Botanik: Mal wieder was von der Quitte - Cydonia oblonga - neue Bilder v. Blatt*

Begonnen von Fahrenheit, Januar 05, 2018, 22:09:46 NACHMITTAGS

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Fahrenheit

*** 19.05.2020 - neue Bilder zu Blatt und Blattstiel am Ende des Fadens ***

Liebe Pflanzenfreunde,

im Oktober 2013 waren die ersten Früchte an unserem Quittenbaum (Cydonia oblonga) im Garten reif. Damals habe ich das Fruchtfleisch mit seinen Steinzellennestern präpariert, was Ihr im entsprechenden Thread nachlesen könnt. Dort habe ich die Quitte auch beschrieben, daher im Folgenden nur ein paar kurze Sätze und der Link und keine große Wiederholung.

Abb. 1: Illustration zur Quitte

Aus "Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz", 1885 von Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé, Gera. Unter GDFL von Kurt Stüber (www.biolib.de)     

Die Quitte (Cydonia oblonga) ist die einzige Pflanzenart der Gattung Cydonia und gehört zur Untertribus der Kernobstgewächse (Pyrinae) innerhalb der Familie der Rosengewächse (Rosaceae). Sie ist schon lange als Obstbaum in Kultur.
Sie verdankt ihren Namen botanisch-wissenschaftlich wie auch in unserem Sprachgebrauch der griechischen Stadt Kydonia, heute Chania, im Nordwesten der Insel Kreta. Die Quitte ist außerdem indirekt Namensgeber für die Marmelade (von portugiesisch marmelo für Quitte, aus dem griechischen melimelon ,,Honigapfel").
Die ursprüngliche Heimat liegt im östlichen Kaukasus und im Transkaukasus. Populationen in der Türkei, Syrien, Turkmenistan und Afghanistan könnten durch die schon lange zurückliegende Verbreitung durch Menschen entstanden sein.

Diesmal habe ich über die Feiertage einen Spross aus dem Jahr 2017 präpariert und möchte euch die dabei entstandenen Bilder zeigen. Da das Holz der Quitte sehr hart ist, bietet sich auch ein Vergleich mit einem weichen Holz - hier dem der Pappel - an.


Präparation:

Geschnitten habe ich den frischen Spross freistehend auf einem Jung Handzylindermikrotom im Tischhalter von Olaf Medenbach (dem "Tempelchen"). Der Schnitt ist bei einer Schnittdicke von ca. 50 µm nicht ganz einfach, da sich die Probe einrollt und so mit einem Pinsel unterstützt werden muss.

Nach einer Schnittfixierung in AFE für ca. 24 Stunden wurden die Schnitte in Aqua dest. überführt und für gut 90 Sekunden mit Klorix (1:4 in Aqua dest. als Ersatz für Eau de Javelle) behandelt und nach sehr gutem Ausspülen für wiederum etwa 24 Stunden mit Chloralhydrat (250g auf 100ml Aqua dest.) gebleicht.

Gefärbt habe ich mit W3Asim II nach Rolf-Dieter Müller für 7 Minuten mit einmaligem kurzen Erwärmen bis kurz vor den Siedepunkt.
Eine Beschreibung der Färbung findet Ihr hier: W3Asim II im Vergleich auf der Seite des MKB.
Nach der Färbung wurden die Schnitte in Aqua dest. für 24 Stunden mit mehrmaligem Wechsel sanft differenziert.

Eingedeckt sind die Schnitte - nach gründlichem Entwässern in reinem Isopropanol - in Euparal.

Bild 2: Eine der schönen Blüten an unserem Quittenbaum



Technik:

Die Aufnahmen sind auf dem Leica DMLS mit dem 5x NPlan, den 10x, 20x und 40x PlanApos, sowie dem 100x PL Fluotar entstanden. Die Kamera ist eine Panasonic GX7, die am Trinotubus des Mikroskops ohne Zwischenoptik direkt adaptiert ist. Die Steuerung der Kamera erfolgt über den Kamerabildschirm (nur Belichtungszeit und Weißabgleich) und einen einfachen Fernauslöser. Der Vorschub erfolgt manuell anhand der Skala am Feintrieb des DMLS.

