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Frage(n) zur Histologie

Begonnen von hebi19, Januar 23, 2017, 13:36:59 NACHMITTAGS

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hebi19

Ich habe mich seid der Schulzeit (also knapp 40 Jahre) nur hobbymäßig mit Biologie beschäftigt.
Im mirkoskopischen Bereich dank der Kurse und Nachmittage in Darmstadt bisher vorzugsweise mit botanischen Themen.
Jetzt möchte ich aber auch ein wenig in die zoologische Histologie reinschnuppern und habe dazu Fragen:

1. sind die Gewebe bei großen und kleinen Tieren größenmäßig gleich oder ähnlich aufgebaut?? Das heißt zum Beispiel, sind die Leberzellen eines Rindes und einer Maus in etwa gleich groß und eine Maus hat entsprechend weniger, oder ist der Feinbau im selben Verhältnis auch kleiner??

2. Natürlich ist mir bekannt, dass sich Gewebe vom biologischen Tod an anfängt zu verändern. Kann ich trotzdem von "normalen Schlachtteilen" (Leber, Niere, Lunge, Schweinehaut, Zunge etc) noch aussagekräftige Präparate erhalten? Gibt es irgendwo Hinweise, welche Teile sich wie schnell verändern??

Gefunden habe ich im Forum zu diesen Fragen bisher nichts, links wären genauso willkommen wie Antworten.
Grüße von
Martin alias hebi19

Motic BA-300, div Lomo, Stereo-Mikroskop noname

Florian Stellmacher

#1
Hallo Martin,

obwohl es bei bestimmten Gewebearten (z.B. Muskulatur bei Insekten) typische feingewebliche Unterschiede zwischen verschiedenen Tieren und dem Menschen gibt, ähneln sich die Zellen jedoch bei den verschiedenen Organen weitgehend. Eine Schweineleber wirst Du nicht von einer menschlichen unterscheiden können. Bei der Maus würdest Du dich über die seltsamen Granulozyten wundern, aber ansonsten besteht kein wesentlicher Unterschied.

Es gibt Gewebe, die relativ schnell durch Autolyse, also noch bevor die Verwesung einsetzt, soweit verderben, dass eine mikroskopische Untersuchung kaum Sinn macht, wie bei der Bauchspeicheldrüse, Darm oder etwas später bei der Niere und Nebenniere, allgemein bekommst Du aber auch beim Schlachter geeignetes Material für die Histologie. Je frischer desto besser. Kennst Du vielleicht einen Jäger oder kommst an ganz frischen Schlachabfall heran, den Du schnell fixieren könntest? Das gibt die schönsten Ergebnisse.

Herzliche Grüße,
Florian

Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

hebi19

Hallo Florian

Vielen Dank für Deine Hinweise. Die helfen mir gut weiter und machen mich "richtig glücklich".
Ich werde mal zum hiesigen Kleintierzuchtverein Kontakt aufnehmen.
Da ist sicherlich möglich ganz frisches Material von Kaninchen, Hühnern und Tauben zu bekommen.
Wenn das Kaninchen aussagekräftig und typisch für Säugetiere ist brauch ich nicht groß Alternativen.
Den Karfreitags-Karpfen hole ich beim Teichwirt meines Vertrauens (früherer Kollege) aus dem Teich in der Oberpfalz - also auch ganz frisch.
Da hab ich dann schon Frisch-Material von wichtigen Vertebraten-Klassen.
Und Haut (Schwarte) vom Schwein werde ich vom Schlachter versuchen.

Also, auch die zoologische Histologie hat keine größeren Hindernisse für den Hobby-Biologen.

Grüße
Martin




Grüße von
Martin alias hebi19

Motic BA-300, div Lomo, Stereo-Mikroskop noname

Detlef Kramer

Lieber Martin,
ZitatAlso, auch die zoologische Histologie hat keine größeren Hindernisse für den Hobby-Biologen.

Im Prinzip ist Deine Schlussfolgerung richtig. Du musst nur darauf achten, dass Du das Material wirklich ganz frisch erhältst. Du musst also beim Schlachtvorgang daneben stehen und Dein Gläschen mit dem Fixierungsmittel bereit halten, ersatzweise einen Dewar mit Eis. Viel Erfolg, eigene direkte Erfahrung habe ich keine.

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Jenz

Hallo Martin,

die Unterschiede sind tatsächlich sehr gering, jedenfalls innerhalb der Säugetiere. In der Histologie-Ausbildung der Mediziner werden teilweise sogar tierische Gewebe verwendet, bspw. kann man in Schweineleber die histologischen Baueinheiten aufgrund etwas mehr Bindegewebe etwas besser abgrenzen als in menschlicher Leber.

Aber am Ende sind eben die Grundtypen der Gewebe -von der Darmschleimhaut bis zur Hirnrinde- mikroskopisch sehr-sehr ähnlich.
Selber brauchbare histologische Präparate anzufertigen stelle ich mir aber sehr schwierig, sehr aufwendig vor.
Wenn Du da was vernünftiges sehen willst, müsstest Du wohl fixieren, dann in Paraffin einbetten, sehr dünn und gleichmäßig schneiden (ich denke Du brauchst mindestens ein Handmikrotom), färben und eindeckeln. Das alles umfasst viele Zwischenschritte (Gewebsentwässerung, Entparaffinierung, nochmal Entwässern nach dem Färben usw.) und lohnt sich für den Heimgebrauch sicher nicht -meiner Einschätzung nach.

