Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler

Begonnen von Apochromat, August 13, 2009, 22:02:53 NACHMITTAGS

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Apochromat

Manchmal findet man eine schöne Methode, freut sich, dass diese keiner mehr kennt und benutzt sie seit Jahren. So ist es auch bei diesem Apertur-Messverfahren, welches sehr genau ist und fast ohne Hilfsmittel auskommt. Ich habe auch ein echtes Apertometer nach Abbe von CARL ZEISS, Jena. Es ist sehr einfach zu benutzen, funktioniert mit allen Mikroskopen und liefert die gleichen Messwerte.

Die Methode stammt von August Köhler und wurde 1928 bei Julius Springer in Berlin veröffentlicht (wer findet heraus, um welche Quelle es sich handelt?). Ich habe diese jedoch ausgebaut und so abgewandelt, das man die Messung und Rechnung einfacher durchführen kann. Für die Originalmethode wird ein Tubus mit verstellbarem Auszug benötigt, sowie eine Mattscheibe identisch in optischer Dicke zum verwendeten Objektträger des selbsthergestellten Hilfspräparates (siehe unten).

Die Idee ist einfach: Der Durchmesser der scharfgestellten Austrittspupille des zu vermessenden Objektives wird in Beziehung gesetzt zum Durchmesser der Austrittspupille eines Objektives bekannter Apertur. Apertur und Durchmesser der Austrittspupille stehen in einer geometrischen/ mathematischen Beziehung zueinander. Die Berechnung vereinfacht sich stark, wenn man ein Objektiv der Apertur von genau 1.0 als Referenzobjektiv verwenden kann. Man benötigt ausserdem ein Fokussierpräparat, ein Hilfsmikroskop, eine Projektionsfläche und einen Messtab. Die Lichtquelle muss sehr hell sein. Wer ein Mikroskop, z.B. von ZEISS mit OPTOVAR/ Betrandlinsenoptik zur Abbildung der hinteren Brennebene (z.B. ein UNIVERSAL, PHOTOMIKROSKOP oder ULTRAPHOT) besitzt, kann die Austrittpupillendurchmesser dokumentieren und sehr genau im Bild ausmessen. Man kann, wie oben kurz angerissen, aber auch ein Bild an die Decke projizieren und es dort mit einem Lineal/ Zollstock o.ä. messen.

Das Verfahren eignet sich aus praktischen Gründen vor allem für Öl- Immersionen oder mit Öl verwendbare Multimmersionen (diese müssen mit ihrem Korr-Ring exakt eingestellt sein). Man könnte auch ein anderes Referenzobjektiv wählen und Trockenobjektive vermessen, was aber den Gebrauch der Formel erschwert. Bei Ausmessung von Ölimmersionen benötigt man einen Kondensor, welcher die Apertur voll ausleuchtet, idealerweise also einen achr. apl. Immersionskondensor n.A. 1.4 Oil.

Methode: Man stellt sich zunächst ein Präparat her, welches es gestattet, eindeutig scharf zu stellen. Dies ist wichtig, da beide Objektive (Referenz und Vermessung) in der gleichen Fokuslage sein müssen. Ich habe herausgefunden, das man ein Decklas mit einem schwarzen feinen Filzstift (z.B. wie er zum Beschriften von CDs/DVDs empfohlen wird) versehen kann. Das so mit einem kleinen Strich markierte Deckglas wird mit der Markierung nach unten mittels Knetgummi- oder Wachsfüsschen auf einen Objektträger aufgepresst (nein, man braucht keine Schliffpresse). Dieses Luftpräparat sollte nur eine verschwindend dünne Luftschicht (Luftspalt) besitzen. Der Luftspalt verhindert, das die Apertur über 1.0 hinaus ausgeleuchtet wird. Zunächst wird das Referenzobjektiv mittels Immersionsöl mit der Deckglasoberseite verbunden, ebenso der Kondensor mit der Objektträgerunterseite. Dann wird die Beleuchtung nach Köhler eingestellt, jedoch hernach die Aperturblende wieder vollständig geöffnet, da ja die volle Apertur bestimmt werden soll. Jetzt geht man zur Pupillenbeobachtung mit Hilfsmikroskop, OPTOVAR oder Betrandlinse über und stellt auf den Rand des hellen Kreises den man genau in der Austrittspupille des Mikroskopobjektives findet, exakt scharf. Dieser Durchmesser wird ausgemessen (Projektion oder Aufnahme; bei einer alten Spiegelreflexkamera kann mann auch die Rückwand öffnen und in die Filmebene ein Mattglas/ Linsenpapier (glatt) legen und hier den Durchmesser abnehmen). Nennen wird diesen Durchmesser beim Referenzobjektiv der Apertur 1.0 "D1". Zur Messung der unbekannten Apertur muss das nun verwendete Objektiv auf das gleiche Präparat fokussiert werden. Es wird jetzt jedoch zuvor der Luftspalt mit Öl gefüllt, um die Apertur voll auszuleuchten und sehr genau aber schnell fokussiert (die Markierung verschwindet rasch). Diesen Durchmesser nennen wir D2.
Die Formel ist einfach: n.A.= n x sin alpha (wird hier nicht direkt gemessen)= D2/ D1. Später hat Köhler noch andere Gedanken zu dieser Methode geäußert und weitere Berechnungen dazu angestellt.