Alle Mikroaufnahmen sind mit Zerene Stacker V1.04 (64bit) gestackt. Die anschließende Nachbereitung beschränkt sich auf die Normalisierung und ein leichtes Nachschärfen nach dem Verkleinern auf die 1024er Auflösung (alles mit XNView in der aktuellen Version). Bei stärker verrauschten Aufnahmen lasse ich aber auch mal Neat Image (in der Version 8.3.1) ran.


Nun zu den Schnitten

Der Spross der Quitte folgt dem typischen Bauplan der Rosiden in der Gruppe der Eudikotyledonen (oder einfacher: dem fast aller Laubgehölze): wir finden einen Xylemring mit Tracheen und Markstrahlen um ein Markparenchym. Die ursprünglich einzelnen Leitbündel sind in Form des primären Xylems noch aus zu machen. An das Xylem schließt sich ein Cambium und das Phloem an, darüber finden wir in einem Rindenparenchym eingelagerte Sklerenchymbündel. Den Abschluss nach außen bilden ein Kollenchym, gefolgt von einer Epidermis mit Cuticula und dichtem Trichombesatz, die später mit Beginn des sekundären Dickenwachstums einem Periderm weichen muss.
Mein Spross zeigt am ende seiner ersten Wachstumsperiode noch keine Jahresringbildung im Xylem, aber unter der Epidermis bildet sich bereits das Periderm aus, dessen Zellschichten für mich nicht eindeutig bestimmbar waren.

Bilder 3a-d: Der Querschnitt in der Übersicht, Bilder 3a & b vom frischen Schnitt, Bilder 3b & d mit Beschriftung; Vergrößerung 50x, Stapel aus je 64 bzw. 30 Bildern





In der Übersicht sehen wir den oben beschriebenen Aufbau, die nach W3Asim II gefärbten Schnitte 3c & d zeigen im Scheitel eine Lentizelle, über die der Gasaustausch des Sprossgewebes statt findet. Hier auch schon erkennbar: da ich die Probe nach dem Ende der Wachstumsphase genommen habe (die Blätter waren bereits abgeworfen), sind die Zellen des Markparenchyms voll mit Stärkekörnern (Amyloplasten). Ein Zwischenlager auch aus den Blättern resorbierter Stärke für den Austrieb im kommenden Frühjahr.
Informationen zu den Abkürzungen in den Bildern 3b & d sowie den folgenden beschrifteten Bildern findet Ihr wie immer auf der Webseite des MKB: Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen

Schauen wir einmal etwas genauer hin:

Bilder 4a-d: Das Markparenchym des frischen Schnittes im Polarisationskontrast, Vergrößerung 200 bzw. 400x, Stapel aus 15 bzw. 11 Bildern





Besonders bei 400-facher Vergrößerung sind die Amyloplasten gut zu erkennen.

Bilder 5a-f: Die äußeren Gewebe des Sprosses, Bilder 5a & b vom frischen Schnitt, Bilder 5b, d & f mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 29 bzw. 30 Bildern   







In allen 6 Bildern ist erkennbar, dass sich unter der Epidermis, deren Zellen inklusive Cuticula als äußerste Zellschicht noch erhalten sind, bereits das Periderm gebildet hat. Es besteht aus 3 bis 4 Zelllagen, wobei ich mir bei der Zuordnung des Phellogens und des Phelloderms nicht ganz sicher bin. Die Bilder 5e & f zeigen schön die Lentizelle, unter der der Kollenchymring unterbrochen ist. Dort sehen wir einfaches Rindenparenchym, das den Gasaustausch erleichtert.
Auffällig sind auch die vielen Calciumoxalatdrusen in den frischen Schnitten 5a & b. Diese springen uns in den gefärbten Schnitten 5c - f zumindest nicht direkt ins Auge. Da muss also wieder der Polfilter ran:

Bild 6: Calciumoxalatkristalle in Rindenparenchym und Phloem, Polarisationskontrast, Vergrößerung 200x, Stapel aus 32 Bildern 


Im fertigen Präparat zeigt erst der Polfilter die noch verbliebenen Calciumoxalatkristalle im Rindenparenchym und auch im Phloem.

