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Dünnschliff Fuchszahn

Begonnen von Gerd Schmahl, Mai 03, 2017, 18:24:06 NACHMITTAGS

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Gerd Schmahl

Hallo,
kürzlich habe ich mich mal an das Schleifen eines Zahnes von einem Fuchs gewagt. Ich hatte einen fast vollständigen Schädel gefunden, da ich aber schon mit 50 kg Zuladung und noch 2 Monate mit dem Fahrrad unterwegs sein wollte, hatte ich davon nur die Zähne mitgenommen. In der Schulsammlung haben wir auch einen Fuchsschädel. Hiermit konnte ich die mitgenommenen Zähne nochmals sortieren:

Es handelt sich bei dem hier gezeigten Zahn um einen der hinteren Backenzähne (weiß nur nicht, ob man die beim Fuchs auch "Backenzähne" nennt). Erste Überraschung beim Anschleifen: Die Zähne haben alle vergleichsweise große Hohlräume. Hier der halbierte Zahn "im Ganzen":

Und hier nun ein paar Mikroskopaufnahmen. Als erstes eine der 3 Spitzen. Deutlich erkennt man die Trennline zwischen Zahnbein (Dentin) und Zahnschmelz. Erstes Foto Hellfeld, zweites x-Pol mit Rot-I-Schieber:



Und hier nocheinmal der Übergang von Dentin zum Schmelz in höherer Vergrößerung. Der Schmelz besteht aus sogenannten Schmelzprismen, die hier in der Seitenansicht leicht wellig und verwoben erscheinen, während das Dentin, das ja sehr der kompakten Knochensubstanz ähnelt, sehr fein gestreift erscheint. Diese feine Streifung rührt daher, dass ähnlich den Konchenzellen (Osteozyten) die dentinbildenden Zellen (Odontoblasten) feine Kanäle in das Dentin hinein besitzen, von denen aus die Mineralisierung des zunächst nur aus kollagenen Fasern besteht, erfolgt. Während Dentin immer weiter gebildet wird, wird der Schmelz in der Zahnentwicklung nur einmal gebildet.


Viel Freude beim Betrachten!
Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

liftboy

Hallo Gerd,

auch hier hat Mutter Natur mit Leichtbauweise gearbeitet (sonst könnten die Vögel nicht fliegen).
Denk daran: ein Rohr hat die gleiche Stabilität wie Massivmaterial, da wäre ein massiver Zahn doch Verschwendung.

Viele Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
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Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

Gerd Schmahl

Hallo Wolfgang,
also unsere eigenen Zähne sind nicht sooo hohl. Deshalb hat es mich schon ein wenig überrascht, wie wenig Zahn da zum Schluß auf dem Objektträger klebt. Aber ein Fuchszahn ist wahrscheinlich auch nicht für 60 Jahre+ gebaut, sondern höchstens für 10..15 und mit ihm wird nicht gemahlen, sondern ausschließlich zerrissen. Das ist sicher der wesentlichste Unterschied.
LG Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

wejo

Hallo Gerd,
da habe ich ich wieder dazu gelernt! Danke für Deinen Beitrag!
Gruß
Werner

reblaus

Hallo Wolfgang -

nachdem ich bereits in meiner Schulzeit vor 60 Jahren eine Diskussion mit meinem Physiklehrer führen musste, der die fixe Idee hatte, dass ein Rohr von 30 mm Durchmesser stabiler sei als eine massive Stange des gleichen Durchmessers muss ich vor solch einer stark vereinfachten Aussagen warnen:
"ein Rohr hat die gleiche Stabilität wie Massivmaterial"
Was ist überhaupt Stabilität? Knick-? Biege-? Wie steht es da mit Durchmesser, Wanddicke oder Querschnitt? Irgendwann wird ja selbst bei steigendem Duchmesser und gleichem Materialquerschnitt die Wand so dünn, dass eine nennenswerte Stabilität nicht mehr besteht.

Auf alle Fälle freue ich mich, das die bei mir noch vorhandenen Zähne nicht so hohl sind wie beim Fuchs  ;D.

Viele Grüße

Rolf


Jens Jö

Hallo Wolfgang,

Zitatmit Leichtbauweise gearbeitet (sonst könnten die Vögel nicht fliegen).

auch dazu (als Pilot) ein Einspruch:
ob ein Gegenstand fliegen kann oder nicht, ist einzig eine Frage der Geschwindigkeit und des Anstellwinkels.

Gruß
Alfred

Wutsdorff Peter

Was ist überhaupt Stabilität? Knick-? Biege-?