Ich finde dieses Verfahren sehr brauchbar. Es ist ohne weiteres möglich, die Apertur bis auf die zweite und sogar die dritte Dezimale genau zu bestimmen, wenn man sehr sorgfältig arbeitet.




Gruss

MZ

hinrich husemann

Hallo Herr Zölffel,
sehr interessantes Thema; vor ein paar Jahren (MK 2005) habe ich mich auch mal mit verschiedenen Methoden zur Messung Numerischer Aperturen - meist mehr mit "Bordmitteln" - beschäftigt. Ihr hier beschriebenes  - an sich sehr elegantes - Verfahren ist aber eben "nur" eine Relativmethode, d.h. man muss der NA des Referenzobjektives vertrauen können (schon wegen der dritten Dezimalen). Aber sehr schön, dass jemand auch mal solche etwas "fundamentaleren" Themen anschneidet.
Freundliche Mikrogrüsse
H. Husemann

Apochromat

#2
Ich bestimme die Apertur "nur" bis auf die 2. Dezimale, was praktisch völlig reicht. Um auf die Dritte Dezimale zu gelangen, muss man die Apertur des Referenzobjektives mit anderen Mitteln bestimmen (lassen).

Die von Köhler angegebene Messmethode ist gerade für den Planapo 63 und 100 wertvoll, da es hier interessant ist, den genauen Wert zu kennen. Bei ZEISS sind bei diesen beiden Objektivtypen die Aperturen stets etwas höher als aufgraviert.
Die Apertur des Planapo 63/1.4 ist meist 1.41, die des Planapo 100/1.3 liegt so um 1,35 und besser.
Ein NEOFLUAR 100/1.30 hat aber stets die Apertur von 1.30, der APO 100/1.32 immer 1,32 und der Planapo 40/1.0 Oil bei allen, die ich messen konnte, genau 1.00.

Gruss

MZ

peter-h

Ein sehr interessantes Thema !

Und nun habe ich eine Frage zur Apertur von einem Kondensor. Bei meinem alten Dunkelfeldkondensor von CZJ steht nur Kardioid-Kond. drauf.  Keine weitere Angabe. Als Kond. für Ölimmersionen hat er sicher 1,2 - ?  Aber wie messen.

Ein weiterer sehr alter Quarzkondensor CZJ (abgebildet im Michel 1962 2.Aufl. Seite 360) hat austauschbare Frontlinsen, aber leider ohne jede weitere Angabe. Vermutlich kann ein Frontelement immergiert werden.

Gibt es mit "Bordmittel" oder einfach zu realisierenden Methoden eine verläßliche Meßmethode?

Mit freundlichen Grüßen
Peter Höbel

hinrich husemann

#4
Vielleicht noch eine "unabhängige" Methode zur Bestimmung der NA von Objektiven, überwiegend mit "Bordmitteln" und auch wohl mehr von "didaktischem" Wert: Eine direkte Anwendung der Abbe´schen Theorie, quasi in ihrer "Urform". Als Objekt ein Gitter in Form eines Objektmikrometers (mit möglichst langen Teilstrichen), Gitterkonstante g = 10,0 µm. Gerade Beleuchtung (am einfachsten ohne Kondensor, mit eng zugezogener Leuchtfeldblende) durch ein möglichst engbandiges Filter mit bekanntem Wellenlängenschwerpunkt; ich habe dazu ein "testiertes" Interferezfilter mit Vakuum-Wellenlänge lambda(v) = 546 nm grün von ZEISS. Nach dem Fokussieren betrachtet man durchs Hilfsmikroskop die Aperturblende des Objektivs. Infolge der Beugung am Objektgitter zeigen sich innerhalb dieser, aufgereiht auf einer Linie in jeweils gleichen ! Abständen (Sinusbedingung!) für jede Beugungsordnung die Bilder der Lichtquelle als kleine runde leuchtende Flecke. Sie stellen quasi die Skala einer "Meßlatte" zur Messung des Radius R der (scharf sichtbaren) Aperturblende - und damit ein Apertometer - dar. Die "Einheit" dieser Skala (zu messen von Mittelpunkt zu Mittelpunkt benachbarter Beugungsflecke) entspricht dem Quotienten  lambda(v)/g (Die Ableitung spare ich mir hier). Die Numerische Apertur des Objektivs ergibt sich zu NA = k x lambda(v)/g , wenn k der mit dieser Skala gemessene Aperturblenden-Radius R ist. (Den "groben" Wert von k erhält man einfach durch Abzählen der auf dem Radius liegenden Lichtquellenbilder. Deren Helligkeit variiert periodisch, was vom Verhältnis von Steg-zu Spaltbreite des Objektgitters abhängt.) Beispiele: Für ein Objektiv 40/0,95 sollte man unter den hier gegebenen Bedingungen k = 17,4 (also 17 volle Beugungsordnungen!) finden, für ein 10/0,22 k = 4,0. Ich habe es ausprobiert; es funktioniert erstaunlich gut. Genauere Werte bekommt man z.B. beim  Fotografieren mit der "Digi-Knipse" durchs Hilfsmikroskop und Vermessen am Bildschirm des Rechners.
Also alles "ABBE pur".  
Freundliche Mikrogrüsse
H. Husemann


