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Haltbarkeit Formaldehyd

Begonnen von hebi19, März 12, 2016, 19:11:58 NACHMITTAGS

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hebi19

Heute habe ich mal eine Frage wohl spezielle an die Chemiker

WIE LANGE lässt sich Formaldehyd sinnvoll lagern ??

Diesn Faden kenne ich:
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=3927.0

Habe ich bereits gefunden. Da Formalin für Privatpersonen ja immer schwieriger zugänglich wird hatte ich gedacht, vielleicht einen "letzten Vorrat anzulegen". Aktuell scheint man noch eine 30%-tige Lösung in Koi-Fachgeschäften zu bekommen. Ein daurhafte Bevoratung ist aber nur sinnvoll, wenn die Lösung sich einigermaßen über einige Jahre/10 Jahre hält. Bestimmte biologische und medizinische Objekte sind ja nach meinem Wissen in Formalin gelagert (z.B. Holotypen von vielen Aquarienfischen..). Da müsste die Lösung doch auch einigermaßen stabil sein.
Kann man z.B. sowas wie eine "Halbwertszeit" angeben - die Anzahl der Jahre, nach denen von einer 30%-tigen Lösung noch eine 15%-tige übrig ist??
Oder denk ich da zu physikalisch ?

Martin
Grüße von
Martin alias hebi19

Motic BA-300, div Lomo, Stereo-Mikroskop noname

l'œil armé

#1
Eigentlich ist Formalinlösung nur äußerst begrenzt haltbar, d.h. einige Tage bis wenige Wochen wenn man es aus Paraformaldehyd frisch angesetzt hat. Der dahinter stehende Chemismus ist mir zwar bekannt, aber um nicht doch irgendwo Kokelores zu erzählen, lasse ich das besser. Ich bin in Sachen Chemie nicht unbedingt sattelfest.

Die länger haltbaren Lösungen sind mit Methanol oder Dolomitstaub oder ... (ich weiß nicht, was es sonst noch an Möglichkeiten gibt) stabilisiert. Für sehr kritische Objekte und maximale Strukturerhaltung wird allgemein empfohlen, die Lösung morgens frisch anzusetzen und über den Tag zu verbrauchen oder aber Aliquots zu portionieren und einzufrieren. Aufgetaute Aliquots sollten tunlichst verbraucht und nicht wieder eingefroren werden, Reste sind zu verwerfen. Ich würde aus meiner Erfahrung heraus die letztgenannte Möglichkeit dem stabilisierten Formalin unbedingt vorziehen, aber es kommt sicher auf den Zweck und die Anforderungen an. Daher könntest Du natürlich mit dem von Dir angeführten Formalin ganz genauso verfahren: Du portionierst Dir z.B. 0,5Liter in 10ml Portionen, frierst diese ein und taust nur auf, was Du aktuell benötigst und verdünnst kurz vor Gebrauch. Je nach benötigter Konzentration ergeben die Portionen jeweils 50-100ml Arbeitslösung und damit kommt man doch schon recht weit. Die eingefrorene Formaldehyd - Lösung ist praktisch unbegrenzt haltbar.

Freundliche Grüße

Wolfgang
"Du" fänd' ich absolut in Ordnung

das schönste: Zeiss Lumipan
das liebste: Leitz Ortholux/Panphot
das beste: Zeiss Axiomat

Ich bin übrigens keineswegs mit meinem Umfang an Intelligenz zufrieden; ich bin lediglich froh, mit meiner Dummheit so weit gekommen zu sein.

RainerTeubner

Hallo Martin,

Formaldehyd-Lösungen werden mit Methanol stabilisiert, sie sollten also über die üblichen Zeiträume (2 -5 Jahre) stabil sein, kühl und dunkel gelagert. Kleine Mengen an Ausfällungen von Polymer stören nicht, gegebenfalls abfiltieren oder dekantieren.

Viele Grüße

Rainer
Mikroskop: Carl Zeiss Standard Universal
Bildbearbeitung: Gimp, Helicon focus und picolay
Kamera: Canon EOS 5D II

diyter

Guten Abend,

aus einem EG SDB habe ich untere Info rauskopiert. Es ist bei stabilisiertem Formaldehyd nicht genau zu sagen, wie lange er hält. Durch Öffnen der Flasche und entnahme mit Pipetten können Verunreinigungen in den Behälter kommen was eine Polymerisation beschleunigt. Tiefgefrorener Formaldehydlsg ist ein Versuch wert. Letzten Endes sagt wahrscheinlich kein Hersteller, sein Produkt ist im Originalgebinde so und so lange haltbar. Für uns heißt das: try and error.


