Botanik: Nocheinmal ein Blattstiel vom Ginkgo, diesmal in Etzold grün *

Begonnen von Fahrenheit, August 31, 2009, 23:23:56 NACHMITTAGS

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Fahrenheit

Guten Abend Zusammen!

Nachdem uns Eckhard hier sein wunderschönes Präparat eines Ginkgo Blattstiels gezeigt hat, musste unser Ginkgo auch ein Blatt lassen.

Zum einen fasziniert auch mich der Aufbau des Blattes und zum anderen wollte ich den vermuteten Blattspalten einmal selbst auf den Grund gehen.

Der Ginkgo gehört zu den Gymnospermae (Nacktsamern) und findet sich als lebendes Fossil in einer eigenen Klasse (Ginkgopsida), zu den nächsten Verwandten gehören die Nadelbäume in der Klasse Coniferopsida. Auch diese sind Gymnospermae (Strasburger S. 835 ff.). Der Bau der Blätter bzw. Nadeln ist bei allen Nacktsamern recht ähnlich, was ja auch schon in Eckhards Thread angesprochen wurde.
Im Vergleich findet man somit viele anatomischen Details eines Nadelquerschnitts so oder ähnlich auch im Blattstiel des Ginkgo.

Hier zunächst die Präparation und die Technik in kurzer Zusammenfassung:

Zur Präparation:
- Fixierung 8 bis 12 mm langer Stücke in AFE für 48 Stunden
- Härtung in Ethanol 70%
- Handschnitte in Möhre mit Handmikrotom und Klingenhalter (70 µm)
- Färben mit Etzold Grün
- Einschluss in Euparal nach Entwässern in Isopropanol

Zur Technik:
- Leica DM E mit C-Plan Objektiven (Vergrößerung siehe Bildbeschreibung)
- Canon A520 an Leica Periplan mit dem Herrmannschen Adapter
- Stacken mit Zerene Stacker (Build 07.2009)
- Bildbearbeitung mit XNView (Korrektur des Schwarz- und Weisspunkts,  
 Größe angepasst und leicht nachgeschärft)

Bild 1: Ast eines männlichen Ginkgo mit Blüten an den Kurztrieben (Wikipedia, unsere sind dafür noch zu jung und ich hoffe, es sind tatsächlich männliche Bäume ;D)


Bild 2: Querschnitt durch den Blattstiel in der Übersicht, 40x, Einzelaufnahme.

Der Schnitt zeigt viele Zellen, die trotz einer Differenzierung in Ethanol (70%) satt fuchsinrot gefärbt sind. Ich vermute, dies liegt daran, dass es sich bereits um ein recht altes Blatt handelt (mittlerweile färben sich einzelne Blätter an unseren Bäumen schon langsam gelb).
Man erkennt im Querschnitt die paarig angelegten Leitbündel (Xylem oben rot und Phloem unten grün), die von einem hier nicht so deutlichen Ring rötlich gefärbter Zellen (Endodermis) umgeben sind. Ein ausgeprägtes Assimilationsparenchym fehlt im Blattstiel, es sind im ungebleichten Präparat jedoch auch Zellen mit Resten der Chloroplasten zu erkennen.
Weiterhin findet sich ein recht großen Harzkanal oben zwischen den Leitbündeln (andere Schnitte weisen mehrere davon auf) und sklerifizierte Zellen in der Epidermis zur Stabilisierung des Stiels.
Oben Links lässt sich bereits ein geöffneter Blattspalt mit dahinterliegender Atemhöhle erkennen.

Bild 3: Hier ein Querschnitt durch eine Nadel der Schwarzkiefer (Pinus nigra) in Wackerfärbung (Präparat von Rolf-Dieter Müller) zum Vergleich (40x Einzelaufnahme):

Alle oben angesprochenen Gewebe sind auch hier vorhanden und deutlich zu erkennen. Da der Schnitt aus der Mitte der Nadel stammt, gibt es hier ein dichtes Assimilationsparenchym. Die Anzahl der Blattspalte und Harzkanäle ist größer und die Endodermis um die Leitbündel tritt hier sehr deutlich hervor. Ich meine sogar, orange gefärbte Caspari-Streifen zwischen den einzelnen Zellen des Rings zu erkennen.