Abgesehen davon ist (die normale) Histologie ziemlich langweilig, finde ich jedenfalls.
Mit etwas Glück kannst Du auf einem Flohmarkt einen Präparate-Kasten aus einer alten Lehrmittelsammlung kaufen. Oder Du fragst mal in einem anatomischen Institut einer medizinischen oder veterinärmedizinischen Fakultät.

Viele Grüße
Jens

hebi19

Hallo Detlef

Ganz so "eilig" ist ja für einiges an Gewebe das Material nicht ins Fixiermittel zu bringen, nach Aussage von Florian.
Bei den Kaninchen und Hühnern kann ich aber sicherlich "beim Ableben" direkt dabei sein.
Außerdem bin ich noch mindestens 6 Jahre im Außendienst unterwegs - da begegnet man manchmal täglich frischtoten ehemaligen Lebewesen die an einer Stelle ziemlich plattgefahren wirken. Wenns kein "Jagdwild" ist könnte man da ja fündig werden.......


Hallo Jens

Als Arzt hast Du zumindest in der Ausbildung die Histologie zur Genüge "genossen". Die Frage ist halt grundsätzlich "was lohnt sich zum Hausgebrauch ??" Die Antwort ist wohl ähnlich der auf die Frage, braucht man als Mikroskopiker mehr als ein Mikroskop im parallelen Faden. Wahrscheinlich reizt mich vor allem die Herausforderung. Die Hobbyastronomen bauen sich riesig teures Equipment auf, um Dinge zu sehen oder auch zu fotografieren, die jeder Astronomie-Bildband viel größer und atemberaubender zeigt. Wahrscheinlich ist ein Satz von 25 professionellen Präparaten z.B. von Fa. Lieder trotz 3-stelligen Europreises eventuell günstiger und wahrscheinlich qualitativ besser wie meine ersten 25 Eigenversuche (wenn es denn überhaupt soviele werden....).
"Der Weg ist das Ziel" für mich als Hobby-Biologen - glücklicherweis "muss" ich keine Ergebnisse erzielen.

Das mit einem "Präparatekasten" scheint außerdem zusätzlich in greifbare Nähe zu rücken....ein guter Tipp von Dir. Danke.
Grüße von
Martin alias hebi19

Motic BA-300, div Lomo, Stereo-Mikroskop noname

JB

#6
Hallo Martin,

Ausserdem lohnt es sich, auch ueber Wirbellose nachzudenken. Durch die teilweise geringe Groesse kann man die Tiere vollstaendig einbetten und die Organe in ganzer Groesse und im Kontext sehen. Bei Schlachtorganen sieht man dagegen aus Platzgruenden i.d.R. nur einen kleinen Ausschitt des Organs.

Interessant sind beispielsweise alle Arten von Wuermern http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=10073.0 sowie Insekten (frisch geschluepfte Heuschrecken, Mehlkaefer oder Fliegen aus dem Zoohandel).  http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=14099.0 Dazu zwei Literaturtips:

Seifert, G. (1995): Entomologisches Praktikum
https://images-na.ssl-images-amazon.com/images/I/714IBnoWX7L.jpg
Kükenthal - Zoologisches Praktikum (zahlreiche Auflagen; die alten Buecher enthalten z.T. andere Organismen und sind deshalb ebenfalls lesenswert)
http://thumbs4.picclick.com/d/l400/pict/151582258343_/DDR-Fachbuch-Lehrbuch-Leitfaden-f%C3%BCr-das-Zoologische-Praktikum-aus-1950.jpg

Aus dem gleichen Grund lohnt es sich, nach sehr kleinen Wirbeltieren zu suchen (Sie haben ja 6 Jahre Zeit), insbesondere kleinen Fischen und (besonders schwer zu beschaffenden) Mausembryonen. http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=10686.0

Viel Erfolg,

Jon

hebi19

Hallo Jon

Danke für deine Tipps. Der Seifert steht bei mir im Schrank und den Kükenthal hatte ich mal aus der Bibliothek ausgeliehen. Den Artikel aus dem MikroKosmos über die Schnitte des kompletten Neonfisches habe ich als pdf. Das "begrenzende Element" ist für mich definitiv die Zeit - und ob das in 6 Jahren dann tatsächlich besser wird bezweifeln ja fast alle Rentner hier im Forum....
Die Biologie ist derartig gewaltig, dass man wahrscheinlich mehrere Leben bräuchte, um sie auch nur einigermassen im Ganzen zu erfassen. Aber wir können uns an einem kleinen einzelnen Blick auf ein nur kleines Element erfreuen, egal ob das eine kleine Blume im Meer einer Bergwiese ist oder die Anbindung der Bein-Nerven an das Oberschlundganglion in einer Stabheuschrecke......

schönen Tag noch

Martin
Grüße von
Martin alias hebi19

Motic BA-300, div Lomo, Stereo-Mikroskop noname