Botanik: Der Debao-Palmfarn (Cycas debaoensis) *

Begonnen von Fahrenheit, August 31, 2016, 22:20:18 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

der Botanische Garten der Universität Bonn unterhält mittlerweile eine eindrucksvolle Sammlung von Palmfarnen der Gattung Cycas und nach Rücksprache mit einem Mitarbeiter konnte ich mit freundlicher Erlaubnis zunächst von zwei Arten je eine Probe nehmen. Die Reihe mit den Palmfarnen kann also fortgesetzt werden und heute möchte ich Euch eine Besonderheit mit mehrfach gegabelten Fiederblättchen vorstellen: den recht seltenen Debao-Palmfarn (Cycas debaoensis).
In gewohnter Manier gibt es zunächst einige Informationen zum Palmfarn selbst, dann wie immer kurze Informationen zur Präparation und der verwendeten Technik und zum Schluss die mikroskopischen Aufnahmen.

Der Debao-Palmfarn

Der Debao-Palmfarn (Cycas debaoensis) aus der Gattung Cycas ist ein Palmfarn aus der Familie Zamiaceae in der Ordnung Cycadales. Die Gattung Cycas wurde erstmals 1753 von Carl von Linné beschrieben, 10 Jahre bevor er die Gattung Zamia beschrieben hat. Cycas ist eine entwicklungsgeschichtlich alte Gattung, was man an den urtümlichen, offenen Kronen der weiblichen Fruchtblätter erkenne kann, die sich noch nicht zu einem schützenden Zapfen geschlossen haben, wie es bei den moderneren Palmfarnen der Fall ist.
Der Gattungsnahme stammt vom griechischen koikas für eine kleine Palmenart, das über kykas zu Cycas abgewandelt wurde. das Artepitheton debaoensis hingegen weist auf den Fundort Debao in der chinesischen Provinz Guangxi hin. Die Erstbeschreibung des Debao-Palmfarns ist erst im Jahr 1998 erfolgt - kaum entdeckt, schon fast ausgestorben.

Bild 1: Der Debao-Palmfarn im Freiland des Botanischen Gartens Bonn

Im Vordergrund Cycas debaoensis, im Hintergrund ein anderer Palmfarn

Cycas debaoensis ist mittlerweile eine stark gefährdete Art, da große Teile ihres ursprünglichen Verbreitungsgebietes abgeholzt wurden. Die natürlichen Vorkommen stehen auf Kalksteinhängen geschützt in immergrünen Mischwäldern.

Das wichtigste zuerst: C. multipinnta und der Debao-Palmfarn sind die einzigen Arten der Gattung Cycas mit doppelt gefiederten Blättern.

Bild 2: Ein Blatt mit den mehrfach gegabelten Fiederblättchen


Der Spross wächst unterirdisch und erreicht eine Länge von etwa 20 cm - bei gleichem Durchmesser.

Bild 3: Der aus dem Boden ragende Teil des Sprosses mit 5 Blättern, die kleinsten sind die ältesten


Junge Blätter sind hellgrün mit einer weißlichen Behaarung, die ausgewachsene doppelt gefiederten Blätter stehen aufrecht zu 4 bis 11 in einer lichten Krone. Sie werden zwischen 1,5 und 3,5 Meter lang und sind an der Oberseite dunkelgrün und glänzend. Die äußere Form gleicht einem lang gezogenen Dreieck, die Ansätze der Fiederblättchen sind v-förmig nach oben verschoben.
Die Blattstiele (Petiolen) erreichen Längen von 80 bis 150 cm und sind zwischen 2 und 3 cm dick. Die ursprünglich weiße Jugendbehaarung färbt sich rotbraun und fehlt beim ausgewachsenen Blatt ganz. Die Blattstiele tragen auf der ganzen Länge zwei Reihen kleiner Dornen aus umgewandelten Fiederblättchen.

