Ein gefundener Ast - Was ist das für ein Holz ?

Begonnen von Schrodt, September 03, 2017, 16:26:08 NACHMITTAGS

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Schrodt









Nützliche Links:

Uni-Freiburg, Forstbotanik • Bestimmungstabelle:   

https://www.forstbotanik.uni-freiburg.de/Lehre/Bestimmungsschluessel/Holzbestimmung_nach_makroskopischen_Merkmalen/view

Holzbiologie • Holzbestimmung mit mikroskopischer und makroskopischer Beschreibung der Edelkastanie:

http://bs-rd.lernnetz.de/wbt/holz/e-kastan/baum.htm#angaben

Baumbestimmung • Ess-Kastanie ( Castanea sativa ):

http://www.baumkunde.de/Castanea_sativa/



Fotos 1 - 3









Querschnitte:  Mikrofotos 4 - 6









Tangentialschnitte:  Mikrofotos 7 - 9









Radialschnitte:  Mikrofotos 10 - 12






Holger x

#1
Hallo Jürgen,

hast Du einen Anschliff von dem Astquerschnitt gemacht (ca. Korn 320, Korn 600 ist schöner)? Wäre schön wenn Du den zeigen könntest. Bei gesägtem Holz sieht man nur abgerissen Faserbündel. Mit viel Glück noch mal ein größeres Gefäß (scharfe Kreissäge) aber bei den kleineren Spätholzgefäßen wäre da nichts mehr zu finden. Ohne Anschliff ist eigentlich keine makroskopische Bestimmung möglich. Wenn es für Dich ok ist, als Beispiel auf die Schnelle ein Stück (ca. 5 x 3 cm) Edelkastanie - freihand im Sonnenlicht mit kleinen Fehlern.



Bei Deinem Ast würde es mich echt wundern, wenn da schon etwas verkernt wäre. Länger im freien liegende Äste zeigen im Übrigen alle möglichen Holzverfärbungen. Nach Deinem Bild (3) kann man vermuten, dass das Mark bereits verpilzt ist – das wäre sicherlich auch mal einen interessanten Schnitt wert.

Gruß
Holger

Herbert Dietrich

Hallo Jürgen,

die Thyllen in den Querschnitten erinnern mich stark an die Robinie.

Herzliche Grüße
Herbert

Schrodt

Hallo Holger,

vielen Dank für deinen Hinweis auf die notwendige Vorarbeit bei der makroskopischen Bestimmung und dein ausgezeichnetes Foto von einem
Edelkastanien-Anschliff.

Ich bin bei meiner makroskopischen Bestimmung wie folgt vorgegangen:
1. grober Anschliff der Astscheibe mit STARCKE ERSTA Trockenschleifpapier P 280
2. feinerer Anschliff der Astscheibe mit STARCKE ERSTA Trockenschleifpapier P 400
3. feiner Anschliff der Astscheibe mit MATADOR Nassschleifpapier P 1000

Danach genaue Betrachtung mit einer Zeiss Einschlaglupe 10 x Apl .

Nachstehend ein Foto der halben Astscheibe nach dem Nassschliff und ein Foto der Zeiss Einschlaglupe.





Das Mark scheint nach makroskopischer Betrachtung noch nicht verpilzt zu sein, ich werde aber mal einen Schnitt dadurch machen.
Vorher sehe ich mir die Sache jedoch unter dem Stereomikroskop an.

Herzliche Grüße
Jürgen aus Hemer

Schrodt

Hallo Herbert,

ja, der Vergleich mit der Robinie liegt nahe, die Gefäße der Robinie sind allerdings wohl vollständig mit Thyllen verstopft.

Herzliche Grüße
Jürgen aus Hemer

Bernd Miggel

Hallo Jürgen,

kannst du bitte klären, ob an deinem Ast die Seitenastanlagen im Wesentlichen kreuzgegenständig sind?
Falls ja, würde ich auf Fraxinus kommen. Du kannst dann ganz einfach schlüsseln:
Ringporiges Laubholz - 1c Holzstrahlend überwiegend 1-3-reihig, ..., Frühholzgefäße sehr groß (tang. Durchmesser 150-300 µm), oft verthyllt, Spätherbstgefäße dickwandig ... => Fraxinus.

Herzliche Grüße
Bernd

Schrodt

Hallo Bernd, vielen Dank für deinen Hinweis auf Fraxinus, Gemeine Esche. Die Bilder in deinem Buch auf den Seiten 72 + 73 ähneln meinen Schnitten, besonders mit den 2-reihigen Holzstrahlen sehr. Leider kann ich nicht mehr klären, ob an dem Ast die  Seitenastanlagen im
Wesentlichen kreuzgegenständig sind, da der Bauschutt mit dem Ast inzwischen abgefahren worden ist. Allerdings habe ich festgestellt, dass
an der Baustelle zahlreiche Kastanienbäume stehen, eine Esche habe ich nicht gesehen.

Herzliche Grüße
Jürgen aus Hemer

Klaus Herrmann

Hallo Jürgen dien Anschliff ist total verschmiert mit Schleifstaub. Versuche es doch mal mit Trockenschleifen, 1000er Papier müsste schon eine matt glänzende Oberflächen bringen. Aber die Probe muss auch wirklich trocken sein.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Schrodt

#8
Hallo Bernd,

vielen Dank für deinen Hinweis auf Fraximus.

Ich hatte die Esche wegen der guten Übereinstimmung meiner Schnittbilder mit den Bildern in deinem Buch als Erstes ins Auge gefasst.
Da ich vor Ort keine Esche sondern nur Kastanien vorgefunden habe, habe ich mich in Richtung Kastanie orientiert. Da viele Details gut
passten, glaubte ich , dass der Ast von einer Kastanie stammt. Da jetzt bei mir wieder Zweifel aufgekommen sind, bin ich heute Morgen
nochmals zur Straßenbaustelle gegangen, um nach Eschen zu suchen. Zum Glück ruhte heute der Baustellenbetrieb, so dass ich die Trasse
begehen konnte. Am Ende der Trasse war ein kleiner Eschenbestand teilgerodet worden. Da es sich um eine Sackgasse handelt, mussten alle
gerodeten Teile zum Baustellenanfang transportiert werden, so kann ein Eschenast zu den Kastanien gekommen sein.
Nachstehend zeige ich 2 Fotos vom Eschenbestand.





Ich habe jetzt daraufhin nochmals alle meine Holzschnitte und nicht nur die gezeigten Mikrofotos mikroskopisch kontrolliert.
Ich bin jetzt zu der Überzeugung gekommen, dass ich meine " vermeintlich sichere Bestimmung - Edelkastanie " revidieren muss.

Es handelt sich nach der mikroanatomischen Bestimmung mit sehr großer Wahrscheinlichkeit
um den Ast einer " Gemeinen Esche ( Fraxinus excelsior ) ! "

Mit herzlichen Mikrogrüßen
Jürgen aus Hemer

Schrodt

Hallo Klaus,

da ich leider kein Trockenschleifpapier P 600 oder P1000 bekommen habe, habe ich es daraufhin mit dem Nassschleifpapier P1000 versucht.
Man muss dabei jedoch Abstriche machen, besser ist natürlich feines Trockenschleifpapier !

Mit herzlichen Mikrogrüßen
Jürgen aus Hemer

Schrodt

3 Mikrofotos vom Anschliff der Astscheibe :

Durchlicht Objektiv PL APO 6.3 / 0.20 • senkrechtes Auflicht HAL 12 V 100 W • schiefes Auflicht mit LED Taschenlampe.









Herzliche Grüße
Jürgen aus Hemer

Schrodt

Ergänzende Anmerkung zu den Anschliff-Mikrofotos:

Nach dem Nassschliff habe ich die Anschliff-Fläche natürlich völlig durchtrocknen lassen und erst dann mit dem Nassschleifpapier
P1000 ( Siliciumcarbid ) trocken nachgeschliffen, bis eine matt glänzende Oberfläche entstanden ist !
Das Ergebnis kann man gut auf dem nachstehenden Foto erkennen.



Herzliche Grüße
Jürgen aus Hemer

Holger x

#12
Hallo Jürgen,

Holz würde ich in keinem Fall nass schleifen. Das Holz quillt, wird ballig, verzieht sich und schwindet beim Trocknen wieder, bekommt eventuell Risse, der Schiff setzt sich in die Poren etc. Die Nassschleiferei wurde eigentlich nur für Lacke entwickelt, da hier die abgeschliffenen Partikel leicht miteinander verkleben. Feuchtes Holz lässt sich meiner Meinung nach auch nicht gut schleifen, da es zu weich wird und die Fasern nicht mehr sauber gekappt werden. Verwendet man Nassschleifpapier zum Trockenschleifen, so setzt sich das Schleifpapier nur etwas eher zu, da die Schleifkörner auf Nassschleifpapier dichter liegen. Das Quellen des Holzes erfolgt übrigens egal ob man Wasser oder Ethanol zum benetzten verwendet. Mit Ethanol quillt das Holz sogar etwas schneller (Versuch macht klug).

Mein Problem ist eigentlich meist die Holzproben schonend und dennoch zügig bis zur Ausgleichfeuchte zu trocknen, ohne dass es Risse gibt, um dann endlich schleifen zu können. Wenn man z.B. bis P 1200 schleift machen sich geringste Quell- und Schwindvorgänge bemerkbar, die zu konkaven oder konvexen Oberflächen führen und die lassen sich dann mit feinen Körnungen nicht mehr plan ausschleifen. Schon eine Schleifpause von einem Tag kann bei unvollständig ausgetrocknetem Holz zur Kissenbildung führen die mit der feinen Körnung nicht mehr zu korrigieren ist. Selbst die Luftfeuchteunterschiede (in Wohnräumen) von Sommer und Winter führen dazu, dass Oberflächen nicht Nachgearbeitet werden können, ohne dass man zu einer gröberen Körnung zurückgeht.

Für die makroskopische Bestimmung ist P 320 in jedem Fall ausreichend, da würde ich nicht zu viel Arbeit reinstecken. Lediglich Musterklötze wie die oben gezeigte Edelkastanie (oder Bild unten) schleife ich bis P 600. Die drei Schnittrichtungen auf Objektträger aus Holz (siehe Bild unten) werden bei mir bis P 1200 geschliffen, da lässt sich dann bereits jede Zelle unter dem Stemi bei 1:100 erkennen. Leider setzen sich die Scheibe mit P 1200 aber auch bereits nach ca. 6 Objektträgern (je nach Holzart) mit Harzen so weit zu, dass gewechselt werden muss. Da hab ich leider noch keine brauchbare Lösung gefunden, das zu vermeiden oder die Harze wieder von der Scheibe zu bekommen. Die Schleifergebnisse sind auf dem Tellerschleifer im Vergleich zu Handschliffen deutlich besser, da ausbrechende Schleifkörnen sofort weggeschleudert werden. Bei einem Handschliff bleiben sie auf dem Papier oder setzen sich bevorzugt in den Gefäßen mit Vertüllung fest, um im ungünstigstem Augenblich wieder hervorzukommen und unschöne Kratzer zu verursachen.


Musterklotz der Gleditschie und Objektträger mit den drei Schnittrichtungen des Essigbaums


Gruß
Holger

Schrodt

Hallo Holger,

vielen Dank für die eingehende Beschreibung deiner Schleifarbeiten. Da du in dieser Hinsicht auch als Sachverständiger schon viel Erfahrung gesammelt hast, sind deine Ausführungen besonders wertvoll
und sparen dem Anfänger unnötige Versuche, Zeit und Kosten.
Da ich mich nach langer Pause erst jetzt wieder mit Holz befasse, bin ich praktisch wieder Anfänger und habe auch sehr schnell gemerkt, dass das Nassschleifen in Ermangelung von Trockenschleifpapier
nicht sinnvoll ist und dass das Tockenschleifen mit dem feinen Nassschleifpapier mühsam ist, da es sich schnell zusetzt.
Interessant ist für mich besonders, dass nach deiner Erfahrung für die makroskopische Bestimmung P 320 in jedem Fall ausreichend ist. Mir kam die Oberfläche bei der Benutzung von Trockenschleifpapier
P 400 beim Handschliff noch nicht ausreichend glatt vor.
Da ich meine Kombinationsmaschine zum Schleifen und Schneiden nicht mehr habe und die Sache nur noch als Hobby betreibe, bleibt mir jedoch nur der Handschliff mit seinen Nachteilen.

Mit herzlichen Mikrogrüßen
Jürgen aus Hemer

Schrodt

Korrektur in der Bildbetrachtung !

Bei erneuter genauerer Betrachtung der Mikrofotos habe ich festgestellt, dass in den Mikrofotos der Tangential-und Radialschnitte im Grundgewebe
nur Libriformfasern und keine Fasertracheiden abgebildet sind. Dieses Merkmal entspricht auch der Esche !

Herzliche Grüße
Jürgen aus Hemer