Beim Phloem wird es noch einmal interessant:

Bilder 7a-d: Phloem im Querschnitt, Bilder 7b & d mit Beschriftung; Vergrößerung 400 bzw. 1000x, Stapel aus je 17 bzw. 23 Bildern





Hier sehen wir einige Siebröhren, die deutlich verdickte Zellwände aufweisen. Diese deute ich, wie seinerzeit bei Wollemia nobilis, als Nacréwände. Dabei finde ich es interessant, dass dieses Phänomen nicht nur, wie bisher gelesen, bei Coniferales und Farnen auftritt.

Bilder 8a,b: Übergang zwischen Xylem und Markparenchym, Vergrößerung 200x, Stapel aus je 22 Bildern



An der Grenze zwischen Xylem und Markparenchym finden wir das primäre Xylem der zunächst diskret angeordneten Leitbündel des ganz jungen Sprosses. Das Xylem wächst dann aber sehr schnell zum kompakten, ringförmigen Holzteil zusammen. Der Stoffaustausch zwischen Mark und Rindenparenchym und allen Geweben dazwischen erfolgt dann über die zahlreich vorhandenen einlagigen Markstrahlen. So gelangt am Ende der Wachstumsperiode auch die Stärke ins Markparenchym und beim nächsten Austrieb wieder hinaus zu den Knospen, wo sie zum Aufbau neuer Sprosse und Blätter benötigt wird.
Ach ja, die Stärke ... leider hat sie die Präparation nicht überstanden und wurde aus den Zellen des Markparenchyms herausgelöst. Damit werden hier aber die großen Tüpfel sichtbar, mit denen die Zellen des Marks untereinander und mit den anliegenden Geweben verbunden sind.

Bevor es an den angekündigten Vergleich Quittenholz / Pappelholz geht, noch ein genauerer Blick auf den Aufbau des Holzteils der Quitte:

Bilder 9a-b: Xylem und Markstrahlen der Quitte im Querschnitt; Vergrößerung 1000x, Stapel aus je 19 Bildern



Im Holzteil finden wir neben den großen Tracheen kleine, verholzte Zellen des Xylems, die für die Stabilität des Holzes verantwortlich sind. In engen Abständen wird das Holz von den Zellbändern der Markstrahlen durchzogen, deren Zellen über große Hoftüpfel mit den Tracheen in Verbindung stehen, um einen ungehinderten Wassertransport sicher zu stellen.
Besonders die kleinen sklerenchymatischen Xylemzellen mit ihren dicken Wänden fallen auf und lassen uns erahnen, warum der Spross beim Schnitt Schwierigkeiten gemacht hat. Quittenholz ist recht hart und warum das so ist, zeigt der folgende Vergleich.

Der Quitte möchte ich hier Pappelholz von einem Streichholzstiel gegenüber stellen (aus einem Präparat von Rolf-Dieter Müller, gefärbt mit Etzold FCA). Pappelholz gilt als relativ weiches Holz, das wegen seiner leichten Entzündbarkeit - und wegen dem schnellen Wachstum - für die Streichholzproduktion herangezogen wird. Quitte hingegen wird wegen seiner - nicht übermäßigen - Härte auch gerne zum Schnitzen benutzt.
Wie schlagen sich die unterschiedlichen Eigenschaften nun in der Anatomie des Holzteils nieder? Dazu zunächst eine Gegenüberstellung Quitte / Pappel bei 200-facher, dann bei 400-facher Vergrößerung im Bilderblock 10a-d. Im folgenden Block 11a-d dann die selben Bilder noch einmal beschriftet.

Bilder 10a-d: Holzteil von Quitte und Pappel im Querschnitt, Vergrößerung 200x und 400x, Stapel aus je 14 bis 20 Bildern





Bilder 11a-d: Die selbe Serie, jedoch mit Beschriftung





Wir erkennen: die Tracheen der Pappel haben einen um ein vielfaches größeren Durchmesser als die der Quitte und der Flächenanteil an kleinen, dickwandig sklerifizierten Zellen ist bei der Quitte deutlich höher. Außerdem sind deren Zellwände noch etwas massiver als bei der Pappel. Daher kommt der Härteunterschied zwischen den Hölzern und auch die bessere Entflammbarkeit des Pappelholzes ist über die im trockenen Zustand gut durchlüfteten großen Tracheen einfach erklärt.
Für den winterlichen Kaminabend gilt also: Anzünden mit Pappelholz aber dann umsteigen auf Quitte, die langsamer aber vor allem länger brennt ;).