Bild 4: Der Blattstiel (Petiolus) mit zwei reihen Dornen


Bild 5: Ein Fiederblatt im Detail


Die Blätter tragen 10 bis 20 primäre Fiederblättchen mit einer Länge von bis zu 40 cm. Diese gabeln sich dann dichotom in 3 bis 7 sekundäre Fiederblättchen auf, die an einem bis zu 5 cm langen Stielchen (Petiolulus) sitzen. Die einzelnen Fiedern sind linear bis lanzettlich und bei einer Breite zwischen 0,7 und 1,1 cm 10 bis 30 cm lang. Die Oberseite ist satt grün glänzend, die Unterseite heller und matt. Im Querschnitt zeigen sie eine deutlich erhabene Mittelrippe, die Spreite ist flach mit einem nur ganz leicht nach unten gebogenen Rand.

Am Spross stehen auch lange, weiche Niederblätter (Cataphyllen) die kurz behaart sind.

Bild 6: Spross mit Niederblättern


Die weiblichen Zapfen sind rund und die bis zu 22 cm langen, behaarten Fruchtblätter stehen vergleichsweise dicht. Der Apicallappen der Fruchtblätter ist 10-12 * 7-9 cm groß und trägt etwa 30 bis 5,5 cm lange Zähne. An den Sphorophyllen entwickeln sich die runden bis eiförmigen Samen mit etwa 2 bis 2,5 cm Durchmesser und einer gelben Samenhülle (Sarcotesta).

Bild 7: Weiblicher Blütenstand

Aufnahme von der Webseite The Cycad Pages, Ken Hill

Männliche Zapfen wurden aufgrund der Seltenheit der Art bisher noch nicht beschrieben.

Literatur:
Cycads of the World, David L. Jones, Smithsonian Institution Press, Second Edition 2002 (S. 162 - 163)
Botany for Degree Students - Gymnosperms, Vasishta, Sinha, Kumar, S.Chand, 2016


Präparation:

Die Probe in Form eines Fiederblättchens habe ich im Botanischen Garten Bonn genommen und in einem dicht schließenden Folienbeutel gemeinsam mit einem angefeuchteten Papiertaschentuch und möglichst wenig Luft transportiert. Zwischen Probenahme und Schnitt lagen etwa 90 Minuten.

Geschnitten habe ich die frische Blattfieder in Möhreneinbettung und den Petiolulus freistehend auf dem Handzylindermikrotom mit Leica Einmalklingen im SHK-Klingenhalter. Die Schnittdicke beträgt rund 60 µm. Nach einer Schnittfixierung in AFE für ca. 9 Stunden wurden die Schnitte in Aqua dest überführt.

Zwischenzeitlich habe ich auch einige Aufnahmen von den frischen Schnitten gemacht.

Anschließend habe ich die Schnitte dann für einige Minuten mit Klorix (1:4 in Aqua dest. als Ersatz für Eau de Javelle) behandelt und nach sehr gutem Ausspülen für rund 12 Stunden mit Chloralhydrat gebleicht (250g auf 100ml Aqua dest.). Danach war wieder gründliches Spülen angesagt.

Nach dieser recht aufwändigen Vorbereitung habe ich dann mit Dujardin Grün gefärbt. Eine Beschreibung der Färbung findet Ihr hier: Dujardin Grün auf der Seite des MKB

Eingedeckt sind die Schnitte - nach gründlichem Entwässern in reinem Isopropanol - in Euparal.

Bild 8: Präparate auf der Trockenbank



Technik:

Alle Aufnahmen auf dem Leica DME mit den dem 40x NPlan sowie den 10x und 20x PlanApos. Die Kamera ist eine Canon Powershot A520 mit Herrmannscher Okularadaption. Zur Zeit nutze ich ein Zeiss KPL 10x, das mit den Leica-Objektiven sehr gut harmoniert. Die Steuerung der Kamera erfolgt am PC mit PSRemote und der Vorschub manuell anhand der Skala am Feintrieb des DME.

Alle Mikroaufnahmen sind mit Zerene Stacker V1.04 (64bit) gestackt. Die anschließende Nachbereitung beschränkt sich auf die Normalisierung und ein leichtes Nachschärfen nach dem Verkleinern auf die 1024er Auflösung (alles mit XNView in der aktuellen Version). Bei stärker verrauschten Aufnahmen lasse ich aber auch mal Neat Image ran.

Da der Beitrag mal wieder zu lang geworden ist, folgt hier der Cut ...
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Fahrenheit

#1
... und weiter gehts ...

Und nun zu den Schnitten!