Bild 4: Eines der beiden Leitbündel in der Übersicht; Stapel aus 11 Bildern, Vergrößerung 100x


Bild 5: Detail aus dem Leitbündel; Stapel aus 5 Bildern, Vergrößerung 400x

Eingebettet im Xylem zeigen sich zwei großlumige Zellen, wie sie mir in dieser Form in keinem anderen meiner Schnitte aufgefallen sind. Ist das eine zufällige Bildung oder ein 'sinnvolles' Merkmal?

Bild 6: Stoma; Stapel aus 12 Bildern, Vergrößerung 400x


Zentral im Bild die beiden mittig angeschnittenen Schließzellen des offenen Blattspaltes. Auch zu erkennen ist die gelb gefärbte Cuticula sowie die sklerifizierten Stützzellen mit ihren verdickten Zellwänden in rot.

Anregung und Kritik ist wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg

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Eckhard

Lieber Jörg,

nun hast Du die Aufnahme von den Schliesszellen selbst gemacht. Bei meinen Schnitten sind die auch in der Vergrösserung nicht so fein zu erkennen.

Danke für die Erläuterungen zum Aufbau des Ginkos!

Herzliche Grüsse
Eckhard


Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
Nikon SE2000U (HF, DIK, Ph)
Olympus SZX 12 (HF, DF, Pol)
Zeiss Sigma (ETSE, InLens SE)

www.wunderkanone.de
www.penard.de
www.flickr.com/wunderkanone

Fahrenheit

Lieber Eckhard,

dafür sind Deine Schnitte schön plan (ich muss mit dem Handmikrotom noch üben) und haben die schöneren Farben.  :)
Die Blattspalte sind am Ginkgo Blattstiel deutlich seltener als z.B. bei einer Kiefernnadel und die meisten waren auch bei mir nicht so schön geschnitten, wie das obige Exemplar.

Hast Du in den Leitbündeln Deiner Schnitte auch so große Zellen gefunden, wie hier in Bild 5 zu sehen? Die finde ich schon recht außergewöhnlich und eine solche Stelle tritt in den acht von mir bisher verarbeiteten Schnitten nur einmal auf.
Ich denke, das wird wohl ein Zufall sein.

ZitatDanke für die Erläuterungen zum Aufbau des Ginkgos!
Immer gerne - soweit ich selbst einigermaßen weiß, was ich in meinen Präparaten sehe.  :)

Schöne Grüße
Jörg
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Detlef Kramer

Hallo,

die dicken Eier sind jedenfalls parenchymatische Zellen (blaue Zellwände) und mussten wohl so dick werden, weil sie der Verbreiterung des Leibündels nachgeben mussten und sich nicht mehr teilen konnten.

Eine etwas wagemutige Interpretation, aber so könnte der "Zufall" erklärbar sein.

Herzliche Grüße

Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Fahrenheit

Guten Abend Detlef,

Dir ist schon klar, dass Du mit Deinem Erklärungsansatz einen Stachel gesetzt hast  ;D: ich stelle mir nun natürlich die Frage, wie das Zellwachstum und die Zelldifferenzierung beim Wachstum der Pflanze gesteuert wird.

Dazu habe ich im Strasburger schon was gesehen aber das stelle ich erst noch mal zurück, da fehlen mir noch ein paar Grundlagen.  ;D

Herzliche Grüße
Jörg
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Fahrenheit

#5
Guten Abend liebe Mikrofreunde,

da ich noch Schnitte übrig habe, habe ich gestern auch mal die klassische Etzold FCA Färbung ausprobiert und ein schönes Präparat erhalten.

Dabei ist mir eine Zelle am Außenrand beider Leitbündel aufgefallen, die eine fächerförmige Struktur in ihrem Inneren aufweist.
Präparation und Technik wie oben, Färbung mit Etzold FCA statt Etzold grün.

Bild 7: 'Fächerzelle' am Rande eines Leitbündels, die darüber liegenden sklerifizierten Zellen zeigen Tüpfel. Da nicht gebleicht wurde, sind auch Zellkerne zu sehen; Stapel aus 18 Bildern, Vergrößerung 400x


Bild 8: "Ausschnitsvergrößerung" aus Bild 7. Originalauflösung, nicht verkleinert, durch das Stacken ist das Bild hier etwas pixelig:


Dass es sich hier um eine zufällige Bildung handelt, möchte ich nicht glauben, da die gleiche Zellform spiegelbildlich auch neben dem zweiten Leitbündel auftritt.

Wer hat eine Idee, was das sein könnte?

Herzliche Grüße
Jörg
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