Vielen Dank fürs Lesen, Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Dr. Jekyll

Hallo Jörg,

Sehr schöne, kräftige Farben und sehr informativ👌
Gefällt mir👍. Danke fürs Zeigen.
Beste Grüße
Harald

Bernd Miggel

Zitat von: Fahrenheit in Januar 05, 2018, 22:09:46 NACHMITTAGS

Geschnitten habe ich den frischen Spross freistehend auf einem Jung Handzylindermikrotom im Tischhalter von Olaf Medenbach (dem "Tempelchen"). Der Schnitt ist bei einer Schnittdicke von ca. 50 µm nicht ganz einfach, da sich die Probe einrollt und so mit einem Pinsel unterstützt werden muss.


Hallo Jörg,

beeindruckend, vor allem deine Schneidetechnik!
So ein "Tempelchen" besitze ich auch, kriege aber derart gleichmäßige Schnitte nie hin. Vor allem die letzten Schnitte vom doch sehr harten Holzteil der Quitte.
Hast du das Holz irgendwie vorbehandelt?
Wendest du eine spezielle Technik beim Einspannen und Schneiden des Holzes an?

Herzlichen Gruß

Bernd

Bob

Hallo Jörg,

vielen Dank für diesen tollen Bericht! Besonders gut gefallen mir immer Deine detaillierten Beschriftungen der einzelnen Bereiche im Schnitt. Wenn ich mir mal wieder Pflanzenschnitte vorknöpfe, wäre mir das eine gute Anleitung.
Interessant finde ich, dass Du die Fotos stackst, wo doch die Schnitte selbst eigentlich schon flach sind. Kannst Du zum Vergleich mal das beste Einzelfoto zeigen, damit man sieht, wie viel man durchs Stacken gewinnt? Das Niveau der Mikrofotos hat schon eine enorme Höhe angenommen!

Viele Grüße,

Bob

Fahrenheit

#4
Liebe Freunde,

vielen Dank für Euer Lob, das mich immer sehr freut!

Lieber Bernd,

den Spross habe ich freistehend geschnitten, dabei achte ich auf einen langen, ziehenden Schnitt, um den Druck auf das Material so gering wie möglich zu halten. Bei harten Proben wie hier bei der Quitte kommt es trotzdem oft dazu, dass sich der Schnitt direkt hinter der Schneide aufzurollen beginnt. Dies lässt sich vermeiden, in dem man die Oberfläche der Probe mit einem Pinsel leicht abstützt, so dass der Schnitt glatt auf den Rücken der Klinge bzw. des Halters aufzieht.
Das gelingt nich immer perfekt und es braucht Übung. Bei einfach zu schneidendem Material gelingen mir meist 8 von 10 Schnitten,  bei wirklich schwierigen Proben dreht sich das Verhältnis aber auch schon mal um.

Hier das Tempelchen - ein massiver Halter, in dem ein eingespanntes Zylindermikrotom zum Tischmikrotom wird (lieben Dank an Olaf Medenbach!):


Viele der hier gezeigten Bilder vom Spross der Quitte stammen übrigens von einem langsam auskeilenden halben Schnitt. Fürs Foto war der an den entsprechenden Stellen schöner, als die etwas dickeren kompletten Schnitte.

Ich schneide in der Regel die frische Probe und mache dann eine Schnittfixierung in AFE. Das gibt mir die Möglichkeit, auch Aufnahmen von den frischen Schnitten zu machen, die die natürlichen Farben insbesondere der Chloroplasten zeigen. In sofern ist das Holz beim Schnitt unbehandelt. Es gibt aber die Empfehlung, bei harten Hölzern vor dem Schnitt für mindestens 24 Stunden eine Stückfixierung in AGG ( Alkohol-Glycerin-Glutardialdehyd - Rezept auf AIESNER.de http://www.aeisner.de/)zu machen.

