Diatomeen-Aufreinigung Goldwaschmethode - Abtrennung von scharfkantigen Bruch

Begonnen von bernd552, Dezember 22, 2017, 11:47:11 VORMITTAG

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Dieter Stoffels

Lieber Carlos,

vielen Dank für Deine Rückmeldung!

Ich möchte Dir gerne noch etwas zu Deinen Ausführungen schreiben, weil ich daraus entnehme, dass das was ich geschrieben habe von Dir nicht so verstanden wurde, wie ich es eigentlich gemeint habe. Ich denke aber,wir sind näher beieinander als Du zur Zeit glaubst.

Zunächst möchte ich bei dem Material bleiben, das von Bernd vorbereitet wurde. Hierbei handelt es sich ja nicht um vitale, rezente Kieselalgen, sondern um fossiles Ausgangsmaterial. Unter der Annahme, dass Bernd´s mikrofotografische Aufnahmen repräsentativ den Zustand das Kieselalgenmateriales zeigen, ist davon auszugehen, dass eine chemische Vorbehandlung stattgefunden hat. Somit liegt "silikatisches" Material mit annähernd einheitlichem spezifischen Gewicht vor. Ein unterschiedliches Sedimentationsverhalten ist somit nicht zu erwarten, wie Du ja auch geschrieben hast. In meinem gedanklichen Ansatz habe ich von einer Flüssigkeit gesprochen, deren Viskosität und nicht deren spezifische Gewicht (also keine typische Schwerelösung z.B des Typs Natriumpolywolframat) einzustellen ist. Die viskose Lösung soll genau die Eigenschaften haben, die Du auch beschrieben hast, nämlich die Verhinderung der Bildung von Agglomeraten, aber auch für eine gleichmäßige und ganzflächig-homogene "Belegung" der Siebplatte zu sorgen. Agglomerate sollten in diesem Arbeitsschritt eigentlich nicht mehr vorhanden sein. Die stehende Flüssigkeitssäule wirkt in jedem Fall dämpfend und schützt die empfindlichen Kieselalgenschalen vor Bruch. Methoden, bei denen Kieselalgenschalen über Siebe geschüttelt werden und gleichzeitig durch "Zusammenkehren" Agglomerate bilden oder gar eine Ultraschallbehandlung, halte ich im Rahmen einer Aufarbeitung nicht für förderlich. Anders sieht es mit der Menge bzw. dem aufzuarbeitendem Volumen aus. Wenig Material mit hohem, intakten Schalenanteil aufzuarbeiten, ist sicher deutlich effektiver als sich mit einem Massenschlamm zu quälen, ein Befund, den Du ja auch bestätigst.

Nun zu den vitalen Kieselalgen. Du schreibst, dass Deine Kieselalgen noch bioorganische Anteile enthalten. Das sollte aber im Zustand der oben beschriebenen Trennung nicht mehr so sein. Ich möchte einmal exemplarisch organische, biogene, und anorganische Verbindungen benennen, die in Frage kämen:  Fettsäuren, Fettsäureester (Triglyceride,u.a.), Fettsäuresalze, Heteropolysaccharide, Glykoproteine und Proteoglykane, Proteine, lignine Verbindungen, Sulfate, Oxide, Silikate (in Form von Polykieselsäuren) und  tonmineralische Verbindungen. Vor einer Aufreinigung wäre es wichtig Folgendes zu wissen:

1. Wie hoch ist der geschätzte Anteil an verwertbaren Kieselschalen im Ausgansmaterial (Vorabmikroskopie zur Abschätzung der Ausbeute, eventuell an Schliffen)?

2. Welche organischen, biogenen und anorganischen Verbindungen sind tatsächlich vorhanden?

Erst jetzt kann geplant werden, in welchen Schritten die Aufarbeitung des Ausgangsmateriales erfolgen kann. Fettsäuren lassen sich durch unpolare Lösungsmittel entfernen. Fettsäureester durch Gemische aus polaren und unpolaren Lösungsmitteln, Fettsäuresalze müssen angesäuert und anschließend nochmals unpolar extrahiert werden,  Proteine lassen sich durch die Verwendung  kurzkettigen, organischen Säuren (Ameisensäure) entfernen, Lignine durch heiße, alkalische Lösungen, anorganische Verbindungen durch (peroxidhaltige) Säuren und Laugen usw., aber die Art der Agenzien müssen auf das Ausgangsmaterial abgestimmt sein. Ein Beispiel: Enthält eine Kieselalge einen hohe Ölanteil, der im ersten Schritt nicht entfernt wurde, kann eine anschließende Säurebehandlung nahezu wirkungslos verlaufen. Verbleiben lignine Verbindungen als Anhaftungen bildet sich phenolische Kondensate (im chemischen Sinne), die stark verklebend wirken. Sind Fettsäuresalze nicht entfernt worden, werden die Fettsäureanteile beim Erwärmen ausgetrieben und wirken wieder hydrophobierend. Häufig werden Ansätze auch langzeitlich in Ruhe stehen gelassen. Hierbei können Kristallisate entstehen, die (re)kontaminierend wirken. Nicht zu entfernen sind sauer gefällte oder durch Alterung entstandene, wasserunlösliche Polykieselsäuren sowie bestimmte Oxide (z.B. Aluminiumoxid in Form von Korund).