Beginnen wir mit dem Querschnitt der Blattspreite des Fiederblättchens!

Bild 9: Die Makroaufnahme von einem Präparat (Canon S3is) bietet einen Überblick zum Aufbau des Fiederblättchens


Schauen wir uns nun zunächst die bei allen Arten der Gattung Cycas vorhandene Mittelrippe an:

Bilder 10a-d: Mittelrippe des Fiederblättchens, Bilder 10a & b vom ungefärbten, frischen Schnitt, Bilder 10b & d mit Beschriftung; Vergrößerung 50 x, Stapel aus je 22 bzw. 26 Bildern





Die Fiederblättchen der Arten der Gattung Cycas sind recht urtümlich gebaut und enthalten jeweils nur ein Leitbündel in der Mittelrippe. Die Versorgung der Blattspreite erfolgt durch transversal von der Mittelrippe weg laufenden Zellen eines Transfusionsparenchyms, das in der Mittelrippe aus eher rundlichen Zellen und nach außen hin aus läng gestreckten Zellen besteht, die alle miteinander in Verbindung stehen (TTr).
Das geschlossen kollaterale Leitbündel selbst ist von einer Leitbündelscheide (LBS) umgeben und lässt im oben liegenden Xylem eine leichte Unterteilung in drei Lappen erkennen. Am unteren Rand des Phloems zeichnet sich eine schmale, halbmondförmige Obliteration aus disfunktionalen, abgestorbenen Phloemzellen ab.
Außerhalb der Leitbündelscheide (hier nicht im klassischen Sinne wie z.B. beim Mais als C4 Pflanze sondern als ringförmige Begrenzung des Zentrums wie z.B. auch bei den Nadelblättern der Coniferen) liegt ein mächtiges Rindenparenchym an, in dem zum Rand hin häufiger werdend sklerenchymatische Zellen (Idioblasten) eingelagert sind. Rund um das zentrale Leitbündel sind 4 Sekretgänge mit ihrem Drüsenepitel eingelagert. An der Oberseite finden wir direkt unter Hypodermis, Epidermis und Cuticula ein Assimilationsparenchym, das sich von der Blattspreite über die Mittelrippe fortsetzt. Dort eingelagert zeigen sich in den gefärbten Bildern 10c & d 5 weitere Idioblasten, die sich in der Größe und durch das Beibehalten des Acridinrots im Zelllumen vom umgebenden Assimilationsparenchym absetzen.
An den Seitenrändern des Schnitts ist der Übergang zur Blattspreite zu erkennen, in deren Mitte die lang gestreckten Transfusionstracheiden liegen.
Informationen zu den Abkürzungen in den Bildern 10b & d sowie den folgenden beschrifteten Aufnahmen findet Ihr wie immer auf der Webseite des MKB: Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen.

Bilder 11a-d: Details aus der Mittelrippe, Bilder 11b & d mit Beschriftung, Vergrößerung 100 bzw. 200x, Stapel aus je 35 bzw. 29 Bildern





Die Bilder 11 a & b zeigen das Leitbündel der Mittelrippe noch einmal im Detail. Auffällig sind die großen Tüpfel der Transfusionstracheiden und die vier Sekretgänge.
Die Bilder 11 c 6 d zeigen den oberen Rand der Mittelrippe mit der gut sichtbaren Cuticula und der mächtigen Hypodermis. Darunter die Zellen des Assimilationsparenchyms.


Bilder 12a-d: Querschnitt der Blattspreite, Bilder 12a & b vom ungefärbten, frischen Schnitt, Bilder 12b & d mit Beschriftung; Vergrößerung 200 x, Stapel aus je 47 bzw. 31 Bildern





Die Blattspreite zeigt einen recht einfachen Aufbau. Unter der Epidermis mit einer kräftigen Cuticula folgt eine einreihiges Palisadenparenchym aus senkrecht stehenden Zellen, die mit ihren dicht an dicht sitzenden Chloroplasten den Löwenanteil an der Fotosyntheseleistung des Blattes erbringen. Darunter folgt ein Schwammparenchym, in dem die Transfusionstracheiden zur Versorgung des Gewebes eingelagert sind. Den Abschluss nach unten hin bildet wieder eine Epidermis mit Cuticula, in die viele hier in der Regel längs oder leicht schräg getroffene Stomata eingelagert sind.

