmarkt scheinen Sansevierien gerade frisch rein gekommen zu sein, daher beschließe ich mit einer schönen Sammlung unterschiedlicher Pflanzen - diesmal keine gefärbten, Gott sei Dank!

Bilder 20a-e: Eine Auswahl an Sansevierien: S. cylindrica, aber nicht nur ...






Vielen Dank fürs lesen, Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
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Klaus Herrmann

Lieber Jörg,

Phantastisch dieser Effekt mit dem Toluidinblau. Es ist der Farbstoff für den Metachromasie-Effekt. Im Romeis ausführlich behandelt. Da steht auch, dass man die Färbung in Wasser beobachten soll, weil Alkohol zu einer Verschiebung des Absorptionsspektrums führt. Der Vorgang ist reversibel; in Wasser zurückgebracht hat man die alte Farbe wieder. Es wird also nicht der Farbstoff durch Alkohol ausgezogen!

Mit Brillantkresylblau habe ich das auch schon beobachtet, wenn ich mich recht erinnere.

Vielleicht würde das von Robin Wacker empfohlene Lösemittel Triethyl-Phosphat helfen?
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Wutsdorff Peter

Hallo Jörg,
unsere ist die, mit den gelben Blatträndern.
Entschuldige die späte Antwort

Gruß Peter