MKB Bonn - Schneiden, Färben, Legen

Begonnen von Carsten Wieczorrek, April 02, 2016, 21:51:28 NACHMITTAGS

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Carsten Wieczorrek

Hallo,
ich möchte mich mit diesem Beitrag bei dem MKB Bonn bedanken. Am 31.03. habe ich an dem oben angegebenen Workshop teilgenommen. Es war sehr interessant und ich konnte dort viel lernen. Ich habe noch nie Schnitte angefertigt und entsprechend auch keine Schnitte gefärbt. Das hat sich nun geändert. ;D

Sicherlich ist mein erster Schnitte nicht perfekt und auch die Färbung könnte besser sein, aber, es ist halt mein erster. Dennoch möchte ich Euche einige Bilder nicht vorenthalten. Obwohl ich keine detaillierten Beschreibungen dessen, was man da sehen kann, geben kann. Ich bin eben kein Biologe.

Als Pflanzenmaterial gab es Proben einer seltenen Wüstenpflanze aus der Namib: Welwitschia mirabilis. Die Proben waren Stücke aus den Blättern der Pflanzen. Die Blätter sind ein bis 10 cm breit, gefühlte 2 mm dick und können über einen Meter lang werden. Charakteristisch für die Pflanze ist, dass sie nur genau 2 dieser Blätter besitzt und die Blätter mit zunehmendem Alter entlang ihrer Längsachse zerfasern.

Die Proben waren bereits fixiert in EtOH/Formalin/Eisessig. Geschnitten haben wir mit einem Handmikrotom, etwa 50 µm. Gefärbt wurde nach Wacker, Einschluss in Eukitt.

Alle Bilder sind Einzelbilder ohne Stacking. Alle Bilder sind Helligkeitskorrigiert und etwas nachgeschärft mit Helicon Filter. Wo möglich, wurde ein Weißabgleich durchgeführt. UV/Blauanregung wurde ohne Anregungsfilter direkt mit den entsprechenden Dioden und einem Sperrfilter aufgenommen.

Die Bilder 1 und 2 (Normales Durchlicht) zeigen den Schnitt durch das Blatt mit der Ober- und Unterseite. Leider war das Blatt so groß, dass mit meinem 6,3er Objektiv nicht der ganze Schnitt in ein Bild passt.


Bild 1 : Blattschnitt, Oberseite (links)



Bild 2 : Blattschnitt, Unterseite (rechts)



Als Wüstenpflanze führt die Welwitschia den C4-Stoffwechsel durch: Um Wasserverdunstung zu umgehen, werden die Spaltöffnungen am heissen Tage geschlossen. Dadurch kann sie natürlich kein Kohlendioxid assimilieren. Das muss sie in der Nacht erledigen, dabei wird Nachts das Kohlendioxid als Apfelsäure gespeichert. Man nennt solche Pflanzen auch CAM-Pflanzen (Crassulacean Acid Metabolism). Charakteristisch für diese Pflanzen ist wohl eine Gewebeschicht um die Leitbündel herum, die Leitbündelscheide. Leider ist dieser Begriff bei Wikipedia rot, da hat noch niemand etwas zu geschrieben. Zumindest für mich als Laien ist diese Gewebeschicht auf den Bildern nicht zu erkennen. Jedenfalls nicht ohne Trick (dazu hat Jörg natürlich auch ein schönes Bild gezeigt, aber selber machen ist schöner):

Da die Welwitschia in Karst-Gebieten vorkommt, hat sie reichlich Calzium im Angebot. Dieses Calzium lagert die Pflanze in Form von Oxalat so ziemich überall ab. Nur die Zellen der Leitbündelscheide lagern KEIN Calzium ein (warum, weiss ich nicht). Da Calziumoxalat stark doppelbrechend ist, lohnt es sich hier also mal, die Polfilter zu kreuzen. Überall dort, wo Calziumoxalat eingelagert wurde, sollte es schön hellt leuchten, dort, wo es kein Oxalat gibt, bleibt es finster. Bild 3 zeigt drei Leitbündel mit gekreuzten Polarisatoren, die Leitbündelscheide ist klar zu erkennen.


Bild 3 : 3 Leitbündel, gekreuzte Polarisatoren



Und weil es so schön ist, zeigen die Bilder 4 und 5 genau ein Leitbündel mit dem 16/0,40.


Bild 4 : Leitbündel



Bild 5 : Leitbündel, gekreuzte Polarisatoren



Die Bilder 6 und 7 zeigen eine Spaltöffnung. Einmal im Weißlicht, einmal mit 470 nm Blauanregung und Sperrfilter CZJ O261, das ist ein OG2/2.


Bild 6 : Spaltöffnung



Bild 7 : Spaltöffnung, 470 nm Blauanregung, Sperrfilter CZJ O261



Bild 8 zeigt eine Übersicht bei 470 nm Blauanregung und Sperrfilter CZJ O261 = OG2/2. Bild 9 ist der gleiche Ausschnitt bei 470 nm Blauanregung und Sperrfilter CZJ G249, das ist ein Kombifilter OG1/1/GG 9/1.


Bild 8 : 470 nm UV-Anregung, Sperrfilter CZJ O261




Bild 9 : 470 nm UV-Anregung, Sperrfilter CZJ G249



Bild 10 zeigt eine Übersicht bei 365 nm UV-Anregung und Sperrfilter CZJ O261 = OG2/2. Bild 11 ist der gleiche Ausschnitt bei 365 nm UV-Anregung und Sperrfilter CZJ G249 = OG1/1/GG 9/1.


