Botanik: Spross der Gewöhnlichen Jungfernrebe - Parthenocissus vitacea *

Begonnen von Fahrenheit, November 25, 2011, 21:53:42 NACHMITTAGS

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Fahrenheit

Lieber Rolf,

Uni Hohenheim - das hätte ich wissen müssen. ;-)

Nach unserem Gespräch gestern in Darmstadt habe ich heute noch einmal meine Präparate durchforstet. In den Schnitten der Jungfernrebe habe ich nur Zahnstocher gefunden: die Raphiden tragen an beiden Enden eine Spitze.

Bei den Weinreben (Vitis vinifera) - der Forenthread dazu findet sich hier - habe ich nur eine kleine Gruppe einigermaßen frei liegend gefunden, die einen Hinweis auf ein gabelförmiges Ende gibt. Die anderen Raphiden lagen entweder im Bündel und überdeckten sich gegenseitig oder waren noch in der Hülle.

Hier die Aufnahme dazu (im zweiten Bild gibt es einen Maßstabsbalken):

Raphide in einem Fruchttrieb von Vitis vinifera in polarisiertem Licht, Vergrößerung 1000x, Stapel aus 6 Bildern



Auch hier liegt das relevante Ende unter einem Gewebestück, es ist aber eindeutig eine Gabelung aus zu machen. Es stellt sich allerdings die Frage, ob es sich um eine angebrochene und eine ganze Raphide handelt, oder ob da eine angebrochene und zwei ganze Raphiden liegen. Ich bin mit meiner Optik da am Anschlag dessen, was ich auflösen kann, zumal meine Kamera bei Polaufnahmen immer einen unschönen Rotschleier drüber zieht.

Nimmt man an, dass es sich nur um zwei Rapiden handelt, hätte die unbeschädigte eine Länge von ca. 35 µm, bei einer Breite von 0,9 µm. Eine Gabelspitze wäre dann ca. 0,4 µm lang.

Vielleicht wird ja noch jemand in seinen Präparaten von Vitis vinifera und/oder Parthenocissus vitacea fündig und kann hier Bilder zeigen?

Herzliche Grüße
Jörg

Edit: verschwundene Bilder nachgetragen.
Edit 2: Bilder wieder aus dem Orkus geholt.
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reblaus

Hallo Jörg & Heiko -

da bleibt mir ja nichts anderes übrig als im Sommer die versäumten Untersuchungen nachzuholen, und auch im Spätherbst heldenhafte Selbstversuche vorzunehmen  ;D

Viele Grüße

Rolf

Heiko

Lieber Jörg,

Du hast zu Deinen Fotos eine kritische ,,Fehlerbetrachtung" gleich mitgeliefert. Die Gefahr einer Fehleinschätzung – z.B. durch leichte Scherenlage zweier Raphiden – sehe ich wie Du.
Speziell bei diesen beiden Aufnahmen ,,kommt mir spanisch vor", dass sich die Objekte südwestwärts verjüngen. Und dies alles im Grenzbereich vernünftiger Abbildbarkeit (auf meinen ,,Fuhrpark" bezogen) ...


Hallo Rolf,

warum willst Du so lange warten? Zumindest im Obstbau gilt: bei frostfreiem Wetter darf geschnitten werden. Und Du wirst doch nicht auf den Heurigen warten wollen?  ;D

Viele Grüße,
Heiko

Fahrenheit

Lieber Heiko,

ja, so ist es: das Hauptproblem ist, dass es sich auch um zwei fast parallel liegende Raphiden handeln könnte.
Ich fürchte, letzte Klarheit kann nur eine EM-Aufnahme schaffen, die auch den Vergleich mit gebrochenen Raphiden ermöglichen muss.

Genügend Raphiden für eine chemische Analyse zu präparieren, dürfte extrem aufwändig sein.

Was den Schnitt angeht: da sollte man schon warten, bis die Pflanze ausgeschlagen hat, da in der Winterruhe die Gewebe etwas "verschrumpelt" sind. :-)
Für den gärtnerischen Rückschnitt ist das ein Vorteil, aber für uns Mikroskopiker eher nicht zu empfehlen.

Herzliche Grüße
Jörg
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Fahrenheit

#34
Liebe Pflanzenfreunde,

vor kurzer Zeit hatte ich zufällig gesehen, dass aus dem Thread hier meine Bilder verschwunden waren und ich habe sie wieder hergestellt. Dabei sind mir nochmals die aussergewöhnlich lebhaften  Farben der Sprossquerschnitt der Gewöhnlichen Jungfernrebe (Parthenocissus vitacea) aufgefallen und ich wollte probieren, ob sich diese auch mit meinem jetzigen Standardrezept und W3Asim II reproduzieren lassen.

Ausserdem war das natürlich eine gute Gelegenheit, meine derzeitige Fotoadaption am neuen DMLS Stativ zu testen.