Lieber Bob,

meine Schnitte sind ja immer so um 50 µm dick. Die von mir verwendeten Planapos haben aber oft nur eine Schärfentiefe von wenigen µm - abhängig von der Vergrößerung. Ausserdem sind die Schnitte selten völlig plan und das Stapeln erlaubt, auch tiefer liegende Strukturen wie z.B. Siebplatten oder parallel zur Schnittebene liegende Zellwände scharf abzubilden. 
Aber diese "Medizin" hat auch Nebenwirkungen: die Z-Stapel enthalten immer Artefakte, die mal mehr und mal weniger ins Auge fallen. Somit ist eine Stelle im gestapelten Bild immer etwas schlechter, als der jeweilige Ausschnitt im besten Einzelbild.

Hier einmal zwei Beispiel in Originalauflösung der Kamera ohne weitere Nachbearbeitung (jeweils Einzelbild und Stapel im Guten wie im Schlechten) - es handelt sich um Ausschnitte aus dem Bild 5c oben im Eingangsthread:

Einzelbild Sklerenchym

Stapel der selben Stelle


Einzelbild Phloem

Stapel an der gleichen Stelle (etwas verrutscht ...)


Wenn es wirklich ums Detail, z.B. einer bestimmten Zelle oder kleinen Zellgruppe geht und das Präparat an dieser Stelle plan liegt, ist man mit einer Einzelaufnahme oft besser bedient. Ist das Präparat nicht ganz plan oder kippt irgend ein Element im Strahlengang aus der optischen Achse (was bei der Okularadaption einer Kamera oft der Fall ist, da die Okularaufnahme an einfacheren Mikroskopen immer etwas spiel hat ...), hilft Stacken sehr.

Allen herzliche Grüße
Jörg
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Bob

Hallo Jörg,

vielen Dank für die vergleichenden Bilder! Das ist natürlich auch schon eine hohe Auflösung, in der die Schwächen des Einzelbils so stark sichtbar werden. Beachtlich, dass man durch Stacken diese durchgehende Schärfe in 100%-Auflösung hinbekommt.

Viele Grüße,

Bob

Fahrenheit

Lieber Bob,

ja, aber man sieht auch, dass das Stacken immer einen Kompromiss darstellt. Das Verkleinern auf die 1024er Auflösung hier fürs Forum kaschiert dann aber wieder einige Fehler.

Herzliche Grüße
Jörg
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Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

heute möchte ich meinen Thread von 2018 mit Bildern vom Blattstiel und dem Blatt der Quitte (hier Cydonia oblonga) fortsetzen. Dabei möchte ich noch einmal auf den vorangegangenen Thread zur Frucht der Quitte aus dem Jahr 2013:
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=17763.0

und den Thread von Frank Fox zum Blütenstempel hinweisen:
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=12094.0

Eine Beschreibung zur Quitte hatte ich im Thread zur Frucht gegeben, auf diesen ist schon im Eingangsposting hier verwiesen und wieder gilt: keine Wiederholungen. :)

Allerdings hat sich die Färbung geändert: diesmal habe ich mit W-Asim III nach Rolf-Dieter Müller gefärbt, daher hier wie gewohnt die Hinweise zu Präparation und Technik:

Hier die Informationen zur Präparation

Geschnitten habe ich Blattstiel und Blatt eines älteren Blattes von unserem Quittenbaum im Garten. Den Blattstiel konnte ich freistehend auf dem Tempelchen (Zylindermikrotom im Halter als Tischmikrotom) mit Leica Einmalklingen 818 im SHK Halter schneiden, die Blattspreite brauchte eine Möhreneinbettung.
Die Schnittdicke beträgt je ca. 50µm.

Fixiert wurden die Schnitte für ca. 24 Stunden in AFE. Nach Überführen in Aqua dest. waren die Schnitte dann bereit für die Färbung.

Gefärbt habe ich mit W-Asim III nach Rolf-Dieter Müller.
Anschließend habe ich gut mit Aqua dest. gespült, eine Differenzierung ist bei dieser Färbung nicht notwendig.

Eingedeckt wurden die Schnitte nach gründlichem Entwässern mit reinem Isopropanol wie immer in Euparal.