Bild 10 : 365 nm UV-Anregung, Sperrfilter CZJ O261



Bild 11 : 365 nm UV-Anregung, Sperrfilter CZJ G249



Viel Spaß beim Betrachten,

Carsten
Für's grobe : GSZ 1
Zum Durchsehen : Amplival Hellfeld, Dunkelfeld, INKO, Phasenkontrast
Zum Draufsehen : Vertival Hellfeld, Dunkelfeld
Zum Polarisieren : Amplival Pol u Auf-/Durchlicht
Für psychedelische Farben : Fluoval 2 Auflichtfluoreszenz
Für farbige Streifen : Epival Interphako

Klaus Herrmann

Hallo Carsten,

da war der Kurs ja ein voller Erfolg. Für erste Schnittpräparate sind die doch wirklich gelungen. Ich sag ja immer einem Könner über die Schulter schauen ist mehr wert als 3 dicke Bücher lesen! Und der Jörg kann es und er hat Übung! ;)

Bei deinen ersten beiden Bildern habe ich den Eindruck, dass deine Kameraadaption nicht optimal ist. Vielleicht hast du sie schon mal vorgestell, ich erinnere mich aber nicht. Es sieht so aus, als hättest du eine nicht optimale Optikkombinataion. Die Blauen Ränder sehen nach CVD aus. Wie sieht denn dein Aufbau aus?
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Horst Wörmann

Hallo Carsten,

danke für den Bericht, freut mich, wenn's beim MKB gefällt!

Noch ein Nachtrag: an dem Abend habe ich ungefärbte Schnitte mitgenommen und zu Hause mal mit Auflichtfluoreszenz bei 365 nm mit Filtersatz 02 beobachtet. Gibt schöne Farbeffekte, die ich nicht vorenthalten möchte:
Hellfeld und dieselbe Stelle in Auflicht-FL 365 nm:

Andere Stelle mit Spaltöffnung:

Alles suboptimale Bilder, klar...zu dicke Schnitte usw. Nur als Anregung für weitere Beobachtungen an der Welwitschie, hoffen wir, daß wir mal an unfixiertes Frischmaterial kommen.

Viele Grüße aus Bonn
Horst

Fahrenheit

Lieber Carsten,

es freut mich, dass Dir der Workshop am vergangenen Donnerstag gefallen hat! Vielen Dank für Dein Lob.

Lieber Horst,

die Primärfluoreszenz insbesondere der Cuticula ist spannen, welche Substanz mag da wohl der Auslöser sein?

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

TPL

#4
Zitat von: Fahrenheit in April 04, 2016, 11:31:46 VORMITTAG(...)die Primärfluoreszenz insbesondere der Cuticula ist spannen, welche Substanz mag da wohl der Auslöser sein?

Lieber Jörg,

es ist keine ordentliche Antwort auf Deine Frage, denn die Substanz (im chemischen Sinne) kann ich nicht benennen. Allerdings wird die Farbe der Primärfluoreszenz von Cutiniten (sic!) zur Bestimmung der thermischen Reife organischer Substanz genutzt (z.B. hier). Cutinit, Liptinit und Alginit sind sog. Mazerale, d.h. die kleinsten gesteinsbildenden Kohlenwasserstoff-Komponenten (im Gegensatz zu den überwiegend silikatisch/oxidischen Mineralen). Richtig "gekocht" wird aus den drei genannten Mazeralen übrigens lecker-Erdöl ;).

Herzliche Grüße
Thomas

PS: danke für den schönen Kurs und die tolle Anleitung durch Rolf-Dieter und Dich. Es hat mir sehr gut gefallen.

Horst Wörmann

Liebe Kollegen,

welche Substanz??
Das wäre alles Spekulation. Die Proben waren schließlich schon älter und in AFE aufbewahrt. Mit Formaldehyd kann einiges reagieren.
Mir ist nur die seltsame Rosafärbung aufgefallen, sonst leuchtet die Cuticula eher in bläulich bis weißlich vom Cutin, 
@ Thomas: nach 47 Millionen Jahren in der Grube Messel auch schon mal gelblich/grün (siehe Beitrag zur Casuarina vom 25.11.15)!
Deshalb der Wunsch nach Frischmaterial.

Viele Grüße
Horst

TPL

Lieber Horst,

vielen Dank für den Hinweis. Deinen interessanten Beitrag habe ich erst jetzt entdeckt. Für knapp 50 Millionen Jahre ist die Messel-Probe beeindruckend frisch, was der frühzeitigen Zehrung und dem späteren, durchgehenden Abschluss von Sauerstoff geschuldet ist. Die Fluoreszenzfarbe ist aber auch nicht unmittelbar vom Alter abhängig, sondern in erster Näherung von der maximal erreichten Temperatur (grobe Regel: je höher die therm. Reife, desto größer die Wellenlänge des Fluoreszenz-Maximums). Daher die Eignung als Reife-Parameter...

Viele Grüße
Thomas

Horst Wörmann

Lieber Thomas,

gibt es Literatur zum Zusammenhang "thermische Reife" und Fluoreszenzmaximum?
Im Rost Bd. 2 steht zwar auch was dazu, das ist aber Sekundärliteratur, und im Moment nicht greifbar für mich. Wir hatten 2012 mal einen MKB-Abend "Was Kohle unter dem Mikroskop verrät" mit unserem Kohleexperten Udo und dazu auch Fluoreszenzbilder gemacht, aber wir haben diesen Zusammenhang nicht weiter bearbeitet. Vielleicht können wir die Bilder dann besser deuten.

Bei der Messel-Probe war ich sehr überrrascht, daß sich das Blatt problemlos in Paraffin einbetten ließ und dann auch noch gut schneidbar war.

Viele Grüße
Horst