Liebe Kollegen,
nachdem mehrmals danach gefragt wurde, möchte ich Euch eine Bestimmungshilfe für die „kleinen Schwarzen“ an die Hand geben.
Die sogenannten Baby-Ortholuxe oder später die Dreiecksfüßer lassen sich relativ einfach bestimmen, auch wenn die Vielzahl der Stative zunächst recht unübersichtlich erscheint.
Ich habe zunächst eine Zeitleiste für den groben Überblick erstellt. Diese enthält nur die Hauptstative. Derivate, wie Pol- oder Auflicht-Stative werden zu einem späteren Zeitpunkt im Bestimmungsschlüssel ergänzt werden.
Der Schlüssel ermöglicht es, ein schwarzes Leitz-Stativ sicher zu identifizieren. Nicht enthalten sind Hufeisenstative, sowie Ortholux und Panphot. Es wurde versucht augenscheinliche Merkmale zur Bestimmung heranzuziehen, so daß auch eine Identifizierung eines Stativs z.B. in einem ebay-Angebot in gewissen Grenzen möglich sein sollte.
Der Artikel liest sich leichter, wenn man Zeitleiste und Schlüssel daneben liegen hat.
Download als PDF:
http://www.leitz-ortholux.de/forum/schwarze-leitz-mikroskope.pdf

Im wesentlichen kristallisieren sich fünf Stränge heraus, welche sich in vier groben Merkmalen unterscheiden.
Die fünf Stränge sind:1. Panphot
2. Ortholux
3. UNMIC bis Laborlux II
4. Dialux II und III
5. Dreiecksfüßer
Die 4 Merkmale:Fuß:
1. T-förmig – 2. dreieckig
Tubus-/Revolveraufnahme:
3. Vertikale Schwalbenschwanzführung – 4. Tubusbajonett / horizontale Führung für den Revolver
Die Evolution:Panphot und Ortholux sollen nicht Thema dieser Abhandlung sein
UNMIC bis Laborlux IIDas große Hufeisenstativ „Universalmikroskop“, kurz UNMIC, begründet 1919 eine neue Philosophie im Mikroskopbau. Es wurde das erste Mal ein modulares System eingeführt. (
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=17211.0)
Der Versuch das weltweit erste Mikroskop mit eingebauter Beleuchtung zu realisieren, brachte das MBLM (Monokular-Binokulares Laboratoriumsmikroskop) hervor (
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=11878.0). Die vertikale Schwalbenschwanzführung des UNMIC blieb und festigte eine Technologie, die im Ortholux bis ca. 1974 fortdauern sollte.
Eine kleine Ausnahme in dieser Linie bildet das ca. 1948 erschienene Laborlux I dessen Familienzugehörigkeit gestalterisch eindeutig in die MBLM – Laborlux-Familie einzuordnen ist, jedoch diese vertikale Schwalbe nicht besitzt. Tubus und Revolver sind fest mit dem Stativ verbunden.
Es geht also die direkte Ahnenlinie vom UNMIC über das MBLM über Dialux I hin zu Laborlux II.
Während das MBLM trotz eingebauter Beleuchtung noch einen Hufeisenfuß besitzt, wurden 1940 im Dialux I die Gestaltungsmerkmale des nun seit 3 Jahren angebotenen Ortholux aufgenommen (
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=24273.0). Quasi ein MBLM mit T-Fuß. Grobtrieb oben, Feintrieb unten, wechselbare Tuben und Revolver, fest montierter Tisch. Es nutzte das Ortholux-Lampenhaus.
Das Dialux I wurde nur sehr kurze Zeit angeboten, entsprechend selten ist es auch zu finden. Denkbar ist, daß sich die Kunden noch nicht vom eigentlichen Hufeisenstativ für Routineuntersuchungen lösen wollten, während für anspruchsvollere Aufgaben das universellere Ortholux bevorzugt wurde.
Das würde auch das Entstehen des Laborlux erklären.
Während das Laborlux I etwas kleiner war als das Dialux I und außerdem durch fest montierten Tubus und Revolver eine stärkere Differenzierung vom Ortholux darstellte, war das Laborlux II wieder identisch ausgestattet wie das Dialux I und hatte ähnliche Proportionen. Vielleicht war im Gegensatz zum Erscheinungsjahr des Dialux I, nämlich 1940, zwölf Jahre später, also 1952, die Zeit endlich reif für ein echtes „Baby-Ortholux“.
Dialux I und Laborlux II
Laborlux I und Laborlux IIDialux II und IIIParallel erschien 1953 das Dialux II. Ein T-Fuß jedoch mit Tubusbajonett. Ein Wolpertinger ohne klare Richtung?
Vielleicht eine Anmerkung zum Namen „Dialux“. Ursprünglich wurde dieser Namen von einem Projektor der Fa. Seibert übernommen. Später sollte er offensichtlich für jede neu entwickelte Produktlinie herhalten. Das Dialux II hat nichts mehr mit dem Dialux I gemein und ist somit keine Fortsetzung dieser Produktlinie. Die Nummerierung I - III wurde von mir gewählt um analog zum offiziell so benannten Laborlux I - III eine Unterscheidung der Dialux-Generationen zu ermöglichen.
Das Dialux II ist meines Erachtens eine Studie, die aber lt. Rolf Beck offiziell erhältlich war. Es existiert keine Literatur darüber, weder Prospekte, noch Anleitungen noch irgendeine Erwähnung in Katalogen. Außerdem kenne ich nur ein Exemplar dieses seltenen Mikroskops. Es hat jedoch eine Seriennummer. Die mir bekannten Prototypen haben keine.