Behälter: Geeignete Materialien sind:
VA-Stahl, Aluminium, Polyethylen, Glas.
Isolierbare Lagerbehälter sind nach Möglichkeit zu verwenden.
Empfohlene Lagertemperatur +15°C- + 25°C.
Niedrige Temperaturen begünstigen erfahrungsgemäß die Polymerisation zu Paraformaldehyd. Die
Formaldehydlösung ist jedoche voll verwendbar, wenn sie von dem hierbei auftretenden Niederschlag
klar abgegossen wird. Nicht unbegrenzt lagerfähig.
Behälter dicht geschlossen halten.
Von Zünd- undWärmequellen entfernt. Nur für Sachkundige zugänglich.
Ungeeignete Werkstoffe:
Stahl, Kupfer, Nickel, Zinklegierungen, wenn die Oberflächen nicht entsprechend geschützt sind.

Grüße
Dieter

JB

#4
Hallo Martin,

Es kommt darauf an, zu welchem Zweck Sie das Formaldehyd verwenden wollen. Fuer hoechste Ansprueche muessen Sie es ohnehin frisch aus Paraformaldehyd ansetzen.

Fuer die normale Verwendung (z.B. Totalparaeparate) reicht Formalin aus (40% Formaldehyd / 10 % Methanol) und dieses ist sehr lange haltbar.

Zwei "Alterungs"prozesse laufen darin ab:

a) Oxidation von Formaldehyd zu Ameisensaeure (Gegenmassnahmen: Luftabschluss und Lagerung im Dunkeln)
b) Langsame Polymerisation von Formaldehyd zu Paraformaldehyd (weisser Niederschlag)

Prozess b) wird gefoerdert durch niedrigen pH (Ameisensaeure), niedrige Temperatur und hohe Formaldehydkonzentration.

Paraformaldehyd kann wieder in Loesung gehen, wenn man die Konzentration verringert, die Temperatur und den pH erhoeht. Im Labor bringt man Paraformaldehyd in Loesung, indem man eine 4 %-ige Loesung auf 60C erhitzt (Abzug!; 60C max.) und unter Ruehren tropfenweise NaOH-Loesung zugibt (Schutzbrille!). So koennen Sie auch altes Formalin wieder nutzbar machen. Zu grosse Mengen Ameisensaeure/Natriumformiat moegen aber am Ende doch stoerend sein.

Die "Halbwertszeit" ist in einer fest verschlossenen Flasche und bei der Bereitschaft, das Paraformaldehyd wieder in Loesung zu bringen, laenger als die uebliche Lebenserwartung (wenn Sie dabei mit Abzug arbeiten).

Beste Gruesse,

Jon

P.S. Letztlich ist es widersinnig. Aus Angst, dass man in Zukunft keine Kleinstmengen an verduenntem Formalin mehr kaufen kann, lagert man groessere Mengen konzentriertes Formalin oder sogar Paraformaldehyd-Pulver zu Hause und muss das Zeug ggf. auch noch auf 60C erhitzen. Persoenlich wuerde ich das nicht bei mir zu Hause lagern wollen und lieber darauf vertrauen, dass man das Zeug auch in Zukunft bei Ebay aus aller Welt geschickt bekommen kann  ;)

hebi19

Zitat von: JB in März 12, 2016, 20:08:04 NACHMITTAGS
P.S. Letztlich ist es widersinnig.

Hallo Jon und alle Anderen

Ja, das habe ich eigentlich auch gedacht. Ich habe seit ca 2 Jahren eine 250ml-Flasche aus der "Koi-Medizin" (30%ig) im Keller stehen und bisher vielleicht zu 1/5 bis 1/4 aufgebraucht. Mehr brauche ich wahrscheinlich erst bei Eintritt in die Rente. Aber nach den wiederholten Aussagen vom Mikro-Klaus geht da die freie Zeit angeblich eher zurück. Werde also zunächst mal abwarten.

Vielen Dank für die Beteiligung und die Ratschläge.