Zunächst das "Rezept":
- Probenahme eines Sprosses im Garten
- Schnitt des frischen Sprosses auf dem "Tempelchen" mit Jung Zylindermikrotom und Leica Einmalklingen im SHK Halter
  Schnittdicke ca. 50 µm

Bild 15: Das "Tempelchen" (ein Tischmikrotom - Ständer von Olafs Drehbank) mit eingesetztem Handzylindermikrotom von Jung


- Aufnahme eines frischen Schnittes (Leica DMLS / Canon D100)
- Fixierung in AFE für 24 Stunden.
- Stufenweises Überführen in Aqua dest.
- Klären mit Klorix (1:4) für ca. 1:30 Minuten
- Mehrfaches gründliches Spülen mit Aqua dest. bis kein Chlorgeruch mehr wahrnehmbar
- Bleichen mit Chloralhydrat (250g / 100 ml Aqua dest.) für ca. 24 Stunden
- Mehrfaches gründliches Spülen mit Aqua dest.
- Färben mit W3Asim II für 7 Minuten mit einmaligem Erwärmen bis zum Dampfen
- Mehrfaches gründliches Spülen mit Aqua dest.
- Sanfte Differenzierung in Aqua dest. (ca. 3 Stunden)
- Kurzes Differenzieren mit Ethanol 70%
- Entwässern mit reinem Isopropanol (3 * im schnellen Wechsel, 2 * 1 Minute, 2 * 5 Minuten)
- Eindecken in Euparal

Die Schnitte waren extrem schleimig, sie zogen sogar beim Tranport mit dem Pinsel fäden.

Fotografiert habe ich mit meinen bekannten Objektiven:
- N Plan 5x / 0,11 (506029)
- HC Plan Apo 10x / 0,40 (506284)
- Plan Apo 20x / 0,60 (506035)
- N Plan 40x / 0,65 (506020)
am neuen Leitz DMLS mit Okularadaption einer Canon D100 über das Original-Okular des DMLS (L Plan 10x/20 Brille - 506809), die Bildverarbeitung blieb unverändert (Z-Stapel mit Zerene Stacker, XNView, Neat Image V8,  Jens Rüdings Aufmaßprogramm und Paint zum Beschriften.

Und wie schaut das ganze nun aus? Nun, ich gestehe, ich war ziemlich enttäuscht:

Bild 16a,b: Der Querschnitt zunächst in der Übersicht, Bild 16b mit Beschriftung, Vergrößerung 50x, Stapel aus je 24 Bildern



Bild 17a-c: Etwas näher heran: eines der Leitbündel, Bild 17a ungefärbter frischer Schnitt, Bild 17c mit Beschriftung; Vergrößerung 100x, Stapel aus  26 bzw. 19 Bildern




Im Mark und in den Bildern 16a-b auch im Rindenparenchym sieht man die große Anzahl an Schleimzellen-Idioblasten. Raphiden sind nicht zu sehen.

Bild 18a,b: Xylem, Cambium und Phloem; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 11 Bildern



Und zu guter Letzt noch ein Detail mit dem 40ger  NPlan:

Bild 19a,b: Xylem, Cambium und Phloem; Vergrößerung 400x, Stapel aus je 10 Bildern



Bild 20: Überblick über den Querschnitt im Vergleich (Präparation von 2011) - W3a und 100x C-Plan:


Zunächst einmal: die 16 MP Bilder aus der D100 verhalten sich bei der Bildverarbeitung doch deutlich anders als die nur 4 MP großen Bilder meiner alten PS 520A. Da ist noch Luft nach oben.

Dann ist der damalige Spross im November "geerntet" worden, also schon in der Ruhephase mit eingelagerten Reservestoffen in den Zellen vor allem des Markparenchyms. Und er zeigt schon ein deutlich weiter fortgeschrittenes sekundäres Dickenwachstum.

W3Asim II zieht die Färbung natürlich ins Grünliche, während beim original W3A die Parenchyme blau gefärbt sind.

Aber: wo sind die lebhaften Farbstrukturen hin? Zum einen hat sicher das Klorix und das Chloralhydrat den Schleim aus den Zellen vertrieben, der dort in den alten Bilder verblieben ist. Andererseits wurde der jedoch nicht ganz entfernt sondern haftet stellenweise noch unschön am Schnitt (Art in Bild 16b).

Gut, irgendwie war sowas ja auch zu erwarten. Was soll man sagen? Ganz eindeutig ist der Einfluß der Struktur der Probe nicht von der Hand zu weisen, aber auch die Färbung selbst beeinflußt das Ergebnis in mindestens ebenso großem Maß. Nun bin ich natürlich angestachelt und werde es im November noch mal mit dem alten W3A Rezept versuchen.

Vielen Dank fürs Lesen, Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
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