Bilder 13a-d: Der Rand des Fiederblättchens mit seiner Sklerenchymkappe, Bilder 13a & b vom ungefärbten, frischen Schnitt, Bilder 13b & d mit Beschriftung; Vergrößerung 200 x, Stapel aus je 19 bzw. 21 Bildern





Am Blattrand setzt sich die in den Bildern 12a-d gezeigte Anatomie fort, der Rand selbst ist jedoch durch eine ein- bis zweireihige Hypodermis aus sklerifizierten Zellen verstärkt und leicht nach unten gebogen. Die Cuticula ist am Rand besonders stark ausgeprägt und tritt hier schön gelborange in Erscheinung.

Schauen wir uns nun den Petiolulus, das Stielchen der Blattfieder, an, mit dem diese an der Rhachis ansitzt. Dieser darf nicht mit dem Blattstiel des Wedelblattes selbst (Petiolus) verwechselt werden.

Bilder 14a-c: Petiolulus, Bilder 14 a & b vom ungefärbten, frischen Schnitt, Bilde 14b mit Beschriftung; Vergrößerung 50x, Stapel aus je 21 bzw. 18 Bildern



 
Der Petiolulus zeigt in etwa die gleiche Anatomie wie die Mittelrippe des Fiederblättchens. Das zentrale Leitbündel ist im Verhältnis etwas kleiner und auch von einer Bündelscheide umgeben, das Rindenparenchym mit den eingelagerten Sklerenchym-Idioblasten ist noch dicker und auch die Sekretgänge sind wieder da - diesmal aber nur zwei. Das Assimilationsparenchym fehlt, dafür haben wir eine umlaufende vielreihige Hypodermis. Die äußere Form zeigt rechts und links je eine Ausbuchtung, die als rudimentäre Blattspreite gedeutet werden kann, auch wenn es dort keine entsprechenden Gewebetypen gibt.

Bilder 15a-d: Leitbündel des Petiolulus, Bilder 15a & b vom ungefärbten, frischen Schnitt, Bilder 15b & d mit Beschriftung; Vergrößerung 100 x, Stapel aus je 25 bzw. 22 Bildern





Wir sehen wieder ein geschlossen kollaterales Leitbündel in einer Bündelscheide, links und rechts außerhalb die Sekretgänge mit ihrem Drüsenepitel. Im Rindenparenchym auch hier Sklerenchym-Idioblasten.

Bilder 16a-d: Die äußeren Gewebe des Petiolulus, Bilder 16a & b vom ungefärbten, frischen Schnitt, Bilder 16b & d mit Beschriftung; Vergrößerung 100 x, Stapel aus je 19 bzw. 21 Bildern





Hier gibt es wenig neues zu entdecken, auffällig neben der Hypodermis die dünnwandigen Sklerenchym-Idioblasten, deren Anzahl von innen nach außen zu nimmt.

Bilder 17a,b: Durchbrochene Hypodermis in der Nähe eines Stoma, Bild 17b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 35 Bildern



Um ein Stoma, das hier ausserhalb der Bildebene am rand in der Epidermis liegt, ist die Hypodermis von nicht komplett sklerifizierten Zellen unterbrochen, die einen Gasaustausch ermöglichen. Auffällig sind die großen Tüpfel in den Wänden dieser Zellen.

Bild 18a,b: Stoma im Petiolulus, Bild 18b mit Beschriftung; Vergrößerung 400x, Stapel aus je 19 Bildern



Wir sehen ein Stoma vom Coniferen-Typ, das in der Epidermis eingesenkt liegt und über einen kleinen Vorhof verfügt. Der dahinter liegende Interzellularraum ist recht klein gehalten.

Vielen Dank fürs Lesen, Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Detlef Kramer

Lieber Jörg,

Deine Motivation und Fleiß sind ungebrochen und die Beherrschung der Technik kann man nur als perfekt bezeichnen. Ein kleiner Diskussionspunkt. Nach meiner Kenntnis liegt das Transfusionsparenchym innerhalb der Endodermis (s. S. 542 im Esau). Nun ist die Verzweigung in diesem Fall etwas komplizierter, als bei der Kiefernnadel. Ich meine aber dennoch, dass es sich bei den Tracheensträngen außerhalb der Endodermis einfach um abgehende Leitbündel in die Fiederblättchen handelt. Was meinst Du?

