Kleine Frage an die Leitzianer

Begonnen von Piper, März 18, 2017, 15:07:56 NACHMITTAGS

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Piper

Hallo,

finde gerade nicht den alte Thread, in dem die gängigen Objektivgravuren von Leitz zusammengestellt sind, möchte eine aktuelle Wissenslücke schließen.

Es gibt von Leitz alte Objektive für lange Arbeitsabstände, so speziell ein L 20x und ein L 32x, jeweils mit und ohne Phasenring und mit und ohne Irisblende.
Die Mehrzahl dieser Objektive ist mit einer Tubuslängenangabe versehen, meist 170/ -, was ja bedeutet, dass die Optik für TL 170 mm und Präparate ohne Deckglas gerechnet ist.

Nun gibt es aber auch äußerlich gleich aussehende Objektive, bei denen neben der Deckglasdicke auch die Tubuslänge mit einem Querstrich gekennzeichnet ist, also mit der Gravur -/-.

Was bedeutet der Querstrich anstelle einer numerischen Angabe zur Tubuslänge?

Anmerkung: Beide Varianten sind im praktischen Gebrauch an Leitz-Standardmikroskopen der damaligen Zeit gleichermaßen verwendbar, wobei die Fokusebenen minimal abweichen.  Ein L 32x mit der Gravur -/- zeigte an einem Orthoplan aber eine sichtbar bessere Bildqualität als das Pendant mit der Gravur 170 / -, es war vor allem perfekt randscharf bei 10-fachen GW-Okularen mit Sehfeldzahl 24. Zufall bzw. "Glücksgriff", oder technisch erklärbar?

Würde mich über eine "Aufklärung" freuen.

Schöne Grüße

Jörg

Ulf Titze

Hallo Herr Piper,

eine ähnliche Frage wollte ich auch schon immer mal hier im Forum stellen. Ich habe ein Pl Apo 40/1,0 mit der weiteren Gravur (leer)/0,17. Also dort, wo normalerweise die Tubuslänge angegeben wird, befindet sich keine Gravur. Vom äußeren Erscheinungsbild gehört das Objektiv aber in die Reihe der 170mm-Systeme. Auch dieses Objektiv ist unglaublich gut!

Vielleicht weiß jemand von den Cracks etwas über diese Exoten.

Herzlich

Ulf Titze
"Do not worry about your problems with mathematics, I assure you mine are far greater." (A. Einstein)

"Komm wir essen Opi!" - Satzzeichen können Leben retten!!!

ortholux

#2
Lierber Jörg, lieber Ulf,

die L 20 und L 32 (nicht L 20x, sonst wäre bestimmt keine Tubuslänge angegeben) und auch das erwähnte 40er sind DIE klassischen Objektive für die Inversmikroskope.
Nachdem zu Lebzeiten des Diavert auch bei Leitz die Tubuslänge der DIN angepasst wurde (beim Orthoplan verhält es sich übrigens genauso), hat man wahrscheinlich nicht für alles neue Objektive rechnen wollen. Somit kann ich mir vorstellen, daß die wesentlichen Objektive getestet wurden, ob sie für beide Tubuslängen taugen. Wenn ja, wurden sie für beide angeboten und entsprechend graviert. Oder später auch nicht mehr graviert. Das ist eine Vermutung. Welche sich durch das hoffentlich inzwischen hinlänglich bekannte Memo (http://www.science-info.net/docs/leitz/Leitz-160mm-Memo.pdf) bestätigt.

Zitat von: Piper in März 18, 2017, 15:07:56 NACHMITTAGS
meist 170/ -, was ja bedeutet, dass die Optik für TL 170 mm und Präparate ohne Deckglas gerechnet ist.

Nun gibt es aber auch äußerlich gleich aussehende Objektive, bei denen neben der Deckglasdicke auch die Tubuslänge mit einem Querstrich gekennzeichnet ist, also mit der Gravur -/-.


"-" bedeutet immer: "egal". Beim Deckglas heißt das mit oder ohne oder auch mit "dicken Deckgläsern", also Objektträgern als Deckglas, verwendbar.