Martin
Grüße von
Martin alias hebi19

Motic BA-300, div Lomo, Stereo-Mikroskop noname

liftboy

Hallo erstmal,

mein Formalin 30% lagere ich seit ca. 10Jahren thermisch stabil bei 20°C und stockfinster in der 1000ml Glasflasche (nach einem bösen Reinfall jetzt mit Kuststoffstopfen, eingedichtet mit Schlifffett). Für meine Zwecke (Anfertigung von AFE, etc.) Der Niederschlag ist marginal, und die Wirkung ausreichend.
So wie es aussieht, wird man die benötigten Chemikalien nur noch unter Pseudonymen kaufen können, z. B. 80% Essigsäure als Industriereiniger (säurehaltig) oder Natriumhypochlorid als Schimmelentferner. Wenn die Apotheke keine Kleinmenge Aceton abgeben will, muss man eben 1 Ltr. aus dem Bauhaus nehmen.
Interessanterweise schaut man uns Chemikalienmäßig genau auf die Finger, damit wir damit nichts Böses anstellen können; was die Putzfrau alles zusammen im Schank stehen hat (und in welchen Mengen) interessiert keinen. Auffallen tut es nur, wenn die Putze mal versehentlich Flüssigkeiten mischt, die nicht zusammengehören (wie konnte das nur passieren? :-)  ).

Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

Michael L.

Guten Morgen,

auf 3-4% verdünnt, gepuffert mit einem Stückchen Marmor, gelagert bei Raumtemperatur hält es Jahre.

Gruß,

Michael

Klaus Henkel

Zitat von: liftboy in März 13, 2016, 11:40:31 VORMITTAG

mein Formalin 30% lagere ich seit ca. 10Jahren thermisch stabil bei 20°C und stockfinster in der 1000ml Glasflasche (nach einem bösen Reinfall jetzt mit Kuststoffstopfen, eingedichtet mit Schlifffett). Für meine Zwecke (Anfertigung von AFE, etc.) Der Niederschlag ist marginal, und die Wirkung ausreichend. [ ... ]

Wolfgang

Ich möchte hierzu mit einem Zitat des Mikroskopie-Altmeisters Dieter Krauter ergänzen.

Zitat Anfang /

Etzold geht von haltbaren Stammlösungen aus, die zur Herstellung des Gemisches (Etzolds FSA-Färbung) verdünnt und vereinigt werden. Das hat Vorteile vor allem für solche Mikroskopiker, die nicht über eine empfindliche Waage verfügen. Bei Astrablau allerdings empfiehlt er mit Recht, den Farbstoff direkt einzuwiegen, da Astrablaulösungen in kurzer Zeit verpilzen. Man kann zwar Astrablaulösungen ohne Schaden für die Färbung durch Zusatz von 1 ml Formol pro 100 ml Lösung konservieren, aber zur Herstellung des Etzoldschen Gemisches erscheint mir die Formolkonservierung bedenklich: In formolhaltigen Lösungen bildet sich, vor allem bei niederen Temperaturen, leicht Paraformaldehyd (als weißer, pulveriger Niederschlag am Ausguß und Verschluß von Formolflaschen wohl jedem Mikroskopiker bekannt). Für die meisten Zwecke der Mikrotechnik ist eine Verunreinigung mit Suren von Paraformaldehyd belanglos. Für Färbungen mit basischem Fuchsin aber kann sie sich katastrophal auswirken: Es bildet sich ein violettroter Farbstoff mit ganz anderen Eigenschaften, der für pflanzenanatomische Färbungen völlig ungeeignet ist. Wenige Milligramm Paraformaldehyd können einen Liter Fuchsinlösung verderben! Versuche, eine Astrablaulösung mit Phenol zu konservieren führten zu ungünstigen Ergebnissen. [ ... ]

/ Zitat Ende. Aus: Dieter Krauter: Erfahrungen mit Etzolds FSA-Färbung für Pflanzenschnitte. Mikrokosmos 74. Jg., 1985, Seite 231-233.

Lesenswert!

Ich selbst habe in mehreren Apotheken, in denen ich mein Formol kaufte bzw. in der richtigen Konzentration für Fixiermittel ansetzen ließ folgende Erfahrung gemacht. Man bewahrte das Formaldehyd im Kühlraum auf und traute sich gar nicht die Schraubkappe mit bloßen Fingern anzufassen wegen des "merkwürdigen weißen Pulvers". Nach Aufklärung durch einen gewissen Amateurmikroskopiker, gab man zu, das nicht gewußt zu haben, holte sogleich das DAB herbei und las selbst nach, daß man das F. immer bei Zimmertemperatur aufzubewahren habe.

KH

Sonntagsgrüße