Nachträgliche Ergänzung: Wenn man Gitter mit wesentlich kleinerer Gitterkonstante als Objekt nimmt, bekommt man u.U. bei der Bestimmung der NA schwächerer Objektive Schwierigkeiten. Es geht gar nicht mehr, wenn das Gitter nicht mehr aufgelöst werden kann, was bei der hier benutzten geraden Beleuchtung bedeutet, daß die Gitterkonstante größer sein muss als g(grenz) = lambda(v)/NA(Objektiv). Sonst werden nicht mal mehr die +/- 1. Beugungs-Ordnungen vom Objektiv eingefangen.

peter-h

Hallo Herr Husemann,

eine tolle Anleitung, aber ich stehe irgendwie auf dem Schlauch  ???

Meine Bildchen:
mit Zeiss Interferenzfilter 546nm (Hg) , ohne Kondensor, Leuchtfeldblende soweit wie möglich zugezogen, Objektmikrometer mit 10µm Teilstrichen, Hilfsmikroskop, Aufnahme mit CCD-Kamera mit Objektiv 22mm.


Zeiss PlanApo 10/0,32


CZJ Apo 40/0,95

Einige Reflexe kommen durch das spiegelnde IF Filter.

Was mache ich nur falsch?

Viele Grüße
Peter Höbel

hinrich husemann

Hallo Herr Höbel,
haben Sie wirklich die ganze Aperturblende des Objektivs im Bild? Sieht man ihren Rand? Ich verstehe Ihre Bilder nicht ganz; wie ist ihre Anordnung?  Haben Sie das Okular gegen ein Hilfsmikroskop getauscht? Mir scheint es nicht so! Schauen Sie, falls Ihnen zugänglich, mal in den MK 2005 Seite 343 (Heft 6), dort sind die vollständigen Bilder zu sehen!
Bis auf Weiteres, ich bin gespannt, freundliche Mikrogrüsse
H. Husemann

peter-h

Hallo Herr Husemann,
ich hoffe die kleine Zeichnung bringt Licht ins Dunkel und deckt meinen Fehler auf.



Schöne Grüße
Peter Höbel

hinrich husemann

Wo wir aber schon mal dabei sind: Das einfachste Verfahren wäre - zumindest im Prinzip - die schlichte Benutzung der Kondensorblende. Der Kondensor sei konstruktionsgemäß eingerichtet (also gegebenenfalls auch immergiert), die Leuchtfeldblende genügend geöffnet. Das Mikroskop mit dem zu messenden Objektiv wird "ordnungsgemäß" auf ein kleines Objekt fokussiert. Die Kondensorblende (bzw. ihr "leuchtendes Loch") wird dann durch Kondensor und Objektiv in die hintere Brennebene des Letzteren, wo sich auch dessen Aperturblende befindet, abgebildet. Man betrachtet die Aperturblende zweckmäßig durch ein Hilfsmikroskop und verstellt die Kondensorblende so, dass ihr Rand (bzw. dessen Bild) gerade eben hinter dem Rand der Aperturblende des Objektivs verschwindet. Dann sind die wirksame Apertur des Kondensors und die des Ojektivs genau gleich. Wäre die Kondensorblende präzise bezüglich ihrer wirksamen NA z.B. durch eine Skala kalibriert, könnte man direkt ablesen und das Problem wäre "gegessen".

