Planktonnetz - optimaler Auffangbehälter

Begonnen von Lupus, Juli 12, 2017, 19:58:50 NACHMITTAGS

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Lupus

Hallo,

nach dieser Aufforderung
Zitatdas wäre doch mal ein schönes Thema für eine Dissertation. Ich fürchte, dass die strömungsdynamischen Prozesse in Planktonnetzen in Bezug auf eine Optimierung der Ausbeute bislang nicht hinreichend wissenschaftlich untersucht wurden.
im vorangegangenen Thread https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=29201.30
hätte ich folgendes Ergebnis anzubieten:   ;)

Ich habe das von Peter stilistisch hochgelobte Kosmos-Planktonnetz einem Test unterzogen indem das Auffanggefäß mit blau gefärbtem Wasser gefüllt wurde, es stellt das planktonarme Wasser beim ersten Befüllen des Netzes vor dem Fang dar (das originale Gefäß wurde zur Sichtbarmachung durch ein in der Größe praktisch identisches Glasgefäß ersetzt).



Anschließendes "Spülen" vor dem Herausnehmen aus dem Wasser durch mehrfaches Anheben und Absenken über die ganze Netzlänge sollte eigentlich eine stärkere Verwirbelung im Auffanggefäß erzeugen als beim geraden Zug während des Fangs. Links 5x, dann 20x, rechts 50x.



Das gedanklich "planktonangereicherte" klare Wasser im Netz schafte es nicht, durch die obersten Schichten vorzudringen und einen wesentlichen Anteil des ursprünglichen Inhalts auszutauschen. Ursache ist dass sich in dem engen aber unten geschlossenen Gefäß keine Strömung ausbilden kann, und die außen vorhandene Turbulenz zusätzlich durch das Netz beruhigt wird. D.h. dass man zwar etwas mehr Plankton im Gefäß hat als am Anfang, aber in keinem Verhältnis zum Fang im Netz.

Fazit: Das Gefäß breiter und kürzer machen, ein kleines Sieb ins Gefäß einarbeiten oder mit Ablassventil arbeiten....

Hubert

Peter V.

Hallo Hubert,

das ist ja so, wie auch zu vermuten war. Allerdings bezweifle ich immer noch, dass die unzureichenden Turbulenzen einen Einfluß auf den Fang haben. Bei Ziehen des Netzes verbleiben doch die "Viecher" im Volumen des wässrigen Netzvolumens im aufgespannten Zustand. Nach Herausheben des Netzes aus dem Wasser fließt dieses ab und der Fang wird teilweise nach unten gespült, teilweise verbleibt er im Netz selbst und kann durch das von Gerd beschrieben Verfahren sekzessive nach unten geleitet werden. Dann sammelt sich eben der Fang im oberen Anteil der Wassersäule des Auffanggefäßes.

Welche "relevante" Wirkung da turbulente Strömungen an der Oberfläche des Auffanggefäßes während des Ziehen des Netzes für die Ausbeute an sich haben sollen, bleibt mir nach wie vor unklar.

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Lupus

Hallo Peter,

ZitatNach Herausheben des Netzes aus dem Wasser fließt dieses ab und der Fang wird teilweise nach unten gespült, teilweise verbleibt er im Netz selbst und kann durch das von Gerd beschrieben Verfahren sekzessive nach unten geleitet werden. Dann sammelt sich eben der Fang im oberen Anteil der Wassersäule des Auffanggefäßes.
genau das wurde simuliert. Und wenn das Gefäß nur zu 1/10 mit angereichertem Plankton gefüllt wird und zwangsläufig das ganze Gefäß geleert wird, dann verdünnt sich der Fang wieder auf 1/10 der erreichten Konzentration.

Aber der Mikroskopiker an sich ist ja ein geduldiger Mensch.  :)

Hubert

Bob

Hallo Hubert,

danke für diesen interessanten Versuch!
Ich habe kürzlich eine Becheraufnahme an mein Netz gebaut: Den Deckel eines Urinprobenbechers. Diese Becher dürften ein ganz gutes Verhältnis aus Durchmesser und Tiefe haben. Allerdings hat mich die Arzthelferin irgendwie komisch angeguckt, als ich nach vier weiteren Bechern fragte... ;D Keine Ahnung was die gedacht hat.

Viele Grüße,

Bob

Peter V.

Hallo Hubert,

ZitatAber der Mikroskopiker an sich ist ja ein geduldiger Mensch.  :)

Na fein! dann können wir das Thema doch weiter diskuiteren:

Dennoch ist der gesamte Fang hinterher in einem Gesamt-Volumen von vielleicht 10 ml (dem gelben Röhrchen) , bei der großen Pulle aber in einem Volumen von 100 ml!

Nun magst Du entgegnen, das das Netz mit der großen Pulle ja auch an sich größer ist - einverstanden.

