Diatomeen in Gallerthülle - Frage an die Diatomeenkundler

Begonnen von Ole Riemann, April 06, 2017, 08:29:38 VORMITTAG

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Ole Riemann

Liebe Diatomeen-Kundige,

vielleicht kann jemand der hier im Forum aktiven Diatomeen-Experten Hintergrundinformationen zu einem interessanten Phänomen beisteuern, das ich bei der Untersuchung von Diatomeen-Proben aus dem Main in den letzten Tagen beobachten konnte? Im Tümpler-Forum habe ich über zwei Diatomeen berichtet (Cymbella cf. prostrata und eine Nitzschia-Art), die gemeinsam in gallertigen Schläuchen leben (siehe http://www.mikro-tuemplerforum.at/viewtopic.php?f=25&t=555). Die relevanten Abbildungen füge ich auch hier nochmal ein.

Mich würde interessieren, ob jemand ähnliche Beobachtungen gemacht hat (eine oder gar unterschiedliche Diatomeen in gallertigen Schläuchen) und ob es hierzu Literatur gibt? Ich finde nur Informationsschnipsel im Internet, würde aber gerne wissen, ob diese Lebensweise benthischer Diatomeen jemals genauer untersucht wurde.

Besten Dank und viele Grüße

Ole



Die Oberfläche der Gallertröhren ist dicht mit Bakterien besiedelt - das lockt wohl auch die vanellide Amöbe (rechte Teilabbildung) an.




anne

Lieber Ole,
absolut faszinierende und einmalige Bilder!

Leider kann ich Dir aber nichts zu diesem Phänomen sagen.

lg
anne

limno

Hallo Ole,
absolut faszinierend, was Du da fotografiert hast! 8) 8) Da sieht nach kuschliger Koexistenz aus. Das wäre mal was, die beiden Arten unter verschiedenen Bedingungen gemeinsam als auch getrennt zu untersuchen. Welche Faktoren führen zu solch kuriosen Erscheinungen? Eine genaue Artdiagnose würde sicherlich weiterhelfen. So diatomeenkundig bin ich aber leider nicht. Ich werde aber mal im KALBE (Kieselalgen in Binnengewässern) nachschlagen, welche Nitzschia-Art Cymbella cf. prostrata in Gestalt und Ökologie am nächsten kommt.
Eine gute Nacht wünscht Euch allen
Heinrich
So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

Jürgen Ibs

Lieber Ole,

in Wolfgangs interessantem und kenntnisreichem Aufsatz werden etliche Hinweise auf die Funktion und den Ursprung der Galerte sowie auf entsprechende Literatur gegeben.

Grüße

Jürgen

http://www.protisten.de/german/docs/Helgolaender_Plankton_V2.0.pdf
Ein freundschaftliches "du" ist immer willkommen - nicht nur dadurch ist das benachbarte Skandinavien vorbildlich.

Meine Vorstellung:
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34.0

Rene

Magnificent images Ole!

There's a good article on marine forms by Piet Houpt https://link.springer.com/article/10.1007/BF02334248, of which the pdf can be had via booksc.org (working from NL), or from me.

Best wishes,
Rene.

rhamvossen

Hallo,

Dieses Phänomän habe ich für einige Wochen auch beobachten können in einer Probe aus der Fluss Maas. Beste Grüsse,

Rolf

Diatom

Lieber Autor,
die hier gezeigte, in Gallertschläuchen lebende Art hieß zunächst Monema prostratum Berkeley 1832, später Cymbella prostrata Kützing 1833, gültig ist jetzt:
Encyonema prostratum (Berkeley) Kützing 1844. Es ist also keine Cymbella!
Viele Arten-Namen dieser Gattung enden nun mit ,,um", z.B. Encyonema silesiacum – vormals Cymbella silesiaca oder Encyonema caespitosum vormals Cymbella caespitosa.
Nahezu alle Encyonema-Arten leben in Gallertschläuchen – wie Hustedt (1930) in seinem Buch:
,,Die Süßwasser-Flora Mitteleuropas, Heft 10: Bacillariophyta (Diatomaceae)" erwähnt.
Die Encyonema-Arten besitzen folgende, von Cymbella-Arten verschiedene Merkmale: Starke, dorsiventrale Schalen; Raphen-Endspalten nach ventral gebogen, proximale Raphenenden nach dorsal gebogen. Innerer Raphenspalt gerade, äußerer gebogen!
Meistens nur im REM erkennbar: innerer Raphenspalt im Bereich des Zentralknoten unterbrochen; Intermissio wird das genannt. Viele Encyonema-Arten besitzen sog. Stigmata, oft nur im REM erkennbar bei kleineren Arten. Diese Merkmale findet man bei allen Encyonema-Arten; Encyonema prostratum ist übrigens der Typus generis.
Zur Nitzschia kann man leider ohne gekochtem Material nichts Genaues sagen, weil Nitzschia-Arten in der gezeigten Größenordnung Legionen - und auch in gekochtem Zustand schwer zu differenzieren sind.
Grüße, Ditmar

Ole Riemann

Liebe Mikroskopiker-Kollegen,

besten Dank für die Rückmeldungen und Kommentare; die Situation ist mir jetzt viel klarer. Herzlichen Dank auch an Ditmar für die kenntnisreiche Korrektur der Taxonomie.

Viele Grüße

Ole