Was ich mit diesen Ausführungen sagen möchte, ist, dass vor einer Aufarbeitung bekannt sein muss, welche wesentlichen Bestandteile zu erwarten sind. Die Meister der Aufarbeitung verwenden auch gerne nur Material, das sie gut kennen!!!

Erst wenn das Kieselalgenmaterial die chemische Aufarbeitung durchlaufen hat, kommt Bernd´s Ansatz zum Zuge.

Weiterhin viel Erfolg und einen guten Rutsch!

Dieter

Dieter Stoffels

Lieber Bernd,

ich habe den Eindruck, dass Du meine Anregungen (denn mehr sollte es nicht sein!) angenommen hast. Vielleicht hast Du Lust, Dir auch die Antwort anzuschauen, die ich an Carlos geschrieben und verschickt habe.

Ich würde auch Dich gerne einmal fragen, ob Du vor einer Aufarbeitung und Anreicherung eine Abschätzung vornimmst, mit welcher Ausbeute zu rechnen ist. Da die Anreicherung von Kieselalgenschalen aus wenig Material sicher effektiver verläuft, als Masse oder hohes Volumen einzusetzen, könnte die richtige Mengenwahl das Endergebniss verbessern.

Ich wünsche Euch beiden auch weiterhin viel Erfolg bei Euren Versuchen und einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Dieter

anne

Hallo Foristen,
die Siebe von Bernhard aus Nylon sind leider nur bedingt tauglich für die Diatomenreinigung. (Säure und Reinigungsproblem sowie Zusetzten)
Alle Siebe die ich habe und größtenteils von anderen Diatomisten erhalten habe sind ausnahmslos aus rostfreiem Stahl.
Die edelsten gibt es hier:
https://www.endecotts.com/products/sieves/
ein 20µm Sieb, Durchmesser 3,8cm kostet hier 100€ zzgl. Versand.

Die Methode von Bernd, die Siebe selbst herzustellen durch Aufschmelzen auf ein Metallsiebgewebe ist wohl die gängigste und auch erschwinglichste Art.
Oder gibt es hier jemanden der positive Erfahrungen mit Nylonsieben hat für die Reinigung von Diatomeen?

lg
anne

bernd552

Hallo Dieter,

Zitat von: Dieter S. in Dezember 27, 2017, 21:24:55 NACHMITTAGS
Ich würde auch Dich gerne einmal fragen, ob Du vor einer Aufarbeitung und Anreicherung eine Abschätzung vornimmst, mit welcher Ausbeute zu rechnen ist.

ich bin zwar erst wenige Monate mit Diatomeen und deren Reinigung dabei, habe aber schnell gemerkt, dass es bei fossilen Proben keine Standardreinigung geben kann, wenn man die Inhaltsstoffe nicht kennt (Du hast die unterschiedlichen Ansatzpunkte ja ausführlich beschrieben).
Für mich ist eine vorab Abschätzung des Mergels über Ausbeute oder Form und Größe der Diatomeen nicht wirklich möglich. Ich bin dazu übergegangen zur Volumenreduktion vor den Säurebehandlungen die Hauptmenge der Verunreinigungen (bei mir bisher meist Ton / Kreide) durch geeignete Detergenzien und Komplexbildnern im alkalischen Medium abzutrennen, dann ist eine mikroskopische Beurteilung der Inhaltstoffe schon eher möglich und die weitere Verarbeitung wesentlich erleichtert.
Ansonsten dominiert bei mir noch das empirische Vorgehen - Vortest mit kleinen Vorproben - erst dann wird die Hauptmenge mit der für diese Probe geeignetster Methode weiter verarbeitet.

LG
Bernd



bernd552

Hallo Anne,

Zitat von: anne in Dezember 28, 2017, 15:41:08 NACHMITTAGS
die Siebe von Bernhard aus Nylon sind leider nur bedingt tauglich für die Diatomenreinigung. (Säure und Reinigungsproblem sowie Zusetzten)

ich habe mit Nylonsieben keine Erfahrung (außer zum Wasserflöhe fangen mit Damenstrumpf) aber von der Reinigungsseite sollte es dem Edelstahlsieb nicht viel nachstehen, .... es ist weich und flexibel (gut mechanisch von "Verstopfungen" zu befreien) und es ist halbwegs Flußsäureresistent (Diatomeen und Silikate können herausgelöst werden).

Aber Du hast schon recht, Edelstahl sollte gegenüber Nylon für die Diatomistenanwendung "für die Ewigkeit halten".

LG
Bernd