Aber nehmen wir mal an, auch das große Netz hätte am unteren Ende eine kleinere Flasche, wäre doch dort die Endkonzentration im Sammelgefäß größer als bei der großen Pulle - oder?

Herzliche Grüße
Peter





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flxms

Hallo Hubert,

danke für diese Doktorarbeit in statu nascendi! Spannendes Ergebnis eines ordentlichen Experimentes, das ich sobald ich Alles beisammen habe gerne versuchen werde mit dem von mir erworbenen Planktonnetz nachzukochen, das ja einen weniger tiefen, breiteren Becher hat. Mal sehen ob es sich da tatsächlich anders verhält.

Spannend wäre es nun aus meiner Sicht das Experiment dahingehend zu modifizieren, dass der zu fangende Plankton direkt simuliert wird. Weiß jemand wo man ungiftige Farbpartikel definierter Größe beziehen kann? Dann könnte man eine definierte Menge davon ins eingetauchte Netz streuen und sehen, wie viel davon am Ende bei verschiedenen Fang-Methoden im Netz hängen bleibt.

Herzliche Grüße und schönen Abend,
Felix

Peter V.

Hallo,

Nun, dazu müssten aber alle andere Faktoren konstant sein. Sprich: Durchmesser der Einlassöffnung, Netzfläche, Winkel des Netzes....

Hrzliche Grüße
Peter
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flxms

Servus Peter,

die Sorge der theoretisch zahlreichen unkontrollierbaren Einflussfaktoren sehe ich aufgrund meiner beruflichen Erfahrung für die Praxis ziemlich entspannt.
Es geht doch erst mal um den Vergleich der Effektivität der Netze und da ist das "Warum" der Untersuchung ja nahezu egal. Anders formuliert geht es im ersten Schritt ja nur darum den Netto-Unterschied unter Einbeziehung sämtlicher möglicher Einflussfaktoren quantifizierbar zu machen. Wenn es da einen signifikanten Unterschied geben sollte kann man in einem zweiten Schritt heraus finden, woran es liegen könnte. Durch annähernd gleiche Testbedingungen (gleicher Ort, gleicher Fischer, gleiche Bewegungen etc.) sollte man die meisten der genannten Einflussfaktoren weitgehend konstant halten und damit ausschalten können. Nach den von Hubert gezeigten Ergebnissen würde ich sogar annehmen das viele der Faktoren womöglich völlig überschätzt werden und gar nicht so bedeutsam sind wie man meint.

Jedenfalls für mich immer wieder spannend zu sehen wie wenig belastbare Daten zu scheinbar banalen alltäglichen Dingen vorliegen und wie viel dazu spekuliert wird, ohne dass es dafür eine echte evidenzbasierte Grundlage gäbe.
Ein Beispiel aus meinem Fachgebiet das mir keine Ruhe läßt: bis heute gibt es keine wirklich gute Idee dazu warum unsereins schläft/schlafen muss - obwohl wir das ja alle regelmäßig tun bzw. zumindest tun sollten ;-)

LG Felix

flxms

Mein Gott bin ich dämlich!

Eigentlich bräuchten man ja "nur" ein vernünftiges Photometer um die Planktondichte im Wasser und nach dem Anreichern im Netz zu bestimmen.
Ist ein ziemlicher Klassiker. So habe ich im Labor immer das Wachstum von Bakterienkulturen bestimmt.
Wo sind denn die Biologen unter Euch? Kennt jemand das Spektrum von Plankton und weiß wo das Absorptionsmaximum liegt?
Oder noch eleganter/interessanter: wir messen die Absorptionsspektren beider Proben - nur eine Frage des Photometers.

Frage demnäcsht irgendwann mal auf dem Campus herum - zumindest die Kollegen in der Mikrobio müssten eigentlich bei sich im Labor so was rumstehen haben.
Das wär ja vielleicht ein interessanter Spaß.

Gute Nacht Felix

Lupus

Hallo Peter,

ZitatDennoch ist der gesamte Fang hinterher in einem Gesamt-Volumen von vielleicht 10 ml (dem gelben Röhrchen) , bei der großen Pulle aber in einem Volumen von 100 ml!
das ist m.E. ein Gedankenfehler. Warum soll der gesamte Fang im Gefäß landen?
Ein einfaches Gedankenmodell: Das Netz mit doppeltem Durchmesser hat eine vierfache Fangfläche aber auch eine vierfache Oberfläche. Bei gleicher Fangstrecke sammelt sich auf der Netzoberfläche die gleiche Planktondichte. Ein Teil davon wird während des Schlepps zum Netzende gespült. Vermutlich wird sich in diesem unteren Bereich unabhängig von der Netzgröße eine ähnliche Planktondichte des Wassers (Dichte, nicht Menge) ergeben. Aber das spielt im Detail keine Rolle, weil es ja nicht um die Effizienz der Netzgröße ging. Sammeln kann ich nur das Plankton das im Gefäß landet. Die Konzentration im Gefäß kann maximal die Planktondichte am Netzende erreichen da im Gefäß keine weitere Filterung erfolgt. Daher ist vollkommen egal ob das große Netz ein kleines oder großes Gefäß besitzt, unter der Voraussetzung (die ich schon einmal formuliert hatte) dass die Gefäßgröße in einem vernünftigen Verhältnis zur Netzgröße steht, also sich insgesamt soviel konzentriertes Planktonwasser bildet, dass das Gefäß damit gefüllt werden könnte. Ein Riesengefäß kann natürlich nicht von einem kleinen Netz gefüllt werden.