Kurz zur verwendeten Technik

Die Aufnahmen sind auf dem Leica DMLS mit dem 5x NPlan und den PlanApos 10x, 20x, 40x und 100x entstanden. Die Kamera ist eine Panasonic GX7, die am Trinotubus des Mikroskops ohne Zwischenoptik direkt adaptiert ist. Die Steuerung der Kamera erfolgt durch einen elektronischen Fernauslöser. Die notwendigen Einstellungen zur Verschlusszeit und den Weißabgleich führe ich vor den Aufnahmeserien direkt an der Kamera durch. Der Vorschub erfolgt manuell anhand der Skala am Feintrieb des DMLS.

Alle Mikroaufnahmen sind mit Zerene Stacker V1.04 (64bit) gestackt. Die anschließende Nachbereitung beschränkt sich auf die Normalisierung und ein leichtes Nachschärfen nach dem Verkleinern auf die 1024er Auflösung (alles mit XNView in der aktuellen Version). Bei stärker verrauschten Aufnahmen lasse ich aber auch mal Neat Image ran.


Und nun zu den Schnitten

Wir beginnen mit dem Blattstiel.

Bilder 12a-c: Querschnitt des Blattstiels in der Übersicht. Bild 12a vom frischen, unfixierten Schnitt, Bild 12c mit Maßstab und Beschriftung




Viel Ungewöhnliches gibt es nicht zu sehen. Am auffälligsten ist sicher der Bereich oberhalb der Leitgewebe mit den großen Interzellularräumen (IZR). Ansonsten finden wir unter der Epidermis mit der nicht sonderlich stark ausgeprägten Cuticula (Ep & Cu) ein Kollenchym zur Festigung (Kol), dann eingebettet in ein Rindenparenchym halbmondförmig die Leitgewebe: Xylem (Xl) und Phloem (Pl). Ein Cambium ist nicht vorhanden.
Im Bereich außerhalb des Phloem liegen einige Stränge mit Sklerenchymfasern (SklF). Auffällig auch die im Vergleich zum Durchmesser des Blattstiels sehr langen Haare (Trichome, Tr).
Informationen zu den Abkürzungen im beschrifteten Bild 12c findet Ihr wie immer auch auf der Webseite des MKB: Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen.

Schauen wir etwas genauer hin:

Bilder 13a-e: Der Blattstiel im Detail, Bilder 13a&c vom frischen, unfixierten Schnitt, Bild 13d der frische Schnitt im Polarisationskontrast. Bilder 13b&e mit Maßstab.






Wir finden die schon in der Bildserie 12 angesprochenen Strukturen. Die Aufnahme 13d im Polarisationskontrast zeigt, dass im Rindenparenchym auch Idioplasten mit Calciumoxalatromben vorliegen.

Bild 14: Zellen aus dem schwammartigen Gewebe oberhalb des Leitbündels


Schon beim Blick durch das 20er Objektiv zeigten sich seltsame Ablagerungen auf den Zellwänden der Zellen rund um den großen Interzellularraum. Im Bild 14 bin ich diesen mit dem 100x Immersionsobjektiv zu Leibe gerückt. Der erste Verdacht ging Richtung Calciumoxalat, aber die Strukturen sind nicht doppelbrechend und Calciumoxalat nimmt auch keine Farbe an. Es muss sich also um andere Substanzen oder Emergenzen der Zellwand handeln. Ob hier andere nicht benötigte Stoffe entsorgt werden? Ich kenne diese Ablagerungen bisher nur bei Coniferales und Gnetales als Calciumoxalat. Vielleicht hat jemand eine Idee? 

Werfen wir nun einen Blick auf die Blattspreite!

Bilder 15a-c: Querschnitt der Blattspreite mit der Mittelrippe. Bild 15a vom frischen, unfixierten Schnitt, Bild 15c mit Maßstab und Beschriftung




Auch hier zunächst nichts Ungewöhnliches. Die Anatomie des Blattstiels setzt sich in der Mittelrippe weitestgehend unverändert fort, nur der Bereich mit den großen Interzellularräumen fehlt. Die Spreite selbst zeigt ein schönes Palisadenparenchym (PP), das im frischen Schnitt 15a satt grün besonders gut zur Geltung kommt.