Hallo Stabilitätsfreunde,
als Inschenör möchte ich zur Stabilität folgende Anmerkung machen:
Unter Stabilität versteht man in dert Technischen Mechanik das Knicken von Stäben und Ausbeulen von Schalen.
Wenn man beim Wandern mit seinem Nordic-walking-Stock diesen axial stark belastet biegt er sich plötzlich, bei der sog. krit. Last, in der  Mitte aus. Das nennt  man Knicken eines Stabes.
Ähnliches tritt auch bei Schalentragwerken auf. Ein Ofenrohr wiederum axial belastet beult bei einer bestimmten Last nach innen und außen aus.
Cf. I. Szabó: Einführg. in die Techn. Mech. und Höhere Techn. Mech. Springer 7.Aufl.
Bei Hohlquerschnitten geht es um Leichtbau-Probleme.
Cf. Hertel: Leichtbau, Springer

Gruß Peter





Silber_und_Licht

Zitat von: Jens Jö in Mai 04, 2017, 10:39:54 VORMITTAG
Hallo Wolfgang,

Zitatmit Leichtbauweise gearbeitet (sonst könnten die Vögel nicht fliegen).

auch dazu (als Pilot) ein Einspruch:
ob ein Gegenstand fliegen kann oder nicht, ist einzig eine Frage der Geschwindigkeit und des Anstellwinkels.

Gruß
Alfred

Das ist sicher richtig, jedoch glaube ich dass meines Namensvetters Einwurf so zu verstehen ist, dass die den Vögeln zur Verfügung stehende Muskelkraft nicht ausreichen würde um ihnen das Fliegen zu ermöglichen, wenn sie anstelle ihres Leichtbau-Skeletts das Gewicht, welches aus der Knochendichte des "Fußgänger"-Knochenbaus resultiert, in die Luft zu bringen hätten.

Anders ausgedrückt:Die Muskelkraft reicht nicht aus um dem wegen des hohen Gewichts nötigen Anstellwinkel der Flügelfläche die zum Abheben nötige Geschwindigkeit zu verleihen.

Freundliche Grüße

Wolfgang
"Du" fänd' ich ganz in Ordnung.

das Schönste: ZEISS Lumipan
das Liebste: LEITZ Panphot II, Ortholux
das Beste: ZEISS Axiomat

eine etwas umständliche Vorstellung: www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=28652.0

Gerd Schmahl

Hallo,
da sich die Diskussion sehr um die Stabilität dreht möchte ich noch bemerken, dass die Schliffe (ich habe 3 Stück hergestellt), die ja nur um die 50µm dick sind, überraschend elastisch waren.Ich habe zwei von ihnen nach dem Schliff auf Normalobjektträger (76x24mm) überführt, also den Kleber (Eukitt) wieder aufgelöst um dann in Malinol eingedeckt. Ich habe mehrmals gedacht: "Sch.. jetzt zerbicht Dir der Schliff!" Aber nein: Sie blieben ganz. Ähnlich den Knochen ist das Dentin (Zahnbein) ein Gebilde, das man mit Stahlbeton vergleichen kann: Die Kollagenfasern übernehmen die Funktion des Armierungsstahles (Aufnahme der Biegekräfte), während die eineglagerten Mineralien (vor allem Hydroxylapatit) die Funktion des Betons (aufnahme der Druckkräfte) übernimmt. Das Dentin bildet ja die Hauptmasse des Zahnes, während der Schmelz nur die Oberfläche der Zahnkrone überzieht. Der Schmelz besteht zu 90..95% aus Hydroxylapatit, während es beim Dentin nur ca. 70% sind und in Knochen um die 50%
LG Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Dünnschliffbohrer

Hallo Gerd und all die anderen,

ein ganz kurzer Einwurf zur Stabilitätsdiskussion: Klar der Zahn muss natürlich eine gewisse Mindeststabilität haben. Aber die Weite der Pulpahöhle ist nur durch das Alter des Tieres bedingt. Wenn der Fuchs älter geworden wäre, wäre die Pulpahöhle aufgrund des Wachstumsmodus viel enger geworden.

Und zur Flugmechanik der Vögel: Ich habe Zweifel, in wie weit man die Flugmechanik der Vögel mit einem starr-flügeligen Flugzeug vergleichen kann. Bei den Vögeln liegt ja doch meist ein komplizierter Bewegungsablauf vor - sofern sie mal nicht gerade segeln - und der Anstellwinkel wird sich im Verlaufe eines Bewegungszyklus ändern. Nichtsdestotrotz hat ja Lilienthal seinen Gleiter erst nach ausgibigem Studium des Vogelfluges gebaut...
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]