Aber das alles nützt eben nichts, wenn diese Planktondichte nicht in das Gefäß kommt!!! Nach dem Experiment landet dort z.B. nur 1/10 des Gefäßvolumens bei einem sehr engen Gefäß, also vielleicht 1 ml beim kleinen Gefäß. Bei ursprünglich hypothetisch 100 Organismen/ml sind dann im gesamten Gefäß nur noch 10 Organismen/ml. Wenn das große Gefäß durch seine günstigere Form (großer Durchmesser bei geringer Tiefe) vielleicht zu 1/2, also 50 ml mit Planktonwasser von 100 Organismen/ml gefüllt wird, verdünnt sich dieser Fang nur noch auf 50 Organismen/ml.
Und der Rest bleibt im Netz. Du unterstellst möglicherweise, dass man durch einfaches Anheben und Absenken des Netzes die gesamte gefangene Planktonmenge in die Netzspitze bekommt und sich dort immer stärker auf z.B. 1 ml konzentriert. Ich wüsste nicht wie das auf diese Weise gehen soll. Da müsste man mühsam mit einer Spritzflasche das ganze Plankton vom Netz nach unten Spülen (was manche ja auch machen). Aber das wäre jetzt wieder ein ganz anderes Thema.

Hubert

Bob

Hallo zusammen,

ich teile Huberts Einschätzung der Lage. Das Gefäß sollte eher Becherform haben, als die Form einer schlanken Flasche.
Am wirkungsvollsten würde man das Plankton einsacken, wenn das Auffanggefäß vergitterte Ausströmöffnungen hätte. Aber: Vor diesen Öffnungen würde sich das Plankton wieder drängeln, wenn sie zu wenig Fläche hätten.  Das geschlossene Auffanggefäß stellt eben auch einen relativ ruhigen Raum dar, in dem das gefangene Plankton geringen Belastungen ausgesetzt ist.
Aber wie man es auch macht: Das Wichtigste für einen vergnüglichen Planktonfang ist eine nette Assistentin! ;D

Viele Grüße,

Bob

Peter V.

Hallo Hubert,

Also, einigen wir uns:

Nicht zu groß und nicht zu klein
soll am Netz die Flasche sein
Drum sei jetzt still, ich glaub's ja schon
stimmen muss die Relation.

;)  :D

Herzliche Grüße
Peter





Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Lupus

Hallo Peter,

eine perfekte Zusammenfassung!  :D

Hubert

treinisch

Hallo,

vielleicht könnte ein Auffanggefäß aus dem 3D Drucker interessant sein. Unten druckt man ein Stück wasserdicht, darüber nicht, dann wäre fast das ganze Auffanggefäß ein Filter. Leider kann ich keine verlässlichen Angaben über die Porengröße machen, aber wenn man mit 100 µm Schichtdicke druckt, dann werden die Poren wohl <<100 µm sein :-)

PET hat auch eine eher hohe Dichte (1,4 g/ml) und man könnte das Gefäß direkt passend zum Anschluss am Netz drucken. Bei dem Netztyp, den ich auch habe, mit dem mit einer Schelle eingewürgten PE Gewinde für normale PE Flaschen könnte man gleich auch noch das Gewinde im Netz durch ein vernünftiges austauschen. Buttress Gewinde gehen sehr einfach und sehr zuverlässig mit dem 3D Drucker.

Nur so eine Idee

Vlg
Timm
Gerne per Du!

Meine Vorstellung.

Hugo Halfmann

ZitatAm wirkungsvollsten würde man das Plankton einsacken, wenn das Auffanggefäß vergitterte Ausströmöffnungen hätte. Aber: Vor diesen Öffnungen würde sich das Plankton wieder drängeln, wenn sie zu wenig Fläche hätten.  Das geschlossene Auffanggefäß stellt eben auch einen relativ ruhigen Raum dar, in dem das gefangene Plankton geringen Belastungen ausgesetzt ist.

Und genau so wie Bob es schreibt, wird es hier angeboten:
https://www.hydrobios.de/produkt/planktonnetz-nach-apstein-4/?lang=de
Wenn die es nicht richtig machen, dann wohl keiner.

Vielleicht liest ja jemand mit, der Zugang zu einem solchen Netz hat und zeigt ein paar aufschlussreiche Detailfotos.
Viele Grüße aus dem Bergischen Land

Hugo Halfmann