Auch hier gönnen wir uns einen Blick auf die Details:

Bilder 16a-d: Bild 16a vom unfixierten, frischen Schnitt, Bild 16b im Polarisationskontrast. Bild 16d mit Maßstab und Beschriftung.





Bild 16a wieder mit den natürlichen Farben, im Pol-Bild 16b sind Oxalatkristalle zu erkennen. Auffällig in den Bilder 15c&d ist der große Anteil an Schwammparenchym mit sehr großen Interzellularräumen. Die drei "?" bezeichnen m.E. eine Stelle, wo wir seitlich auf die Epidermis des Blattes schauen: an der Blattunterseite scheint es entsprechende Einsenkungen zu geben.

Bild 17: Eine recht große Aushöhlung


In meiner Schnittserie durch die Blattspreite mit der Mittelrippe fallen einige Schnitte auf, die eine recht große Aushöhlung getroffen haben, wie in Bild 17 dargestellt. Ein lysigener Sekretbehälter? Das Werk eines Insekts? Leider lässt sich das anhand des gefärbten Schnittes nicht mehr so genau sagen, da ein eventueller Bewohner nicht in flagranti ertappt wurde und auch der Übergang zur Epidermis (geschlossen, offen, Fraßloch?) nicht auffindbar war.

Vielen Dank fürs Lesen; Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
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Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

die W-Asim III Färbung nach Rolf-Dieter Müller finde ich spitze.
Bei dem Foto 17 erinnert mich diese Aushöhlung an einen Sekretbehälter mit Schleim.
Google sagt :
,,Je nach ihrem Inhalt unterscheidet man bei den schizogenen Sekretbehältern Öl-, Harz-, Gummi- und Schleimkanäle (-gänge oder -lücken). Harzkanäle (Harzgänge) sind bei den Nadelhölzern, Ölgänge bei den Doldenblütlern (Sekretgang), Schleim- und Gummigänge bei den Cycadales verbreitet"

Gruß
Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

<a href="http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=2650.0" target="_blank">Hier geht es zur Vorstellung</a>

Gerne per "Du"

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

vielen Dank für Dein Lob, das Rolf-Dieter hier sicher gerne liest.
Für alle, die es noch nicht kennen: das Rezept zur W-Asim III RDM Färbung ist hier zu finden:
http://mikroskopie-bonn.de/bibliothek/botanische_mikrotechnik/296.html

Ich habe mich einmal ein bisschen im Netz umgesehen: leider habe ich keine Paper gefunden, die sich auf anatomischer Ebene mit den Sekretbehältern der Quittenblätter beschäftigen, aber es gibt einige aus der Humanmedizin, die natürlich eher auf die Inhaltsstoffe und deren Wirkung schauen. Da wird dann einfach nur das Blatt als Quellort genannt.

Hier ein Beispiel, in dessen Abstrakt auch einige der wirksamen Stoffklassen aufgeführt sind:

The medical importance of  Cydonia oblonga - A review
Prof Dr Ali Esmail Al-Snafi

IOSR Journal Of Pharmacy www.iosrphr.org(e)
ISSN: 2250-3013, (p)
ISSN: 2319-4219
Volume 6, Issue 6 Version. 2, PP. 87-99

Abstract:The chemical analysis of Cydonia oblongashowed that  it contained phenolics, pectin, essential and volatile oils. The analysis of the essential oils of Cydonia oblongaleaves showed that  theit  contained  aromatic aldehyde,   fatty acid, oxygenated  monoterpene,  sesquiterpene  hydrocarbon and aromatic  aldehyde. The  quince fruits  contained protein, carbohydrate, lipids,  and high levels of  mineral elements suc as  Na, K,  Ca,  Mg,  Fe,  Cu,    Zn      and  Mn.This    review was  designed  to  highlight the  chemical  constituents  and  pharmacological importance of  Cydonia oblonga.

Das englischsprachige Paper kann unter dem Link im Titel als Volltext aufgerufen werden.

Gegen eine von einem Tier geschaffene Höhle spricht meines Erachtens auch die regelmäßige Form und das Fehlen jeglicher "Hinterlassenschaften".

Herzliche Grüße
Jörg 
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