"Grüne" Mitochondrien in Fadenalgen

Begonnen von paramecium, Juni 25, 2016, 20:08:52 NACHMITTAGS

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paramecium

Eine länger stehende Wasserprobe aus einem Kleingewässer der Umgebung musste diesmal herhalten für die Darstellung der Mitochondrien in Grünalgen.

Die Aufnahme zeigt einen Algenfaden einer nicht näher bestimmten Fadenalge mit den grün gefärbten Mitochondrien in den einzelnen Zellen der Grünalge. Die Auswertung der Videoaufnahmen zeigt, dass die Mitochondrien hier räumlich unterhalb der Cuticula (=äußere Zellmembran) angeordnet sind, wahrscheinlich um die Chloroplasten herum gefaltet erscheinen. Rot gefärbt erscheinen die Chloroplasten in Autofluoreszenz. Bei Spirogyra schön zu erkennen ist die räumlich spiralige Struktur des Chloroplasten. Die darunter grün gefärbte Grünalge besitzt gegenüber Spirogyra wesentlich kleinere Einzelzellen. Die Zellabschnitte sind "blockweise" gut zu erkennen.

Für die Färbung der Mitochondrien wurde der "klassische" Mitochondrienfärber Rhodamine 123 verwendet. Nicht in allen Algen werden die Mitochondrien gut gefärbt. Ob dies auf ein Fehlen der Mitochondrien hinweist, wie bei Spirogyra sp. im oberen und unteren Bildabschnitt, muss jedoch bezweifelt werden.

Die Fluoreszenzintensität von Rhodamin 123 ist vom sogenannten Membranpotential der Mitochondrien abhängig, welches mit dem Farbstoff auch gemessen werden kann. Mitochondrien besitzen eine kompliziert gefaltete, innere und äußere Membran, in ihnen laufen komplexe biochemische Prozesse ab. Daher wird das Ausbleiben der Färbung in der Regel auf ein ungünstiges Membranpotential der Mitochondrien hinweisen, obwohl die Mitochondrien in der Zelle vorhanden sind. Gelegentlich, aber leider nicht immer, hilft eine "externe" Steuerung des Membranpotentials im Versuch durch Zugabe bestimmter Metallionen (K+, Ca+) in das Kulturmedium. Die wissenschaftliche Literatur beschreibt auch Einflüsse von Fremdstoffen, wie Antibiotika und Calcium-Inhibitoren. Ebenfalls dürften bei Grünalgen Hell-Dunkel Zyklen eine wichtige Rolle beim Zyklus der Zellatmung spielen, welche ebenfalls das Membranpotential beeinflussen und damit die Intensität der Fluoreszenz. Die vom Membranpotential abhängige Färbung der Mitochondrien mit den genannten Rhodaminen stellt den Mikroskopiker vor eine permanente Herausforderung, falls er versucht die Mitochondrien zuverlässig nachweisen zu wollen. Ignoriert man die vermeintlichen Probleme und beachtet die biologischen Vorgänge innerhalb der Zellen, lassen sich im Umkehrschluss biochemische Prozesse mit den Rhodaminen auf interessante Weise darstellen und messen, was ein interessantes Experimentierfeld öffnet.

Eine preiswerte Alternative zu dem relativ teuren Farbstoff Rhodamin 123 ist Rhodamin 6G, welches etwa bei Omikron Online erhältlich ist. Die ebenfalls grün bis grüngelbe Fluoreszenzintensität von Rhodamin 6G ist ebenfalls vom Membranpotential abhängig.

Die Algenart, bei der die Mitochondrien hier so schön fadenförmig erscheinen, ist die gleiche, die früher bereits für die Darstellung der Chloroplasten-DNA präpariert wurde: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=25976.0. Offenbar ist diese Alge ein hervorragend geeigneter Modellorganismus für die Darstellung verschiedener Zellorganellen mit Hilfe der Fluoreszenz.

Mitochondrien werden auch Kraftwerke der Zellen genannt. In ihnen finden wichtige Stoffwechsel statt, wie Zellatmung und Citratzyklus. Die lichtmikroskopische Beobachtung mit den genannten Rhodaminen in Fluoreszenz erlaubt die Beobachtung und in gewisser Weise auch Messung wichtiger, biochemischer Vorgänge in den lebenden Zellen.

Aufnahme mit Canon EOS 60D + Zeiss AxioLab.A1 FL-LED Fluoreszenz Mikroskop, Blauanregung 470nm, Zeiss Filtersatz 09.