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

Vorstellung: Hier klicken

Fahrenheit

#3
Lieber Detlef,

vielen Dank für Dein Lob! Das freut mich immer besonders. :)

Und - Hurra! - eine Anatomie-Diskussion! Das freut mich fast noch mehr.  :)

Ich habe natürlich auch gleich zum Esau gegriffen, den ich dank Dir und der Buchbinderin nun wieder in bester Verfassung im Regal habe.

Esau beschreibt auf Seite 328, nach allgemeinen Bemerkungen zur Anatomie der Transfusionsgewebe in der ersten Spalte ab dem dritten Absatz deren Vorkommen (Tranfusionsparenchym und Transfusionstracheiden) in verschiedenen Gattungen der Gymnospermen. U.A. zu Cycas heisst es:

ZitatBei Podocarpus (Griffith, 1957), Darcrydium (Lee, 1952) und Cycas (Lederer, 1955) ist außer dem Transfusionsgewebe, das mit dem Leitbündel verbunden ist, ein sogenanntes akkzessorisches Transfusionsgewebe beobachtet worden. es setzt sich aus gestreckten Zellen zusammen, von denen manche, die man als Tracheiden bezeichnet, vom Nerv bis in das Mesophyll reichen. Über die Herkunft und Funktion des Transfusionsgewebes liegen nur ungenügende Informationen vor; allgemein wird angenommen, daß das Gewebe für Translokationsprozesse zwischen Leitbündel und Mesophyll benötigt wird.

Das Transfusionsgewebe aus lebenden Zellen ist im ungefärbten Schnitt nur schwer zu erkennen und in meinen gefärbten Schnitten kaum von den Zellen des Schwammparenchyms zu unterscheiden. Ich habe also auf die separate Benennung verzichtet und bin mit den rot gefärbten Transfusionstracheiden ins Rennen gegangen, die auch dank ihrer Tüpfel gut unterscheidbar sind. Hier auf Basis des Bildes 12d der Versuch einer differenzierteren Betrachtung:

Bild 19: Transfusionsgewebe mit Parenchym und Tracheiden im Mesophyll von Cycas debaoensis


In Botany for Degree Students - Gymnosperms finden wir auf Seite 244 die folgende Zeichnung eines Fiederblättchens von C. circinalis im Querschnitt:

Bild 20: Bildzitat aus Botany for Degree Students - Gymnosperms


Hier wird der Begriff des akzessorischen Transfusionsgewebes ebenfalls aufgenommen, die Lage der Zellen gleicht der beim hier gezeigten C. debaoensis.

Im Unterschied zu den anderen Gattungen werden die Fiederblättchen der Gattung Cycas in Cycads of the World mit einer ausgeprägten Mittelrippe beschrieben, ein Bestimmungsmerkmal für die Gattung. (S. 127 ff). Hier haben wir tatsächlich den altertümlichen Bau mit dem an den Seiten der Mittelrippe flächig bis ins Mesophyll reichenden Transfusionsgewebe. Die moderneren Arten hingegen verfügen über separate diskrete Leitbündelsysteme, die die Blattspreite versorgen.
Ich denke also, dass die alte Annahme aus dem Esau korrekt ist: in den Transfusionsgeweben findet der Stofftransport vom und zum Leitbündel statt, getrieben alleine durch das Konzentrationsgefälle in den Transfusionstracheiden und ggf. aktiv im plasmareichen Transfusionsparenchym, das man eventuell als Vorläufer eines Phloems bezeichnen könnte.

Das gleiche Bild zeigt sich in allen von mir bisher präparierten Cycas-Arten:

Bild 21: Cycas rumphii im Vorgriff auf einen kommenden Artikel


Bild 22: Cycas revoluta von einem alten Bild, hier sind die Transfussionstracheiden mit dem schönen Tüpfelbild noch einfach als "Pa" gekennzeichnet


Beim der moderneren Zamia furfuracea schaut das z.B. anders aus, da gibt es auch keine Mittelrippe:

Bild 23: Zamia furfuracea


Ich hoffe, das passt.