Dem ist aber i.A. nicht so. Man benötigt ein zweites Objektiv bekannter NA als Referenz. Prozedere: Man bringt zunächst das schwächere Objektiv (NA(1) kleiner) "ordnungsgemäß in Stellung" und stellt die Kondensorblende wie beschrieben auf eben Verschwinden ein. Dann wechselt man das stärkere Objektiv (NA(2) größer) ein. Das Bild der Kondensorblende erscheint wieder innerhalb der Aperturblende des Letzteren. Man mißt seinen Radius r(1) auf geeignete Weise (s.u.) aus und öffnet die Kondensorblende voll. Dann bestimmt man analog den Radius r(2) der Aperturblende des stärkeren Objektivs. Ihre beiden Numerischen Aperturen verhalten sich dann : NA(2) : NA(1) =  r(2) : (r(1) . Das Messen von r(1) und r(2) kann wieder, wie schon oben beschrieben, z.B. durch Projektion o.Ä. erfolgen.
Meiner Meinung nach hat das Verfahren den Vorteil, dass man in der Aperturebene nur eines Objektivs misst.
Aperturselige, freundliche Mikrogrüsse
H. Husemann

Nomarski

#9
Guten Tag, die Herren!

Ich verfolge interessiert mit:
Also doch mit Kondensor!
Der letzte Beitrag von Herrn Husemann deckt sich ja wieder mit der Anleitung nach Herrn Zölffel!
An Herrn Höbels Stelle hätte ich den Versuch auch ohne Kondensor gemacht.

VG
B.W.

hinrich husemann

Hallo Herr Höbel,
mich wundert, dass man soviel "rundherum" sieht! Steckt ihr Hilfsmik. nicht "ordnungsgemäß" anstelle des Okulars oben im Tubus? Wenn Sie die Sache aus zu großer Entfernung betrachten, fangen Sie wegen ihrer Divergenz nicht mehr alle Maxima (Lichtquellenbilder) ein, d.h. Sie erfassen nicht mehr voll die Aperturblende! So jedenfalls mein Eindruck!
Leicht verwirrte,dennoch freundliche Mikrogrüsse
H. Husemann

Nomarski

Hallo Herr Husemann,

muß man denn nach Ihrer Methode mit oder ohne Kondensor arbeiten?
Sie haben geschrieben "(am einfachsten ohne Kondensor...)"
So hat es der Herr Höbel ja auch ausgeführt.

Viele Grüße
B.W.

hinrich husemann

#12
Hallo Herr Wainzyk,
so wie ich es verstanden habe, benutzt das Verfahren von Herrn Zölffel nicht die Kondensorblende als Vergleichsobjekt, sondern misst die Radien der Aperturblenden an jedem Objektiv gesondert. Bei dem von mir beschriebenen Verfahren wird nur beim gleichen (dem stärkeren) gemessen.
Rein intuitiv - ich habe noch keine längeren Überlegungen gemacht - erscheint mir das als "sicherer".

Wenn man mit Kondensor arbeitet, müsste man dessen Blende möglichst eng zuziehen. Meist bleibt das "Loch" aber zu groß, und seine Bilder in der Aperturblende überschneiden sich.

Auch für andere Mitleser: Um eventuellen Mißverständnissen vorzubeugen: Der erste Teil ("Wo wir aber schon mal..") ist selbständig und bezog sich nicht auf das vorangehende Posting von Herrn Höbel; das hat sich einfach während des Schreibens überkreuzt.

Freundliche Mikrogrüsse
H. Husemann

Nomarski

#13
Hallo Herr Husemann,

zum einen muß man nun aufpassen, daß man die verschiedenen Blenden nicht durcheinanderwürfelt, das passiert ganz schnell. Zum anderen denke ich auch, daß es nicht sinnvoll ist, den mechanischen Blendendurchmesser zu bestimmen bzw. miteinander zu vergleichen. Dieser ist ja zumindest im Kondensor veränderlich und im Objektiv fest, sofern es sich nicht um ein Objektiv mit Iris handelt.

Herr Zölffel schreibt ja schonmal, daß man einen Kondensor der höchsten Apertur benutzen soll, also mit 1,4.
Das leuchtet auch ein, damit nämlich alles an Lichtstrahlen der Beleuchtung in das Obkektiv gelangen kann, denn mit einem niederaperturigen Kondensor ließe sich die hohe Apertur des Objektives auch nicht ausnutzen bzw. ausleuchten.

Gruß
B.W.

hinrich husemann

Nur kurz: Es werden keine mechanischen Blenden gemessen, sondern ihre Bilder in der hinteren Brennebene des Objektivs verglichen. Dort aber stellen ihre die jeweilige Apertur dar.
M.F.G.
H. Husemann