Bei den inversen Mikroskopen hat man immer das Problem der unterschiedlichen "Deckglas-"dicken. Man schaut oftmals durch den Objektträger. Oder durch das Kulturgefäß, oder durch das Uhrglas, oder die Petrischale, oder durch das Reagenzglas oder den Erlenmeyerkolben.
Daher auch die irrsinnigen angegebenen Deckglasdicken.
LL Phaco1 25/0,35 0.6-1.6
NPL Fluotar L Phaco 2 40/0,60 0,6-1,6

Nimmt man im Vergleich "normale" Durchlichtobjektive so habe diese eine deutlich höhere Apertur. Damit sind sie aber anfälliger für Abweichungen in Deckglasdicke und Tubuslänge.

Die geringere Apertur schneidet die fehlerbehafteten Randstrahlen ab, reduziert aber bekanntermaßen auch das Auflösungsvermögen. Gleichzeitig wird die Scharfentiefe erhöht, was beim Tümpeln mit em inversen Mikroskop auch kein Nachteil ist.

Kurzum, diese -/- Objektive sind für 160 oder 170er Tubuslängen geeignet und Deckglas-unempfindlcih.

Wolfgang

Piper

Hallo Ulf, hallo Wolfgang,

vielen Dank für Eure Erklärungen. Ich habe das Memo von Leitz (PDF) gerade gelesen und es klärt vieles. Und dass ein Strich anstelle einer TL-Angabe nur heißen kann, "egal", also 160 oder 170 mm, leuchtet auch ein.

Also wird es wohl so sein, dass sich die L-Objektive (hier: L 32 und 20), natürlich ohne "x" :-), bei denen die TL 170 mm steht und diejenigen, bei denen stattdessen der Strich steht, bei ansonsten gleichem Aussehen auch im optischen  Design höchstwahrscheinlich nicht voneinander unterscheiden.

Folglich dürfte es dann nur dem Zufall bzw. den damaligen Fertigungstoleranzen geschuldet  sein, dass sich das eine Objektiv L 32 -/- von dem anderen L 32 170/- so sichtbar unterscheidet, wenn man die Planität des Bildes vergleicht. Dass es nur Zufall sein dürfte, ergibt sich indirekt vielleicht auch daraus, dass bei einem entsprechenden Pärchen, bestehend aus den Objektiven L 20 170/- und L 20 -/- kein sichtbarer Unterschied in der Bildqualität und Planität zu erkennnen ist.

Man könnte noch vermuten, dass die L-Objektive mit 170 mm in der Gravur älteren Datums sind, als die mit dem Strich, weil ja die 160 mm TL bei Leitz erst später kam und davor für die Angabe eines "egal" keine Notwendigkeit bestanden hat. Und wahrscheinlich findet man L-Objektive mit der Gravur -/- relativ selten, weil kurz darauf für die neueren Geräte mit 160 mm TL ja die EF L-Objektive herauskamen, bei denen die TL mit 160 mm angegeben wird.

So könnte die Historie wohl sein.

Herzliche Grüße
Jörg


Ulf Titze

Hallo Jörg, hallo Wolfgang,

Inverse Mikroskope! Die hatte ich vergessen! Gehört mein Objektiv ganz ohne Gravur bezüglich der Tubuslänge auch an ein inverses Mikroskop?



Herzlich

Ulf
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Rene

Hi Ulf, it looks similar to mine with 170mm marking, and works perfectly well on my Diavert.

Best wishes, René

Piper

Hallo Ulf,

ich gebe René Recht. Dein Objektiv sollte auch an das Diavert passen, ebenso gut aber auch an normale aufrechte Mikroskope mit 170 mm Tubuslänge (damaliger Standard), und wahrscheinlich ebenso an solche mit 160 mm Tubuslänge, auch wenn die kürzere Tubuslänge ja später kam.

Ich hatte in den späten Siebzigern mit einem Diavert gearbeitet, dessen Phasenkontrast-Objektive dieselben waren wie an den damaligen aufrechten Leitz-Mikroskopen (mit 170 mm TL); es hatte auch denselben Universal-Kondensor (402a). Daher gehe ich davon aus, dass auch Dein Objektiv an beiden Mikroskop-Typen gleichermaßen gut funktionieren sollte. Vermute, dass es angesichts der hohen Apertur und Auslegung als Ölimemrsion wahrscheinlich für Floureszenz gedacht war, auch wenn das Wort "Fluoreszenz" nicht auf der Gravur stehen sollte. Und auch das Diavert konnte für Auflicht-Floureszenz ausgebaut werden.

Schöne Grüße

Jörg