Es ist recht aufwendig ausgestattet, sogar ein Wechseltisch mit Bajonetthalterung wurde spendiert. Auch das spricht gegen ein Serienmodell. Warum sollte ein kleineres Labormikroskop ähnlich universell sein wie das große Forschungsmikroskop Ortholux?
Wofür nun diese Studie? Vergleicht man das später erschienene Laborlux III d (mit Dreiecksfuß) mit dem Dialux II, so wird deutlich, wohin diese Studie führen sollte.
Dialux II und Laborlux IIIDie Serien-Variante des Dialux II, nämlich das Dialux III (
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=20365.0) wurde bereits im selben Jahr eingeführt. Der Wechseltisch verschwand und der Stativarm war aufrechter als der seines Vorgängers.
Dialux II und Dialux IIIbIm selben Jahr erschien der erste Dreiecksfüßer in Gestalt des Laborlux IIIa. (
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=15171.0)
Wenngleich auch das Dialux III 1957 noch ein Facelift erfuhr, war es eigentlich schon auf dem absteigenden Ast.
DreiecksfüßerDas Laborlux begründete eine komplett neue Designsprache. Zunächst noch mit Anstecklampe, bzw. Spiegelbleuchtung. Übrigens - für den amerikanischen Markt „Labolux“, also ohne „r“, ansonsten identisch. Vielleicht weil das amerikanische Wort "labor" mit "Mühen" und "Arbeit" belegt ist.
Noch ein Hinweis zur Nomenklatur: Laborlux II und Laborlux III sind offizielle Bezeichnungen. IIIa, IIIb, usw. sind von mir willkürlich gewählt um die verschiedenen IIIer-Generationen zu unterscheiden.
1956 bekam das Laborlux IIIa als Laborlux IIIb einen Wechselrevolver und 1958 einen höheren Fuß mit eingebauter Beleuchtung und verdrängte damit stetig und endgültig die T-Füßer. Der Grundriss des Fußes war ein stark abgerundetes Dreieck, das eher an ein Ei erinnert. Die 1962 erfolgte Modellpflege „IIId“ kam dann mit dem bekannten Dreiecksfuß. (
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=18942.0)
Laborlux IIIc und IIId1957 erschien das letzte Mitglied in der neuen Produktfamilie, nämlich das SM. (
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=17309.0) Das sollte nun das kleine Kursmikroskop in der neuen Produktphilosophie werden und damit das Ende der bis dahin angebotenen klassischen Hufeisenstative einleiten.
Jetzt gab es neben dem Ortholux nur noch Dreiecksfüßer. Und das in beträchtlicher Zahl und Variabilität. Die Laborlux III-Familie ist einen eigenen Artikel wert, da sie knapp 20 Varianten umfasst.
Weil's so schön ist, hier ein Albino von 1967

Es sei noch erwähnt, daß sowohl SM als auch Laborlux III in jeder Generation als Pol-Varianten erhältlich waren. Beide hatten einen einfachen Klapp-Analysator unter dem Tubusbajonett. Das erste Laborlux-Pol hieß übrigens KM-Lux, wohl in Anlehnung an das inzwischen nicht mehr erhältliche und ähnlich ausgestattete Hufeisenstativ KM-Pol. (Analysator nicht drehbar, Bertrandlinse nicht fokussier- oder zentrierbar)
KM-Lux und KM-PolEs gab das Laborlux jedoch auch mit aufwendigem, drehbarem Analysator, welcher durch eine einschwenkbare Bertrand-Linse ergänzt wurde. Ferner hatte dieses Gerät den großen Pol-Tisch des Ortholux. In dieser Version hieß das ansonsten baugleiche Mikroskop nicht Laborlux-Pol sondern Dialux-Pol. Nun wurde zum vierten Mal dieser Name bemüht, obwohl das Dialux-Pol keine Weiterentwicklung von Dialux I – III darstellte.
Dialux-Pol und Laborlux-Pol der gleichen Generation1972 sollte übrigens noch ein Dialux folgen, welches die eckige Formensprache des Orthoplan übernahm und sogar zwei Generationen hervorbrachte. Und als Dialux 20 kam der Name Ende der 70er Jahre nochmal zu Ehren.
Die TubusbajonetteDialux II, IIIa und IIIb teilten sich während der gesamten Periode das selbe Bajonett. Wogegen sich das Bajonett des Laborlux änderte.
Das Laborlux III erhielt zunächst ein Bajonett, das mit dem des Dialux quasi identisch war, jedoch eine andere Eintauchtiefe aufweist und somit nicht zum Dialux kompatibel ist.
Die beiden BajonetteDas Laborlux IIIb erhielt eine einfache Ringschwalbe. Das Bajonett des Laborlux IIIa lebte jedoch in den Polvarianten SM-Pol, Laborlux-Pol und Dialux-Pol weiter.
Warum diese Differenzierung?
Dialux II und III hatten ihre Tubuslinse im Revolver. Laborlux und SM im Tubus. Damit ein Laborlux-Tubus nicht am Dialux angebracht werden kann, benötigte man eine Codierung.
Der Nachteil des ersten Laborlux-Bajonetts war, daß der Tubus nicht drehbar war. Das wurde mit der einfachen Ringschwalbe vom Laborlux IIIc gelöst. Die Nicht-Drehbarkeit ist jedoch für die Polarisationsmikroskopie unabdingbar, da sich mit der Tubusdrehung auch das Bild dreht. Also behielt man das bereits entwickelte Bajonett bei den Polmikroskopen bei.
Ich hoffe, ein wenig Licht ins Dunkel gebracht haben zu können und wünsche viel Vergnügen
Und wie immer: Ergänzungen, Verbesserungen, Anmerkungen und Kritik sind ausdrücklich erwünscht
Wolfgang