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

es ist schon über eine Woche her, dass Du den Beitrag zum Debao-Palmfarn eingestellt hast.
Lobende Worte sind aber nie zu spät.

Dir ist wieder einmal ein super Thread gelungen. Schnitte und die Dujardin Grün - Färbung sind perfekt.
Der Botanische Garten der Universität Bonn ist für einen Mikroskopiker sicher ein Paradies.

Gruß

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

<a href="http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=2650.0" target="_blank">Hier geht es zur Vorstellung</a>

Gerne per "Du"

Reinhard

Hallo Jörg,

wie gewohnt, einzigartige Bilder mit hohem "Neidpotenzial" :( :(
Danke auch für die detaillierte Arbeitsanleitung; damit kann ich in gefühlten 50 Jahren locker "gleichziehen".  8) 8)

viele Grüße
Reinhard
seit wann ist Kunst ein Fehler ?



-----------------------------------------------------
www.mikrochemie.net

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen, lieber Reinhard,

vielen Dank für Euer Lob!

Ja, ein Botanischer Garten ist auch für den botanischen Laien eine sehr schöne und nützliche Einrichtung, besonders wenn er wie der Bonner und der Darmstädter Garten dem Besuche auch die Möglichkeit gibt, Proben zu nehmen.
Wenn man sich für eine bestimmte Pflanzengruppe interessiert und verschiedene, normalerweise über die halbe welt verteilte Arten untersuchen möchte, geht es ohne solche Einrichtungen gar nicht. Selbst hin reisen ist halt teuer ... obwohl es schön wäre ;)

50 Jahre wird es nicht brauchen. Das ist ein einfaches Handwerk und wenn Du es ein paar mal gemacht hast, weisst Du wie es geht. Wenn Du es häufiger machst, kommt die Erfahrung, die meist durch Fehlschläge errungen wird.  ;D Dann weisst Du, was wo nicht geht oder leicht abgewandelt werden muss.
Allgemein gilt: einfach anfangen und nachfragen, wenn es irgendwo klemmt. Efeu ist nach meiner Erfahrung ein guter Ausgangspunkt: er kommt überall vor und ist vergleichsweise leicht zu schneiden - hat aber auch eine interessante Anatomie.

Euch beiden herzliche Grüße
Jörg

Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Detlef Kramer

Hallo,

ich möchte noch einmal kurz zu dem Problem Stellung beziehen. Jörgs Antwort auf meine kritische Frage ist hervorragend recherchiert und in sich schlüssig. Es kann eben wirklich in die Irre führen, wenn man die Definitionen von Strasburger u. Co. vom Ende des 19. Jahrhunderts vor sich her trägt und dabei vergisst, dass die Sache auch weiter gegangen ist. Ich will es mal so zusammenfassen: Neben dem Transfusionsparenchym innrerhalb der Endodermis, resp. Bündelscheide gibt es bei einigen Cycadeen eben auch Transfusionsgewebe, die nicht innerhalb von Leitbündeln liegen. Das ist hoch interessant und weist auf die besondere Stellung der Cycadeen im System aus anatomischer Sicht hin aber auch im Bezug auf die Evolution der Angiospermen (Bedecktsamige Blütenpflanzen), die sich ja aus dieser Ecke des Systems entwicklelt haben. Ich freue mich auf weitere Beiträge zu diesem Thema. Jörg wird das sicher perfekt machen!

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

Vorstellung: Hier klicken

Fahrenheit

Lieber Detlef,

danke für Deine Rückmeldung!

Ich habe ja noch Bilder von Rumpfs Palmfarn (Cycas rumphii) fertig, die ich in den kommenden Tagen ins Forum stellen möchte. Rumpfs Palmfarn hat für Cycas ein sehr derbes Blatt, Längsschnitte sollten also machbar sein. Nach entsprechender Freigabe würde ich noch mal ein Fiederblättchen entnehmen und schauen, wie das aussieht: wir müssten ja eine mehr oder weniger durchgehende Reihe Transfusionstracheiden finden, die dann quer angeschnitten sind.
Eventuell bekomme ich auch Kontakt zu der Dame, die die Palmfarne betreut und würde dann einmal nachfragen.

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM