Seeigelstacheln präparieren?

Begonnen von Bob, Oktober 16, 2017, 19:16:17 NACHMITTAGS

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Bob

Hallo zusammen,
kann mir jemand beschreiben, wie man Seeigelstacheln präparieren kann? Nur quer oder auch längs? Einfache Methode um Dünnschliffe herzustellen? So ein Seeigel hat ja eine äußere Schale und einen mächtigen Kauapparat mit Kiefern und Zähnen-gibt es hier im mikroskopischen Maßstab interessante Details zu entdecken?
Ich habe vorhin einen der hier in der Riviera vor Makarska reichlich vorhandenen Seeigel für die Wissenschaft gewinnen können, und überlege, wie ich ihn verarbeite.

Viele Grüße,

Bob

liftboy

#1
Hallo Bob,

der Kauapparat (die Laterne des Archimedes) ist immer eine Präparation wert!
Mein Teil schlummert wohlverwahrt in einer wattierten Schachtel; gern hätt ich es in einen Kunststoffwürfel eingebettet, aber davon hab ich leider keine Ahnung (meiner einer hat nur Kabelendverschlüsse in Kunstharz eingebettet)

Grüße
Wolfgang

Edit
natürlich der Aristoteles! nicht der Archimedes!! Der mit dem Seeigel :-)
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

plaenerdd

Hallo Bob,
die Seeigelstachel sind hohl und sehr filigran. Es dürfte sich also schon lohnen, die in einem Dünnschliffpräparat zu verarbeiten. Dazu wäre aber der Einschluss in Kunstharz ratsam, am besten unter wechselndem Vakuum, damit das Harz in die Hohlräume dringt, bzw die Luft heraus kommt. Wenn genügend Stachel vorhanden sind, solltest Du versuchen sie so anzuordnen, dass Du gleich Längs- und Querschnitte bekommst. Ich habe immer gern Kronkorken als Förmchen genommen, die mit Alufolie ausgeschlagen waren. Allerdings habe ich damit Mäuseknochen und -zähne geschliffen.
Die ausgehärteten Kunstharzplatten (ca. 3..4mm dick) kannst Du dann auf Nasschleifpapier anschleifen und wenn Du willst natürlich auch Dünnschleifen. Ich nehme mal an, dass Du über die übliche Prozedure einer Dünnschliffherstellung im Bilde bist?
LG Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Dünnschliffbohrer

Hallo Bob,
das ist recht einfach. Die Methode ist genau die gleiche, wie ich sie bei der Herstellung des Achsenbildpräparates kurz umrissen habe. Stachel quer durchsägen oder Brechen, von Hand grob senkrecht zur Längsaxe anschleifen, dicht an der Schliffläche ein zweites mal brechen damit ein kurzes, wenige mm langes Segment entsteht, dieses mit auf dem Bügeleisen kurz aufgekochtem Malinol auf der grob zugerichteten Schlifffläche senkrecht stehend aufkitten, dann vorsichtig herunterschleifen, das ganze erneut heiss machen und umdrehen, dünnschleifen, mit dem aufgelösten ungekochten Malinol eindecken und fertig. Das Ganze hört sich viel komplizierter an, als es tatsächlich ist. Irgenwo muss ich ein Präparat von dem dicken Stachel eines Griffelseeigels haben, welches ich vor langen Jahren so hergestellt habe.
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Bob

Hallo zusammen,

danke für die Hinweise!
Ich habe noch keine Dünnschliffe hergestellt, aber mir schienen die Seeigelstacheln ein guter Anfang zu sein. Was setzt man als Amateur als Gießharz ein und womit schleift man? Ich hätte Epoxidharz genommen und auf frischen Nassschleifpapier geschliffen, dann evtl. mit Polierwachs weiter geglättet. Macht das so Sinn?

Viele Grüße,

Bob

olaf.med

Lieber Bob,

ich bezweifele stark, dass Seeigelstacheln wirklich ein geeignetes Anfängerobjekt für die Herstellung von Dünnschliffen ist. Zum einen sind sie sehr fragil und der Calit ist weich und schwer zu bearbeiten, und zum anderen erzielt man attraktive Ergebnisse nur bei sehr dünnen Schliffen. Durch die hohe Doppelbrechung des Calcits sind sie bei der Normdicke von 30 µm noch im Weiß höherer Ordnung; erst bei unter 10 µm sieht man schöne Interferenzfarben, und da hat der Anfänger längst alles durchgeschliffen.

Ich würde mit einem vernünftigen Gestein beginnen, also z.B. einem grobkörnigen Olivinbasalt oder einem Dunit. Da hat man wegen des bunten Olivins viel Freude.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

CMB

Moin,
Da kann ich Dir ein Hightechverfahren empfehlen:
Einfrieren des Seeigelstachels in einem Wassertropfen ( mit Netzmittel)mit einem Peltierelement.

Anschliff von Eis mit Seeigelstachels mit umgebauter Elektrischer Zahnbürste und Polierscheiben für Acryl -Pilotenkanzeln..(bis zur Feinheit von 8000)

Funktioniert auch bei sehr empfindlichen Foraminiferen.
Gruß
CMB

Klaus Herrmann

#7
Hallo zusammen,

ich habe vor längerer Zeit mal Seeigelstacheldünnschliffe hier gezeigt. Müsste man suchen.
In einem frühen Mikrokosmos ist eine ausführliche Beschreibung. Auf dem Deckblatt war ein Schliff abgebildet. Wichtig ist, die in Kunststoff eingebetteten Schnitte relativ dick zu machen, weil man von beiden Seiten viel abschleifen muss um die Trümmerbrüche des Calcits zu entfernen.

Aber was Olaf sagt ist natürlich richtig: man schafft es kaum so dünn zu schleifen, dass man Interferenzfarben des Calcits sieht. Trotzdem ist der Querschliff attraktiv. Sieht aus wie eine Chrysantheme.

Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

plaenerdd

#8
Hallo Bob,
mit den Hausmitteln oder besser Baumarktmitteln kann man das auch machen, aber gerade die Epoxytharze, die man da so kaufen kann sind durch die Bank zu dickflüssig. Sie vermischen nicht gut genug. Da kann man noch so rühren. Im mikroskopischen Bereich bleiben sie schlierig, wie hier gezeigt. Und auch mit den für diese Zwecke konzipierten Harzen wird es ohne Vakuum schwer, die Seeigelstachel wirklich zu füllen.
Wenn Du Dich nicht gleich in größere Unkosten stürtzen willst, solltest Du Dünnschliffbohrers Malinol-Methode nutzen. "Die Alten" haben ihre Gesteinsdünnschliffe auch mit Kanadabalsam aufgeklebt und Malinol ist von den Eigenschaften sehr ähnlich. Wenn Du einen Drehmel hast, kannst Du dir mit einer feinen Trennscheibe relativ dünne Scheibchen von den Stacheln schneiden, die Du dann auch gut durchtränkt bekommst, weil sie an beiden Schnittflächen offen sind.

Zum Schleifen kannst Du Naßschleifpapier aus dem Baumarkt nehmen oder dort besorgen, wo man Autos lackiert. Ich nutze die Körnungen 240-300-400-600-800 und 1200. Je nach Objekt kann man auch eine Zwischenstufe weg lassen oder gleich mit 300 anfangen. Ich schleife immer gerade von oben nach unten und wechle aber wenn ich das nächst feinere Papier nehme die Richtung um 90 Grad, schleife also immer quer zu den Striemen der vorherigen Korngröße. Ganz, ganz wichtig ist zwischen den Körnungswechseln das Präparat gründlichst abzuwaschen, damit kein grobes Korn auf das feinere Papier verschleppt wird. Das ist bei porigem Material wie Knochen sehr schwer, weil sich die Körner gerne in die Poren setzten und später, wenn man schon viel glatter schleift plötzlich wieder ein grobes Korn einen schönen Schlatz über den Schliff zieht. Polierwachs würde ich eher nicht nehmen, habe aber damit auch keine eigenen Erfahrungen. 1200 ist schon recht glatt und wenn Du den Schliff eindeckst reicht das meist schon. Die Schleifprofis nehmen wenns ganz glatt sein muss (uneingedeckte Anschliffe) meist Mikromash-Schleifleinen. Das geht bis 3000 rauf oder noch mehr.

Um noch mal auf Olafs Einwand zurück zu kommen: Die fragilen Strukturen sind auch ohne Polarisation und bunte Farben sicher einen Blick wert.
LG Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

limno

#9
Guten Abend Wolfgang,
Du Scherzkeks ;D , der mit dem Fass hieß Diogenes!
Die Geschichte mit Alexander dem Großen kennt ja (fast) jeder.
Wer zu vorgerückter Stunde noch Lust auf etwas schwarzen Humor hat, dem empfehle ich:Diogenes und die bösen Buben von Korinth
Gute Nacht !
Heinrich
P.S. Gerade seh' ich: Wolfgang hat sich korrigiert. 8)
So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

Bob

Hallo zusammen,
vielen Dank für Eure detaillierte Anleitung!
An die 10 mü werde ich mich nicht heranwagen, mir geht es nur darum, eine hübsche Scheibe unters Deckglas zu bekommen. Das Foto von Klaus macht doch richtig was her.
@Matthias: Hat die Zahnbürste mit ihrer oszillierenden Bewegung einen Vorteil gegenüber einem Dremel mit rotierender Bewegung?

Viele Grüße,

Bob

CMB

Hallo Bob,
der Vorteil der Hin und Her -Bewegung der Zahnbürste ist, dass Du unter der Stereolupe in Echtzeit ohne Unterbrechungen den Fortgang des Schliffes life verfolgen kannst.

Gruß
CMB